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“Schiff, ich erwarte deine Analyse”, sagte Delroq, nachdem er zuvor bereits auf telepathischen Weg die Meldung empfangen hatte, dass zumindest eine vorläufige Umgebungsanalyse möglich war, die sich vor allem auf die Auswertung entschlüsselbarer interstellarer Kommunikation stützte.

“Status der Analyse: Vorläufig”, meldete das Schiff. “Das Datenaufkommen ist noch vergleichsweise gering, erlaubt aber bereits Rückschlüsse mit hoher Zuverlässigkeit. Im allgemeinen waren die Daten leicht entschlüsselbar. Die Häufigkeit von Entschlüsselungsfehlern wird von mir als tolerabel eingestuft und beeinträchtigt keineswegs die Allgemeingültigkeit der Aussagen.”

“Das klingt schonmal gut. Wir brauchen ein generalisierendes Bild unserer Umgebung und der darin herrschenden Verhältnisse, um uns optimal auf die Gegebenheiten einstellen zu können.”

“Wir befinden uns am Rande einer etwa hunderttausend Lichtjahre durchmessenden Spiralgalaxie”, erklärte das Schiff und erschuf eine dreidimensionale Projektion, die dies veranschaulichte. “Diese Galaxie ist Teil eines Galaxienhaufens. Größte Ordnungsfaktor sind sind das viele Galaxien umfassende Sternenreich von Axarabor und ein Netz von Yroa-Kolonien...”

Yroa...

Diese Zivilisation war Delroq durchaus bekannt.

Sie beherrschen die Technik, zwischen verschiedenen Universen und Zeitlinien zu reisen und besiedeln angeblich zahllose parallele Raumzeiten des Multiversums... Wenn man sie also quasi überall findet, ist die Entdeckung des Schiffs keine Überraschung!

Das Schiff veranschaulichte den Machtbereich des Sternenreichs von Axarabor und die mutmaßlichen Positionen der Yroa-Kolonien.

“Beide Machtbereiche durchdringen einander”, stellte das Schiff fest. “Da die Yroa-Kolonien aus Kugelsphären um mittelgroße Sonnen bestehen, die nahezu deren gesamte Energie absorbieren und sie damit fast unsichtbar machen, dürften die Yroa-Kolonien von dem weitaus größeren Netzwerk besiedelter Welten sowie wandernder Raumschiffschwärme bestehende Sternenreich von Axarabor kaum bemerkt werden. Eine Konkurrenz beider Mächte ist kaum anzunehmen.”

“Ich möchte mehr Informationen über das Sternenreich von Axarabor”, verlangte Delroq. “Die Ausdehnung dieses Imperiums erscheint mir geradezu...”

...unmöglich, ergänzte Delroq in Gedanken. Und das schon aus temporalen Gründen! Schon in einem viel kleineren Sternenreich kann es keine gemeinsame Zeit geben, da sich einzelne, weit entfernte Mitgliedswelten allein schon aufgrund der Drehung ihrer Galaxie relativ zueinander mit Geschwindigkeiten voneinander fortbewegen, in denen die Zeitdilatation eine Rolle spielt. Doch anscheinend hat man in Axarabor dafür eine Lösung gefunden...

“Die Ausmaße des Sternenreichs von Axarabor sind in der Tat gigantisch und übertreffen alles, was sich bisher in meiner Datenbank zu ähnlichen Gebilden verzeichnet findet”, gab das Schiff zu. “Es gibt vielleicht sogar Bereiche, die gar nicht wissen, dass sie Teil dieses Verbundes sind oder in denen das Wissen darüber in Vergessenheit geriet. Die Führung ist extrem dezentral.”

“Und doch muss es irgendwo ein Zentrum der Macht geben, die all dies zusammenhält”, wandte Delroq ein.

“Die Zentralwelt ist Axarabor. Höchste Autorität ist der Hochadmiral, dessen Raumflotte für die Sicherheit sorgt. Das technische Niveau der einzelnen Mitgliedswelten und zum Teil sogar intergalaktischen Zivilisationen, die Teil dieses Reiches sind, ist höchst unterschiedlich. Auf Grund der raumzeitlichen Ausdehnung besitzt dieses Sternenreich eine hohe Stabilität. Selbst bei einer Vernichtung der Zentralwelt würde das Imperium durch die temporale Divergenz in seinem Herrschaftsbereich einfach weiterexistieren. Allein die Nachricht eines solche Vorfalls bräuchte trotz überlichtschnellem Hyperfunk lange Zeiträume, um die Peripherie zu erreichen.”

“Ein Reich, das zu groß ist, um es besiegen zu können”, stellte Azana fest. “Haben davon die Hüter um Ozobeq nicht immer geträumt?”

Ja, dachte Delroq. Der alte Traum vom unendlichen Imperium. Einem Imperium. dass eine machtpolitische Singularität darstellte. So wie ein Schwarzes Loch eine Singularität der Raumzeit darstellte, so war das Sternenreich von Axarabor eine Singularität purer Macht...

“Wo ist die Position der Zentralwelt von Axarabor?”, fragte Delroq.

“Die Analyse der intergalaktischen Kommunikationsströme muss noch detaillierter werden, um eine exakte Positionsbestimmung vornehmen zu können”, sagte das Schiff. In der projizierten Übersicht wurde ein bestimmter Bereich des unbekannten Universums hervorgehoben und herangezoomt. Einige hundert Markierungen waren zu sehen. “Bei den markierten Welten könnte es sich entweder um Axarabor selbst oder um jeweils eine lokale Zentralwelt handeln”, fuhr das Schiff fort.

“Rechnerkapazitäten auf die Analyse dieses Problems fokussieren!”, befahl Delroq.

“Ja, Kommandant.”

“Sobald wir die Position von Axarabor kennen, werden wir dorthin unseren Kurs setzen.”

“Ja, Kommandant.”

“Was hast du vor, Delroq?”, fragte nun Azana.

Delroq machte einen Schritt auf die Projektion zu. Er hob den Arm und fasste in die Myriaden von dargestellten Sternen hinein. “Mag sein, dass dieses Sternenreich von Axarabor aufgrund seiner raumzeitlichen Ausdehnung nicht zu besiegen ist”, erklärte er dann. “Aber das heißt ja nicht, dass man dort nicht einfach die Herrschaft übernehmen könnte!”

*



Das Raumschiff der Noroofen erreichte den Halo der Spiralgalaxie, in deren unmittelbarer Nähe es nach dem Durchgang durch die String-Anomalie materialisiert war.

“Du hast einen ehrgeizigen Plan”, stellte Azana fest, als sie mit Delroq allein war.

“Ich weiß.”

“Das ist ein Plan, der alles in den Schatten stellt, was je ein Noroofe gewagt hat!”

“Auch das ist mir bewusst, Azana.”

“Ist dir auch bewusst, dass du dieses Unternehmen beginnst, ohne allzu viel über unsere Umgebung zu wissen? Wir befinden uns in einer fremden Raumzeit des Multiversums. Streng genommen können wir uns nicht einmal darauf verlassen, dass hier dieselben Naturgesetze gelten, wie in dem Universum, aus dem wir hier hergeflohen sind!”

“Manchmal muss man ein Wagnis eingehen”, sagte Delroq. Er aktivierte eine Projektion. Sie zeigte eine Gestalt mit zwei Armen, zwei Beinen, einem Kopf und Augen. “Das ist der Hochadmiral. Inzwischen ist es dem Schiff gelungen, Bilder von ihm aus dem Kommunikationswirrwarr dieser Raumzeit herauszufiltern. Inwieweit sie der Wahrheit entsprechen, ist natürlich nicht bekannt.”

“Und inwieweit sie temporal aktuell sind auch nicht”, gab Azana zu bedenken. “Du erinnerst dich der Ausführungen unseres Schiffs...”

“Natürlich.”

“Es könnte sich um eine unvorstellbar alte Darstellung handeln.”

“Ich weiß. Aber wir müssen nehmen, was wir an Informationen bekommen können.” Delroq vergrößerte die Darstellung des Hochadmirals etwas. “Sieh ihn dir an. Ich habe ihn auf Lebensgröße gezoomt.”

“Nicht sehr beeindruckend”, gestand Azana.

“Du sagst es!”

“Er trägt eine Art Nano-Rüstung, die der Deinen sehr ähnlich sieht!”

“Nun, wir können nicht erwarten, dass ein so großes Sternenreich von einem primitiven Keulenschwinger regiert wird, oder?”

“Nein, das können wir nicht.”

“Offensichtlich braucht er Augen.”

“Ja, das habe ich auch festgestellt”, meinte Azana, die sich die Zusatzinformationen anzeigen ließ, die das Schiff dazu gesammelt hatte.

“Wer Augen hat und damit auf die optische Wahrnehmung angewiesen ist, verfügt nicht über Sinne, die unseren entsprechen, Azana.”

“Das bedeutet nicht, dass wir die andere Seite unterschätzen dürfen, findest du nicht auch?”

“Findest du, ich neige zur Selbstüberschätzung?”

Delroqs zylindrischer Kopf neigte sich etwas nach vorn, während er diese Worte aussprach.

“Angesichts des Plans, den du gefasst hast, könnte man auf diesen Gedanken kommen”, meinte sie. “Aber in Anbetracht der außergewöhnlichen mentalen Präsenz, die dir eigen ist....” Sie zögerte.

Delroq registrierte etwas irritiert den Abbruch ihres Gedankenstroms.

Was war das?

Verwirrung?

Ein Anzeichen für schwindende Loyalität?

“Deine Präsenz ist überwältigend”, sagte sie.

“Gut, dass du dies bemerkst.”

“Aber sie wird allein nicht ausreichen, um das Kommando über das Schiff aufrecht zu erhalten.”

“Was meine Präsenz nicht vermag, vermag meine Nanorüstung. Ich wüsste niemanden an Bord, der mir gefährlich werden könnte.”

“Mag sein, Gebieter.”

“Schon gar nicht Bazanar, dieser Narr!”

“Nicht ein Einzelner kann dir gefährlich werden, Delroq”, gab Azana zu bedenken. “Aber wenn sich ein Großteil der Besatzung gegen dich stellt, weil sie nicht an die Realisierbarkeit deines Planes glaubt - dann könnte uns das in in eine prekäre Situation bringen. Sowohl dich, als auch mich.”

Delroq schwieg einige Augenblicke. Auf der sonst glatten Oberfläche seines zylindrischen Kopfes bildeten sich jetzt feine Faltenstrukturen. In der Öffentlichkeit vermied Delroq körperliche Manifestationen innerer Seelenbewegungen. In Azanas Gegenwart hatte er das bislang nicht für nötig gehalten.

Möglicherweise ist sie klüger, als ich bisher dachte, überlegte er.


Zu den fernsten Sternen: Sechs Science Fiction Abenteuer

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