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Ich weiß nicht, wie viele Jahre es schon ging, als mir meine „Krankheit“ so richtig zu Bewusstsein kam. Ich bezeichnete es als Krankheit, auch wenn ich damit nicht zum Arzt gehen musste. Aber ich ging zu meinem Religionslehrer. Einmal, als er Pausenaufsicht hatte, sprach ich ihn darauf hin an. Er war der einzige, von dem ich dachte, dass ich mich ihm anvertrauen könnte. Ich hielt ja immer schon große Stücke auf ihn und glaubte, dass, wenn irgendwer, er es sei, der mir helfen könnte. So versuchte ich ihm zu schildern, was mich plagte. Es war die Musik in meinem Kopf. Völlig gleich, ob es Lieder waren, die ich gehört hatte oder klassische Musik, Opernmelodien oder Gassenhauer, immer wieder drängten sich Musik oder Gesang in mein Gehirn, und zwar gegen jeden Willen und jede Absicht. Es konnten die blödesten Lieder sein wie „Marie, do liegt a toter Fisch im Wasser, den mach ma hi“ oder das „Halleluja“ aus dem Messias, Beethovens 5. Symphonie oder ein Schlager, der gerade im Radio gespielt wurde. Ob ich für die Schule arbeitete oder auf dem Tennisplatz stand, immer wieder drängten sich Lieder auf und ich fand kein Mittel, sie loszuwerden.

Auf seine Antwort war ich sehr gespannt; würde er mir helfen können, kannte er so etwas und fand dafür eine Erklärung und einen Hinweis, wie ich damit umgehen könnte?

„Wenn es religiöse Lieder sind, dann ist es gut, und wenn es dumme Schlager sind, dann ist es schlecht“, war seine lapidare Antwort. Da stand ich nun, und über eines war ich mir sicher: Er hatte keine Ahnung. Und wieder kam ein Mosaiksteinchen hinzu mit der betrüblichen Erkenntnis: Meine Probleme muss ich selber lösen. Diese Erkenntnis war es vielleicht auch, die mich später, als es mir so schlecht ging, dazu bewog, weder einen Psychothera- peuten noch einen Psychiater ins Vertrauen zu ziehen.

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