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Lady Fairfex’ geheimnisvoller Tod

Auf dem Metallkasten an der Mauer leuchtete die Kerze im schwachen kalten Windzug. Es war tiefe Nacht. Jörg stand auf dem Turme, Arndt unten.

Einzelne Schneekristalle tanzten durchs Dunkel.

In der froststarren Hand hielt er das kleine Postenradio und lauschte frisch-lockerer Musik im RIAS – Radio im amerikanischen Sektor. Manchmal knackte es im Gerät. Es kamen Nachrichten. Da hieß es, wuterfüllt würden die Protestdemonstrationen in der DDR fortgesetzt. Ein langer Beitrag über Amtsmissbrauch und Privilegien folgte. Kaum klang die rasch gesprochene Mitteilung aus, schon folgte die nächste. Man fand keine Zeit zum Denken. Neue Vorwürfe erhoben! Unregelmäßigkeiten! Zweckentfremdete Gelder! Die FDJ hatte vom Gewerkschaftsbund Millionen für ihr Pfingstfest erhalten! Kinder von Funktionären besaßen ein Eigenheim!

Viele Leute allerdings besaßen im Land ein Eigenheim. Dies wurde nicht gemeldet. Geschmeidig-ölig sprach es: „Im Ergebnis völligen Versagens der SED wurde durch die Volkskammer deren führende Rolle aus der Verfassung gestrichen.“ Die Sprecher wechselten. Man kam wirklich kaum dazu, die Meldungen zu erfassen. „Nun hat“, verlautete der nächste Radiomann, „der zornerfüllte Proteststurm die führende Rolle der SED aus der Verfassung gefegt.“ – „Am heutigen Abend“, setzte nahtlos eine andere Ansagerin fort, „hat der Staatsratsvorsitzende der DDR die politische Verantwortung für die verbrecherische Wirtschaft und Politik der SED übernommen. Damit gesteht er ungewollt ein, dass die führende Rolle der SED zu Recht durch die Volkskammer beseitigt wurde.“ Wieder wechselten die Stimmen. Eine weitere muntere Frauenstimme erklärte schnell: „Auch der ostdeutsche Regierungschef Modrow wurde gezwungen, dies einzugestehen. Bei seinem Auftritt in der Volkskammer hat er den Antrag selbst gestellt. Damit gehört die vierzigjährige Geschichte der SED-Herrschaft von Leid und Unrecht der Vergangenheit an. Der ersatzlose Antrag auf Löschung der SED-Oberhoheit wurde von allen in der Volkskammer vertretenen Fraktionen mitgetragen.“

Muntere Musik erklang wieder.

Seltsam, dachte Arndt und blickte auf den Kerzenschein. Er knipste das Radio aus. Seltsam, wie traulich und beruhigend doch dieses Kerzenlicht wirkt! Weihnachten naht. Stille, Frieden auf Erden – und den Menschen ein Wohlgefallen.

Leise rief der Jörg vom Turme: „Schalt mal DT 64 ein!“

Arndt knipste und drehte am Rädchen. Er kannte den Sendeplatz und hörte sanfte Klänge. „Bakerman is baking bread…” – Die Ruhe selbst. „DT 64! Die sind ganz gut!“ kommentierte Jörg von oben.

DT 64 war der DDR-Jugendsender. Man hörte ihn derzeit und auch ein Jahr später äußerst gern. Dies war frisch und zugleich vertrauter als RIAS oder Sender Freies Berlin und dergleichen von drüben. Trotz Massenprotesten wurde dieser letzte DDR-Sender später beseitigt. „…is baking bread“, summte Jörg.

Im ZK-Gebäude tagte und nächtigte das SED-Politbüro. Die Parlamentssitzung wurde ausgewertet. Dann sollte Schalck-Golodkowski von seinem Spezialauftrag berichten; ein Treffen Kohls mit Modrow und Krenz vorzubereiten. Er kam direkt aus Bonn. Er saß in seinem Sessel. Eine unberührte Tasse Kaffee stand vor ihm auf dem polierten Tische und erkaltete. „Ich habe mit Kanzleramtsminister Seiters gesprochen“, teilte er leise mit und seine Stimme zitterte eigentümlich. „Auch Bundeskanzler Kohl hat das anstehende Treffen inzwischen öffentlich angekündigt.“

Schalck schwieg und blickte auf die Tasse. „Die geforderten Voraussetzungen sind aus deren Sicht eigentlich erfüllt.“

Nun zitterte er selbst. Sein ganzer schwerer Körper vibrierte. „Aber“, sagte Schalck, „sie wollen es künstlich hinausziehen, um weiter Druck…“

„Alex!“ mahnte Egon sanft und dachte: Verdammt, er tut mir bestimmt leid. Aber ich bin selbst am Ende. Komm zur Sache! Ein Treffen mit Kohl! Wann? Wie? Dann wird vielleicht noch alles gut?! „Alex?“

„Ich brauche“, sagte Alex Schalck und zitterte. „Ich brauche…“

„Alex!“

„Ich brauche Vollmachten, um verbindliche Zusagen zu geben und auch um zu signalisieren: Genauso – und keinen… Schritt weiter!“

Was geschah denn da? Wie hatte sich der Egon Krenz stets beherrscht! Wie wenig Schwäche gezeigt! Was war er doch für ein Held – genaugenommen.

Und da saß der Alexander und weinte. Er! Dem doch bislang immer eine Lösung eingefallen war! So weit reichte Krenzens Eingebung, nur reichte sie nicht weiter: Man hatte Schalcks Einfällen nicht Folge geleistet. Nun saß er da und weinte still.

Er weinte um alles; um Menschensinn und -zukunft, um vergebene Chancen und Möglichkeiten, um den langen harten und opferreichen Weg den man früher so erfolgreich gegangen, um die DDR die sich auflöste, um seinen eigenen sinnlosen Kampf, da über jede Kleinigkeit Krenz entscheiden wollte, indes er wie ein Depp da stand.

Aber darum weint man doch nicht! Man wird doch als Kommunist nicht sentimental: Man sieht den Dingen ins Auge, weil man die Zusammenhänge versteht, oder zu verstehen sich untersteht. Und doch weinte er. Da liefen seine Tränen über die dicken Wangen im nächtlichen ZK-Gebäude und signalisierten zweierlei. Es ist aus.

Und zudem signalisierten sie: Er ist der einzige, der es begreift. Um ihn herum saß ja nur das Behelfs-Politbüro von Krenz’ Auslese, ein Herger, ein Modrow. Ihn allein hatte man weiterhin in seinem Verantwortungsbereich belassen, trotz KoKo-Skandal, weil er eben seine Kontakte hatte. Und nun weinte er allein.

Aber es ist nicht recht zu weinen! Still zog er ein sauberes Taschentuch hervor. Er schniefte und bat: „Entschuldigung, vor meinem Haus finden Demonstrationen statt. Es werden Morddrohungen gerufen; direkt vor meiner Tür.“ Er wandte sich an den ganzen Kreis ringsum. „Entschuldigt! Meine Familie ist bedroht. Im Hamburger ‚Spiegel’ gibt es einen Artikel über den Bereich Kommerzielle Koordinierung. Kein einziges Wort ist da auch nur ein bisschen wahr. Das wisst ihr doch! Und die Volkskammer-Abgeordneten nehmen jedes Wort als reine Wahrheit!“

Er wirkte fiebrig wie kurz zuvor Krenz oder Arndt. „Genossen! Das wisst ihr doch alles! Was soll ich tun? Was soll ich nur tun?“ Er rang etwas die Hände. „Alles was ich getan habe ist sauber! Ich bin in der Lage, der Volkskammer über ALLES Auskunft zu geben. Aber jeder muss wissen, dass dann überall Staatsangelegenheiten bekannt werden – auch wo mit Gesprächspartnern Diskretion vereinbart ist, auch im Westen. Solche Dinge gibt es in jedem Staat der Welt. Niemand kann uns danach als Partner noch ernstnehmen…“

Das Politbüro schwieg betreten. Krenz schwieg betreten. Wozu saßen all diese Leute wohl da? Aber sie wussten es ja nicht. Krenz zumindest glaubte es wissen. Er stand auf. „Alex, traust du dir zu, trotzdem den Auftrag zu übernehmen, morgen die Verhandlungen in der Bundesrepublik zu führen? Wir müssen über einen Termin einig werden.“

„Ja“, schniefte Alex. „Ja… natürlich…“

Krenz stand vor ihm und sprach: „Weitgehende Vollmachten können wir dir natürlich nicht geben. Du musst selbst einschätzen, an welcher Stelle du eine kleine Auszeit brauchst und Kontakt zu uns aufnimmst.“

Hatte man jemals größeren Unsinn vernommen? Es fiel nur keinem auf.

Da stand der Egon Krenz. Er übersah das Politbüro, welches erwartungsvoll schwieg, und sie alle waren nur noch Spielkarten.

„Genossen“, sprach der Krenz zum Politbüro. Er schwankte. Bin ich müde! Bin ich… müde! „Diese Information ist streng geheim. Wolfgang Junker hat vor einigen Tagen, als es die ersten Drohungen gegen Alex gab, mit der Gruppe, der Westgruppe der Sowjetischen Streitkräfte gesprochen: Wenn Gefahr für Leib und Leben besteht, soll sich Alex mit seiner Frau auf schnellstem Wege nach Wünsdorf zum Oberkommando begeben. Dort findet er dann Sicherheit.“

Nun rief man allerdings bereits Morddrohungen. Der „Spiegel“ hatte bereits fertig gehetzt. Welche Gefahr denn noch? Du musst selbst einschätzen, an welcher Stelle du eine kleine Auszeit nimmst… So war er, der Egon Krenz.

„Wo ist“, fragte Schabe-Owski, „eigentlich Jochen Willerding?“

Dieser gehörte dem Politbüro an. Er war schon nicht mehr erschienen.

„Ich weiß nicht“, sagte Krenz. Der Höhepunkt dieser Politbürositzung nahte erst. Vor dem Kabinette vernahm man Tumult. „Ich muss“, rief es. „Ich muss ihn sprechen! Seit drei Stunden warten wir hier!“

Die Tür wurde aufgerissen. Die Augen wurden aufgerissen. Hans Modrow, statt Schabe nun Mädchen für alles Mögliche, sprang auf und ging in Richtung Vorraum. Schon stand ein verhältnismäßig junger Mann in der Tür, seit Neuestem der SED-Bezirkssekretär von Potsdam. Er stand in einer Traube Leute.

„Genosse Vietze!“ sprach Hans Modrow diesen ruhig an. Der Genosse Vietze zitterte ebenfalls. Man muss sich hier nur einen zehn Jahre älteren Ball denken. „Es gibt“, sagte er zitternd zu Modrow und dahinter sitzendem Politbüro, „keine Lösung mehr, wenn nicht sofort, sofort! einschneidende Maßnahmen geschehen! Der Klassenfeind agiert! Überall! An der Basis! In jeder Straße! In jedem Betrieb! Überall! Die Mitglieder fordern das schärfste Entgegentreten! Eigentlich das ganze Volk! Genosse Krenz muss zurücktreten! Man muss in dieser Minute handeln! Sofort! Entschieden! Sofort! Die DDR wird sonst beseitigt!“

Wolfgang Herger ging sein Tagebuch-Eintrag von heute durch den Kopf: „Antisozialistische Kräfte gewinnen Spielraum.“

Der späte Besucher Heinz Vietze geriet außer sich. Er blökte: „Man kann nicht nur beraten und beraten! Man kann nicht nur diskutieren! Die Partei erwartet, dass im Sinne von Staat und Partei das deutlichste Zeichen gesetzt wird! Auf der Stelle!“ Er zitterte und wirkte, als beginne nun er zu weinen.

Eine Frau seiner Begleitung weinte bereits wirklich. Unter Tränen rief sie: „Begreift ihr denn nicht?“ Plötzliche schrie sie auf: „Alles wird zerstört… durch euch! Begreift ihr denn nicht?“

„Genossin“, dröhnte Krenz gemütvoll-beruhigend, und es war wie immer das denkbar Falscheste. Die Frau lachte schrill.

Herger dachte: Sie ist wahnsinnig! Sofort sprach der Modrow sanft und sorgenvoll ein: „Wir haben die aktuellen Fragen eben…“ Unter Tränen lachte die Frau noch schriller, und genau da bekam man im Politbüro eine Ahnung wirklichen Geschehens. Es war das einzige Mal.

Mit diesen Leuten war kein Staat zu machen.

Der fast weinende Vietze und die wirklich weinende SED-Genossin besahen sie genau, diese Leute. Sie besehen sie genau; zum erstenmal, das letzte Mal. Das einzige Mal. Hans Modrow war verstummt. Er wusste nichts mehr zu sagen.

Egon wusste. Ernst und gemütvoll-begütigend sprach er: „Wir erwägen viele Möglichkeiten. Der Rücktritt des Politbüros ist natürlich eine dieser Möglichkeiten.“

Am Muni-Punkt bei Erkner im Wald spielten zwei kleine Postenradios „Bakerman is baking bread“. Dann wurden sie ausgeschaltet. „Nachtstimmung!“ sagte Thomas Arndt.

„Nachtstimmung“, bestätigte Jörg von oben. „Alles ist ruhig.“

„Alles“, sprach nach einer Weile der Arndt, „scheint ruhig. Aber alles ist immer anders als es scheint… Bakery… man…“

Es war noch etwas kälter geworden. Der leichte Windhauch war eingeschlafen und die Kerze sandte ihr ruhiges warmes Licht an der Mauer entlang. Er blickte aufwärts. Da sah Jörgs weißes Gesicht zu ihm herab. „Wir sind geprägt, wir werden auch geprägt von der Oberfläche, vom Anschein der Dinge“, erklärte Arndt. „Von dem was wir hören, was gesagt wird. Ich sehe dein weißes Gesicht da oben. Da fällt mir ein: Mir hat mal einer erzählt, er hätte genau hier ein weißes Gesicht über der Mauer erblickt. Ich hatte es schon vergessen. Aber vorhin habe ich wirklich eine solche weiße Fratze gesehen. Genau an der Stelle die er mir genannt hat. Die Erzählung hat mich geprägt. Ich wusste es nur nicht.“

„Hast du nachgesehen?“ fragte Jörg.

„Ja. Weißt doch. Vorhin habe ich das Tor geöffnet. Da war natürlich nur der Wald. Bei ihm damals standen ja auch nur die Bäume da. Mich hat ja nicht die Wirklichkeit geprägt, sondern die Erzählung.“

Arndt schwieg und betrachtete die Kerze. Unbewegt brannte die Flamme.

Der Wald hinter der Mauer schwieg. Kein Auto war noch zu hören. „Es ist unglaublich still.“ – „Das ist doch aber die Wirklichkeit! ?

„Was?“

„Diese Stille!“

„Nein“, widersprach der Arndt. „Das ist nur ihr wahrnehmbarer Teil, die Oberfläche. Es ist so gewollt, dass wir nur diese Oberfläche bemerken. Man verschaukelt uns. Man sagt: Da-da-da… plim-plim, schrumm-schrumm. Bakerman is baking bread. Alles ruhig! Keine Sorge! Was meinst du, wie jetzt überall in der Welt die Geheimdienste Achten laufen! Gerade jetzt, in dieser Sekunde! Wie die Nachrichtenleute überall ihre Reportagen für morgen konstruieren und so zusammenbauen, dass eine gefällige Oberfläche entsteht, eine die ihnen passt. Eine… die sie uns verpassen.“

Jörg starrte herab, und es schien dem Arndt als nicke er. „Woher kommt… dieses Denken?“

„Was?“

„Wenn man so scharf sieht?“

„Vielleicht weil ich viel gelesen habe. Lesen zwingt zum geistigen Durchdringen.“ Er sah über die Mauer. „Man muss allerdings das Richtige lesen.“ Langsam und aufmerksam forschte Jörg: „Dann muss man das Richtige vom Falschen trennen.“

„Manchmal hat das die Geschichte schon besorgt. Andere vor dir haben schon bereinigt, haben das Wertvolle schon herausgefiltert.“

„Klar“

„Bei uns wird im Großen und Ganzen sowieso nur Wertvolles verlegt.“ Jörg schwieg. „Im Großen Ganzen!“ wiederholte Arndt in nachdrücklichem Ton. „Zwanzig Prozent Schrott – achtzig Prozent wertvolle Literatur. Drüben schätze ich umgekehrt achtzig Prozent Schrott, zwanzig Prozent wertvoll. Da gelten andere Kriterien. Nämlich die schnelle Vermarktung. Deshalb mag ich die ältere Literatur, wo die Bereinigung schon vorangeschritten ist.“

„Ja? Was denn so?“

Thomas Arndt ging einige Schritte auf und ab. „Zum Beispiel Canon-Doyle. Sherlock Holmes. Das ist ins Weltgedächtnis eingegangen. Viele denken, da geht es nur um Aufklärung von Verbrechen. Das ist natürlich erst mal gut und spannend. Aber spannender finde ich etwas anderes: Da wird oft aufgezeigt, dass alles ganz anders ist als es den Anschein hat… Wie man sich in die Irre führen lassen kann – und führen lässt.“

„Erzähl doch mal so was!“ forderte Jörg vom Turme herab. „Machen wir uns warme Gedanken!“ – Hell lachte Arndt auf. „Ich soll mir zu deiner Unterhaltung bloß was ausdenken, damit dir warm wird!“

„Erzähl doch mal so eine Geschichte!“ beharrte Jörg. „Dir wird auch warm dabei! Und ich habe schon eine Geschichte erzählt.“

„Da muss ich ja wohl“, schnaufte Arndt und sah ins Kerzenlicht.

„‚Ich bin in einer schrecklichen Verfassung!’, sagte die junge Dame am Kamin. ‚Ich kann kaum schlafen!’“

„Ist das eine echte Geschichte?“ Die Stille war fast zu fühlen.

„Nein, ich denke mir was aus. Also… Sie erbebte und sah uns aus großen Augen im blassen Gesicht an. ‚Ich bin verzweifelt!’, klagte sie. ‚Auf Schritt und Tritt spüre ich die Gefahr. Ich wage mich kaum mehr aus dem Haus, weil ich nicht weiß woher sie droht.’

‚Sehen wir’, sagte Holmes, im Sessel sitzend, ‚was wir haben. Erlauben Sie, dass wir ganz ehrlich und offen alle Risiken abwägen?’

Die Lady nickte. ‚Unbedingt!’ Holmes fragte ins Kaminfeuer: ‚Welche Pfeiler umgeben Lady Fairfex? Die eine Seite scheint ihr wohlzuwollen. Die zweite ist dunkel und legt einen Schatten aus Widersprüchen über sie… Was haben wir, Watson?’, fragte er mich. Ich legte die Feder zur Seite. ‚Nicht viel’, gab ich zur Antwort. ‚Der herabfallende Ziegelstein kann Zufall gewesen sein, der Überfall mit dem Dolch oder Messer nicht.’

‚Wenn da nicht’, fuhr Lady Fairfex aufgeregt hinein, ‚dieser späte Bummelant um die Ecke gekommen wäre, so läge ich schon unter der Erde! Und im Lokal?’, rief sie leise schluchzend. ‚Das Gift im Kaffee? War es ein Zufall? Der spanische Gentleman ist für mich gestorben! Die Tasse war ja für mich bestimmt! ’

Ruhig blickte Holmes an ihr vorbei in das Kaminfeuer. ‚Weiter, Watson!’ Ich wusste, was er hören wollte. Er versuchte sich zu vergewissern. ‚Lady Fairfex’, sagte ich zu ihr. ‚Bitte sorgen Sie sich jetzt nicht! Jetzt sind Sie in Sicherheit. Auf dem Heimweg werde ich Sie selbstverständlich begleiten. Und wir werden wieder Ruhe für Sie gewinnen!’ Ich blickte zu Holmes und teilte mit: ‚Da es keine Warnung gab und die Ereignisse immer einen existenziellen Charakter hatten, also immer tödlich enden würden…’ Holmes betrachtete mich neugierig. ‚handelt es sich nicht um eine Bedrohung, sondern nur um das Ergebnis. Weil sie von verschiedener Seite ausgingen, liegt die Wurzel eher nicht in einer Gefühlsbeziehung, also einer Reaktion, sondern in der blanken Existenz des Opfers.’

Sherlock Holmes nickte: ‚Und dem kalt berechnenden Interesse einer dritten Stelle. Haben Sie eine Erbschaft zu erwarten?’, fragte er die Lady.

‚Ja… nein, Mister Holmes.’ Sie wischte sich die Tränen mit einem Spitzentüchlein ab. ‚Wie man’s nimmt. Mein Stiefvater hinterlässt mir wohl etwas, aber keine bedeutende Summe. Er ist ja auch noch sehr rüstig. Er liebt mich sehr. Ich weiß, dass mein Leben ihm sehr viel wert ist.’

Blitzartig schnellte Holmes nach oben und ging zum Tisch, auf dem die letzten Exemplare der TIMES lagen. ‚Haben Sie Geschwister?’

‚Nein!’, gab Lady Fairfex zurück. Holmes ging die Blätter durch und legte den Finger auf eine Zeitungsmeldung. Dann sah er auf unseren Besuch. ‚Seien Sie gewiss, liebe Lady, dass wir Licht in die Angelegenheit bringen! Mein Freund Dr. Watson wird Sie jetzt sicher nach Hause geleiten. Riegeln Sie sich ein! Da die Angriffe über die letzten Monate sehr verteilt erfolgten und der letzte Vorfall kaum einen Tag zurück liegt, können wir annehmen, dass Sie heute und in der nächsten Woche nichts zu befürchten haben. Versuchen Sie ein wenig zur Ruhe zu kommen. Und besinnen Sie sich bitte auf andere Ereignisse, die im selben Zeitraum wie die Angriffe stattfanden und früher nicht auftraten. Ich wünsche Ihnen wieder eine geruhsame Nacht.’

Nachdenklich stand er über seine TIMES gebeugt.

Als ich zurückgekehrt war, hörte ich schon im Treppenhaus Geigenklänge. ‚Ah! Endlich, lieber Watson!’ begrüßte er mich und ließ das Instrument sinken. ‚Der gute Lestrade dürfte ähnlich schlecht schlafen wie die Lady!’

Er schmunzelte und deutete zur TIMES auf dem Tisch. Das Blatt aufnehmend las ich: ‚Polizei sucht Polizistenmörder! Wie Scotland Yard heute gegenüber der Presse erklärte, handelt es sich um den abgefeimtesten Überfall auf einen Beamten seit Jahren. In einem Torbogen nahe der Tower-Bridge ist letzte Nacht ein junger Sergeant durch einen Stich in den Hals getötet worden. Rätsel gibt die Tatsache auf, dass ein zweiter Beamter unweit dieser Stelle zugegen war und vom rasch herzueilenden Inspektor Lestrade befragt, keine näheren Angaben zu machen imstande schien.’

Ich kannte meinen Meister. Er hätte nicht umsonst die Zeitung ergriffen als Lady Fairfex sprach. ‚Lieber Holmes!’, schmeichelte ich. ‚Zunächst bin ich Ihnen äußerst verbunden, dass Sie Ihr Quietschinstrument zur Seite legten, als ich erschien. Soviel Rücksichtnahme ist Ihnen kaum zuzutrauen!’

Er bemerkte, dass ich ihn aufzog und lächelte. ‚Lestrade hat bereits um Unterstützung geschickt. Aber mein Geigenspiel wird sogar von honoriger Stelle anerkannt.’

‚Dazu beglückwünsche ich Sie aufs herzlichste. Was wollten Sie mit dieser TIMES-Notiz, als die arme Lady…’

‚Ach, Watson.’ erwiderte er sanft. ‚Sie werden noch erwachsen. Ihnen musste ja auffallen, an welcher Stelle ihrer Erzählung ich zur TIMES griff?’

Vergebens suchte ich mich zu entsinnen. Zusammengesunken saß Holmes im Sessel. ‚Was unterscheidet diesen von anderen Fällen? Ich muss gestehen, dass die Vorstellung, aus den oder jenen Gründen beseitigt ein Beamter Ihrer Majestät einen anderen, etwas Verführungskraft besitzt. Nur glaube ich nicht sehr daran.’

Er blickte mir scharf ins Auge. ‚Sie vielleicht?’

‚Das weiß ich nicht’, gab ich ehrlich zurück. ‚Die Erfahrung lehrt, dass es immer und überall wo Menschen leben…’

‚Sicher!’, unterbrach er mich. ‚Sicher! Aber sehen wir statt dieser oder jener Erfahrung die Statistik, die ja gewissermaßen komprimierte Erfahrung ist, so sehen wir auch, dass Polizisten nur sehr selten dazu neigen, sich gegenseitig umzubringen. Äußerst selten.’ Er lehnte die Geige an den Kamin und wiederholte gedankenverloren: ‚Äußerst selten! Hinzu kommt die Koinzidenz.’

‚Sie wollten mich aufklären’, erinnerte ich, ‚über den Moment als Sie…’

‚Richtig! Entschuldigen Sie. Ich wurde plötzlich hellhörig, als Lady Fairfex sagte: mein Stiefvater.’

Holmes warf einen Span ins Feuer und stocherte mit dem Feuerhaken darin herum. ‚Dies Wort: mein Stiefvater, weckte mein Interesse. Wir hatten solchen Fall schon hie und da – Sie entsinnen sich wohl – wo Stiefeltern, denen eine gewisse emotionale Bindung fehlt, eine Rolle spielten.’

Ich entsann mich. ‚Da war das gefleckte Band.’

‚So… Und hier wie dort läuft uns eine undeutlich-dunkle Gefahr über den Weg und das Wort Stiefvater. Wenn man nicht wirklich verwandt ist, gehört man wenig zusammen, es gibt wenig Einheit, kann auch keine Wiedervereinigung geben. Man gehört eben nicht zusammen, weil man es sowieso annimmt beziehungsweise weiß.’

Er stellte den Feuerhaken ab und blickte mich pfiffig an. ‚Die konkrete Erfahrung dieses Falles – des Lady-Fairfex-Falles – lehrt, dass die Anschläge über Wochen, Monate, vielleicht Jahre verteilt sind und deshalb für den Augenblick kein Angriff droht. Doch statistisch gesehen wird ein gedungener Mörder, der für den Augenblick bezahlt und motiviert ist, versuchen, seinen Auftrag auszuführen. Auch wenn er seinen Plan dann anzupassen gezwungen ist.’

‚Wie kommen Sie darauf?’

Holmes nahm die Zeitung und wedelte vor meinen Augen damit herum. ‚Die Koinzidenz, mein Lieber! Es handelt sich bei beiden Ereignissen anzunehmenderweise nicht um Gefühls-Dinge. Es handelt sich weiterhin nicht um Anschläge, die ihrer Bedrohlichkeit wegen in Szene gesetzt waren…’ Er nahm eine Pfeife vom Kaminsims und stopfte sie in aller Gemütsruhe. Einige Male paffte er daran herum und ließ sich als sie brannte in seinen Sessel sinken. ‚…wie Sie zu bemerken geruhten.’

Er hatte die Augen geschlossen.

‚Sondern um die reine Existenz des Opfers’, setzte ich fort. ‚Das sehe ich ein. Aber sonst bleibt festzuhalten, dass Lady Fairfex’ Bedrohung nichts mit dem erstochenen Polizisten zu tun hat, dass dieser Anschlag erfolgreich war und etliche Angriffe auf sie erfolglos. Und dass es generell überhaupt keine Verbindung zwischen beiden gibt. Es sei denn, wir kennen sie nicht.’

Er kicherte mit geschlossenen Augen. ‚Sie übersehen dabei gerade die Verbindung über den Täter! Womöglich hätten die anderen, vergeblichen Angriffe zum Aufgeben des Vorsatzes geführt. Hier jedoch…’ Jäh riss er die Augen auf. ‚Ich schlage vor, dass wir morgen dem Stiefvater Mister Fairfex einen Besuch abstatten.’ Ich erschrak zutiefst. ‚Was haben Sie?’

Seine Augen quollen aus den Höhlen. ‚Verdammt!’, krächzte er. ‚Wir müssen sofort zu Lady Fairfex!’

‚Aber was haben Sie? Holmes!’

‚Rasch! Kommen Sie, Watson! Schnell!’

‚Soll ich den Revolver mitnehmen?’ – ‚Schnell!’, brüllte er bereits im Treppenhaus. In der Hunnington-Street lag das Haus still. Als wir die Treppen hinauf stürmten, rannte Holmes einen Schritt vor mir her und krächzte: ‚Himmel! Wir sind zu spät!’

Und so war es. Er riss die schwere Tür auf, die nicht verschlossen war. In der Diele lag die junge Dame, über ihre weiße Bluse zog sich ein Blutfaden und lief am Oberkörper herab.

‚Wir haben Sie in Sicherheit gewiegt!’, murmelte er. ‚Sie – und uns! Und nun ist es zu spät.’

Ich wusste nicht, für wen ich mehr Mitgefühl und Bedauern empfand: Für die arme Lady oder meinen Freund, der entsetzt und fassungslos auf den leblosen Körper starrte. ‚Es hat keinen Zweck’, sagte Holmes mühsam, ‚jetzt die Straßen abzulaufen. Der Mörder ist über alle Berge.’

Er wies auf die Wunde. ‚Sehen Sie! Erstochen!’, und wandte sich ab.

‚Ich gehe…’, sagte ich in festem Ton. ‚zum nächsten Revier.’

Damit hatte ich ihn geweckt. Er zog seine Lupe hervor. Niederhockend suchte er Kleidung und Boden ab. ‚Schade’, ächzte er. ‚Alles staubfrei. Aber die Wunde rührt von einem simplen Brotmesser.’

Am nächsten Morgen kamen wir beide ohne Frühstück zurecht. Ich saß am Tische, schwieg betrübt und beobachtete Holmes, der sich eine Pfeife nach der anderen anbrannte. Mrs. Hudson erschien, räumte das unberührte Morgenmahl auf ein Tablett und nahm es mit hinaus. ‚Da geht einmal etwas schief.’ murrte sie. ‚Und schon bricht die Welt zusammen! Wenn den Herren mein Frühstück nicht mehr zusagt, brauch ich’s Ihnen ja nicht mehr zu bringen.’ Rauchend ging Holmes auf und ab. ‚Halten wir uns zuerst an das Besondere des Falles, das Herausragende.’

‚Und das wäre?’

‚Nun, wir wissen beide…’, so Holmes unruhig, ‚dass etwas Hervorstechendes, etwas das einem Fall Prägnanz gibt, sich oft versteckt. Dass es unscheinbar geartet ist, anders als es scheint. Es schien zuerst so, als wäre Lady Fairfex existenziell bedroht. Deshalb suchte sie um Rat. Doch tatsächlich wurde zuerst die Existenz des Polizisten ausgelöscht. Das heißt, die Besonderheit bezieht sich vielleicht gar nicht auf sie. Und selbst wenn es so ist, muss es nicht der Schlüssel zur Lösung sein.’

‚Meinen Sie ernsthaft, dass eine Verbindung zwischen beiden Fällen feststeht?’ Unzufrieden winkte er ab. ‚Gehen wir für den Moment davon aus, Watson, wir haben drei Übereinstimmungen. Nein! Vier! Denn jetzt sind beide tot und erstochen. Die Frage die sich daraus ergibt…’, murmelte er grüblerisch und blieb vorm Kamin stehen. ‚Warum mussten beide sterben?’

‚Die Frage, die sich daraus ergibt’, widersprach ich, ‚ist: Warum sollte Miss Fairfex sterben?’

Erfreut und fast wieder frisch blickte er auf. ‚Richtig, Watson! Brillant! Sie ersetzen das unbestimmte muss durch das bestimmte soll, heben dadurch die fruchtlose Frage auf und lenken das Augenmerk wieder auf die Ausgangsfigur. Denn nur diese wurde mehrfach wiederholt angegriffen. Als ob es eine spezifische Schwierigkeit gab. DAS ist das Besondere!’

Er murmelte: ‚Und diese SOLLTE wohl als einzige sterben…’ Er legte die Pfeife auf dem Sims ab. ‚Ja! Es ist ein Lady-Fairfex-Fall. Wir besuchen nachher den Stiefvater.’

‚Warum’, fragte ich, ‚hat sie die Tür geöffnet, obwohl wir ihr ans Herz legten sich einzuriegeln?’ Holmes nickte. ‚Wem würde die Lady als einzigem öffnen, wenn sie ihn aus dem Fenster erblickt, und der unmittelbar darauf die Treppe heraufstampft?’

Unwillkürlich sah ich zur TIMES. ‚Einem Beamten in Uniform! Bravo, Holmes. Aber die Vorstellung ist ja entsetzlich!’

‚Tja, meine Herren’, erfragte der alte Fairfex, ‚Welchem kulanten Umstand habe ich die Aufmerksamkeit zu verdanken?’ Leichthin teilte Holmes mit: ‚Wir vertreten die Interessen eines unserer Klienten. In dessem Sinne liegt die Feststellung, dass ein Anschlag auf einen Polizisten nichts mit ihm zu tun hat. Das Ereignis fand gestern statt.’

‚Ach ja’ bestätigte Fairfex. ‚Ich denke, ich weiß was Sie meinen… Aber wie kommen Sie auf mich?’

‚Nun, der Ermordete hat noch einige Male Ihren Namen genannt, ehe er starb.’ Fairfex schien etwas blasser zu werden. ‚Unmöglich! Ich wollte sagen…’ Unbedacht schmunzelte Holmes vor sich hin. ‚Es tut mir aufrichtig leid, dass auch in Ihrer Familie sich soeben ein tragischer Trauerfall ereignete, wie wir erfuhren. Nehmen Sie bitte unser tiefes Beileid entgegen.’

Fairfex nickte traurig.

‚Sie dürfen uns glauben, dass wir Sie nicht aufsuchten, wenn die Sache nicht dringlich wäre.’

‚Gentlemen, ich möchte annehmen, dass Sie mir die Ehre geben, mit mir den Tee zu nehmen? Ich darf Ihnen ein ausgezeichnetes Teegebäck empfeh…’

‚Unser Besuch bei Ihnen’ ließ Holmes wissen, ‚ist mit Scotland Yard abgestimmt.’ Fahrig klingelte der Hausherr, und das Mädchen brachte den Tee. Holmes setzte fort, und seine Stimme klang nicht eine Spur schärfer als gewöhnlich: ‚Mister Fairfex, unser Klient deutete Sorge an, dass Sie oder die verschiedene Lady, Ihre Stieftochter, durch seine Verwicklung in den Fall möglicherweise in ungünstiges Licht gerieten.’

Fairfex brach eine Art Angstschweiß aus. ‚Was? Wieso?’

‚Ist es wahr, dass auf die verehrte heimgegangene Lady Fairfex’, fragte Holmes und war die Liebenswürdigkeit selbst, ‚eine äußerst präsentable Lebensversicherung lief? Eine Police die alles Übliche in den Schatten stellt?’

Mit beiden Händen wehrte der Gastgeber ab. ‚Nein! Aber nein! Was soll das heißen? Ich kann Ihnen die Police zeigen. Da ist nichts Ungewöhnliches.’

‚Bitte tun Sie das!’, sagte ich kalt, und Fairfex bereute bitter.

Als wir die Versicherungssumme sahen, schluckten wir beide. ‚Was ist das?’, fragte Sherlock Holmes und zog eine Quittung aus der Ledermappe.

‚Dies… ach. Es ist nur ein Beleg.’

‚Gestern ausgestellt’, konstatierte ich, ‚über dreitausend Pfund’ und las die Unterschrift ‚Perkins’.

‚Perkins ist wohl ein Angestellter bei Ihnen?’, fragte Sherlock Holmes.

‚Aber nein. Er ist der Verlobte eines meiner Hausmädchen, ein Polizist.’

Holmes nippte an seinem Tee. ‚Da haben Sie wohl öfter Ärger? Der sitzt wohl jeden Abend in Ihrer Küche bei den Mamselln herum?’

Sehr unsicher bestätigte Fairfex: ‚Fast jeden Abend. Was ich da schon geredet habe!’

‚Aber’, sagte ich gemütlich, ‚das macht man doch nicht schriftlich!’

‚Was denn?’, schrie der Hausherr plötzlich auf. ‚Was wollen Sie eigentlich von mir?’ Schnell fragte ich nach: ‚Perkins hat seinen Auftrag an der Tower-Bridge wohl nicht in Ihrem Sinn ausgeführt, wenn Sie so nervös sind?’

‚Es war ein Fehler, dass Sie ihn zur Tower-Bridge geschickt haben.’, fügte Holmes hinzu.

‚Aber das war doch nicht der Auftrag!’

‚Sondern in der Hunnington-Street!’, setzte Holmes fort. ‚Aber es wird Ihnen schlecht bekommen! Ein Doppelmord! Und ein Auftragsmord! Und noch dazu an einem Beamten Ihrer Majestät!’

Wild fuchtelte Fairfex herum. ‚Nein, Sir! Nie! Ich habe dazu keinen Auftrag gegeben! Der sollte nur in die Hunnington-Street oder sonstwie… Aber Miss Fairfex…’ Er brach zusammen. ‚Aber das war doch nicht so gedacht! Ich weiß nicht’, stöhnte er, ‚warum Perkins den Bobby erstochen hat. Das ist die reine Wahrheit.’

Holmes erhob sich. ‚Bleiben Sie hier. Trinken Sie Ihren Tee, Doktor Watson leistet Ihnen noch Gesellschaft. Er hat übrigens einen Revolver. Ich werde jetzt Scotland Yard informieren.’

Als wir abends in dere Bakerstreet am Kamin saßen und schweigend in die Flammen blickten, war nur eine Frage offen. Ich kannte meinen Freund und wusste, dass er selbst sie klären würde. Das Feuer sackte zusammen und begann allmählich zu verlöschen.

‚Ja, Watson’, sagte Sherlock Holmes. ‚Warum musste der Bobby sterben? Ich glaube, hier ist es zulässig aufs Unbestimmte zurück zu greifen. Das wird Perkins vielleicht noch erhellen. Vielleicht auch nicht.’

Er schabte in der Glut. ‚Möglicherweise suchte er einen Mitwisser, einen Beistand unter Kollegen. Als Polizeibeamter passiert einem nicht so schnell etwas. Und dreitausend Pfund sind auch halbiert noch eine hübsche Summe. Als der andere dann nicht mittun wollte, musste er diesen ebenfalls töten. Möglich ist auch, dass er bei seinem Angriff auf Lady Fairfex beobachtet wurde und sich plötzlich mit einem fremden Beamten konfrontiert sah. Es gab womöglich eine Verfolgungsszene, die an der Tower-Bridge ihren Abschluss fand, ein Handgemenge… Es ist schon so’, sprach er versonnen. ‚Das Hauptsächliche klärt sich meist. Irgendwann stellt es sich heraus und setzt sich durch gegen falschen Vorstellungen. Aber manches erfährt man nie.’“

Pro tribunal

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