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Notizen zur Potsdamer Kartoffel

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Obwohl simple Seelen früher tatsächlich glaubten, die Erde sei einfach eine flache Scheibe, war den einsichtigen Naturkundigen schon im Altertum die Kugelgestalt der Erde vertraut. Aber erst nachdem der geniale Galileo Galilei im Jahre 1610 das astronomische Fernrohr erfunden und sofort erfolgreich eingesetzt hatte, konnte man die (angenäherte) Kugelgestalt der übrigen Planeten mit instrumenteller Hilfe sogar direkt beobachten. Somit lag erneut der Schluss nahe, dass auch die Erde ein kugeliges Raumgebilde darstellen müsse. Heute führen uns faszinierende Fotografien aus dem erdnahen Weltraum eine recht ebenmäßig erscheinende Krümmung der Erdoberfläche vor Augen.

Mit der Ablösung des einfachen und zudem idealisierten Kugelmodells der Erde durch das messtechnisch ermittelte Rotationsellipsoid – das man auf modernen Satellitenbildern der Erde tatsächlich als leichte äquatoriale Aufbauchung erkennen kann – war die wahre Erdgestalt bereits im 18. Jahrhundert erstaunlich gut bekannt. Angesichts der damaligen messtechnischen Möglichkeiten darf man diese Erkenntnis durchaus als besonders bewundernswerte Leistung einstufen. Heute weiß man es allerdings noch viel besser. Die wirkliche Gestalt der Erde weicht nämlich vom mathematisch ermittelten und gleichförmig erscheinenden Ellipsoid gebietsweise stärker ab, weil sich die Erdoberfläche unter dem jeweiligen Schwerefeldeinfluss ungleichförmiger Dichteverteilungen im Erdinneren verformt hat – sie beult sich regional entweder auf oder ist deutlich eingedellt. Die tatsächlichen Abweichungen betragen nach unten oder oben maximal etwa 100 m. Ihr Strandkorb auf Spiekeroog oder Sylt steht tatsächlich auf einer Beule, die sich ungefähr 60 m über dem idealisierten Rotationsellipsoid erhebt. Die Strandliege beim nächsten Urlaub auf Antigua oder Barbados in der Karibik ruht dagegen in einer Delle etwa 70 m unter der vereinfachten Bezugsfläche. Wenn man mit einem tauglichen Wassergefährt auf den Weltmeeren unterwegs ist, geht es also regional erstaunlicherweise tatsächlich bergab und bergauf.

Das reale, als wahre Erdfigur definierte Gebilde, das physikalisch korrekt die Fläche des gleichen Schwerepotenzials abbildet und mit dem theoretischen mittleren Meeresspiegel zusammenfällt, bezeichnet man als Geoid. Am Geo-Forschungszentrum Potsdam hat man im Jahre 2002 dazu aus Tausenden Datensätzen von gut zwei Dutzend Vermessungssatelliten ein bildhaftes und beeindruckendes Modell errechnet. Es gibt die Unterschiede zum idealen bzw. regelmäßigen Ellipsoid plastisch wieder und zeigt die Erde nach starker Überhöhung der Vertikalabstände eher in der Form einer Kartoffel bzw. in birnenförmiger Kontur. Als Potsdamer Kartoffel ist diese Darstellung unterdessen geradezu ein Klassiker der geowissenschaftlichen Literatur und sogar schon in vielen Schulbüchern enthalten.

Für die Zwecke der genauesten Landvermessung, insbesondere die Höhenermittlung, hat man das Geoid nochmals korrigiert und als Höhenbezugsfläche das Quasigeoid mit der Normalhöhennullfläche, NHN-Fläche) definiert. Dieses neue Bezugssystem liegt dem 1992 beschlossenen und unterdessen in allen Bundesländern eingeführten Deutschen Haupthöhennetz 1992 (DHHN92) zugrunde. Die Höhenangaben über Normalhöhennull (NHN) weichen von den historischen NN-Angaben jedoch nur im Zentimeterbereich ab und haben für die Erstellung von Land- oder Seekarten keine praktische Bedeutung.

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