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Der Herr Bürgermeister

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Der Herr Bürgermeister sitzt in seinem Büro. Es ist bereits zehn Uhr vormittags. Seine Sekretärin erinnert ihn an seinen Termin um halb elf für den Spatenstich für das neue Medienzentrum. „Silvia, ich fahre heute mit der U-Bahn zum Termin. Sagen Sie dem Chauffeur, er hat heute frei.“ Der Bürgermeister richtet seine Krawatte gleich, greift nach seinem Aktenkoffer und verlässt das Büro. Er geht zu Fuß die Treppen hinunter. Er hat keine Lust mit dem Lift zu fahren. Sollte er jemandem begegnen, so wird er im Lift meist länger auf-gehalten. Im Lift kann man lästig fragenden Menschen nicht ausweichen.

Das Stiegenhaus des Rathauses mündet in einen Innenhof. Eine schlanke, sehr hübsche rothaarige Dame begrüßt den Herrn Bürgermeister im Innenhof des Rathauses. „Guten Tag, Herr Bürgermeister. Mein Name ist Elfriede Kurz. Ich bin die neue Reporterin vom Tagesblatt. Man hat mir aufgetragen, über die Eröffnung des neuen Mediencenters zu berichten. Darf ich Sie begleiten?“ „Gerne. Bitte beeilen Sie sich, wir sind schon etwas spät dran. Kommen Sie, wir nehmen den Hinterausgang.“ Der Hinterausgang des Rathauses ist nur über einen langen verwinkelten unübersichtlichen Gang zu erreichen. Elfriede Kurz trippelt in ihren Stöckelschuhen, ihrem Minirock und ihrer eng geschnittenen Bluse hinter dem Bürgermeister her.

Kurz vor Erreichen des Hinterausganges des Rathauses kommen den beiden zwei Männer in dunklen Anzügen entgegen.

„Guten Tag, Herr Bürgermeister“, grüßen sie sehr höflich. „Guten Tag, meine Herren“, entgegnet der Herr Bürgermeister ebenso höflich. „Sehr geehrter Herr Bürgermeister, würden Sie bitte kurz stehenbleiben?“ „Warum soll ich stehenbleiben, meine Herren?“ „Weil ich eine Pistole in meiner Sakkotasche auf Sie gerichtet halte und ich Ihnen ein Loch in Ihren schönen Brustkorb brenne, wenn Sie nicht tun, was wir Ihnen sagen.“ „Verhalten Sie sich ruhig und es wird Ihnen nichts passieren.“ „Elfriede, geh nach draußen, und schau, dass uns niemand sieht.“ „Herr Bürgermeister, kommen Sie mit uns! Und lächeln Sie bitte, damit alles harmlos aussieht.“ „Los, Einsteigen!“, wird dem Bürgermeister befohlen.

Vor dem Hinterausgang des Rathauses wartet eine dunkle gepanzerte Limousine mit getönten Fenstern. Elfriede wartet, bis alle drei Männer am Rücksitz Platz genommen haben. Der Herr Bürgermeister wird in der Mitte zwischen den beiden Männern eingezwängt. Dann steigt Elfriede Kurz, oder wie die Dame auch immer geheißen haben mag, neben dem Fahrer ein. Der Fahrer gibt Gas. „Wo bringen Sie mich, hin meine Herren? Ich bin der Bürgermeister dieser Stadt“, betont der Herr Bürgermeister. „Darum haben wir Sie ja entführt, weil Sie der Bürgermeister dieser Stadt sind, darum.“ „Sie werden das noch bitter bereuen, was sie da vorhaben. Unsere Polizei wird Sie finden und …“ „Halt die Klappe, du Idiot, wir sind von der Polizei. Nur wir spielen nicht mehr mit. Wir haben unsere eigenen Vorstellungen vom Regieren. Nämlich andere als du, du kleiner Bürgermeister.“

Elfriede kramt in ihrer Handtasche. Sie nimmt eine verpackte Einwegspritze und eine Ampulle aus ihrer Handtasche. Sie zieht die Spritze an der Ampulle auf. Gekonnt klopft sie die Luft aus der Spritze. „Jungs, haltet unseren Bürgermeister fest.“ Mit all ihrer Kraft halten die beiden Männer den Bürgermeister fest. Elfriede Kurz dreht sich nach hinten und drückt dem Bürgermeister die Nadel der Spritze durch die Kleidung in den Oberschenkel. Der Bürgermeister bäumt sich auf. Er schnauft laut und sinkt zurück in die Rückbank der Limousine. „So, für die nächsten 24 Stunden schläft er nun wie ein Baby.“ „Wo soll es nun hingehen?“, will der Fahrer von Elfriede wissen. „Der Boss hat gesagt, dass wir zur alten Brauerei fahren sollen. Dort gibt es im Keller mehrere Gewölbe, in welche wir ihn einsperren können.“ „Gut, Elfriede. Aber bei dem Verkehr brauchen wir sicher eine halbe Stunde, bis wir dort sind.“ „Das ist genug Zeit für uns. Bis die bemerken, dass der Bürgermeister beim Spatenstich fehlt, vergehen sicher eineinhalb Stunden. Angeblich hat der Boss einen Stromausfall bei der U-Bahn veranlasst. Die werden den Bürgermeister sicher dort in der U-Bahn vermuten. Wir haben mehr als genug Zeit für alles.“ „Fahr ein bischen schneller“, drängt Elfriede den Fahrer. „Ich mach ja schon. Die anderen schleichen so. Wie soll ich bei dem Verkehr schneller fahren? Es geht sich eh alles aus. Verlier jetzt nicht die Nerven, Elfriede.“

Die gepanzerte Limousine hält vor der Tür einer leeren Industriehalle. Elfriede Kurz steigt aus und sperrt die Eingangstüre an der Seitenwand der aufgelassenen Fabrik auf. Sie schaut nach links. Sie schaut nach rechts. „Ich kann niemanden sehen. Macht schnell, bringt den Typen rein.“ Elfriede hält die Türe auf. Die beiden Männer in ihren schwarzen Staubmänteln zerren den ohnmächtigen Bürgermeister aus dem Wagen und durch die Türe an Elfriede vorbei in die leerstehende Fabrikshalle. „Und wohin jetzt mit dem Idioten?“, fragen die beiden Männer Elfriede. Elfriede Kurz zieht ein Stück Papier aus ihrer Manteltasche und entfaltet es. „Wartet einen Moment bitte, ich bin gleich wieder da.“ Elfriede lässt die Türe los und geht zum Wagen. Der Fahrer lässt die Scheibe auf seiner Seite runter. „Was nun?“, will er von Elfriede wissen. „Fahr den Wagen weiter nach vorne bis ans Ende der Halle. Dort biegst du links ab. Nach zwanzig Metern befindet sich an der Hauswand der Halle ein automatisches Tor. Warte davor, bis ich es von innen mit der Fernbedienung öffne. Dort fährst du dann mit dem Wagen hinein und wartest bis wir hier mit dem Typen fertig sind. Wenn du mit dem Wagen drinnen bist, schließe ich wieder das automatische Tor. Ich rufe dich dann in einer dreiviertel Stunde wieder an, und gebe dir weitere Instruktionen. Verstanden?“ „Hab alles verstanden, Elfriede.“ Der Fahrer kurbelt die Fensterscheibe auf seiner Seite wieder hoch und fährt davon.

Elfriede Kurz geht mit dem Stück Papier in der Hand durch die Seitentür in die leere Fabrikshalle. Die Fabrikshalle ist relativ hell, da sich an den Außenwänden Oberlichten befinden.

Elfriede schließt die Türe von innen ab. Das Stück Papier ist ein Plan von der Halle. Sie schaut flüchtig auf den Plan. „Kommt mit. Da geht’s lang.“ Elfriede Kurz bewegt sich auf ein Geländer an der Wand der leeren Fabrikshalle zu. Das Geländer begrenzt einen Treppenabgang. Am Ende der Treppe befindet sich wieder eine Türe. Diese Türe ist unversperrt. Elfriede Kurz steigt die Treppe hinunter. Die beiden Männer tragen den betäubten Bürgermeister an den Beinen und am Oberkörper haltend die Stiege hinunter. Elfriede Kurz betritt die Unterkellerung der Fabrikshalle.

An der Wand neben der Türe findet sie einen Lichtschalter. Die Unterkellerung der Halle ist genauso groß wie die Halle selbst.

„Ah, diese Box muss es sein.“ In der Mitte dieses Kellers befindet sich eine fünf mal fünf Meter große vergitterte Zelle. In diesem Gitterverschlag befindet sich ein Campingklo, ein Stahlbett und mehrere Kanister mit Trinkwasser. „Da kommt er rein, dieser Wichser.“ Elfriede tippt eine Zahlenkombination in ihr Handy. Die Türe des Verschlages öffnet sich. Die beiden Entführer schleifen den noch immer betäubten Bürgermeister in diese Zelle. Sie werfen ihn auf das Stahlbett und verlassen den Verschlag wieder. Elfriede Kurz drückt die Türe des Gitterverschlages zu. Man hört das Schloss einrasten. „So, damit wäre unser Job getan.“ Elfriede Kurz und die beiden anderen Männer verlassen den Keller. Elfriede Kurz schaltet beim Verlassen des Kellers das Licht aus. „Scheiße, wir haben vergessen, ihm das Handy abzunehmen“, flucht Elfriede Kurz. „Haben wir nicht“, antwortet einer der Entführer. „Da ist es. Glaubst du vielleicht, wir sind wahnsinnig und lassen uns orten. Gleich beim Einsteigen ins Fahr-zeug habe ich ihm das Handy abgenommen und de-aktiviert. Es ist unbrauchbar.“

„Ich bin wirklich froh, dass ich mit solchen Profis zusammenarbeite“, lobt Elfriede Kurz die beiden Männer. „Alfred, holst Du uns wieder vor der Türe ab, bei der du uns raus gelassen hast?“ „Mach ich. Bin schon unterwegs.“ Der Chauffeur hält mit seiner gepanzerten Limousine vor der vereinbarten Türe. Die drei Entführer steigen ein und fahren davon.

GUTEN MORGEN HERR MÜLLERMEIER

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