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Der Zentralmarkt

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Das ist der Zentralmarkt in Sonnenstadt. Wir befinden uns im Jahr 2020, plus minus 10 Jahre. Ein Mann namens Kurt Müllermeier, ein Marktfierant, steht hinter seinem Marktstand und bietet seine Fruchtsäfte, Nüsse, und sein auf seinem Grund wachsendes Obst an. Wir befinden uns im Monat Juli, da gibt es herrliche Pfirsiche bei ihm zu kaufen.

In der Zeit um das Jahr 2020 plus minus 10 Jahre gab es in Sonnenstadt sehr viele Männer mit dem Namen Kurt Müllermeier. Alle behaupteten, sie seien nicht miteinander verwandt, obwohl sie sich alle sehr ähnlich schauten. Der eine Müllermeier wusste auch sehr wenig über den anderen Müllermeier. Sie hatten alle unterschiedliche Berufe und eine andere Herkunft. Und andere Eltern, wenn man ihren Dokumenten Glauben schenken durfte. Jedenfalls gab es wahrscheinlich zu dieser Zeit die höchste Kurt-Müllermeier-Dichte in Europa, obwohl zeitgleich auch in anderen europäischen Städten sehr viele Kurt Müllermeiers sesshaft waren.

Unser heutiger Kurt Müllermeier ist Marktstandler und bietet seine Produkte feil. Hinter ihm befindet sich ein Fischproduzent. Er verkauft Teichfische. Vor dem Marktstand dieses Kurt Müllermeier bietet ein Schweinemäster seine Würste, sein Geselchtes und Verhackertes an. Die diesem Zeitraum zugeordnete Veganisierung Eurasiens hat anscheinend doch noch nicht stattgefunden. Seltsamerweise schmeckte damals fast jedes Lebensmittel gleich. Die genetische Manipulation vieler Lebensmittel und die gesetzlich vorgeschriebenene massive Beimengung von Geschmacksverstärkern führten zu einer geschmacklichen Gleichschaltung fast aller essbaren Produkte; außer den Früchten von den Bauern am Zentrallebensmittelmarkt von Sonnenstadt.

Einen ähnlichen Verdacht hatte man bei den Kurt Müllermeiers. Die mittlerweile mehrere Millionen zählende Männerschaft der Kurt Müllermeiers in Eurasien schaute sich untereinander so ähnlich, dass der Verdacht entstand, dass es sich hier um Klone handle. Doch die Geburtsurkunden und Stammbäume wider-legten dies. Ein Rätsel dieser Zeit.

Belegt ist noch, dass sich viele von den Kurt Müllermeiers einer Schönheitsoperation unterzogen, um doch den anderen Kurt Müllermeiers nicht zu ähnlich zu schauen. Es gab in Sonnenstadt in der Eurasischen Kommission sogar ein Büro für müllermeiersche Diversität. Um den vielen Müllermeiers ihre Gleichgestaltigkeit zu nehmen und um sie wieder zu individualisieren. Mit mehr oder minder großen Erfolgen.

Zum Glück war dieses Kurt-Müllermeier-Aussehen nicht vererbbar. Die Kinder von den Kurt Müllermeiers sahen ihren Vätern im Großen und Ganzen nicht sehr ähnlich. Sie waren in ihrem Erscheinungsbild, also phänotypisch, unterschiedliche Individuen.

Eigentlich müssten sich die Bürokraten in der Eurasischen Union riesig freuen, dass es auf einmal einen typischen Eurasier gab. Einen standardisierten männlichen eurasischen Menschen, der einen bestimmten Namen trug und ein bestimmtes Aussehen hatte. Das von Kurt Müllermeier!

GUTEN MORGEN HERR MÜLLERMEIER

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