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7. Szene: Teilung

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Ich würde aber auch das Fallbeil wählen, die gute alte Guillotine, die schon manche Träume in ein anderes Licht gerückt hat. Aber da ist eine Sorge, die mir niemand nehmen kann, und die das Leben nach der Teilung betrifft:

Wie süß der EINE Gedanke: das ganze Ziehen und Zerren zu verlassen und weich im Stroh des traditionellen Weidenkorbs zu landen, den Duft des Sommers ein allerletztes Mal zu riechen und mit diesem Duft davonzuträumen, denn die Luft braucht nicht mehr in meine Lunge, sie fleuchte lieber unverbraucht zurück ins Ganze. Der Griff meines Henkers ins Haar täte nicht weh, kein unnützer Körper zöge schwer an mir und ich könnte frei wie ein Schelm in die Menge der Schaulustigen grienen, während ein dünnes Rinnsal Unnützes nach unten tropfte. Vermutlich wären meine Gedanken bald träge und müde, wie lange könnte ich noch sehen oder hören? Würde ich die vielen Hände spüren, die mein Gesicht streichelten? Die Menschen, die sich um mich drängten, während man mich weiterreichte? Einer mich an den Ohren haltend, ein fester Griff in die Wangen, prüfendes Abklopfen der Stirn, sanfter Strich durchs Haar; dann zärtliche Liebkosung und ehrfürchtiges Auflegen der letzten Hand auf mich, ich Haupt. Und wenn ich dann längst schliefe, ein anstrengender Tag zu Ende, ein schweres Leben geschafft, dann erst käme die hölzerne Kiste, in der der ganze Rest auf mich wartete, vergebens.

Doch ANDERERSEITS: Wenn ich schlagartig nichts mehr sähe und nur die Hitze in der Brust fühlte, das Ziehen im Bauch, die Krämpfe in den Beinen? Als wäre nichts geschehen, nur weniger Sehen, Riechen, Hören, Schmecken, sonst alles, alles gleich? Ich legte meine Hände in das spritzende Loch, würde sie eintauchen lassen, hineingreifend, um endlich, endlich das verdammte Herz zu stoppen, das noch immer schlüge und litt. Der rechte Daumen auf die Aorta, sie zusammendrückend bekäme ich die Kammern zu fassen, die täte ich zerquetschen wie weiche Kartoffeln, dass endlich die Lunge aufhöre, Blut und Wasser sinnlos zu veratmen. Die anderen Kontraktionen wären nicht so leicht zu beenden, spastische Krämpfe ließen mich zappeln wie ein Kind, ich könnte nichts tun gegen die Entleerungen, nicht mal gegen die dabei empfundene Lust. Selbst wenn der schwere Deckel über mir durch ein dumpfes Erschüttern den letzten Gang anzeigte, wäre ich noch warm und beneidete für immer den neben mir schlafenden Kopf.

>>> Kommentar der Putzfrau: »Rührt das Obst nicht an. Werd' ihm 'n Apfel schneiden.«

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