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Bonner Politiker heiratet seine Ostagentin

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1995 erzählte mir mein langjähriger Bekannter Karsten Voigt9 von einer Ost-West-Heirat der besonderen Art – seiner eigenen: Erst hatte die 36-jährige DDR-Journalistin Brigitta Richter jahrelang für den Ostberliner Geheimdienst MfS den damals 54-jährigen Voigt (zu der Zeit außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des NATO-Parlaments) ausspioniert, dann gaben sich beide am ehemaligen Tag der Deutschen Einheit (17. Juni) in Berlin vor dem Standesbeamten das Jawort. Für seine „ganz große Liebe“ aus der DDR hatte er sich nach 20 Ehejahren von der Architektin Inge Voigt scheiden lassen: „Wir haben uns ohne Streit einvernehmlich getrennt. Durch die Politik lebt man sich halt auseinander.“

Oder anderweitig zueinander. Denn bereits Jahre vor dieser Scheidung hatte Voigt seine Neue in Westberlin auf einer Tagung kennengelernt. Ein „Aha-Erlebnis“ (Voigt) mit Folgen. Die beiden telefonierten regelmäßig und trafen sich immer häufiger. Kurz vor dem Fall der Mauer kam sie über Ungarn in den Westen. Voigt: „Ich habe sie damals auf dem Flughafen abgeholt.“

Danach arbeitete sie in seinem Abgeordnetenbüro, später in einer Berliner Werbeagentur. Dass seine neue Geliebte ein Stasi-Spitzel war, sah Karsten Voigt mit „großer Gelassenheit. Natürlich musste sie nach Gesprächen mit mir berichten, sonst hätte sie ja nie mehr ausreisen dürfen. Doch das gehört alles längst der Vergangenheit an.“

Genauso wie die Erinnerung daran, dass der einstige MfS-Führungsoffizier von Brigitta Richter diese beim Verfassungsschutz angeschwärzt hat, Voigt und seine Geliebte von Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) vernommen wurden und am Ende der zuständige Richter wegen „geringer Schuld“ auf Klageerhebung verzichtete. So gab es keine Hindernisse mehr für ihre deutschdeutsche Liebesgeschichte.

Ganz anders verlief Mitte der 90er Jahre der Frauenwechsel des Rudolf Scharping.10 Der damalige Bundesverteidigungsminister hatte mir wie so oft eine Exklusivgeschichte zugesagt und übrigens wie immer auch eingehalten. Diesmal ging es um sein neues Familienleben.

Seit Monaten gab es Trennungsgerüchte. Zur Klarstellung lud er mich zum gemeinsamen Gespräch mit seiner Noch-Ehefrau Jutta, die ich zuvor mehrmals bei Urlaubsinterviews getroffen hatte. Sein Plan war einfach: „Wir machen eine große Geschichte mit Ihnen und das war es dann. Wir hoffen, dass danach unser Privatleben respektiert wird, und werden uns künftig zu diesem Thema nicht mehr äußern.“ Ein Verfahren, das sich mehrfach bewährt hat, wenn man es einhält.

Wir treffen uns in der gemeinsamen Wohnung in Lahnstein. Rudolf und Jutta Scharping nach 29 Ehejahren: „Ja, wir werden uns trennen und scheiden lassen. Aber es wird keine Schlammschlacht geben. Im Gegenteil. Wir bleiben auch nach der Trennung Freunde.“ Die drei Töchter sind zu dem Zeitpunkt 18, 24 und 26 Jahre alt. Als Grund für ihren Entschluss nennen Rudolf und Jutta Scharping „die Belastung durch die Politik, den Umgang damit und unterschiedliche Lebensperspektiven“. Aber: „Trotzdem werden wir uns auch in Zukunft gegenseitig unterstützen, uns immer wieder sehen, Feste miteinander feiern, denn auch in Zukunft verbinden uns die Kinder, eine große Familie, viele Freunde und die gute gemeinsame Zeit der Vergangenheit. Jeder von uns beiden hat seinen eigenen beruflichen Weg eingeschlagen.“

Auf die Frage nach einem neuen Partner antworten sie gemeinsam: „Eine neue Beziehung ist kein Grund für die Scheidung.“ Zumindest nicht für sie, denn nach unserem Gespräch fuhr Rudolf Scharping für ein paar Tage in Urlaub nach Südfrankreich – und traf sich schon bald immer häufiger mit seiner Neuen.

Erst ein paar Jahre später sickern Gerüchte darüber durch, aber noch kennt niemand den Namen der Neuen. Über Handy rufe ich Scharping in Irland an. Es ist Freitag, der 25. August 2000. Ich habe Sorge, dass mir die Exklusiv-Story im Laufe der nächsten Woche durch die Lappen geht. Denn als Leiter der „BamS“-Parlamentsredaktion brauchte ich die Story nun mal punktgenau zum Sonntag. Das sieht er ein („Ich halte Wort!“) und verkürzt seine Gesprächsrunde mit dem irischen Amtskollegen und den europäischen Sozialdemokraten, beordert seine Challenger der Luftwaffe und verabredet sich mit mir für den folgenden Samstag um elf Uhr am Bonner Flughafen.

Vor dem Gebäude der Flugbereitschaft will ich auf die Panzerlimousine des Ministers warten, doch nichts davon ist in Sicht. Plötzlich sehe ich in einem einsamen roten VW Touran den Mann am Steuer heftig gestikulieren. Er ist es, ganz allein. Ich steige ein und frage, wohin der Fotograf kommen soll: „Später, wir fahren erst einmal los. Er soll in Richtung Taunus fahren, mehr sagen wir ihm unterwegs.“ Mehr Geheimniskrämerei geht nicht. Unterwegs erinnere ich ihn daran, dass am Samstag um 18.00 Uhr normaler Redaktionsschluss ist. Er drückt auf die Tube. Am Elzer Berg geht es noch einmal gut. Die Blitzlichtkameras reagieren nicht.

Erst nach Stunden erfahre ich, ab welcher Kreuzung Marc Darchinger, der erfahrene Foto-Kollege und Sohn des legendären Jupp Darchinger, hinter uns herfahren darf. Vorbei an kleinen Taunusdörfern, kommen wir zu einer romantisch verborgenen Block-Hütte. Er steigt aus, wir warten noch. Vor der Garage steht ein Jaguar und schon bin ich bis zur Halskrause voller Vorurteile. Das unfeine Wort von der Cartier-Hippe geht mir durch den Kopf: „Was will er nur mit der?“ Doch dann kommt eine völlige unkapriziöse Frau in einfachem T-Shirt auf uns zu: „Schön, dass Sie da sind, kommen Sie doch rein!“ Meine Vorurteile gehen über Bord. Rudolf Scharping kommt um die Ecke wie ein verliebter Pennäler mit einem Silbertablett, auf dem er für seine neue große Liebe Kristina Gräfin Pilati-Borggreve (damals 51) jede Menge Gummibärchen in Herzform angeordnet hat. Beide posieren turtelnd vor der Kamera. Als alles im Kasten ist, suchen wir gemeinsam wie verabredet die Fotos aus. Sie sollten für Marc Darchinger zum Verkaufsschlager werden.

Ich stimme mit Scharping den Text ab. Dann suchen wir im Dorf nach einer geeigneten Telefonverbindung zum Übermitteln der Fotos und werden beim örtlichen Arzt fündig. Die Zeit drängt. Erst die Fotos, dann gebe ich meinen Text durch. Ungläubig unterbricht mich die Redaktionssekretärin: „Das gibt’s doch nicht, hat er das wirklich gesagt, das ist ja wie bei Hedwig Courths-Mahler.“ Ich brumme: „Ruhe, weiterschreiben!“, und gebe durch: Das erste Wochenende ohne Heimlichkeit, dort, wo sie sich bisher nur ganz diskret treffen konnten – in der romantischen Block-Hütte eines verschwiegenen Freundes im Taunus. Beide wirken frisch verliebt wie Schüler: „Kopf und Herz sind sehr jung. So passen wir beide sehr gut zusammen“, strahlt Scharping seine „Tina“ an. Sie, die so erfolgreiche Anwältin und Notarin aus Frankfurt. Er hat seine Ministerakten dabei, sie ihre Prozessakten – aber erst mal fallen sie sich in die Arme: „Jetzt hat die Arbeit eine Pause!“ Rudolf Scharping ist erleichtert, dass er endlich seine neue Liebe auch öffentlich zeigen kann: „Wir wollen zusammenleben, so lange uns der liebe Gott leben lässt. Und vor allem ist jetzt Schluss mit der Heimlichkeit. Jetzt brauchen wir nicht mehr zu Hause kochen, sondern können auch mal essen gehen, tanzen, ins Konzert und ins Theater. Hartmut Engler von der Gruppe ,Pur‘ hat vor ein paar Tagen angerufen und uns ins Konzert eingeladen. Jetzt können wir ja in aller Öffentlichkeit zusammen hingehen.“ Er nennt sie: „eine gut aussehende, kluge, sehr zärtliche und fürsorgliche Frau, dabei selbständig und selbstbewusst.“ Und Tina schwärmt: „Ich bin wunschlos glücklich und hoffe, dass es ganz, ganz lange so bleibt.“

Seine blind anmutende Verliebtheit hält an. Alle sollen seine Tina sehen. So lässt er sich später sogar mit ihr im Pool auf Mallorca ablichten. Der Flug dorthin im Luftwaffenjet und die Plansche-Fotos, während seine Soldaten in gefährlichem Auslandseinsatz sind, werden für ihn zum politischen Sargnagel. Er muss 2002 das Verteidigungsministerium verlassen, aber Tina hält zur Verwunderung skeptischer Beobachter (mich eingeschlossen) zu ihm. Sie lässt sich für ihren Rudolf scheiden und 2003 heiraten beide neu.

Von einer besonders verblüffenden neuen Heirat mit ungewöhnlichem Hintergrund erfuhr ich Ende 2001. In der zweiten Dezemberwoche rief mich die grüne Außen- und Sicherheitspolitikerin Angelika Beer11 an, um mir diese „Überraschung“ zu versprechen: „Sie waren doch gerade in Skopje. Es hat etwas damit zu tun, aber mehr noch mit der Art, wie Sie über Scheidungen und neue Verbindungen von Politikern geschrieben haben. So wie die anderen will ich auch Ihnen etwas anvertrauen.“ Ich war mächtig gespannt. Wir verabredeten uns zum Mittagessen im „Tucher“ am Brandenburger Tor. Das ist nicht nur ein Treffpunkt-Restaurant, sondern mit seiner großen Galerie zugleich so etwas wie ein Buchladen mit Messer und Gabel. Da kann man Bücher nicht nur lesen, sondern auch kaufen.

Bei Salat und Mineralwasser plauderte Angelika Beer über ihren „Mann fürs Leben“. Selbst langjährige Freunde überraschte die bekannte Antimilitaristin mit der Mitteilung, dass der Neue an ihrer Seite ausgerechnet Oberstleutnant der Bundeswehr ist. Das erklärt sie so: „Ich besuche regelmäßig die Bundeswehr auch im Ausland. Dabei habe ich mehrmals den deutschen Militärattaché in Mazedonien getroffen. Es waren normale Dienstgespräche. Wir haben viel über Bundeswehreinsätze diskutiert. Am 17. September hat beim Abschied nach einer Besprechung der Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen. Der Abschied war nur von kurzer Dauer und seit dem 1. Dezember steht für uns fest, dass wir unser weiteres Leben gemeinsam verbringen werden.“

Oberstleutnant Peter Matthiesen (damals 55) ordnete für sie sein ganzes bisheriges Leben neu, zog in Skopje aus der gemeinsamen Wohnung mit seiner Ehefrau aus: „Nach 27 Ehejahren habe ich ihre Gefühle tief verletzt. Ich hoffe auf eine gütliche Trennung. Wir sind und bleiben darüber im Gespräch.“ Er hat sieben Kinder: „Die drei Kinder in Mazedonien sind sehr enttäuscht. Es ist sicher schwer für sie. Aber ich laufe nicht weg, sondern bin auch in Zukunft für sie da.“ Auch Angelika Beer hatte mit ihrem 27-jährigen Sohn Markus aus einer kurzen frühen Ehe gesprochen, er freute sich auf ein gemeinsames Treffen, zumal es das neue Paar offenbar sehr ernst meinte. Für beide war „das Zusammensein das schönste Weihnachtsgeschenk. Die Heimlichkeit hat ein Ende. Wir lieben uns und stehen dazu.“

Als sie mir damals ihre neue Liebe gestand, schaute Angelika Beer so glücklich drein, dass ich zum Ende unseres Gesprächs aufstand, ein wunderschön gestaltetes Buch mit Liebesgedichten aus dem Regal nahm, um es ihr zu schenken. An der Kasse setzte die Verkäuferin ein maximal breites Grinsen auf. Für sie war sonnenklar, warum ich Angelika Beer Liebesgedichte schenkte. Unser Lachen darüber konnten wir gerade noch bis zum Restaurantausgang unterdrücken.

Später erzählte sie mir am Telefon, dass seine Scheidung zügig lief. Ihr Oberstleutnant verließ nicht nur seine bisherige Familie, sondern auch die Bundeswehr, um nur noch mit seiner Angelika zu leben.

So schnell ging es nicht beim engagierten Sozialdemokraten Rudolf Dreßler.12 Vielmehr dauerte es gut drei Jahre, bis er mir am 23. April 1999 abends in Niederdollendorf seinen Scheidungserfolg verkündete: „Dieser Freitag ist einer der glücklichsten Tage in meinem Leben.“ Frisch geschieden von seiner zweiten Ehefrau Leocadia, meinte der damalige SPD-Fraktionsvize: „Ich bin froh, dass wir uns am Ende außergerichtlich gütlich geeinigt haben. In 15 Minuten war die Scheidung vollzogen.“ Gegenüber seiner zweiten Frau wollte er „nicht kleinlich sein“: Sie bekam die Hälfte aus dem Verkaufserlös des einst gemeinsamen Wohnhauses in Wuppertal und noch monatlich fast die Hälfte seiner Diäten von rund 13.000 D-Mark. Den Beginn seines neuen Lebensabschnitts feierten Rudolf Dreßler und seine neue Partnerin, die Journalistin Doris Müller (39), im Gasthof „Bredershof“ in Niederdollendorf bei Bonn. Dort tranken wir gemeinsam ein Glas Sekt „auf die deutschen Richter“. Für sie war nun der Weg frei für ein unbeschwertes gemeinsames Glück: „Sobald die Gerichtsurkunde zugestellt ist, wollen wir heiraten.“ Taten sie auch. Als ich ihn Jahre später als hilfsbereiten Botschafter in Israel traf, hielt das Glück immer noch an.

Etwas weniger offensiv agierte sein Parteifreund Hans Eichel.13 Er wollte sich nur einmal outen und dann sollte Ruhe sein. Dazu rief mich sein Sprecher Torsten Albig (der spätere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) an mit dem Hinweis: „Ja, er lebt getrennt. Aber auch ein Minister braucht eine Schulter zum Anlehnen. Wir machen die Story exklusiv mit Ihnen und das war es.“ Er hat sich daran gehalten. So erfuhr die Öffentlichkeit mitten in der wichtigen Haushaltsdebatte des Bundestages vom neuen Glück des Finanzministers, das so gar nicht zu seinem bisherigen Erscheinungsbild passen will. Farblos, ein Mann ohne Sinn für das Schöne im Leben. Und dann die Meldung, er hat eine Neue: Gabriela Wolf, 47, eine Architektin aus Kassel. Eichel: „Wir kennen uns seit mehr als 20 Jahren und sind seit über einem Jahr miteinander befreundet.“ Beide hatten sich 1978 auf einem Volksfest bei Kassel kennengelernt und kamen sich sehr schnell näher. Eichel: „Weitere Erklärungen zu unserer Beziehung werden wir nicht abgeben und bitten die Medien, unsere Privatsphäre zu respektieren.“ Damit zogen beide eine klare Trennlinie zur Selbstdarstellung von Parteifreund Rudolf Scharping.

Noch weniger mitteilsam ging es bei Oskar Lafontaine14 zu. Er wollte den Partnerwechsel am liebsten ganz ohne Medien vollziehen. Von 1967 bis 1982 war er mit Ingrid verheiratet. 1982 folgte Margret für sechs Jahre und 1993 Christa Müller („Püppi“). Dieser Frauenwechsel wurde erst am 14. Januar 1994 durch ein kleines Wort publik. Beim Sülze-Essen in Oskars Heimatort Dillingen-Pachten langte der damalige Saar-Ministerpräsident mit seiner Begleiterin kräftig zu und verblüffte die Genossen mit dem Satz: „Ich bedanke mich auch im Namen meiner Frau Christa Müller.“ So kam heraus, dass der damals 50-jährige Oskar seine strohblonde Freundin Christa Müller (damals 37) nach fünf gemeinsamen Jahren in aller Stille standesamtlich geheiratet hatte – mit anschließenden Flitterwochen auf der Karibik-Insel St. Lucia. Zuvor hatte er auf vorsichtige Fragen, ob Christa Müller seine Ehefrau Nummer drei werde, mal mürrisch, mal grinsend geantwortet: „Das geht sie einen feuchten Kehricht an.“ Noch ungnädiger reagierte er nach dem Verlassen von SPD und seiner Christa Müller. Inzwischen zum Star der SED-Nachfolgeorganisation Linkspartei avanciert, erschien die 26 Jahre jüngere Vorzeigefrau der Kommunistischen Plattform immer öfter an seiner Seite. Als der Spiegel 2009 erstmals über eine Affäre Lafontaines mit Sahra Wagenknecht (damals verheiratet mit Filmproduzent Ralph-Thomas Niemeyer) berichtete, reagierte der Ertappte indigniert. Erst im November 2011 bekannte der inzwischen 68-jährige Lafontaine wie beiläufig zum Ende seiner Rede auf dem Linke-Parteitag in Saarbrücken: „Ich lebe seit einiger Zeit getrennt und bin seit einiger Zeit mit Sahra eng befreundet.“ Damit sollte Schluss dieser Debatte sein: „Es ist alles gesagt.“ Bleibt nachzutragen, dass sie am 22. Juni 2012 ganz zu ihm zog, sich dort offiziell anmeldete und von Hochzeit sprach.

Im Laufe der Jahre veränderte sich die Berichterstattung über dieses Privatthema. Inzwischen musste schon viel geschehen, um damit in die Schlagzeilen zu kommen. Gerhard Schröder15 schaffte das erst im dritten Anlauf. Zunächst war er drei Jahre mit Eva (bis 1971) verheiratet, dann folgten Anne (bis 1983) und Hiltrud (Hillu), die ihm im März 1996 die Koffer vor die Tür stellte. Das war dann eine Schlagzeile wert.

Als Schröder später Kanzlerkandidat wurde, fragten einige Genossen besorgt, ob es im Wahlkampf Probleme mit Schröders Privatleben geben könne. Fraktionschef Peter Struck beschwichtigte damals: „Wir haben auch über sein Privatleben gesprochen, aber das gibt für die Konservativen nichts her. Gerd heiratet ja immer seine Frauen.“ Und tatsächlich kündigte Doris Köpf (*1963) im Juni 1996 an, sie werde voraussichtlich im folgenden Jahr zu ihrem Gerd ziehen.

Kennengelernt hatte sie ihn schon viel früher. Dazu ein kurzer Rückblick auf das Jahr 1987. Im September wurde ich auf die strebsame junge Journalistin aufmerksam. Ihre Arbeit bei der „Bild“-Zeitung ließ bei ihr schon nach wenigen Monaten Wandergelüste aufkommen. Also holte ich sie zum 1. Oktober in meine Parlamentsredaktion des „Express“. Die vielseitig interessierte, mädchenhaft junge, blonde Doris Köpf kniete sich voll in die Arbeit und gewann rasch Kontakte zu Politikern. Früh lernte sie Wolfgang Kubicki (FDP) näher kennen, aber auch Prominente aus der CSU wie Peter Gauweiler und besonders Johnny Klein. Ebenso namhafte CDU-Politiker und Berufskollegen wie Sven Kuntze, den Vater ihrer Tochter. Als ich meine Redaktion zur Hauseinweihung einlud, saß sie abends mit ihm platzsparend auf unserer Kaminbank.


Doris Köpf mit Klaus Töpfer in der „Express“-Parlamentsredaktion

Unter den SPD-Politikern lernte sie schon bald Gerhard Schröder („Gerd“) kennen, den sie 1997 heiratete und mit ihrer Tochter zu ihm zog.

Kurz drauf erklärte sie mir: „Ich habe die SPD-Mitgliedschaft beantragt und erwarte jeden Tag mein Parteibuch, auf das ich mich sehr freue.“ Bekanntlich war es ihr damit ernst, denn 2012 startete sie sogar eine Kariere als Landtagsabgeordnete.


Joschka Fischer als junger Grüner

Mit dieser vierten Heirat kam bei Autofan Schröder spätestens im Jahr seiner Kanzlerwahl 1998 der Spruch auf, dass er nun wie beim Audi-Markenzeichen auf dem Kühlergrill den vierten Ring am Finger habe. Sein Vizekanzler Joschka Fischer16 brachte es bald danach auf die fünf olympischen Ringe. Etwas sparsamer war Franz Müntefering17, kurz Münte genannt, mit seinen Ringen.

Wie das mit Münte anfing, erfuhr ich erst 2004 auf seiner Wahlkampftour. Es war die Zeit des Sturzflugs der SPD. Im sauerländischen Arnsberg (katholisch, CDU) empfingen gerade mal 68 Bürger, einschließlich Bierzapfer, den hohen Gast aus Berlin auf ihrem Marktplatz. Der regionale Spitzenkandidat Franz-Georg Schröder gab mir seine Visitenkarte. Auf der und auf seinem kleinen Werbe-Smart stand alles Mögliche von „ganz nah dran“ bis zu seinem Namen, aber kein Wort von Sozialdemokratie, nicht einmal das Kürzel SPD. So wollte er dem Abwärtssog der eigenen Schröder-Partei entgehen. Dann setzte auch noch Regen dem Sommerfest ein Ende. Schröder war da vorsichtiger als Münte, kam erst Stunden später in die Schützenhalle von Sundern, um den Genossen weltmännisch Mut zuzusprechen. Münte blieb eher hausbacken, erzählte mal wieder, wie er nach dem Krieg den SPD-Ortsverein „Altes Testament“ gründete, benannt nach der Region aus zwölf Gemeinden. Und das in der Kneipe mit dem beziehungsreichen Namen „Himmel“.

Am Abend wurde es bei diversen Bierchen etwas persönlicher. Christoph Plass beklagte erst seine Probleme mit der Netzhaut, gab sich als ältester Freund von Münte aus und erinnerte an die vergangenen Jahre der engen Gemeinsamkeiten. Ihn beschäftigte immer noch, dass sein Freund „damals“ die Mutter von der eigenen Ehefrau Renate (verheiratet seit 1961) bis zum Ende pflegen ließ und „sich gleichzeitig bereits eine neue Frau gesucht“ habe.

Ende 1980 folgte die Scheidung. 1995 heiratete er seine Freundin Ankepetra, die SPD-Bundestagsmitarbeiterin. Im katholischen Sauerland kam das nicht so gut an. Aber im fernen Berlin erlebten wir ihn nur in erkennbarer Liebe zu seiner zweiten Frau. Dass seine Tochter Mirjam aus erster Ehe ihre Freundin Sabine offiziell heiratete, war nach der Jahrtausendwende schon keine Sensation mehr.

Anhaltender waren da die Schlagzeilen, als sich Münte 2007 immer mehr um seine krebskranke Ankepetra kümmerte und deswegen sogar am 13. November als Arbeitsminister und Vizekanzler zurücktrat. Die Bundeskanzlerin hatte ihm eine Auszeit angeboten. Doch er wollte keine halben Sachen.

Ein klarer Fall von Rücktritt aus Liebe. Am 31. Juli 2008 verstarb seine Ankepetra.

Monate später spielte eine Frau, jünger als seine Tochter, im Leben des Franz Müntefering zunehmend eine Rolle. Sie kannten sich aus der Parteiarbeit mindestens seit 2004.

Als im Mai 2009 das neue Glück des Franz Müntefering durchsickert, erlebe ich reihenweise staunende Genossen wie Peter Struck, die sich fragen, ob das ernst gemeint ist. Die damaligen Daten sind auch bemerkenswert: Münte 69 Jahre, Michelle Schumann 29 Jahre. Aber sie heiraten. Kurz nach den Flitterwochen auf Madeira („Zwei Wochen. Das war der längste Urlaub meines Lebens.“) kommt er Ende Januar 2010 mit seiner Michelle ins Berliner Tempodrom zu Peter Maffay, der zu seinem 60. rockt. Ich frage das junge Paar, wer von beiden der größere Maffay-Fan sei. Münte: „Ich bin 1,76 Meter, sie ist 1,63 Meter.“ Was immer das heißen soll. Sein Glück erscheint dauerhaft. Sie strahlt ebenfalls. Und sie hat noch beruflich einiges vor. Mit dem großen alten Mann der SPD an ihrer Seite startete sie 2013 in den Bundestagswahlkampf, um als Abgeordnete in Müntes Fraktion einzuziehen, der selbst nicht mehr antrat.

Ein fraktionsinternes Bäumchen-Wechsel-Dich lieferten im Frühjahr 2000 die SPD-Bundestagsabgeordneten Christine Lambrecht (damals 35) und Hans-Joachim Hacker (50). Sie fielen zwar sonst nie auf, aber als die Mannheimerin Lambrecht ihren Freundinnen ein süßes Geheimnis anvertraute, machte das schnell die Runde. Die Noch-Verheiratete bekam ein Kind von ihrem Fraktionskollegen aus Schwerin. Der Familienvater mit vier Kindern reichte daraufhin die Scheidung ein und verkündete: „Ich werde alle Verpflichtungen erfüllen, aber die Trennung von Tisch und Bett ist unumkehrbar.“ Seine Begründung: „Die Politik ist sicherlich ein Grund, warum wir uns nach 25 Ehejahren auseinandergelebt haben. Natürlich ist das neue Leben hier in Berlin auch ein wesentlicher Grund.“

Deutschland – deine Politiker

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