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Kommt ein Teppich auf Staatskosten geflogen

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Um ein eher alltägliches Reisemitbringsel der beliebten Art ging es im Fall von Dirk Niebel34 im Jahre 2012. Der Entwicklungshilfeminister hatte ohnehin schon einen schweren Start, weil seine FDP jahrelang die Abschaffung genau dieses Ministeriums gefordert hatte, da es „überflüssig“ sei. Trotz dieser Ansage vor der Wahl wurde der FDP-Politiker nach der Wahl ebendort Ressortchef und wechselte schon bald zahlreiche Mitarbeiter ohne FDP-Nähe aus. Ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl kaufte Niebel einen Teppich in Kabul, den er ohne Zoll zu bezahlen als Sondergepäck im Jet des BND nach Deutschland transportieren ließ. Kaum stand das in den Zeitungen, da begann die Berliner Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Niebel sagte dazu meinem Freund und Kollegen Martin Lambeck treuherzig: „Ich wollte das Kleingewerbe in Afghanistan unterstützen und einen Teppich für mein Esszimmer kaufen.“ Weil ihm das Stück mit 30 Kilo in der Linienmaschine zu schwer war, überließ er dem BND den Transport.

In die Schlagzeilen geraten, wollte er das Stück nachverzollen. Damit nicht genug. Er musste sich in einer aktuellen Stunde des Bundestages entschuldigen. Hohn, Spott und Rücktrittsforderungen waren die Antwort. Das lesenswerte Protokoll dazu steht im Anhang. Und als Clou verkündete Niebel am nächsten Tag auf seiner Homepage, was er herausgefunden habe: „Der Teppich war nicht zollpflichtig. Als eines der am wenigsten entwickelten Länder unterliegt Afghanistan einer Sonderregelung der Europäischen Union, wonach auch Privatpersonen Gegenstände wie Teppiche zollfrei nach Deutschland einführen dürfen.“ Fall erledigt, aber der Spott blieb.

Zum Schluss noch ein fast versöhnlich harmloser Fauxpas. Es ging um Kohls knappe Wiederwahl im Deutschen Bundestag am 15. November 1994. Trauriger Held war der neue und bis dahin weitgehend unbekannte CDU-Abgeordnete Roland Richter (*1957) aus Karlsruhe. Ohne Wecker verschlief er die Abstimmung und erschien erst, als alles vorbei war. Fraktionschef Wolfgang Schäuble wusch ihm gehörig dem Kopf, die Nation lachte über den Langschläfer und schickte ihm gleich dutzendweise Wecker. „Eine Kohl-Wahl verschlafe ich bestimmt nicht mehr“, versprach er und entschuldigte sich bei Bundeskanzler Helmut Kohl, der versöhnlich reagierte: „Das musst du in den nächsten vier Jahren wieder wettmachen.“ Danach war seine Abgeordnetenkarriere zu Ende.

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