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Ludwig Erhard stirbt

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Heimlichkeiten beim Privatleben gab es lange Zeit erst recht im Umgang mit Krankheiten von Politikern. So blieb die verhängnisvolle Ursache für das Leiden von Ludwig Erhard20 für die Öffentlichkeit lange im Dunkeln, obwohl der Hergang sehr klar war: Der Vater des deutschen Wirtschaftswunders hatte sich Anfang März 1977 die Rippen schwer geprellt, als sein damals 33-jähriger Fahrer Dieter Räbsch mit 1,3 Promille einen leichten Verkehrsunfall baute. Der Fahrer bekam einen neuen Job als Bote. Erhard erholte sich von den Folgen des Unfalls nie mehr ganz. Zwar durfte er am 27. April das Krankenhaus verlassen, aber er hatte bereits Gedanken an den Tod. Erhard rief seine engsten Mitarbeiter zu sich: Die beiden Sekretärinnen Dorothea Bilda (seit 20 Jahren bei ihm) und Eva-Marie Schattenberg (seit 14 Jahren) sowie seinen engsten Vertrauten Karl Hohmann, schenkte jedem zum Abschied eine wertvolle Grafik des Mahlers Ernst Günter Hansing (1929–2001). Dann ordnete er seinen Nachlass: Die Ludwig-Erhard-Stiftung soll mit 1,5 Millionen D-Mark junge Wissenschaftler fördern. Außerdem verleiht sie jährlich eine 120 Gramm schwere Goldmedaille „für Verdienste um die soziale Marktwirtschaft“. Für die beiden Töchter wird eine halbe Million D-Mark in bar vorgesehen.


Ludwig Erhard bei einem seiner letzten Interviews

An diesem Mittwochabend sah Erhard sich das Fußballspiel Deutschland-Nordirland (5 : 0) im Fernsehen an, bekam aber schon nach dem Spiel wieder heftige Brustschmerzen und fuhr am folgenden Donnerstag mit einem Krankenwagen zurück ins Bonner Elisabethkrankenhaus. Chefarzt Dr. Hubert Westermann konnte die Schmerzen lindern und das Fieber auf 38 Grad senken. Der Vater des Wirtschaftswunders hing am Tropf und fiel meist in einen Dämmerschlaf. Bei einem kurzen Aufwachen am Abend des 2. Mai sagte er mit erstaunlich fester Stimme „Ich weiß, dass ich sterben muss.“ Das waren seine letzten Worte. Am Mittwoch, den 4. Mai, wurde seine Tochter Elisabeth Klotz an das Krankenbett ihres Vaters gerufen. Ein absolut zuverlässiger Informant erklärte mir, dass keine Hoffnung mehr bestehe und Erhard die kommende Nacht sicher nicht überstehen werde. Dazu durfte ich ihn als einen ungenannten Arzt zitieren: „Wir haben alles versucht. Es gibt keine Chance mehr.“ Mit dieser Exklusiv-Information entschieden wir uns für die Schlagzeile „Erhard stirbt“. Die „Bild“-Ausgabe vom 5. Mai war damit längst gedruckt, als Dr. Westermann um 2.50 Uhr offiziell den Tod feststellte. Sechs Stunden später erhoben sich Abgeordneten des Deutschen Bundestages von ihren Plätzen, um den großen Kollegen zu ehren, denn Erhard war seit 26 Jahren bis zu seinem Tode Abgeordneter. Beim Staatsakt erklärte Bundeskanzler Helmut Schmidt: „Wir Sozialdemokraten waren häufig ganz anderer Meinung als Ludwig Erhard, aber ich weiß schon seit langem und habe ihm das auch selbst gesagt: Der schnelle wirtschaftliche Aufstieg wäre ohne Ludwig Erhard so nicht möglich gewesen. […] Wir verneigen uns vor ihm in Dankbarkeit und Respekt.“ Bundespräsident Scheel appellierte: „Es ist an uns, ob wir sein Erbe in gedankenlosem Egoismus verschleudern oder aber zur Mehrung der Freiheit unserer Bürger nutzen.“ Bei diesem Staatsakt fehlte lediglich SPD-Chef Willy Brandt, der sich mit Genossen in Oslo traf.

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