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Reisespesen mit Kohl als Kronzeuge

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Mit Reisespesen der besonderen Art machte 1996 ein Bonner Staatsmanager von sich reden und berief sich dabei auch noch auf Bundeskanzler Helmut Kohl, der das gar nicht lustig fand.

Wie mir ein Freund erzählte und mit Dokumenten belegte, reiste der Chef der staatlichen Deutschen Entwicklungshilfe-Gesellschaft (DEG), Rainer von Othegraven (damals 59), mit Frau Marie-Luise regelmäßig dreimal im Jahr hochoffiziell zu den festlichen Empfängen der Weltbank. Mal stiegen die beiden im Washingtoner Nobelhotel „Madisson“, mal im Madrider „Palace“-Hotel ab – und immer ging alles, vom First-Class-Flug bis zum Luxushotel, auf Kosten der deutschen Staatsfirma. Für die Dame gab es sogar Tagegeld. Auf Wunsch stand ihr selbstverständlich ein eigener Dolmetscher zur Verfügung.

Der Bundesrechnungshof fand heraus, dass die aufwendigen Reisen des Geschäftsführers des deutschen Staatsunternehmens in der Zeit von 1990 bis 1994 insgesamt rund 820.000 D-Mark gekostet haben. Zwischen 66 und 86 Tage pro Jahr war Rainer von Othegraven (Jahresgehalt: 470.000 DM) unterwegs. Dazu steht in dem vertraulichen Gutachten des Bundesrechnungshofs auf Seite 11: „Auf die Ehefrau entfielen dabei an Fahrtkosten und Tagegeld mindestens 170.000 D-Mark.“

Ausgaben, die nach Auffassung der Rechnungsprüfer nicht korrekt sind: „Der Bundesrechnungshof ist der Ansicht, dass die DEG die Kosten für die Mitreise der Ehefrau des Geschäftsführers nicht hätte übernehmen sollen.“

Das sah Rainer von Othegraven völlig anders. Der DEG-Chef sagte mir am Telefon: „Das Reisen mit der Ehefrau hat absolut einen Sinn. Es ist Teil meines Erfolgs. Die Herren Kohl und Kinkel machen das ja auch so.“

Dagegen heißt es auf Seite 18 des Rechnungshofberichts: „Der Bundesrechnungshof sieht in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen in den geleisteten Erstattungen über einen Zeitraum von fünf Jahren einen Verstoß gegen die eindeutige Regelung des Anstellungsvertrages.“

Kaum hatte ich darüber berichtet, reagierte das Kanzleramt empört auf die Othegraven-Behauptung, der Bundeskanzler handle schließlich genauso wie er. Dieser Vergleich mit Kanzler und Vizekanzler ging der Regierung entschieden zu weit. Sofort schwenkte der reisefreudige Othegraven um und wollte das so nicht mehr gesagt haben. Am Rosenmontag, den 19. Februar, zog der „Spiegel“ nach mit dem Hinweis, dass Othegraven nach Angaben des Bundesrechnungshofes eindeutig gegen seinen Anstellungsvertrag verstieß.

Das rief das Kanzleramt erneut auf den Plan. Kohl und seine Mitarbeiter zogen gegen mich als Urheber der Story alle juristischen Register, verlangten von mir Gegendarstellung, Unterlassungserklärung und was sonst noch möglich schien, denn Kohl wollte nicht in einem Atemzug mit der Reiseaffäre genannt werden.

Zu dem Zeitpunkt war ich gerade auf die Insel Juist dem Karneval entflohen. Eigentlich wollte ich sofort wieder zurück nach Bonn, aber es herrschten Eis und Schnee wie selten. Fähre und Flugzeuge standen still. Also gingen die meterlangen Faxe zwischen meinem Anwalt, meinem Büro und meinem Hotel hin und her. Da der Kohl-Anwalt gleich alles wollte, entschied der zuständige Richter, dass es notwendig sei, in der Sache zu ermitteln, statt sofort einer Gegendarstellung zu entsprechen. Gut für uns, denn Gegendarstellungen sind sonst bei Einhaltung der einfachen Rechtsnorm sehr leicht auch ohne sachliche Richtigkeit durchzusetzen. Am Ende hatten wir das Recht auf unserer Seite. Kohls Anwalt bekam nichts, nicht einmal die Gegendarstellung. Nur Othegraven bekam einen Rüffel.

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