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Die eiserne Kette um München herum

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Wie einem bald auffallen wird, führt dieses Buch gerne zu diesem und jenem magischen Ort, der an die Sage erinnert, es geleitet zu irgendeinem Bauwerk, einem Brunnen…, vor dem man dann stehen kann, sich gescheit mit dem Finger an die Stirn tippt und zu den lieben Begleitern sagt: »Soso. Aha. Ja da schau her.« Sodann hat man seine gebildete Pflicht und Schuldigkeit getan, darf das Buch zuklappen und sich ins nächste Wirtshaus begeben.

Erstmal aber haben wir es mit einer zauberwirksamen Kette zu tun, die um das »ursprüngliche München« herum gespannt ist.

Oder, sagenhaft schwer, davor liegt.

»Ja was denn«, wird so mancher ausrufen, »…diese Kette gibt es einfach nicht!«

So ist es auch. Man kann so lange außen um die Stadt herumlaufen, wie man will. Man findet einen »Innen oder Altstadt«-, einen »Mittleren« und gar einen »Äußeren« Ring, ein jeder von diesen stinkt mehr als der andere, aber eine Kette kann man lange suchen.

Es gibt sie aber. In der Sage und im Herzen! Wollen wir sehen:

Zunächst erzählt uns die Sage, dass in früheren Zeiten die Kinder und überhaupt die Leichtgläubigen »von draußen«, vom Lande also oder von anderswoher, wenn sie nach München herein haben wollen, gesagt bekamen:

»Nach München? Da darfst du aber sauber zur heiligen Apollonia beten.«

Der Angesprochene hat dies dann recht gut verstanden. Denn in Zeiten (das ist noch gar nicht so lange her), in denen ein ordentlicher Mensch genau gewusst hat, wo jeder Heilige hingehört, wie er zu Tode gefoltert worden ist und für welches Wehwehchen er also zu helfen vermag, da war bei dem Namen Apollonia ganz klar: Zähne!


Wer nach München herein will, der muß erst die schwere eiserne Kette durchbeissen: Das heißt, er muss lernen, die Stadt mit dem Herzen zu sehen!; 17

Und so war’s auch gemeint, denn man hat den Kindern gesagt, sie müssten »eine Kette durchbeißen«, wenn sie denn nach München herein wollten. Da haben die nicht wenig Angst gehabt vor der großen, fremden Stadt. Meiner Oma selbst ist es noch so ergangen, die hat bei den Bauern gewohnt und ist lange schon tot.

»Die Kette«, das ist natürlich ein aussagekräftiges Symbol, wie sich das für eine g’scheite Sage so gehört. Denn von einem ordentlichen Kerl, der nach München herein wollte, hat man schon erwarten dürfen, dass er Manns genug ist, den Kraftakt zu tun. Er hat sich »durch etwas durchbeißen müssen«, sich die Stadt sozusagen erst mal verdienen, erarbeiten und, vor allem: mit dem Herzen erschließen müssen*.

Wenn man sich nun einmal mit dem Finger ans Herz tippt, dann findet man vielleicht die Kette!

Wenn nicht, dann muss man halt noch eine Zeitlang danach suchen, dann ist einer »im Herzen« noch kein rechter Münchner, wenn er auch noch so angestrengt so tut.

Es ist erstaunlich, was Max Rohrer in einem Buch vom Jahre 1949 schreibt, also kurz nach Kriegsende, als es noch recht lange hin war zur Olympiade, der U-Bahn, dem Großflughafen, der »Szene München« und all dem modischen Schnickschnack, der uns mit »Münchnern« segnet, die von der Kette nichts wissen und selbst wie eine Kette aus Kletten das Stadtbild verkitten:

»Aber wann sie in den Straßen und den Ausstellungen und den ›Bräus‹, wie sie sagen, eine Weil umeinander spekulieren, oder gar wann sie sich in der Stadt heimisch einnisten wollen, da merken dann die mehreren doch, dass zwischen ihnen und dem wirklichen München eine eiserne Kette ist, die durchbissen sein will. Das sind aber die Bessern und Gescheitern unter den Zugereisten; die ganz Siebengescheiten meinen nämlich, dass sie mitten darinnen sind, und spannen durchaus nichts von einer Kette.«**

Übrigens ist es eine magische Kette, die München umgibt: Ein zauberwirksamer Kreis, dem keiner sich entziehen kann …

*Ganz schön viel Menschen, die aus einer Notlage heraus in der Stadt ihr Glück gesucht haben, die mussten sich tatsächlich sauber durchbeißen! Das ist heute nicht anders.

**Max Rohrer, Alt-Münchner Geschichten, München 1949, S. 8.

Der Teufelstritt

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