Читать книгу Lebenskunst nach Leopardi - Группа авторов - Страница 21

2. Der Lebensbegriff und die Kraft der Imagination

Оглавление

Esistenza – amore dell’esistenza (quindi della conservazione di lei, e di se stesso) – amor del piacere (è una conseguenza immediata dell’amor proprio, perché chi si ama, naturalmente è determinato a desiderarsi il bene che è tutt’uno col piacere, a volersi piuttosto in uno stato di godimento che in uno stato indifferente o penoso, a volere il meglio dell’esistenza ch’è l’esistenza piacevole, invece del peggio, o del mediocre ec.) – amore dell’infinito ec. colle altre qualità considerate di sopra. (Zib. 182)

[Existenz – Liebe zur Existenz (das heißt ihrer Erhaltung und der eigenen) – Liebe zur Freude (eine unmittelbare Konsequenz des amor proprio, denn wer sich liebt, begehrt natürlicherweise für sich selbst Gutes, was mit Freude gleichzusetzen ist; der wünscht sich vielmehr in einen Zustand von Genuss anstatt in einen gleichgültigen oder schmerzhaften Zustand; der will für sich das Beste der Existenz, also ein angenehmes Dasein, statt das Schlimmste oder das Mittelmäßige etc.]

In einem späteren Abschnitt des Zibaldone finden wir diese konsekutive Reihe: Der reinen Existenz folgt die Liebe zur Existenz, der Selbsterhaltungstrieb, den der Mensch mit allen anderen Lebewesen teilt, und der als Positivität von Lebensimpulsen gedacht werden kann.1 Daraus erwächst ein Streben nach allem, was das Leben angenehm macht, der unstillbare amor del piacere. Dies geht wiederum mit einer grundsätzlichen Tendenz zum Unendlichen einher, da diese angenehmen Erfahrungen nie vollständig zur Erfüllung der Sehnsucht gereichen. Leopardi bindet die Erfahrung einer esistenza piacevole an die Sinne und an die Materialität der Welt und nicht an eine Außerweltlichkeit. Es ist kein Vorgeschmack auf das Paradies. Hier positioniert sich Leopardi in einem starken Gegensatz zu jeglicher sich auf Transzendenz berufenden Tradition und somit auch gegen die Romantiker.2

Es ist die Unterscheidung zwischen den ersten Punkten, amore dell’esistenza amore del piacere, zwischen denen sich der Umschlagpunkt der Positivität der Lebensimpulse ausbildet. Das bloße und existentielle Leben gilt für Leopardi als ein Gut an sich. Die existentielle Seite des Lebens setzt Leopardi mit der Natur gleich.

La natura è vita. Ella è esistenza. Ella stessa ama la vita, e procura in tutti i modi la vita, e tende in ogni sua operazione alla vita. (Zib. 3813)

[Die Natur ist Leben. Sie ist Existenz. Sie selbst liebt das Leben und sorgt in jeder Hinsicht für das Leben und strebt in allen ihren Handlungen nach dem Leben.]

Bedürfnisbefriedigung und Selbsterhaltungstrieb sind für Leopardi nicht Grund für menschliches Unglück. Erst in der Abspaltung eines individuellen Lebens, das auf dem amor proprio beruht, auf Ebene der subjektiven Entscheidung in gut und schlecht, Glück und Unglück, erhält das menschliche Leben seine eigentümliche Doppelnatur. Die Natur-Leben-Einheit wird in dem Moment gesprengt, wo es um die Empfindungsqualität geht: So verstanden ist Leben das ‹Gefühl der Existenz›.

Das Streben nach Glück als subjektives Existenzziel der Menschen steht dem generellen Existenzziel der Natur (dem Kreislauf von Kreation und Zerstörung) unvereinbar entgegen. Dieses antagonistische Verhältnis zwischen Natur und menschlichem Leben bildet den Rahmen für Leopardis Lebensbegriff. Dabei stellt Leopardi Vernunft und Gefühl jedoch nicht gegeneinander, desiderio und pensiero sind in der Seele miteinander verbunden. Der Mensch unterscheidet sich von allen anderen Lebewesen einzig darin, dass er ein höheres Empfindungsvermögen aufweist (cf. Zib. 2411sq.).

Dieses Empfindungsvermögen erfährt in der Imagination eine Potenzierung, denn im Raum der Vorstellung ist nicht-endender Genuss zumindest potenziell denkbar (cf. Zib. 167). Doch der Versuch, die an die Endlichkeit materieller Güter geknüpfte Lust in der Vorstellungskraft zu erfüllen, führt zu einer Vergeistigung und Spiritualisierung dieser Lust und damit zu einem noch größeren Unglücksempfinden.3 Wir befinden uns in einer Zwickmühle: Was materiell für uns verfügbar ist, reicht uns nicht. Und was uns erfüllen würde, das Unendliche, ist nicht für uns verfügbar, außer in seiner negativen Form, als Nichts.

Lebenskunst nach Leopardi

Подняться наверх