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Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 27. Juni 1941
Amt IV – IV A 1– B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]

23 Ausfertigungen, 21. Ausfertigung

Ereignismeldung UdSSR Nr. 6

I) Politische übersicht:

a) Im Reich:

Die Staatspolizeileitstelle Wien berichtet die Festnahme von 8 Sowjetrussen, die zur Zeit abwehrpolizeilich überprüft werden. Ferner hat sie 19 ehemalige Russlandrückkehrer in Haft genommen, die im Verdacht stehen, während ihres Aufenthaltes in Sowjetrussland zu einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit verpflichtet worden zu sein. Das sowjetrussIsche Generalkonsulat in Wien wurde geschlossen und die Angehörigen des Generalkonsulates unter besondere Bewachung gestellt. Bisher haben die kriegerischen Ereignisse in Wien zu irgendwelchen staatsfeindlichen Aktionen nicht geführt. Insbesondere wurden in den Betrieben keinerlei Wahrnehmungen gemacht, die auf revolutionäre Absichten der Arbeiterschaft hinweisen. Nach einer vertraulichen Meldung wird aus Wien berichtet, dass seitens der Kommunistischen Partei individueller Terror vorbereitet würde und Einzelaktionen geplant seien. In der Nacht zum 24.6.41 wurde in mehreren Bezirken Wiens ein im Abziehverfahren hergestelltes kommunistisches Flugblatt mit der überschrift „An die Unterdrückten aller Länder“ verbreitet. In diesem Flugblatt wird u. a. zur Sabotage aufgefordert. Weiter wurden in der Nacht in Wien kleine Streuzettel mit der Aufschrift „Proletarier aller Länder vereinigt Euch! Macht Schluss mit den Arbeitermördern!“ verteilt. Staatspolizeileitstelle Düsseldorf berichtet, dass im Stadtgebiet Düsseldorf mehrere Flugblätter mit der überschrift „Sowjetunion“ aufgefunden wurden. Die Flugblätter enthalten Angaben über die Stärke und Gliederungen der sowjetrussischen Armee.

b) Im Generalgouvernement:

Der Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Warschau meldet, dass die polnische Bevölkerung im russischen Interessengebiet überall grosse Befriedigung über den deutschen Einmarsch zeigt. In verschiedenen Dörfern wurden für die deutschen Truppen Triumphbogen errichtet. Mehrfach wurde der Wunsch nach Aufstellung einer polnischen Legion gegen die Bolschewisten geäussert. Die gleiche Stelle berichtet, dass am 23.6.41 folgende Angehörige des Grenzpolizeipostens Platerow die russische Grenze in der Gegend von Platerow mittels Pkw überschritten haben: 1) SS-Oberscharf. Reichow, 2) SS-Oberscharf. Thies, 3) SS-Sturmmann Woehl, 4) SS-Sturmmann Moeldner. Anscheinend wollten sich die Genannten über die Lage orientieren und evtl. interessierendes Material sicherstellen. Kurz nach Passieren der Grenze sind sie jedoch von sich noch in Bunkern versteckt haltenden russischen Truppen beschossen worden. Bisher sind durch die Wehrmacht die unter 1. und 4. Genannten mittelschwer verletzt zurückgebracht und in ein Lazarett eingeliefert worden. Wie weiter beobachtet worden ist, hat Thies einen Mundschuss erhalten. über sein Schicksal wie über den Verbleib des zu 3. genannten Woehl ist z. Zt. noch nichts bekannt. Der von den Beamten benutzte Pkw ist von der Wehrmacht ebenfalls zurückgebracht worden.

c) In den übrigen besetzten Gebieten:

Der Befehlshaber des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD in Den Haag berichtet, dass die Aktion zur Festnahme der sowjetrussischen Staatsangehörigen in den besetzten niederländischen Gebieten ihren Abschluss gefunden habe. Sämtliche Festgenommenen wurden vorläufig in das unter Leitung und Aufsicht der Sicherheitspolizei stehende provisorische Internierungslager Schoorl b/Alkmaar überführt.1

Der Beauftragte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD für Frankreich und Belgien, Dienststelle Paris, berichtet, dass bisher insgesamt 1223 Personen aus vorbeugenden Gründen anlässlich des Krieges mit der Sowjetunion festgenommen wurden. Davon entfallen auf Paris und Umgebung 280, auf Bordeaux 247, auf Dijon 394 und auf Rouen 302 Personen. Ferner meldet er, dass der Ausbruch des deutsch-sowjetrussischen Krieges für die französische Bevölkerung sehr überraschend gekommen sei. Die intellektuellen KreIse Frankreichs sind der Ansicht, dass jetzt der Druck gegen England nachlassen wird und Amerika die Gelegenheit benutzt, Deutschland den Krieg zu erklären. Diese Auffassung wird besonders von den Amerikanern gestützt. Der Mittelstand, der schon immer eine Abneigung gegen den Kommunismus hatte, zeigt gewisse Sympathien für den Krieg, die jedoch in der Hauptsache nur wegen der schlechten Erfahrungen, die man mit den russIschen Emigranten gemacht hat, vorhanden sind. In kommunistischen Kreisen Frankreichs ist man allgemein der Ansicht, dass Deutschland es jetzt mit einem sehr beachtlichen Gegner zu tun habe. Die Tätigkeit der Kommunisten hat bereits im besetzten Gebiet zugenommen. Entsprechende Vorbeugungsmaßnahmen sind über den Militärbefehlshaber von der französischen Polizei gefordert worden. Der Klerus in Frankreich begrüßt den Krieg Deutschland-Sowjetrussland und hebt hervor, dass es vom Führer geradezu genial gewesen sei, Russland solange hinzuhalten, bis die Zeit für die Auseinandersetzung reif gewesen sei. Man hoffe, dass sich jetzt das nationalsozialistische Deutschland mit dem Vatikan verständigen würde.

d) Meldungen der Einsatzkommandos:

Das Einsatzkommando 1a2 meldet, dass Libau noch nicht in deutscher Hand sei. Versprengte Teile der Roten Armee befinden sich noch im Raum zwischen Libau und Memel. Zum Teil kämpfen diese Truppen völkerrechtswidrig in Zivil. Das EK 1a hat sich nach Prekoln, etwa 30 km ostwärts Libau, begeben und sich der 291. Division angeschlossen. Stapo Tilsit nimmt in einem Grenzstreifen von 25 km Säuberungsaktionen von Heckenschützen pp. vor.3

In Vertretung gez. Müller

Verteiler:

Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD

Gruppe IV E

Referat IV E 5

An die ämter I, II, III, V, VI, VII des RSHA

IV-Geschäftsstelle (3 Stück)

IV D 1, IV D 2, IV D 4

IV A 4

Sonderakte „UdSSR“ IV A 1 d (5 Reserve-Exempl.)

Aus: BAB, R 58/214


1 Vgl. Binjamin Heil: De vijf concentratiekampen in Nederland 1940–1945. Schoorl, Ommen, Amersfoort, Vught, Westerbork, Nieuwerkerk 1998.

2 Das SK 1a stand anfangs unter der Führung von Dr. Martin Sandberger, geb. 1911, Jurastudium, 1931 NSDAP u. SA, 1932/33 Studentenschaftsführer Tübingen, 1933 Referendarexamen u. Dr.jur., 1934/35 hauptamtlich beim Chef des SA-Ausbildungswesens, Mai 1935 SS, Jan. 1936 Referent u. Abt.leiter SD-OA Südwest, 1936 Assessorexamen, 1938 Stubaf., 1939–1941 Leiter EWZ Nordost des CdS in Lodsch/Litzmannstadt, Febr. 1940 zudem Referent I B 3 (Lehrplangestaltung der Schulen) im RSHA, Dez. 1941 KdS Reval, 1942 Ostubaf., Sept. 1943 Leiter III beim BdS Italien, Jan. 1944 Gruppenleiter VI A im RSHA, 1945 Staf., 1948 im Nürnberger EG-Prozeß zum Tod verurteilt, später zu lebenslanger Haft begnadigt, 1958 entlassen, gest. 2010; BAB, BDC, SSO u. RuSHA Dr. Martin Sandberger; GVP RSHA v. 1.3.1941, BAB, R 58/840; Affidavit dess. v. 23.4.1947, IfZ, Nbg. Dok. NO-2891; Wilhelm: Die Einsatzgruppe A, S. 485f.

3 Auf Betreiben des Leiters der Stapo-Stelle Tilsit, Stubaf. Hans-Joachim Böhme, erschoß ein Kdo. der Schutzpolizei Memel in Garsden am 24.6.1941 mindestens 200 Juden; vgl. Jürgen Matthäus: Jenseits der Grenze. Die ersten Massenerschießungen von Juden in Litauen (Juni–August 1941), in: ZfG 44(1996), S. 101–117; Joachim Tauber: Garsden, 24. Juni 1941, in: Annaberger Annalen 5(1997), S. 117–134; Konrad Kwiet: Rehearsing for Murder: The Beginning of the Final Solution in Lithuania in June 1941, in: HGS 12(1998), S. 3–26. Am 25. oder 26.6. ließ ein EK z.b.V. des GPK Sudauen (Suwalki) der Stapo-Stelle Tilsit unter Stubaf. Wolfgang Ilges u. KK Waldemar Macholl in Augustowo im Bezirk Bialystok 120 Bewohner eines sowjetischen Ferienheims – mehrheitlich Juden – durch eine Einheit der Waffen-SS erschießen; BAL, B 162/5995; Urteil LG Köln v. 4.5.1957, BAL, B 162/2596.

Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941

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