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Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 5. Juli 1941
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

30 Ausfertigungen, 6. Ausfertigung

Reg. Rat Paeffgen – o.V.i.A. – im Hause

Ereignismeldung UdSSR Nr. 13

I) Politische Übersicht:

a) Im Reich:

Seit 23.6.1941 wurden von der Stapoleitstelle Berlin insgesamt 43 verschiedene, zumeist kommunistische Hetzschriften erfasst. Ein Vergleich mit davorliegenden Zeiträumen ergibt, dass diese Hetzschriftenherstellung seit Kriegsausbruch mit Sowjetrussland keine Steigerung erfahren hat. Offensichtlich ist, dass es sich bei den Herstellern um Einzelgänger handelt; ein organisatorischer Zusammenhang der einzelnen Verbreiter besteht nicht. In den Konzentrationslagern Groß-Rosen, Mauthausen und Auschwitz sind Fleckfieberfälle aufgetreten. Sperre der Lager wurde sofort verfügt, alle Abwehrmaßnahmen getroffen.

b) Im Generalgouvernement:

Die maßgebenden ukrainischen Nationalistenführer wurden, wie bereits berichtet, in Ehrenhaft genommen. Bandera wurde nach Berlin überführt. Dessen Vernehmung ist im Gange.

c) Übrige besetzte Gebiete:

Protektorat: Laut Meldung des Befehlshabers der SPSD1 Prag hat Staatspräsident Hacha beim Reichsprotektor die Entsendung einer tschechischen Truppe gegen die UdSSR angeboten. Reichsprotektor hat abgelehnt, worauf Hacha sichtlich erleichtert gewesen sein soll.

II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

Einsatzgruppe A: Standort Riga.

Gruppenchef berichtet: Verschiedene lettische Gruppen versuchen, zentrale Organisationen zu bilden. Bis jetzt in Erscheinung getreten: 1) Zentrales Organisationskomitee für das befreite Lettland (Führung: Oberst Kreischmanis [Kreismanis]).2 2) Vorläufiger Verwaltungsrat von Lettland (Führer ehemaliger Verkehrsminister Einbergs).3 Zusammen mit Wehrmacht wird offizielle Aufnahme der Verbindung abgelehnt.

Einsatzgruppe B: Standort Lemberg.

Am 5.7.1941 erscheint zum ersten Male eine ukrainisch-nationale Zeitung in Lemberg auf unpolitischer und überparteilicher Grundlage. Erste Nummer wird Gruß- und Geleitworte des Stadtkommandanten General Renz, des ukrainisch-griechisch-unierten Metropoliten Szepticky4 und des Bürgermeisters Polainsky enthalten. Am 6.7.1941 wird der Metropolit Graf Szepticky, der bei allen Ukrainern großes Ansehen genießt, einen Hirtenbrief verlesen, dessen Formulierung vereinbart ist. Inhalt: Dankbarkeit des ukrainischen Volkes für die Befreiung durch die Deutschen.5 EK 4b Standort Tarnopol. Gefängnis voller Toter (4–600). Sämtliche Funktionäre geflüchtet.6

Einsatztruppe C: Standort 5.7.41 Slonim.7

Gruppenchef wurden zwei weitere Armatus-Sendestationen und ein Fieseler-Storch zur Verfügung gestellt. EK 7a Standort Minsk.8 Ebenso EK 7b. Durch die Flucht aller Funktionäre und die Abschleppung des Materials aus dem ehemaligen polnischen Gebiet ist die Konzentration der gesamten Einsatzgruppe auf Minsk als Fluchtzentrale und Hauptstadt der weißrussischen Sowjetrepublik erforderlich. EK 7b meldet aus Baranowicze9 systematische Vernichtung des Materials. Funktionäre und Beamte geflüchtet. Kirchenbesuch sehr stark. Wirtschaftsleben durch Kolchosierung stark zerrüttet, daher Verknappung der Lebensmittel. EK 9 Standort Grodno.10 Unter Schwierigkeiten mit Kommandeur Oberst Pickel wurde Parteigebäude als Dienstsitz requiriert. Aus NKWD-Büro Funktionärmaterial und Lichtbilder sichergestellt. Pogrome eingeleitet. Starke Zerstörungen. Kaufläden geplündert und demoliert, Versorgungslage schlecht. Kirchenbesuch stark. Bielsk-Podlaski: Unterstützungstrupp11 hat alle Stellen überholt. Parteifunktionäre geflüchtet, Führer der jüdischen Intelligenz (insbesondere Lehrer, Rechtsanwälte, Sowjetbeamte) liquidiert. Stimmung unter der Bevölkerung deutschfreundlich, insbesondere bei Bauernschaft. Noch am 20. 6. 41 wurden von Sowjetrussen Arbeiter nach Nordrußland verschleppt. Kirchenbesuch stark. EK 9 wird am 5.7.1941 in Grodno abgelöst und rückt nach Lida12 ab. Sicherheitspolizeilich durchgearbeitet werden im Laufe des 4. und 5.7.1941 Wolkowysk und Slonim.

Einsatzgruppe D: Standort Piatra. Verbindung mit 11. Armee aufgenommen.13

III) Militärische Ereignisse:

Bis zum Abschluß des Tagesberichtes lagen neue Meldungen über militärische Ereignisse nicht vor.

Verteiler:

RFSS und Chef der Deutschen Polizei

Chef der Sicherheitspolizei und des SD

Chef der Ordnungspolizei (unmittelbar an Adjutantur des General Daluege)

Amtschefs I, II, III, V, VI und VII

SS-Obersturmbannführer Rauff

IV-Gesch.Stelle (3 Stück)

IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

IV E, IV E 5

IV A 1 d (5 Reserve)

Aus: BAB, R 58/214


1 Sipo u. SD.

2 Ernest Kreismanis, als Ex-Oberst zur Gruppe der nach dem früheren Bfh. der nationalen Befreiungsarmee von 1918/19 benannten Kalpak-Offiziere gehörend, stand dem Lettischen Organisationszentrum vor, das schon vor dem Einmarsch der Deutschen aktiv war. Ihm gelang es, die Pressearbeit im besetzten Riga mit der Zeitung „Briva“ in die Hand zu nehmen, die nach der Gleichschaltung als „Tevija“ als halböffentliches Verlautbarungsorgan der Besatzer erschien; vgl. Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941–1944, S. 45, 130, 166, 214.

3 Bernhards Einbergs, unter der Regierung von Ulmanis Verkehrsminister, wurde von Stahlecker kaltgestellt. 1944 erfolgte seine Einweisung ins KL Stutthof, wo er umkam; vgl. Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941–1944, S. 130 f., 142.

4 Graf Roman Andreas Szepticky, geb. 1865, entstammte einem ehemals ukrainischen Adelsgeschlecht, das im 19. Jahrhundert zum Katholizismus übertrat u. polnisch wurde. Sich der eigenen Familientradition bewußt werdend, konvertierte er während seiner Studienzeit zur unierten Kirche u. wurde 1899 Bischof in Stanislau, 1900 Metropolit der griechisch-katholischen Kirche in Lemberg. Als seine Lebensmission sah er an, alle Ukrainer, auch die weit im Osten lebenden, unter einer Kirche zu vereinigen. Als jahrzehntelanger Parteigänger der ukrainischen Nationalbewegung unterstützte er die Unabhängigkeitserklärung am 30.6.1941. Obwohl er Hunderten von Juden das Leben rettete, blieb er Propagandist des Dritten Reiches bis zum Einmarsch der Sowjets 1944. Er starb im selben Jahr; biographisch: EdH, Bd. 3, S. 1307f.; Seidler: Die Kollaboration 1939–1945, S. 484–487; vgl. Gregor Prokoptschuk: Der Metropolit, München 1967; Hansjakob Stehle: Der Lemberger Metropolit Šeptycky und die nationalsozialistische Politik in der Ukraine, in: VfZ 34(1986), S. 407–425; Shimon Redlich: Metropolitan Andrii Sheptyts’kyi and the Complexities of Ukrainian-Jewish-Relations, in: Zwi Gittelman (Hrsg.): Bitter Legacy. Confronting the Holocaust in USSR, Bloomington-Indianapolis 1997, S. 61–76.

5 Szepticky hatte dies jedoch unternommen, da er – obwohl eigentlich Anhänger Melniks – dem Trugschluß unterlag, daß Bandera der Mann des Dritten Reiches sei. Später bedauerte er sein exponiertes Vorpreschen. Die autokephale Kirche unter Bischof Polikarp verkündete am 10.7.1941 einen ähnlich gelagerten Hirtenbrief, der ebenfalls in seinem politischen Tenor auf die OUN-B setzte; zur Rolle der Bischöfe u. des Generals Renz: Heyer: Die orthodoxe Kirche in der Ukraine, S. 173 f.

6 Im ostgalizischen Tarnopol (Ternopol) lebten 1939 18000 Juden. Am 2.7.1941 eroberte die Wehrmacht die Stadt; EdH, Bd. 3, S. 1402.

7 Im weißrussischen Slonim (Słonim) wohnten im Juni 1941 22000 Juden, darunter viele Flüchtlinge aus Westpolen. Am 25.6. marschierte die Wehrmacht in die Stadt ein; EdH, Bd. 3, S. 1321.

8 In Minsk (Mensk), der Hauptstadt Sowjetweißrußlands, lebten 1939 71000 Juden, 29% der Gesamtbevölkerung. 1941 hatte sich die Zahl durch Flüchtlinge aus Ostpolen auf 80000 erhöht, von denen nur wenige fliehen konnten. Am 28.6. nahm die Wehrmacht die Stadt ein; Altshuler: Distribution of the Jewish Population of the USSR 1939, S. 38; EdH, Bd. 2, S. 950–953.

9 Im weißrussischen Baranowicze (Baranovicˇi) lebten am 27.6.1941, als die Wehrmacht einrückte, 10000 Juden, gut die Hälfte der Bevölkerung; EdH, Bd. 1, S. 153 f.

10 1939 lebten im weißrussischen Grodno 25000 Juden. Am 22.6.1941 eroberte die Wehrmacht die Stadt; EdH, Bd. 1, S. 565f.

11 Gemeint ist das EK z.b.V. des KdS Warschau.

12 Das weißrussische Lida hatte 9000 jüdische Einwohner, als die Deutschen am 30.6.1941n die Stadt besetzten; EdH, Bd. 2, S. 863f.

13 Vgl. AOK 11/Ic/AO an EG D v. 3.7.1941, BA-MA, RH 20–11/488. Die EG D stand unter der Führung von Otto Ohlendorf, geb. 1907, Jurastudium, 1925 NSDAP u. SA, 1927 SS mit Mitgliedsnr. 880, 1931 Referendarexamen, 1933 Assistent am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, 1935 Abt.leiter am Institut für angewandte Wirtschaftswissenschaften in Berlin, 1936 ins SD-HA, 1937 als Stubaf. Stabsfhr. II 2 u. Leiter Hauptabt. II 23 (Wirtschaft), 1938 Ostubaf., 1939 Amtschef III im RSHA, 1940 Staf., 1941 Oberf., Kdr. EG D bis Juli 1942, dann zurück ins RSHA, 1942 Brif., Nov. 1943 zusätzlich Unterstaatssekretär im Reichswirtschaftsministerium, 1944 Gruf., 1948 im Nürnberger EG-Prozeß zum Tod verurteilt, 1951 hingerichtet; BAB, BDC, SSO Otto Ohlendorf; GVP RSHA Stand 1.3.1941, BAB, R 58/240; Affidavit Otto Ohlendorf v. 5.11.1945, IfZ, Nbg.Dok. PS-2620; dto. v. 24.4.1947, ebd., NO-2890; BAL, ZK: Otto Ohlendorf; Hanno Sowade: Otto Ohlendorf–Nonkonformist, SS-Führer und Wirtschaftsfunktionär, in: Ronald Smelser/Rainer Zitelmann (Hrsg.): Die braune Elite. 22 biographische Skizzen, Darmstadt 1989, S. 188– 200; David Kitterman: Otto Ohlendorf – „Gralshüter des Nationalsozialismus“, in: Smelser/Syring: Die SS: Elite unter dem Totenkopf, S. 379–393; wenig überzeugend: Jason Weber: Normalität und Massenmord. Das Beispiel des Einsatzgruppenleiters Otto Ohlendorf, in: Joachim Perels/Rolf Pohl (Hrsg.): NS-Täter in der deutschen Gesellschaft, Hannover 2002, S. 41–68; auch die Behauptung, Ohlendorf habe die Leitung der EG D nur übernommen, um nicht als Feigling zu erscheinen (Headland: Messages of Murder, S. 210) – basierend auf einer Aussage seiner Witwe –, gehört ins Reich der Legende.

Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941

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