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Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 7. Juli 1941
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

30 Ausfertigungen, 18. Ausfertigung

Reg.Rat Paeffgen – o.V.i.A. –

Ereignismeldung UdSSR Nr. 15

I) Politische Übersicht:

a) im Reich:

Die Absicht der OUN-Leitung in Berlin, am 6.7.41 vor verschiedenen Ministerien gegen den Blutterror der Bolschewisten zu demonstrieren, konnte noch rechtzeitig vereitelt werden. Der Leiter der OUN-Gruppe im Generalgouvernement, Bandera, befindet sich seit

6.7.41 in Berlin in Ehrenhaft. Ausser einigen weiteren Festnahmen von Kommunisten aus präventivpolizeilichen Gründen ist nichts Neues zu berichten.

b) Im Generalgouvernement:

Die führenden Personen in den einzelnen ukrainischen Splitterrichtungen wurden im Laufe des 5. und 6.7. in Ehrenhaft genommen. Sonderbericht wird vorgelegt. Oberst a.D. Melnik hat am 6.7.1941 folgendes Schreiben über OKW an das Führerhauptquartier gerichtet: „An den Führer des Deutschen Volkes und Obersten Befehlshaber der Deutschen Wehrmacht – Führerhauptquartier – über OKW Berlin durch Abwehrstelle II Krakau. Das ukrainische Volk, wie kaum ein zweites seit Jahrhunderten um seine Freiheit kämpfend, bekennt sich aus tiefster Seele zu den Idealen eines neuen Europa. An der Verwirklichung dieser Ideale mitzuhelfen entspricht der Sehnsucht des ganzen ukrainischen Volkes. Wir, die alten Freiheitskämpfer von 1918–1921 bitten für uns und zugleich für unsere ukrainische Jugend um die Ehre, an dem Kreuzzug gegen das bolschewistische Barbarentum teilnehmen zu dürfen. Wir, die wir in einundzwanzigjährigem Abwehrkampf und insbesondere jetzt durch die grausame Ermordung so vieler unserer Volksgenossen blutigste Opfer gebracht haben. Mit den Legionen Europas bitten auch wir, Schulter an Schulter mit unseren Befreiern, der deutschen Wehrmacht, mitmarschieren zu dürfen und uns zu diesem Zweck die Aufstellung einer ukrainischen Kampfformation zu ermöglichen. Krakau, den 3.7.1941. A. Melnik, Oberst a.D., M. Omelanowytsch-Pawlenko, Gen.Lt. a.D., M. Kapustjanskyj, Gen.Major a. D., R. Suschko, Oberst a. D., H. Stefaniw, Oberst a. D., P. Djatschenko, Oberst a. D., M. Chronowiat, Hauptmann a. D.1 Als Deutscher des Ostens und ehemaliger Kommandant der 7. Lemberger-Brigade im ukrainischen Freiheitskampf 1918/21 bitte ich um Gewährung des obigen Wunsches. Die Aufstellung einer Kampfgruppe im Verbande der Deutschen Wehrmacht halte ich insbesondere auch aus politischen Gründen im Interesse einer leichteren Bewältigung der kommenden großen Aufgaben und einer rascheren Eingliederung in die Neuordnung Europas für dringend erforderlich. A. Bisanz,2 Oberst a. D. und Referent für ukrainische Fragen in der Regierung des Gen. Gouv.“3

c) Übrige besetzte Gebiete:

Einsatzgruppe Belgrad meldet: Am 4.7.1941 ereignete sich in einem Belgrader Haus eine Explosion. Kommunisten wollten eine Zeitbombe anfertigen, um einen Sabotageakt an einer Eisenbahnstrecke zu verüben. Die Bombe ging jedoch frühzeitig los. Da auch am [unleserlich] 6. 41 ein Sabotageakt auf den PK-Sender Belgrad durch Abzwicken von Kabeln unternommen worden ist, wurden im Einvernehmen mit dem Militärbefehlshaber scharfe Exekutionsmaßnahmen durchgeführt. Am 5.7.1941 wurden 10 Kommunisten und 3 Juden durch ein Exekutionskommando der serbischen Polizei unter Aufsicht der Einsatzgruppe erschossen. Diese Exekution wurde zur Abschreckung öffentlich bekanntgegeben.4

II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

Einsatzgruppe A:

Gruppenleiter ist mit EK 1a und 2 in Riga eingerückt. Sicherung der Stadt durch Aufstellung von Hilfspolizei (400 Mann) organisiert; Truppe durch Heckenschützen daher in keinem Falle mehr gestört, Hilfspolizei bisher 4 Tote. Als Leiter der Hilfspolizeitruppe eingesetzt Oberstleutnant Neiß [Weiss]5; Vorkehrungen, dass aus dieser Truppe nicht eine lettische Miliz entsteht, sind getroffen. Ausser dieser Hilfspolizeitruppe 2 weitere selbständige Gruppen zur Durchführung von Pogromen aufgestellt.6 Sämtliche Synagogen zerstört; bisher 400 Juden liquidiert. Von den Bolschewisten wurden 20 deutsche Kriegsgefangene in einer Kaserne in Riga erschossen. Protokollarische Feststellungen getroffen. Hierbei hat sich auch ergeben, dass ein bei dieser Exekution unverletzt gebliebener deutscher Soldat von einem Juden aus Riga erschlagen worden ist. Daher wurden am 4.7.1941 an der gleichen Stelle durch ein Kommando der Sicherheitspolizei und des SD 100 Juden erschossen.7 Das sich in Riga gebildete lettische Zentralkomitee hat vergeblich um Anerkennung nachgesucht. Entsprechende Veröffentlichungen dieses Komitees konnten im letzten Augenblick durch EK verhindert werden. Es werden weiter sicherheitspolizeilich durchgearbeitet Wenden (Teilkommando des EK 1a), Dorpat (gegebenenfalls Pskow) Teilkommando des EK 1a. Ein weiterer Teil des EK 1a ist für Reval bestimmt und bereits in Marsch gesetzt. In Libau verbleibt Rest des EK 2. Alle übrigen Teile der Einsatzgruppe werden in Riga zusammengezogen.

Einsatzgruppe C:

Einsatzgruppenleiter (SS-Brif. Nebe) meldet sein Eintreffen in Minsk am 5.7. Sowjetgebäude mit umfangreichem wichtigen Material sichergestellt. Beim Vorgehen nach Minsk im Waldgebiet bei Koidonow war Einsatzgruppe dem Artillerie- und Infanteriefeuer noch kämpfender russischer Truppen ausgesetzt. Bevölkerung in Minsk noch völlig untätig. Noch kein Rundfunk. Minsk selbst stark zerstört.

III) Militärische Ereignisse: Neuer Bericht liegt noch nicht vor.

Verteiler:

RFSS und Chef der Deutschen Polizei

Chef der Sicherheitspolizei und des SD

Chef der Ordnungspolizei

Amtschefs I, II, III, V, VI und VII

SS-Oberstubaf. Rauff

IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

IV E, IV E 5

IV (Gesch.Stelle) 3 Stück

IV A 1 d (5 Reserve)

Aus: BAB, R 58/214


1 Vgl. Taras Hunczak (Hrsg.): The Ukraine, 1917–1921: A Study in Revolution, Cambridge 1977.

2 Hitler u. die NSDAP-Führung schätzten die politische Bedeutung der OUN, zumal nach dem innerparteilichen Zurückdrängen der alten Offiziersclique, als nur gering ein. Die früheren Militärs galten als berechenbarer u. leichter zu steuern als die Jungfunktionäre der Bandera-OUN. Der SD umschrieb dies bereits in seiner „Meldung aus dem Reich“ Nr. 106 v. 18.7.1940: „Da die gegenwärtige Führung der OUN nicht mehr aus ehem. Offizieren besteht, also auch die Möglichkeit eines (bei den Ukrainern immer noch sehr wirksamen) Appells an die soldatische Disziplin zum Wegfall kommt, besteht die Gefahr, daß die Radikalisierung des ukrainischen Nationalismus zu einer allgemeinen Zersetzung u. zur Gefährdung der Lage in den Grenzgebieten führt“, Heinz Boberach (Hrsg.): Meldungen aus dem Reich. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS 1938–1945, Bd. 5, Herrsching 1984, S. 1396f.

3 Der Oberst a.D. der ukrainisch-galizischen Armee Alfred Bisanz leitete in der Administration des Generalgouvernements das Referat für ukrainische Fragen in der Abt. Inneres. Später fungierte er als Leiter der Unterabt. Bevölkerungswesen u. Fürsorge; vgl. Grelka: Die ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft, S. 130, 195, 206, 259.

4 Zu den Geiselerschießungen: Browning/Matthäus: Die Entfesselung der „Endlösung“, S. 481–490. Zum Beginn der Aufstandsbewegung: Klaus Schmider: Partisanenkrieg in Jugoslawien 1941–1944, Hamburg u. a. 2002, S. 54ff.; im größeren Kontext: Mark Mazower: Hitlers Imperium. Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, München 2009, S. 438ff.

5 Woldemars Weiss, geb. 1899, Oberstlt., 1940 lettischer Militärattaché in Finnland u. Estland, 1941 Organisator der Schutzmannschaften in Riga, dann Kdr. der Lettischen SS-Freiwilligen-Brigade, gest. 1944; biographisch: Seidler: Die Kollaboration 1939–1945, S. 547–549.

6 Fhr. war Viktor Bernhard Arajs, geb. 1910, Jurastudium, nach sowjetischem Einmarsch in den Untergrund, Chef einer Partisanengruppe, aus der Anfang Juli 1941 das Sonderkdo. Arajs hervorging, nach Kriegsende unter falschem Namen in Deutschland bis zur Festnahme 1975, 1979 vom LG Hamburg zu lebenslanger Haft verurteilt; Anklage Staw Hamburg v. 10.5.1976, BAL, B 162/3076; Urteil LG Hamburg v. 21.12.1979, BAL, B 162/14607; Martin Knop: Viktor Arajs – Kollaboration beim Massenmord, in: Barbara Danckwort/Thorsten Querg/Claudia Schöningh (Hrsg.): Historische Rassismusforschung. Ideologen–Täter–Opfer, Hamburg-Berlin 1995, S. 231–245; vgl. Katrin Reichelt: Kollaboration und Holocaust in Lettland 1941–1945, in: Kaiser: Täter im Vernichtungskrieg, S. 110–124; Curilla: Die deutsche Ordnungspolizei, S. 908–915.

7 Zu den Erschießungen durch SK 1a, EK 2 u. lettische Helfer: Waite: Kollaboration und deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941 bis 1945, S. 217–237; Angrick/Klein: Die „Endlösung“ in Riga, S. 73 ff.

Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941

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