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Schlussbemerkungen

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Der Einfluss, den Autoren wie James und Maudsley auf einen Okkultisten wie Crowley hatten, kann nur im Zusammenhang mit den allgemein unter Okkultisten des neunzehnten Jahrhunderts verbreiteten Bestrebungen verstanden werden, sich mit der Moderne zu arrangieren. Dieser Einfluss formte nicht nur Crowleys Auffassung von Magie, sondern auch sein Verständnis von Yoga, und ermöglichte ihm eine vergleichende Perspektive auf spirituelle Praktiken, die ihm eine Gleichstellung westlicher Ritualmagie mit östlichem Yoga erlaubte. Der Wunsch, Gemeinsamkeiten zwischen unterschiedlichen spirituellen Traditionen zu finden, war in der Esoterik sicherlich nicht neu. Was wohl neu war, war die Idee, dazu eher neue psychologische und wissenschaftliche Theorien heranzuziehen als mystische Erkenntnisse oder überliefertes Weistum.

Crowley war von dem naturalistischen, wissenschaftlichen Gedankengut, das im England des neunzehnten Jahrhunderts weite Verbreitung fand und sich auch in neuen psychologischen Theorien artikulierte, die auf die Religion übertragen wurden, spürbar beeinflusst. Dieses Bestreben, die Magie durch ihre Psychologisierung und Naturalisierung zu modernisieren, stieß jedoch mit der religiösen Offenbarung von Thelema auf ein unerwartetes und unausweichliches Hindernis. Von dem Moment an, da Crowley überzeugt war, dass seine persönliche Mission auf diesem Planeten die Verbreitung der neuen Glaubenswahrheit war, die er gefunden hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Widerspruch zu seinen früheren, naturalisierenden Interpretationen zum Vorschein kam. Genau diese Spannung war es, die Crowley zunehmend dazu brachte, seinen eigenen Schutzengel mit Aiwass zu identifizieren, und damit implizit den rein mystischen Wert des Erlebnisses von sich zu weisen, das im Buch Abramelin beschrieben wird. Aiwass hatte nicht in seinem Geiste zu existieren, sondern in den Reichen einer spirituellen Realität, die mindestens ebenso objektiv war wie die materielle. Darum war die Psychologisierung der Magie und verwandter spiritueller Praktiken, obwohl sie eine in der Esoterik noch nie dagewesene Kühnheit erreichte, nicht vollkommen – und konnte es gar nicht sein.

Ein Vergleich von Crowleys Ideen mit denen eines seiner interessantesten Schüler, Israel Regardie, ist hier sinnvoll.99 Es ist unmöglich, hier ins Detail zu gehen, doch ein Zitat von Regardie kann uns eine Vorstellung davon geben, wie er die Magie – besonders in Verbindung mit der (analytischen) Psychologie – verstand:

Analytische Psychologie und Magie umfassen meiner Einschätzung nach zwei Hälften oder Aspekte eines einzigen technischen Systems. Wie auch Körper und Geist keine voneinander getrennten Einheiten sind, sondern einfach die duale Manifestation eines dynamischen inneren „Etwas“, so umfassen Psychologie und Magie gleichermaßen ein einziges System, dessen Ziel die Integration der menschlichen Persönlichkeit ist.100

Für Regardie scheinen Psychologie und Magie nahezu vollends gleichgestellt zu sein, soweit, dass sie sogar dasselbe Ziel verfolgen („die Integration der menschlichen Persönlichkeit“). Metaphysische Aspekte bezüglich der magischen Praxis scheinen noch weiter aus seinem Blickfeld zu verschwinden als bei Crowley. Während Crowley den Weg der Naturalisierung und Psychologisierung nicht bis zum Ende gehen konnte, weil er den Universalanspruch seiner Religion bewahren musste, gab es diese Begrenzung für Regardie nicht. Weil er kein Interesse daran hatte, eine neue Religion zu erschaffen oder die Crowleys anzunehmen, war er imstande, den Prozess der Psychologisierung der Magie bis zur letzten Konsequenz fortzuführen, indem er insbesondere psychoanalytische Theorien anwandte. Für Regardie nutzten Magie und Psychoanalyse ähnliche Mittel, um gleiche Ziele zu erreichen, und es bestand für ihn keine Notwendigkeit, einen Glauben an übernatürliche Wesenheiten aufrechtzuerhalten, wie Crowley es tat.

Aleister Crowley & die westliche Esoterik

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