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Zur Geschichte des Holzbaus

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Robert Halász (†), überarbeitet und erweitert von Stefan Winter, München

Die Technik des Bauens geht von sieben Urformen menschlichen Handelns aus:

Graben, Schütten, Schichten, Stellen, Legen, Wölben und Spannen.

Von Anbeginn stehen den Menschen als Baustoffe zur Verfügung: Steine, Lehm und Holz. Höhlen, von Natur gegeben oder durch Graben geschaffen, dienten und dienen heute noch als Wohnungen. Zahlreiche griechische und römische Amphitheater sind durch geschickte Ausnutzung der natürlichen Geländeformen durch Graben als „offene Höhlen“ entstanden und eindrucksvolle Leistungen ihrer Zeit. Das einfachste, durch Schütten und Schichten entstandene Bauwerk ist der Erdhügel. Die alten mittelalterlichen amerikanischen Kulturen entwickelten eine großartige Architektur allein mit den Mitteln der Erdbewegung: Die Tzaqualli, von einem Steinmantel gegen Erosion geschützt, sind nichts anderes als geschüttete Erdhügel, die eine Kultstätte tragen. Noch mehr Bewunderung fordern die ägyptischen Pyramiden, über einem Grab geschichtete Steinpackungen. Sowohl die Erdhügelarchitektur Mittelamerikas als auch die Steinpackungen der ägyptischen Pyramiden haben durch mehrere Jahrtausende hindurch Kulturen geprägt und brauchten als Baustoff nur Erde und Steine. Keinesfalls ist also hoch entwickelte Technik notwendige Voraussetzung „großer Architektur“ .

Das Holz, dem Menschen in den meisten Regionen seines Lebensraums verfügbar, war der einzige Baustoff, der stabförmige Bauelemente lieferte. Es lehrte den Menschen das Bauen mit Stäben, Pfählen, Ständern, Stielen, Pfosten und Stützen, schräg mit Streben oder waagerecht mit Schwellen, Riegeln und Balken. Holz als Holzwerkstoff und damit als Scheibe oder Platte trat erst im 20. Jahrhundert dazu.

Stellen und Legen: Das lernte der Mensch mit dem Baumstamm, er lernte das Gefach, das Fachwerk, das Holzgerippe zu errichten und so konnte er Brücken, Hütten, Zelte, Dächer und Häuser bauen. Stellen und Legen von Stützen und Balken führte den Menschen zu dem, was wir heute „Errichten“ oder „Richten“ oder unbeseelter oder genauer „Konstruieren“ nennen, d. h. ingeniöses Überwinden von Abgründen und Flüssen, Errichten von Räumen oder Erstreben schlanker Höhe durch zusammenschließende Stabwerke.

Mit dem Holz wuchsen der Baumeister und der Ingenieur.

Abb. 1.1 Aus der Abschiedsvorlesung 1948 von Herrmann Phleps.


Abb. 1.2 Aus der Abschiedsvorlesung 1948 von Herrmann Phleps.

Graben und Schütten war einfach anzuwenden – Balken zum Überwinden von Räumen einzusetzen, erforderte die erste Erfahrung über die Tragfähigkeit der Hölzer und erstes ingeniöses Handeln.

Dass der Holzbau Lehrmeister der späteren Steinbaukunst war, haben Archäologen schon lange bewiesen, wenn sie zeigten, wie Formen des Holzbaus zu Formen des Steinbaus führten, auch wenn sie weiterlebten, wenn sie nur noch formale, aber keine konstruktive Bedeutung mehr hatten (Abb. 1.1 und 1.2).

Das Holz blieb jedoch Baustoff für Decken und Dächer, auch als der Massivbau den Wandbau, vor allem aber den Monumentalbau, für sich beanspruchte.

Wie stark das Empfinden des Menschen vom Holz als dem älteren und ingeniöseren Baustoff geprägt war, kann man tausendfältig nachweisen. Zwei historische Beispiele sollen hier erwähnt werden: In Ägypten ging der Holzbau dem Steinbau voraus. So wurden die Königspaläste noch lange als Zeltpalast hoheitsgebietend errichtet, lange nachdem die Monumentalarchitektur der Tempel zum Steinbau übergegangen war. Und dies, obwohl das Holz von weit her herbeigeschafft werden musste. Dem Stein die Achtung gebietende Monumentalität, dem Holz die hoheitsgebietende Königswürde!

Auch die griechische Steinarchitektur zeigt selbst in ihrer Blütezeit immer noch deutliche Erinnerungen an die Holzbaukunst. Hermann Phleps, der große Danziger Holzbauer, zeichnete zu seiner Abschiedsvorlesung 1948 die Abb. 1.1 und 1.2 [1.1]. Der urkretische Holzbau hatte sich über die minoische bis zur griechischen Baukunst durch diese Form in Erinnerung gehalten. Die griechische Steinarchitektur war durch Stellen und Legen gekennzeichnet. Wölben, obwohl bekannt und im Tiefbau angewandt, fand im klassischen Tempelbau keine Anwendung. Erst die Römer als die größeren Ingenieure haben das Wölben nicht nur im Tiefbau bei Viadukten und Aquädukten verwendet, sondern zu einer monumentalen Bauweise entwickelt.

Als sich dann die abendländische Kultur nach Norden ausweitete, in waldreiche Gebiete vorstieß, entwickelte sich der Holzbau zu einer Blüte, wie er sie vorher und dann sehr lange nicht mehr erlebt hat.

Berühmt sind die Holzbrücken, die die Römer über den Tiber in Rom und beim Vordringen nach Gallien in den Raum diesseits der Alpen geschlagen haben. Trajans Donaubrücke bei Drobeta Turnu Severin (heutiges Rumänien) besaß einen von steinernen Pfeilern gestützten hölzernen Überbau. Durch die Darstellungen auf der Trajanssäule in Rom wissen wir über den Brückenbau der Römer ziemlich gut Bescheid. Von Cäsars Brücke über den Rhein, die er im Jahre 55 vor Christus schlagen ließ, wissen wir aus Caesaris Bellum Gallicum. Von ihr ließ Palladio eine genaue Konstruktionszeichnung anfertigen. Die Brücke war 4,0 m breit und 400 m lang!

Das mitteleuropäische Mittelalter und die frühe Neuzeit waren geprägt von den monumentalen Steinbauten der Brücken, Burgen und Schlösser, Kirchen und Klöster, für welche die von den Römern ererbte Wölbkunst die konstruktive Grundlage bildete. Und von seinem stolzen bürgerlichen Holzbau der Wohnhäuser, welche die Städte prägten und auf meisterlicher Zimmermannskunst gegründet waren. Darüber hinaus ermöglichten in vielen Kirchen und Schlössern erst die meisterhaften Sprengwerk-und Hängewerkkonstruktionen der Zimmerleute die weit spannenden Decken zur Errichtung repräsentativer Räume.

Bei aller Würdigung dessen, was unsere Zeit schafft, muss man gestehen, dass nie mehr später mit so wenigen Grundstoffen (Stein und Holz) so einheitliche große Stile (u. a. Romanik und Gotik) so viele Jahrhunderte hindurch bestanden haben wie im Mittelalter, wobei die noch erhaltenen Stadtbilder bis heute unsere Bewunderung erregen. Das mitteleuropäische Mittelalter fand eine Einheit von Form und Geist.

In dem von C. Schäfer, Professor an der Königlichen Technischen Hochschule in Berlin, in den Jahren 1883–1888 verfassten Werk „Die Holzarchitektur Deutschlands vom 14. bis 18. Jahrhundert“ [1.2] gibt es eine eindrucksvolle Liste der bis zu den beiden Weltkriegen erhaltenen städtischen Holzbauten des ausgehenden Mittelalters. Verwiesen wird u. a. auf das Haus in Bacharach 1568, das Haus im Sack in Braunschweig, das Rathaus in Duderstadt 1528, das Salzhaus in Frankfurt am Main, das Brusttuch in Goslar, das Pfarrhaus in Hersfeld, das Knochenhauer Amtshaus in Hildesheim, das Haus Wedekind in Hildesheim, das Haus Kammerzell in Straßburg (Abb. 1.3) und noch viele andere Beispiele.

Ein Teil dieser herausragenden Beispiele der Zimmermannskunst ging insbesondere im Zweiten Weltkrieg verloren, wurde aber zwischenzeitlich teilweise durch z. B. das Knochenhauer Amtshaus in Hildesheim oder durch die im Jahr 2017 historische und historisierende Wiederbebauung des Frankfurter Dom-Römer-Areals rekonstruiert.


Abb. 1.3 Haus Kammerzell in Straßburg

(Quelle: Stefan Winter).

Im 18. Jahrhundert erreichte der handwerkliche Brückenholzbau seine höchste Reife, z. B. bei den 11 ausgeführten Brücken des Baumeisters Hans Ulrich Grubenmann aus Teufen (1709–1782). Sensationell war sein allerdings nicht ausgeführter Entwurf von 1755 für eine Brücke über den Rhein bei Schaffhausen [1.3] mit 119 m Stützweite, auf die von J. Killer [1.4] mit Recht würdigend hingewiesen worden ist (Abb. 1.4).

Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wusste Emy Bogenbinder bis zu 100 m Stützweite zu bauen. Die Amerikaner Long und Howe setzten den bereits im 16. Jahrhundert in Mitteleuropa entstandenen Fachwerkträgerbrückenbau fort. Howe entwickelte dazu ein hybrides Fachwerksystem mit Eisenstangen als Zugvertikalen und massiven Holzstreben als Druckdiagonalen für sehr hohe Lasten. Das System wurde sowohl für Landungsbrücken am Hudson River in New York (Abb. 1.5) oder für Eisenbahnbrücken verwendet. Ein eindrucksvolles Beispiel für einen Howe’schen Träger ist die Eisenbahnbrücke über die Iller in Kempten, die nach mehr als 150 Jahren immerhin noch mit einem der ehemals beiden Brückenträger erhalten ist. Das Ingenieurdenkmal wurde zwischenzeitlich grundlegend saniert und soll zukünftig weiterhin als Rad- und Fußwegbrücke dienen (Abb. 1.6).


Abb. 1.4 Entwurf einer Brücke über den Rhein bei Schaffhausen, Grubenmann, 1755.


Abb. 1.5 Landungsbrücke am Hudson River in New York

(Quelle: Stefan Winter).

Ein früher Pionier des Ingenieurholzbaus war Carl Culmann (1821–1881) [1.5]. Anlässlich seines 100. Todestages hat Richard Pischl von der Universität Graz darauf hingewiesen, dass der Ingenieur, Forscher und Lehrer Culmann wesentlich dazu beigetragen hat, den Holzbau zu einem Ingenieurholzbau zu entwickeln, als er in Auswertung seiner Amerikareise 1849 die von ihm dort studierten, handwerklich hergestellten Brücken statisch zu analysieren suchte. Unter der Voraussetzung gelenkiger Knotenpunkte entwarf er dabei eine Fachwerktheorie und war damit in der Lage, die Stabkräfte zu berechnen. Es ist interessant, wie Culmann, von den nur empirisch, aber theoretisch unklar von durchaus tüchtigen Baumeistern entworfenen Brückensystemen, die Knoten konstruktiv und statisch analysierte. Er führte dabei die Bezeichnung „Fachwerk“ ein, die damit in die Fachsprache einging. Er war aber auch ein praktischer Ingenieur und untersuchte z. B. den gusseisernen Schuh, wie er damals zur Ausführung des Knotens üblich war (Abb. 1.7).


Abb. 1.6 Eisenbahnbrücke über die Iller in Kempten

(Quelle: Z & M 3D-Welt).

Culmann wurde 1855 in das neu gegründete Eidgenössische Polytechnikum in Zürich als Professor für Ingenieurwissenschaften berufen. Hier schrieb er sein Hauptwerk „Die graphische Statik“ 1866 (2. Auflage 1875). Sein Schüler und späterer Nachfolger in Zürich war Wilhelm Ritter (1847–1906), der mit den „Anwendungen der graphischen Statik“ in vier Bänden die Arbeit von Culmann weiterführte.

Von großer Bedeutung, wenn auch in negativem Sinn für den Holzbau, war die Entwicklung des Eisenbaus in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Mit diesem Eisenbau entstand dem Holz zum ersten Mal in der Geschichte der Baukunst ein gewaltiger Konkurrent, indem er mit stabförmigen Bauelementen arbeitete, die man bisher nur in Holz gekannt hatte. Der Stahl verdrängte das Holz.

Stahl bändigt die größeren Kräfte. Gewiss wurden nach wie vor im aufstrebenden Eisenbahnbau unzählige Güter- und Lokschuppen, Bahnsteigdächer usw. aus wirtschaftlichen Gründen in Holz gebaut. Aber schon Troche hat 1951 darauf hingewiesen, dass es neben technischen vor allem starke wirtschaftspolitische Tendenzen waren, die dem Stahl Vorteile in einem Umfang verschafften, die über das durch unleugbare Vorzüge des Stahls berechtigte Ausmaß hinausgingen [1.6]. Fast meint man bei Troche in einer Werbeschrift unserer heutigen Generation zu lesen, schrieb der Erstverfasser bereits in der Einführung einer der ersten Auflagen des Holzbau-Taschenbuchs. Aber selbst aus heutiger Sicht, 2021, stimmt das immer noch:

Der Stahl ist kein naturgewachsener stabförmiger Werkstoff, sondern künstlich erzeugt. Den dadurch unleugbaren Vorzügen namentlich statischer Natur, stehen aber auch fühlbare Nachteile entgegen, von denen hier nur auf das große Eigengewicht, ferner auf die hohen Preise und in vielen Fällen im Gegensatz zu dem dauerhaften Holz vorliegende mangelhafte Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischen Einflüssen (z. B. Rauchangriffen) hingewiesen sei. Stahl ist eben – wie alle unedlen Metalle – erst künstlich erschmolzen und dadurch aus seinem chemischen Gleichgewicht im Erz herausgerissen worden, dem es nun durch Sauerstoffaufnahme (Rosten) unaufhaltsam wieder zustrebt. Holz dagegen befindet sich mit seiner Umwelt normalerweise im chemischen Gleichgewicht. …

Der neue Stahlbau übernahm sehr bald den Fachwerkträgerbau, entwickelte ihn zielbewusst weiter, schuf planmäßig konstruktive Neuerungen. So gelang es ihm außerordentlich rasch, den sich kaum rührenden Holzbau fast völlig zum Erliegen zu bringen. Diese Abwärtsentwicklung wurde aber auch durch den Umstand begünstigt, dass mit wachsender Verkehrsdichte auch die Brückenbelastungen und damit die Stabkräfte immer mehr zunahmen, so dass ihnen die seinerzeit noch üblichen zimmermannsmäßigen Bauformen technisch nicht mehr gewachsen waren. …

Aber auch der vorübergehend entstandene Verlust an technischem und künstlerischem Wissen und Können in der rechten Behandlung und Konstruktion des Werkstoffes Holz sei hier erwähnt. Weil diese Kenntnisse nicht mehr gepflegt wurden, gerieten sie teilweise in Vergessenheit. Der Tiefstand war um die letzte Jahrhundertwende erreicht (Anm.: Gemeint ist hier 1899/1900). Holzbaumeister von Format gab es überhaupt nicht mehr.


Abb. 1.7 Knoten einer Landungsbrücke am Hudson River, Howe’scher Träger

(Quelle: Stefan Winter).

Einen neuen Aufschwung des Holzbaus brachte die Entwicklung vom handwerklichen zum Ingenieurholzbau durch neue Verbindungsmittel, die Erfindung der Holzleimbauweise, erste Fertighausfabriken oder neue Konstruktionsweisen. Sie ist stark von Deutschen gefördert worden. Es sollen die Namen Stephan, Tuscherer, Kübler, Christoph & Unmack, Cabröl, Greim, Zollinger, Hetzer und Meltzer ehrend genannt werden.

Mit der wissenschaftlichen Forschung ab der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind die Namen u. a. von Stoy, Graf, Fonrobert, Seidel, Gaber, Trysna, Egner, Sinn, Sahlberg, Kolb und Möhler eng verknüpft.

Die eigentliche Entwicklung des modernen Holzbaus setzt jedoch als Nagelbau, Dübelbau und Leimbau etwa gleichzeitig bereits um 1930 ein.

Von einem Ingenieurnagelbau kann man sprechen, seit dem Stoy mit seinen Versuchen über die Tragfähigkeit der Nägel (1928) die ersten amtlichen Angaben (1933) und endlich die Anerkennung des Nagels als tragendes Verbindungsmittel in [1.7] erreichte.

Vom Dübelbau kann gesprochen werden, seitdem Otto Graf 1930 die ersten Ergebnisse seiner Biegeversuche an verdübelten Holzbalken veröffentlichte und durch Runderlass des Reichsarbeitsministers vom 03.03.1939 bestimmt wurde, dass alle Dübelverbindungen an der Materialprüfungsanstalt Stuttgart nach einheitlichen Gesichtspunkten überprüft werden.

Obwohl das erste Patent zum Holzleimbau von Otto Hetzer aus dem Jahre 1906 stammt, kann von einem Ingenieurleimbau erst gesprochen werden, seitdem mit den u. a. von der BASF um 1930 entwickelten wasser- und schimmelfesten Kunststoffleimen wetterfeste Bauausführungen möglich wurden und durch die Einführung der Stoßausbildung der Lamellen als Schäftung 1943 und schließlich Keilzinkung 1959 eine praktisch endlose Fertigung der Lamellen für Brettschichtholz möglich wurde.

Bis in die Nachkriegsjahre hinein spielte der Holznagelbau eine überragende Rolle für die Massenfertigung von Brettbindern, Dachtragwerken, Dreigelenkhallenrahmen und anderem. Er wurde teilweise ergänzt durch den Dübelbau. In Reinform existieren beide Bauweisen heute nur noch sehr selten. Die Nagelbauweise wird manchmal noch in Form von Brettbindern, z. B. im landwirtschaftlichen Eigenbau, verwendet. Sie wurde durch die Nagelplattenbauweise abgelöst, die für Dachträger aller Bauformen (Dreiecksbinder, Pultdachbinder, parallelgurtige Binder) und für Zwei- oder Dreigelenkrahmen als sogenannte „Studiobinder“ im Fertigbau eingesetzt wird.

Die großen Ingenieurbauwerke wie Industriehallen, Überdachungen oder Sporthallen werden heute fast ausschließlich aus Brettschichtholz oder Furnierschichtholz errichtet.

Im Zusammenhang mit der Bemessung stabförmiger Verbindungsmittel muss der Däne K.W. Johansen besonders erwähnt werden, dessen Theorie zu den unterschiedlichen Tragmechanismen dieser Verbindungsmittel bis heute Gültigkeit besitzt und in der internationalen Normung zur Bemessung verwendet wird.

Aus heutiger Sicht können zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung seit etwa den 1970er-Jahren insbesondere folgende Namen mit ihren Arbeitsschwerpunkten genannt werden:

Natterer (Brettstapelbauweise, weit gespannte Tragwerke), Ehlbeck (Holzleimbau, Verbindungen) Brüninghoff (Holzleimbau, Nagelplatten), Radovic (Klebstoffe, Holzwerkstoffe), Buchanan (Erdbeben, Brandschutz), Larsen (Holzleimbau, Normung), Blaß (Schraubenverbindungen), Kreuzinger (Mechanik, Schubanalogie) sowie Scheer und Meyer-Ottens (Brandschutz).

Die Entwicklung des modernen Ingenieurholzbaus wurde zusätzlich von Praktikern beeinflusst. Hier sind z. B. die Unternehmer und Erfinder Karl Moser (Brettsperrholz) und Hermann Blumer (Ingenieurbauwerke) zu nennen. Eine besondere Erwähnung gebührt einem Maschinenbauer und seinem Unternehmen.

Hans Hundegger begann zu Beginn der 1980er-Jahre die Entwicklung von vollautomatischen Abbundmaschinen. Inzwischen wurden über 5000 Maschinen in 42 Länder geliefert. Die moderne computergestützte Fertigung hat die Entwicklung des Holzbaus besonders unterstützt und führt heute zu einer nie dagewesenen Präzision, die anderen Baustoffen in den bauüblichen Abmessungen deutlich überlegen ist. Darüber hinaus wird dadurch die Herstellung dreidimensionaler, zimmermannsmäßiger Verbindungen kostengünstig ermöglicht.

In den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Holzbau zunächst sehr stark und fast ausschließlich auf die Errichtung von Haus- und Hallendächern reduziert. Lediglich der Holztafelbau, wie er zum Beispiel von der Fertighausindustrie verwendet wurde und wird, bildete in Mitteleuropa, den nordischen Ländern und Nordamerika eine Ausnahme. Seine Anwendung blieb jedoch bis zur letzten Jahrtausendwende meist auf ein- oder zweigeschossige Ein- und Zweifamilienhäuser beschränkt.

Erst heute scheint es so, dass der Holzbau aus vielerlei Gründen eine neue Blütezeit erlebt. Getrieben durch die Nachhaltigkeitsdiskussion, Klimaschutzziele und eine allgemeine, holzbaufreundliche Grundstimmung der Gesellschaft kann das 21. Jahrhundert ein neues Jahrhundert des Holzbaus werden.

Denn es gibt eine Vielzahl von Vorteilen: Haltbarkeit und Lebensdauer von Holzbauten sind bei fachgerechter konstruktiver Ausbildung groß und mit anderen Baustoffen vergleichbar. Jahrhundertealte Brücken- und Dachkonstruktionen zeugen davon. Um- und Anbauten sind ohne Schwierigkeiten ausführbar. Die Unterhaltungskosten von Holz sind gering, die modernen Verbindungsmittel erlauben jeden Zusammenschluss fach- und materialgerecht auszubilden. Die Bearbeitung konnte früher schon in handwerklicher Ausführung leicht und präzise erfolgen. Heutige computergestützte Planungs- und Bearbeitungsmethoden heben den Vorteil der leichten Bearbeitbarkeit des Holzes und seine hohe Maßgenauigkeit hervor.

Grundvoraussetzung für guten und präzisen Holzbau war und ist die Beschränkung der Feuchteschwankungen im Holz. Schon immer hat es sich bewährt, trockenes Holz zu verwenden, also Holz mit einer Holzfeuchte von unter 20 %. Die in Deutschland in den Nachkriegsjahren aus Preisgründen und mangelnden Trocknungskapazitäten weitverbreitete Unsitte, nahezu saftfrisches Holz einzuschneiden und direkt weiter zu verbauen, wurde inzwischen durch die ausreichenden Kapazitäten zur technischen Trocknung von Vollholz, insbesondere repräsentiert durch das Produkt „Konstruktionsvollholz“ , und durch die verschiedenen geklebten Produkte vom Brettschichtholz über das Brettsperrholz bis hin zu Holzwerkstoffen wie Furnierschichtholz wieder überwunden. Mit den trockenen Holzbaustoffen werden heute hoch präzise und großformatige Elemente hergestellt, die aufgrund der geringen Maßänderungen auch bei Temperaturschwankungen die industrielle Vorfertigung von Holzbauwerken besonders unterstützen.

Das Brandverhalten von Holzbauteilen muss als gutmütig bezeichnet werden, da das Verkohlen zu einer eigenen, thermisch wirksamen Schutzschicht führt. Wegen der auch im Brandfall sehr geringen Maßänderungen bei Temperaturerhöhung treten nur geringe Verformungen der Tragwerke auf. Der Löschvorgang, insbesondere massiver Holzbauteile, ist problemlos.

Und nicht zuletzt: Gegen viele chemische Einwirkungen, besonders gegen Rauch und Säuren, verhält sich das Holz günstig. Bei Brauereien, Salinen, Salzlagerhallen, Salzsilos und selbst bei Einhausungen von Verrottungsanlagen zeigt Holz eine hohe Dauerhaftigkeit.

Aber Bauen mit Holz will gelernt sein! Zwar setzte inzwischen eine deutliche Entwicklung zur Erhöhung der Holzbauvertretung an Technischen Universitäten und Fachhochschulen ein, aber eine Zimmerer-, Meister- und Technikerausbildung wie im deutschsprachigen Raum fehlt in vielen anderen Ländern.

Erfreulich ist die Tatsache, dass inzwischen auch an Architekturfakultäten spezielle Holzbaulehrstühle geschaffen wurden, z. B. von Kaufmann (TU München), Heikinnen (Aalto Universität, Helsinki) oder im Jahr 2017 ein neuer Stiftungs-Lehrstuhl an der Technischen Universität in Graz (Kaden).

Natürlich macht die Globalisierung nicht vor dem Holzbau halt. Zwischenzeitlich hat eine sehr starke Internationalisierung stattgefunden, die einerseits durch die gemeinsame europäische Normung im Rahmen der Erarbeitung der Eurocodes, hier des Eurocode 5 für Holzbau [1.8], andererseits durch den internationalen Austausch auf Konferenzen unterstützt wird. Besonders zu erwähnen sind hier die World Conference on Timber Engineering (WCTE, 2-jährig) und die jährlichen Konferenzen der früheren CIB-W18-Gruppe [1.9], heute eine selbstständige Gruppe, die sich unter der Bezeichnung INTER – International Network on Timber Engineering Research – zusammenfindet. Hier werden vorwiegend die Ergebnisse pränormativer Forschung diskutiert, die Ergebnisse fließen oft in nationale und internationale Normen ein.

Ob das 21. Jahrhundert nun wirklich ein Jahrhundert des Holzbaus wird, bleibt zu beweisen. Es ist durchaus möglich, wenn man die vielen positiven Randbedingungen von den Klimaschutzaspekten über die nachhaltige Erzeugbarkeit des Rohstoffs bis hin zur industriellen Fertigung und der gesellschaftlichen Akzeptanz berücksichtigt. Aber um die immer noch bestehenden Vorurteile zum Holzbau zu überwinden und um die Bedeutung des Holzbaus zu steigern, bedarf es eines weltweiten Ausbaus des Holzbauwissens, der Holzbaukapazitäten und einer exzellenten Qualitätssicherung. Dazu gehören wissenschaftlich basierte Entwicklungen, z. B. im Brandschutz, der Vorspannung im Ingenieurholzbau, des hybriden Bauens oder zur vermehrten konstruktiven Nutzung von Laubholz.

Der Holzbau ist und bleibt ein spannendes Feld mit großen Entwicklungsmöglichkeiten!

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