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2.5 Bauwerke – weitere Beispiele aktueller Anwendungsbereiche

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Zusätzlich zu den vielen Wohnungs- und Bürobauten entsteht eine große Vielfalt unterschiedlichster Bauwerke mit nahezu allen denkbaren Tragstrukturen, von linearen und flächigen Bauteilen bis zu dreidimensionalen Tragstrukturen wie Schalen- oder Membrantragwerken. Die Möglichkeiten, Holzstäbe nicht nur gerade, sondern auch ein- und mehrsinnig gekrümmt herzustellen, erlaubt neben den üblichen Grundformen der Hyperboloiden oder parabolischen Hyperboloiden eine Vielzahl weiterer Sonderformen bis hin zu Freiformtragwerken. Die Abb. 2.282.30 zeigen beispielhafte Tragwerke aus den letzten Jahren.


Abb. 2.28 Canary Wharf, London, Überdachung der U-Bahn

(Architekt/Quelle: Foster+Partners).


Abb. 2.29 Marktplatzüberdachung in Sevilla, Spanien; Architekt: Jürgen Mayer H.

(Quelle: Peter Mestek).

Neben diesen besonderen Tragstrukturen sind sehr viele andere Bauwerke in Holzbauweise ausführbar – ein Spektrum, das von vielen Planern oft nicht erwartet wird. Während der Bau von Kindertagesstätten und Schulen in Holzbauweise häufig schon Standard ist (Abb. 2.31 und 2.32), bleibt der Funktionsbau wie Büro- und Industriebau etwas in der Entwicklung zurück. Die Abb. 2.31 und 2.32 zeigen den Neubau des Kinderhauses der TU München und einen typischen Schulneubau in München in privater Trägerschaft.


Abb. 2.30 Dachtragwerk der neuen Sankt Laurentius Kirche in Holzkirchen; Architekt: Eberhard Wimmer

(Quelle: Stefan Winter).


Abb. 2.31 Kindertagesstätte der TU München in Garching, Ingeborg-Ortner-Kinderhaus; Architekten: Hermann Kaufmann ZT

(Quelle: Henning Koepke Fotografie, München).

Dabei gibt es auch im Gewerbebau herausragende Beispiele zur Effizienz des Bauens mit Holz. Eines der größten Bürogebäude in Europa in Holzbauweise ist zurzeit das im Jahr 2014 fertiggestellte neue Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Lübeck (Abb. 2.33). Das viergeschossige Gebäude weist eine Bruttogeschossfläche von ca. 13 860 m2 auf bei 51 000 m3 umbautem Raum. In nur 18 Monaten wurde das Vorhaben schlüsselfertig realisiert. Es liegt auch hier ein klassischer Hybridbau vor: Treppenräume, Aufzugsschächte, Brandabschnittswände und Teile des Erdgeschosses sind in Stahlbetonbauweise errichtet, die Regelgeschosse sind in einer Holzskelettbauweise realisiert.


Abb. 2.32 Schulneubauten in München; (a) Pater-Rupert-Mayer-Schule, (b) Bayerbrunnerstraße

(Quelle: Stefan Winter).


Abb. 2.33 Stadtwerke Lübeck

(Quelle: Steffen Spitzner).

Der Hallenbau für Industrie, Messen oder Sonderanwendungen wie Verkehrsstationen umfasst ein sehr breites Spektrum von einerseits standardisierten Lösungen – z. B. für Industrie- und Reithallen oder Viehställe – bis hin zur Realisierung von hochkomplexen Einzelentwürfen. Tabelle 2.1 zeigt eine Übersicht über die mit Holzbauweisen gut realisierbaren Spannweiten in Abhängigkeit des Tragwerktyps.

Tab. 2.1 Spannweitenbereiche von Holzbaukonstruktionen.

Bezeichnung Statisches System System-Skizze Spannweite (m) Binderhöhe Binderabstand (m) Dachneigung α (°)
Fachwerkträger Dreieckförmiger Binder 7,5–30 hl/10 4–10 12–30
7,5–20 hl/10 4–10 12–30
Trapezförmiger Binder 7,5–30 hl/12 4–10 3–8
7,5–30 hml/12 4–10 3–8
Parallelbinder 7,5–60 hl/12 bis /15 4–10
7,5–60 hl/12 bis /15 4–10
7,5–60 hl/12 bis l/15 4–10
Fachwerkrahmen Dreigelenkrahmen 15–30a) l/12 e = 4–6a) 20
25–50b) e = 6–10c)
Dreigelenkrahmen einhüftig 10–20 l/12 e = 4–6 3–8
Zweigelenkrahmen 15–40a) l/12 e = 4–6a) 3–8—
25–60b) e = 6–10c)
Kastenträger Katenträger mit Plattenträgern (Parallelquerschnitt) ≤ 20d) ≤ 40e) ≤ 1,5 m 5–7,5
Katenträger mit Plattenträgern (Satteldachträger mit horizontalem Untergurt) ≤ 20d) ≤ 40e) ≤ 1,5 m 5–7,5 3–8
Katenträger aus Brettschichtholz ≤ 40 ≤ 1,5 m 5–7,5
Brettschichtträger Einfeldträger parallel 10–35 l/17 5–7,5
Einfeldträger satteldachförmig 10–35 l/16 l/30 5–7,5 3–8
Einfeldträger geknicktes Satteldach 10–35 l/16 l/30 5–7,5 ≤ 12
Einfeldträger Pultdach 10–35 l/18 l/25 5–7,5 8–12
Fischbauchträger 10–35 h1 = l/16 h2 = l/32 5–7
Trägerrost in Brettschichtbauweise Trägerrost in Brettschichtbauweise ≤ 25 l/18 l/15f)

a) Kantholzrahmen

b) Rahmen mit Stützen aus Brettschichtholz

c) weitgespannte Rahmen

d) genagelt

e) geleimt

f) der kürzeren Stützweite

Abb. 2.34 Montage der Binder der Messehalle 11 in Frankfurt

(Quelle: Messe Frankfurt/Ingo Bach).

In Abb. 2.8 ist bereits eine typische hybride Hallenbauweise dargestellt, mit einer Dachkonstruktion aus Fischbauch-Brettschichtholzbindern. Diese Binderform wird bei einfeldrig gespannten Hallen zunehmend eingesetzt, da sie im Gegensatz zu Bindern mit geneigtem Obergurt und gekrümmtem Untergurt keine planmäßigen Querzugbeanspruchungen aufweisen und daher keine entsprechenden Verstärkungen benötigen.

Abb. 2.34 zeigt die Montage der Fachwerkträger der Messehalle 11 der Frankfurter Messe. Die Binder spannen über 78 m.

Weitere Informationen zu Industriehallen sind z. B. [2.24, 2.25] zu entnehmen. Ein besonderer Hinweis zum Brandschutz: Großflächige Industriedächer waren lange Zeit in Deutschland in der Größe deutlich beschränkt. Auf Grundlage intensiver Forschungen [2.26] wurde jedoch nachgewiesen, dass die Brandausbreitung mit entsprechenden Konstruktionen der Dachelemente ebenso wirksam wie in anderen Bauweisen begrenzt werden kann. Dies führte abschließend zu einer Überarbeitung der Normenreihe DIN 18234, sodass auch sehr großflächige Industriedächer nun geregelt ausgeführt werden können.

Hölzerne Brücken wurden nach durchaus intensiver Verwendung im Eisenbahnbau im vorletzten Jahrhundert lange Zeit nur noch als Fußgänger- und Radwegbrücken sowie als Behelfs- und Baubrücken ausgeführt. Auch hier zeigt sich inzwischen ein gegenläufiger Trend: Auch Schwerlastbrücken (Abb. 2.35) bis 18 t Verkehrslasten werden wieder als Holzbrücken projektiert. Erweiterte Herstellungsverfahren, wie z. B. die Blockverklebung oder die künstliche Erhöhung der Haltbarkeit von Holzbauteilen durch z. B. Acetylierung oder thermische Behandlung, unterstützen diese Entwicklung.


Abb. 2.35 Schwerlastbrücke als Überführung einer Bundesstraße bei Hengersberg

(Quelle: Stefan Winter).

Weiterführende Literatur zu Holzbrücken ist in [2.37–2.39] zu finden.

Zählt der Brückenbau noch zu den klassischen Anwendungen des Ingenieurholzbaus, kommen heute immer weitere neue Bereiche hinzu. Kletterhallen sind ein Beispiel für völlig neue Bauwerke, die sich hervorragend in Holzbauweise realisieren lassen. Während die Tragstrukturen aus Brettsperrholzbauweisen in Kombination mit Holztafelbau ausgeführt werden, bestehen die Strukturen der eigentlichen Kletterwände aus dreidimensionalen Stabtragwerken aus Konstruktionsvollholz mit schrägen Verschraubungen und Beplankungen aus Hochleistungssperrholz, welches wiederum die Haltepunkte für die Kletterer aufnimmt (Abb. 2.36).

Abb. 2.36 Kletterhalle in Weyarn, Bayern

(Quelle: Kirsten Huber, climbing-solutions GmbH).


Abb. 2.37 Bürobau Euregon AG in Augsburg; Architekten: lattkearchitekten, Augsburg

(Quelle: Eckhart Matthäus Fotografie).

Abb. 2.38 Studie Parkhaus mit Tragstruktur aus Baubuche [2.27].


Abb. 2.39 Pilotwindkraftanlage der Firma TimberTower in Hannover

(Quelle: Cordes Holzbau).

Der neue Werkstoff Furnierschichtholz aus Buche ermöglicht nicht nur sehr filigrane Ausführungen von Bürobauten (Abb. 2.37), sondern auch die Errichtung von Parkhäusern in einer dem Stahlbau sehr ähnlichen Grundkonzeption, wie in einer Projektstudie der TU München gezeigt wurde [2.27] (Abb. 2.38).

Und selbst das heutige Massenprodukt Brettsperrholz ist in Kombination mit innovativen Verklebungen und Verbindungen für ganz besondere Bauwerke geeignet. Abb. 2.39 zeigt das Pilotprojekt einer 100 m hohen Windkraftanlage aus Holz in Hannover. Bisher leider nur ein Pilotprojekt, zur Serienreife fehlen aber nur wenige Schritte.

Die Übersicht zeigt, dass der Holzbau sehr viele Anwendungsbereiche abdeckt und in Kombination mit oder sogar als Alternative zu den üblichen Stahlbeton-, Stahl- oder Mauerwerksbauweisen eingesetzt werden kann. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Bemessung erfolgt wie in allen anderen Bauweisen mit der Normenreihe der Eurocodes (s. Kapitel 5). Die Bemessung und Konstruktion des Holzbaus sind nicht leichter oder schwerer im Vergleich zu allen anderen Bauweisen. Das Vorurteil einer gewissen Kompliziertheit in der Bemessung ist wohl eher auf die geringe Übung der meisten Ingenieure mit dem Material zurückzuführen. Vergleicht man z. B. die Seitenzahlen der jeweiligen Eurocodes zur Bemessung der einzelnen Bauweisen, gehört der Holzbau mit der in Summe aller Teile geringsten Seitenzahl eher zu den übersichtlichen Bauweisen.

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