Читать книгу Vom Träumen und Aufwachen - Группа авторов - Страница 15

Nachwort Populismus und Corona-Pandemie

Оглавление

Zum Zeitpunkt dieses Nachwortes (26. April 2020) hat sich die Corona-Pandemie über nahezu alle Länder der Welt ausgebreitet.

Die wenigen noch nicht flächendeckend betroffenen schwarzafrikanischen Länder wird es wegen der extrem schlechten Struktur ihrer Gesundheitssysteme mit besonderer Härte treffen.

Diese Phase – vor der kausalen Therapie durch einen Impfstoff und vor dem Einsatz wirksamer Medikamente – ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass es über die genaue(n) Ursache(n), den weiteren epidemiologischen und in der Folge den möglichen wirtschaftlichen Verlauf (etwa eine Sturmflut von Insolvenzen) noch keine verlässlichen Aussagen und Prognosen geben kann.

Und damit ist gegenwärtig auch nur ein langsames, sehr vorsichtiges Voranschreiten hinsichtlich Schutz- und Freiheitsmaßnahmen möglich.

In diesem kurzen Nachwort möchte ich ein paar Beobachtungen zusammentragen, wie populistische Parteien mit dieser Lage umgehen. Vor allem ist »diese Lage« eines: global – in jeder Hinsicht. Kein einziger Mensch hat vor dem Hintergrund eigener Interessen oder Entscheidungen dieses Virus geschaffen noch willentlich zu seiner grenzenlosen Verbreitung beigetragen. Die Pandemie setzt sich über alles hinweg, so als würde sich aufgrund von kosmischen Ereignissen der Sauerstoffgehalt der Atemluft auf einmal ändern.

Auf einen solchen Sachverhalt hält populistisches Ideengut und Handeln offensichtlich keine adäquate Antwort bereit. Die typisch populistische Polarisierung in »Wir, das eigentliche Volk versus die Eliten, die Anderen, Fremden, Ausländer, Migranten etc.« ergibt keinen Sinn in einer Pandemie – es sind halt alle gleichermaßen betroffen.

Populistische Hochburgen wie Matteo Salvinis Lega Nord mit ihrem Schwerpunkt in Norditalien z. B. in Bergamo; die USA unter Trumps Desorganisation inklusive wahnwitziger »Einfälle« (Desinfektionsmittel zur inneren Anwendung); in Brasilien Jair Bolsonaros Verharmlosung der Pandemie als »Grippchen«; auch Boris Johnsons lang anhaltende Leugnung der Gefahr für Großbritannien – in diesen Einflussgebieten sind besonders schlimme Verläufe der Pandemie zu verzeichnen.

Die AfD hat sich in Sachen Pandemie zerstritten (s. etwa Spiegel 17/17.4.2020) und hat in den vergangenen Monaten deutlich an Zustimmung eingebüßt. In dieser Pandemie kann keine kleinsinnige Fraktion sich mit ihrem lokalen Dialekt als Opfer bzw. potenzieller Retter anbieten – die Fakten sprechen eine ganz andere, eine globale Sprache.

Wir können während dieser Pandemie an vielen Orten beobachten, wie Hilfsbereitschaft, Wohlwollen, freundliche Zuwendung und Anteilnahme Ausdruck finden, so als zeigte sich unser ursprünglich freundliches Wesen unter diesen widrigen Umständen besonders »gerne« oder selbstverständlich – nicht weil das moralisch wünschenswert wäre, sondern weil es allen guttut und weil es sich so einfach besser lebt.

Und wir sind ebenso Zeugen von ganz anderen, üblen und destruktiven Vorfällen, die Fassungslosigkeit hinterlassen.

Ich neige zu der Sicht von Stefano Mancuso, Dozent für Neurobiologe und Botanik an der Universität von Florenz, der das Überleben der Spezies Mensch von der Einsicht abhängig sieht, dass Kooperation viel erfolgreicher ist als Konkurrenz und dass alle Formen von »Wir zuerst« selbstschädigend und am Ende zum Scheitern verurteilt sind. Siehe auch sein einschlägiges Buch Die Intelligenz der Pflanzen (2015).

Das ist es, was ich angesichts einer tatsächlich globalen Bedrohung zu erkennen meine: eine globale menschliche Antwort, die in jedwedem populistischen Rahmen zu eng gefasst ist, ihn sprengt und überschreitet.

Vom Träumen und Aufwachen

Подняться наверх