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1.1 Energetische Basis des Wachstums

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Energie ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken – ob im Alltag oder bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Strenggenommen lässt sie sich weder erzeugen noch verbrauchen, sondern nur von einer Form in andere Formen überführen. Auf unserem Planeten steht sie in den verschiedensten Arten zur Verfügung. Für das menschliche Wirtschaften sind in erster Linie Strahlungsenergie sowie mechanische, chemische, thermische, elektrische und nukleare Energie bedeutsam. Da sich aber nicht jede Energieart für jeden Verwendungszweck einsetzen lässt, liegt die größte Herausforderung bei der Bereitstellung von Energie darin, die richtige Energieform im richtigen Moment am richtigen Ort zur Verfügung zu haben – noch dazu in möglichst großer Menge.

In der Agrargesellschaft war dieser Idealzustand so gut wie nie gegeben; ihre Mitglieder bewegten sich einem kontrollierten Solarenergiesystem. Zur Energiegewinnung waren sie auf die Kraft der Sonne angewiesen, die über den Umweg der Photosynthese Biomasse bereitstellte (s. dazu SIEFERLE 1997). Da der Zugriff auf fossile Energieträger fehlte, waren dem Ausmaß an verfügbarer Energie von vornherein enge Grenzen gesetzt. Menschen der Agrargesellschaft standen pro Kopf zehn- bis fünfzehnmal weniger Bruttoenergie zur Verfügung als Angehörigen der heutigen Konsumgesellschaft (PFISTER 1994: 74). Erneuerbare und nachwachsende Rohstoffe erfüllten unterschiedliche Funktionen. Sie dienten nicht nur als Energieträger, sondern lieferten zugleich Nahrungsmittel und fast sämtliche für die Produktion notwendigen Materialien. Holz, Torf, Stroh und natürliche Exkremente deckten also sowohl den Wärmebedarf zum Kochen und Heizen von Häusern als auch für die Herstellung von Ziegeln und das Schmelzen von Eisen. In mechanische Energie waren sie jedoch nicht umwandelbar.

Wichtigste Quelle für mechanische Energie war die Muskelkraft. Sie speist sich aus der chemischen Energie, die in Nahrungsmitteln gespeichert war. Ihre Wirksamkeit ließ sich durch den Gebrauch von Werkzeugen und die Nutzung von Wasserrädern und Windmühlen zum Mahlen von Getreide und zum Pressen von Öl steigern. Darüber hinaus ergänzten Zugochsen und Lastpferde die menschliche Leistung. Ochsen und Kühe waren lange Zeit die bevorzugten Arbeitstiere, da sie als Wiederkäuer Zellulose nutzen und so – im Unterschied zu Pferden – nur von Grasstoppeln und Stroh leben können. Pferde konkurrierten dagegen direkt mit dem Menschen um Nahrung. Ein Ochse leistete in etwa die Arbeit von vier Menschen und lieferte zudem noch Fleisch und Leder. Hinzu kam, dass er sich vor einen Pflug spannen ließ. Während sich Menschen mit Hacken 200 Arbeitsstunden lang plagten, um einen Hektar Land für die Aussaat vorzubereiten, benötigte ein Ochse mit einem Holzpflug dafür etwa 13 Stunden. Deshalb konnten, seit Ochsen die schweren Böden pflügten, neue Räume für den Nahrungsmittelanbau erschlossen und mehr Tiere und Menschen ernährt werden. Doch noch um 1800, also zu Beginn der Industriellen Revolution in Europa, wurden mehr als 70 % der verwendeten mechanischen Energie durch menschliche Muskelkraft erzeugt (MCNEILL 2003: 25).

Da sowohl Energieträger als auch Nahrungsmittel und Werkstoffe in erster Linie organischer Herkunft waren, bildeten kultivierbare Bodenflächen den wichtigsten Beschränkungsfaktor des Solarenergiesystems. Energetisches Wachstum war nur durch die Ausweitung land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen zu erzielen, was lediglich innerhalb bestimmter Grenzen möglich war. Der einzige langfristige Energiespeicher war Holz – das „Holzlager“ der Wälder bot einen Vorrat für 200 Jahre und mehr (SIEFERLE ET AL. 2006: 103).

Die Beschränkungen des Solarenergiesystems zeigten sich auch bei der Bereitstellung von Produktionsmitteln. Werkzeugen und Geräten waren durch die geringe Druckfestigkeit und den hohen Verschleiß des Universalwerkstoffes Holz Leistungsgrenzen gesetzt. Die alternative Verwendung von robusterem Eisen scheiterte an den enormen Energiekosten, die durch das Verwenden von Holzkohle bei der Eisenverhüttung anfielen (PFISTER 1994: 75). Um Energie zu sparen, erfolgte die vorindustrielle Verhüttung von Eisen nahe an der Energiebasis – also mit einer Vielzahl kleiner Öfen inmitten von Wäldern und am Wasser. Pro Jahr stellte ein Klein-Hochofen auf Holzkohlebasis allerdings kaum so viel Eisen her wie ein heutiges Stahlwerk an einem Tag (ebd.: 75).

Demnach steckte die Agrargesellschaft „in einer Art Dynamikfalle“ (vgl. SIEFERLE 1997: 132f.). Durch die vorgegebenen Grenzen des Solarenergiesystems war Wachstum zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber starken Beschränkungen unterworfen. Da materielle Ressourcen so knapp wie teuer waren, waren Agrargesellschaften nicht in der Lage, gewaltige Energie- und Stoffflüsse in Gang zu setzen. Aus ökologischer Sicht war die energie- und materialarme Wirtschaftsweise durchaus vorteilhaft. Ackerbau und Viehzucht veränderten zwar die Umwelt erheblich, sie zerstörten diese aber nicht. Die wenigen Abfälle und Emissionen, die entstanden, konnten leicht durch die lokalen Ökosysteme bewältigt werden. Allenfalls in größeren Städten, wo sich auf engstem Raum menschliche Ausscheidungen mit Gewerbeabfall vermengten, wurde die Umwelt punktuell überlastet (PFISTER 1994: 75).

Mit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts treten wir in die noch heute anhaltende Epoche der fossilen Energieträger ein, die nun den Großteil der Nutzenergie stellen. Durch das damals einsetzende zügellose Verfeuern von Kohlevorräten, die sich über Jahrmillionen hinweg in der Erdkruste angehäuft hatten, gelang es der Industriegesellschaft, sich von den Wachstumsgrenzen des solaren Energiesystems zu befreien – zumindest vorläufig.

Das ungebremste Plündern nicht erneuerbarer Ressourcenbestände und die damit verbundene Nutzung neuer Antriebs- und Produktionstechnologien brachten der Industriegesellschaft einen plötzlichen Energieüberschuss und eröffneten bis dahin kaum vorstellbare Wachstumsmöglichkeiten. Der Übergang zu fossilen Energieträgern kennzeichnet einerseits einen gewaltigen Energietransfer von der Urzeit in die Moderne. Andererseits setzte er aber auch große Flächen frei, da die fossilen Energieträger kaum mit alternativen Formen der Flächennutzung zur Energiegewinnung konkurrierten. Bereits um 1840 entsprach das energetische Äquivalent der in Großbritannien verwendeten Steinkohle einem virtuellen Wald von der Größe des gesamten Landes. Die freien Flächen konnten nun für andere Zwecke verwendet werden – in erster Linie für die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion (SIEFERLE ET AL. 2006: 180ff.).

In Europa war Kohle schon seit dem 13. Jahrhundert in geringen Mengen für Heizzwecke gefördert worden. Ihr Abbau erfolgte damals in einfachen Gruben und war arbeitsintensiv und schwierig. Mit Schaufeln, Eimern und Seilzügen musste die schwere Steinkohle dem Berg regelrecht abgerungen werden. Die größte Herausforderung war dabei die Entwässerung der Stollen. Durch den Einsatz der Dampfmaschine gelang es ab Mitte des 18. Jahrhunderts, größere Mengen Grubenwasser abzupumpen und durch die leistungsfähigere und kostengünstigere Wasserhaltung immer tiefere Stollen ins Erdreich zu treiben. Bald schon ließen sich auch solche Kohlevorkommen erschließen, die mit den traditionellen Methoden nicht abbaubar waren. Infolgedessen stieg die weltweite Fördermenge an Kohle zwischen 1800 und 1900 von zehn auf 1000 Millionen Tonnen an (MCNEILL 2003: 28).

Hatten Dampfmaschinen zunächst nur die Funktion, im Kohlenbergbau Förderschächte zu entwässern, verbreiteten sie sich zuneh mend auch als universelle Antriebsmaschinen (zur Entwicklung der Dampfmaschine s. TROITZSCH 1997: 47ff.). Als Kraftmaschinen, die thermodynamische Energie in mechanische Energie umwandeln, trieben sie im Laufe der Jahre immer neue Arbeitsmaschinen in den unterschiedlichsten Gewerbebereichen an. Die zunehmende Mechanisierung des Kohlebergbaus, der Textilherstellung und der Landwirtschaft bewirkte einen unglaublichen Produktivitätsschub, der mit zahlreichen weiteren technischen und arbeitsorganisatorischen Innovationen einherging.

Im Unterschied zu stationären Wind- und Wassermühlen sind Dampfmaschinen mobil und dadurch so gut wie überall einsetzbar – auch auf Schiffen oder Zügen. Mit Dampflokomotiven ließen sich nicht nur große Kohlemengen befördern – sie sorgten auch für den schnelleren Transport der nunmehr industriell erzeugten Güter. Indem das neue Verkehrssystem Eisenbahn die Transportkapazitäten erhöhte, senkten sich die Frachtkosten radikal (PFISTER 1994: 75). Dadurch vergrößerte sich der Einzugsbereich der Märkte, was Voraussetzung für eine großräumige und arbeitsteilige Wirtschaft ist.

Durch den schnellen Ausbau des Bahnnetzes stand im ganzen Land immer mehr Kohle zur Verfügung. Dies stieß eine zweite Industrialisierungsphase an, die sich hauptsächlich in der Metall- und Maschinenindustrie, dem Fahrzeugbau und der Nahrungsmittel- und Chemischen Industrie abspielte (PFISTER 1994: 75). Der Aufschwung der neuen kohlebasierten Industriezweige gipfelte in der Hochkonjunktur vor dem Ersten Weltkrieg.

Kohlebefeuerte Fabriken siedelten sich bevorzugt dort an, wo Kohle- oder Erzbergbau betrieben wurden oder an zentralen Knotenpunkten des Schienennetzes. Auf diese Weise ließen sich die Transport- und Energiekosten gering halten. In Schwerindustrierevieren wie dem Ruhrgebiet oder in Metropolen wie London, wo sich energieintensive Arbeitsplätze und die dazu gehörigen Wohngebiete auf engstem Raum zusammendrängten, waren die Schadstoffemissionen besonders hoch (s. ausführlich in BRÜGGEMEIER & ROMMELSPACHER 1992). Kohlenstaub und Ruß verdunkelten die Städte – mit dem Verbrennen von Kohle ging eine ungeheure Luftverschmutzung einher.

Elektrizität erschien dagegen hell und sauber. Die um 1890 beginnende Elektrifizierung der Welt – ein Prozess, der noch immer nicht abgeschlossen ist – ließ den Verbrauch an Energie weiter ansteigen. Strom wurde mit den bekannten Energiequellen Kohle und Wasserkraft erzeugt, doch eröffneten sich mit ihm neue Nutzungsmöglichkeiten. Neben der Herstellung von Wärme bildete Elektrizität etwa die Grundlage für die Erzeugung von Licht. Waren Dampf- und Wasserkraft bislang überall dort zur Anwendung gekommen, wo große Energiemengen nötig waren, ging mit der Elektrizität die Tendenz hin zu immer kleineren Anwendungen: Von der Eisenbahn zu Individualfahrzeugen, von der Wäscherei zur Waschmaschine und gegen Ende des 20. Jahrhunderts vom Großrechner zum PC. Diese Entwicklung ging Hand in Hand mit dem Trend zu einem insgesamt steigenden Stromverbrauch (HÄNGGI 2011: 38).

Festgehalten sei, dass sich die westeuropäische Industriegesellschaft trotz intensiver Nutzung des fossilen Energieträgers Kohle im Ganzen genommen noch bis in die 1950er Jahre auf einem verhältnismäßig umweltverträglichen Entwicklungspfad bewegte (PFISTER 1994: 77). Denn im Unterschied zur umweltbelastenden Entwicklung in den industriellen Ballungszentren konnten sich im ländlichen Raum die auf Selbstversorgung angelegten Strukturen der alten Agrargesellschaft noch bis in die 1950er Jahren halten (PFISTER 1994: 76). Ihre Produktionsweise war noch vergleichsweise umweltschonend – mit hohem Personaleinsatz, Pferdezug statt schwerer Traktoren, eigener Futterbasis, größtenteils hofeigenem Dünger und frei von Pestiziden und Herbiziden.

Auch das Konsumverhalten der europäischen Industriegesellschaften bewegte sich noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg auf einem konstant niedrigen Niveau. Im Unterschied zur Entwicklung in den USA, wo sich bereits in der Zwischenkriegszeit die Konsumgesellschaft mit ihrem energie- und materialintensiven Lebensstil herausgebildet hatte (PFISTER 1994: 76), machten in Westeuropa Waren und Güter, welche die Grundbedürfnisse wie Ernährung, Wohnung und Bekleidung befriedigten, die größten Ausgabeposten aus. Der Grund für das zurückhaltende Konsumverhalten lag in den hohen Energiepreisen: So schlug die teure Gewinnung von Kohle deutlich in der Güterproduktion zu Buche. Erzeugnisse wie technisches Haushaltsgerät oder Personenkraftwagen, die über den unmittelbaren Grundbedarf hinausreichten, blieben daher für die Mehrzahl der Bürger noch unerschwingliche Luxusgüter. Erst mit dem Aufkommen des preiswerten Energieträgers Erdöl erhielten auch westeuropäische Konsumenten Zugang zu einer nie dagewesenen Fülle nunmehr erschwinglicher Güter und Waren – nun vollzogen auch sie den Einstieg ins konsumistische Warenparadies.

Das Zeitalter des Erdöls setzte in den USA gegen 1920 ein – in Westeuropa und Japan verdrängte Öl erst um 1950 die Kohle – den Schlüsselenergieträger der Industriegesellschaft. Erdöl ist der Kohle gleich mehrfach überlegen: Seine Energiedichte ist höher, es lässt sich leichter transportieren, verbrennt sauberer und ist auch in der Verwendung vielseitiger. Hinzu kommt: Öl ist billiger als Kohle. Aus diesem Grund war die Herausbildung der Konsumgesellschaft aufs engste mit der Verfügbarkeit von Erdöl verknüpft. Mit dem Massengebrauch des flüssigen Brenn- und Grundstoffs entstanden neue und besonders energieintensive Produktions- und Konsumstile.

Die erste erfolgreiche Bohrung nach Erdöl geht auf das Konto des US-Amerikaners Edwin L. Drake. 1859 errichtete dieser in Pennsylvania den ersten Bohrturm. Drake beabsichtigte, Erdöl in großem Stil zu Kerosin zu verarbeiten, das als Lampen- und Maschinenöl das teure, immer knapper werdende Walöl ersetzen sollte. Ebenfalls in den USA wurden die richtungsweisenden Techniken der Erdölchemie entwickelt. Denn das Öl musste vor seiner Verwendung in seine Bestandteile aufgespalten werden. Bis 1950 schöpften die USA den Brennstoff noch fast ausschließlich aus eigenen Quellen. Durch den wachsenden Verbrauch verblieb kaum Rohöl für den Export.

Dass sich die erdölbasierte Produktionsund Lebensweise Nordamerikas nach dem Zweiten Weltkrieg dennoch so rasch nach Europa und Japan ausbreiten konnte, verdankt sich dem Öl aus dem Nahen Osten. In der Golfregion wurden während des Zweiten Weltkriegs scheinbar unerschöpfliche Erdöllager gefunden. Nur deshalb konnte Westeuropa, wo Kohle aufgrund des Arbeitskräftemangels nach Kriegsende knapp war, beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft auf Erdöl setzen. Den Weg dazu ebnete der Marshall-Plan. Er ermöglichte den Import von mittelöstlichem Öl zu günstigen Preisen (PFISTER 1994: 78, 84). In der Zeitspanne von nur zwei Jahrzehnten wurde so die Energieversorgung in West- und Mitteleuropa – trotz reicher Kohlevorkommen – größtenteils auf importiertes Erdöl aus dem Mittleren Osten umgestellt.

Mit dem Umstieg auf Erdöl vollzog sich eine welthistorisch einzigartige Verbilligung der relativen Energiepreise. Fortan folgten die Kosten für Öl nicht länger der Entwicklung sonstiger Lebenshaltungskosten, sondern nahmen im Vergleich dazu langfristig ab. Gemessen an den Löhnen war Energie in Europa zwischen 1950 und 1990 etwa fünfmal billiger geworden (PFISTER 1994: 84). Dies legt den Schluss nahe, dass es die niedrigen Ölpreise waren, die den entscheidenden Impuls für den Übergang zum fordistischen Industrie- und Konsummodell gaben (MASSARRAT 1994: 95–106). Die „Dumpingpreise“ für importiertes Öl waren die Voraussetzung und Grundlage für die außerordentliche Steigerung des Wohlstandes nach dem Zweiten Weltkrieg, der seinen Ausdruck in extrem energieintensiven Produktionsformen, flächenzehrenden Siedlungsmustern und verschwenderischen Konsumpraktiken fand. War die weltweite Energiegewinnung im Verlauf des 19. Jahrhunderts durch die Nutzung von Kohle bereits um das Dreifache angestiegen, so nahm sie im 20. Jahrhundert, als Erdöl, Erdgas und in kleinerem Umfang noch Kernenergie hinzukamen, noch einmal um das 13fache zu (MCNEILL 2003: 29). Wie Abb. 1.2 zeigt, ist von 1860 bis 1985 der Energiedurchsatz der Menschheit um das 60fache gestiegen.


Abb. 1.2: Entwicklung des Weltenergieverbrauchs (FOUQUET & PLEARSON 2012:2) XVII).

Für die Umwelt war und ist der Siegeszug des Erdöls ruinös. Förderung und Transport ziehen gewaltige Schäden nach sich. Ein weltweites Netzwerk an Bohrtürmen und -plattformen, Pipelines, Öltankern und Raffinerien verschmutzen Luft, Wasser und Boden in großem Stil. Mehr noch: Durch das reichlich fließende Öl setzten sich auch das Auto und später das Flugzeug als Verkehrsmittel durch, die ebenfalls verheerende Folgen für die Umwelt mit sich brachten. Luft- und Straßenverkehr zählen inzwischen zu den größten Verursachern der Luftverschmutzung. Hinzu kommt der intensive Flächenverbrauch für den Straßenbau, der seit der Mitte des letzten Jahrhunderts ungebrochen ist. Auch gilt das Auto als Motor für die Zersiedlung der Landschaft durch ausufernde Suburbanisierungsprozesse.

Neben Autos und Lastkraftwagen treibt Erdöl aber auch Landmaschinen und Traktoren an. Es bildete die Voraussetzung für die Mechanisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft, welche eine deutliche Steigerung des Ernteertrags auf Kosten natürlicher Ökosysteme ermöglichte (vgl. BRAUN 1997: 17–22). Hingegen nutzte und nutzt die chemische Industrie Erdöl seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert als Grundstoff für Chemikalien, Düngemittel und Medikamente. Seither verdrängen Kunststoffe und andere synthetische Materialien in großem Umfang natürliche Substanzen und Werkstoffe. Da schlecht abbaubar, erhöhen sie die anfallende Müllmenge. Unzählige Chemikalien, enthalten in Nahrungs-, Wasch- und Körperpflegemitteln sowie in fast allen Alltagsprodukten, erwiesen sich im Nachhinein als giftig. Sie gefährdeten Flora und Fauna und belasteten Wasser, Boden und Luft (vgl. KAISER 1997: 473ff.).

Fest steht: Der Energieschub, den die fossilen Energieträger, vor allem Erdöl, mit sich brachten, veränderte Gesellschaften im 20. Jahrhundert dynamischer als in Tausenden von Jahren Menschheitsgeschichte zuvor. Billige, hochkonzentrierte und scheinbar grenzenlos zur Verfügung stehende Energie ermöglichte ungeahntes Wirtschaftswachstum. In den Industrieländern brachte diese Entwicklung eine enorme Steigerung der Güterproduktion und bislang unbekannten Wohlstand hervor. Zugleich führte dieser Prozess auch zu einer maßlosen Vergeudung von Energie: Weltweit betrachtet vervierfachte bis verfünffachte sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts die pro Kopf verbrauchte Energiemenge. In den 1990er Jahren beutete ein Erdbewohner ungefähr 20 „Energiesklaven“ aus (MCNEILL 2003: 30). Das bedeutet: Ein einziger Mensch verbrauchte damals so viel Energie wie 20 Menschen erbringen würden, wenn sie das ganze Jahr hindurch 24 Stunden am Tag arbeiten würden. Der ungedrosselte Verbrauch fossiler Brennstoffe ging auf das Konto der Umwelt. Sie trug Schäden in einer Größenordnung davon, die bisher undenkbar gewesen waren. So bewirkten die flächendeckende Industrialisierung, Massenmotorisierung und der scharenweise Einzug chemischer Verbindungen in Alltag und Industrie ausgedehnte und schwerwiegende Verschmutzungen von Boden, Luft und Wasser. Vor dem Zweiten Weltkrieg lokal auftretende Umweltschäden entwickelten nach 1950 globale Ausmaße.


Abb. 1.3: Wachstum der Weltbevölkerung (MEADOWS ET AL. 2009: 6).

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