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Einleitung

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Armin Reller, Luitgard Marschall, Simon Meißner, Claudia Schmidt

DIE WELTWIRTSCHAFTLICHE EXPANSION und die Globalisierung haben zu einer Nachfrage nach Energie und unterschiedlichsten Rohstoffen in bisher nie da gewesenen Dimensionen geführt und in eben solchem Maß soziale und ökologische Probleme hervorgerufen. Die Konsequenzen unseres bisherigen Handelns machen sich erst nach und nach bemerkbar: in Form einer zunehmenden Verknappung natürlicher Ressourcen, daraus resultierenden Verteilungskonflikten, der Ausbildung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Disparitäten, des Klimawandels und anderer globaler Zusammenhänge. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiter dynamisieren und verschärfen, wenn langfristig keine Wege der suffizienten und global verantwortlichen Ressourcennutzung eingeschlagen werden und eine Reduktion des Ressourcenverbrauchs erfolgt. Momentan gelingt es noch zu selten, umzudenken sowie alltägliche Verhaltens- und Konsummuster zu ändern, zumal die Anreize hierfür gering sind. Um die Zukunft verantwortungsbewusst gestalten zu können, gilt es auch, die Ursachen und Folgen der oftmals bedrohlichen Entwicklungen umfassend zu verstehen. Der „zukunftsfähige und strategische Umgang mit Ressourcen“ ist damit ein hochaktuelles Thema und gewinnt zunehmend an Brisanz in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Bei der Auseinandersetzung mit dem künftigen Ressourcenumgang stellen sich viele Fragen und Herausforderungen: Wie wird sich die zukünftige Rohstoffverfügbarkeit entwickeln? In welchem Ausmaß führen die steigende Nachfrage nach Energie, Metallen, Wasser, usw. zu sozialen und politischen Konflikten? Werden wir durch neue Technologien in der Lage sein, mit Umweltbelastungen umzugehen, zu denen die Globalisierung und das rasche Anwachsen der Weltbevölkerung unweigerlich führen? Sind in Zukunft verstärkt politische und rechtliche Regelungen von Nöten? Welche ethischen und moralischen Grenzen gilt es bei der Ressourcennutzung zu beachten? Welchen Beitrag können wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Innovationen zur Steigerung der Ressourceneffizienz und -suffizienz leisten? Wie können Bildung und Wissen dazu beitragen, diese Herausforderungen in Zusammenhang mit Ressourcen und Umweltfragen zu kommunizieren und zu meistern?

Insbesondere aus Sorge vor einer zukünftigen Rohstoffverknappung wurden in den letzten Jahren – national wie international – immer mehr Arbeits- und Forschungsgruppen zu dem Thema gegründet und institutionalisiert. Mittlerweile setzen sich auf wissenschaftlicher, politischer und ökonomischer Ebene immer mehr Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Institutionen mit oben genannten Fragestellungen auseinander und versuchen, die für die zukünftige Entwicklung relevanten Herausforderungen zu analysieren sowie realisierbare Handlungsvorschläge zu erarbeiten.

Um die genannten Probleme beschreiben und Lösungen entwickeln zu können, reicht die Betrachtung von Wertschöpfungsketten und Technologien nicht aus. Mit bislang üblichen Herangehensweisen, die sich meist auf ein natur- und wirtschaftswissenschaftliches Verständnis mit dem Ziel der Effizienzsteigerung oder der umfassenden Quantifizierung von Umwelt- und Verknappungsrisiken stützen, können wir nicht die zunehmend komplexen Zusammenhänge und wenig vorhersagbaren Entwicklungen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt nachvollziehen. Um neue Lösungsansätze und Strategien für einen nachhaltigen Umgang mit knappen und essentiellen Rohstoffen zu entwickeln, ist es vielmehr geboten, disziplinär begrenzte Sichtweisen und Problemdefinitionen zu überwinden. Gefragt ist ein fachübergreifender und integrativer Ansatz, der neben technischen, wirtschaftlichen und ökologischen auch kulturgeschichtliche, soziale und ethische Gesichtspunkte einbezieht und diese kontextspezifisch vernetzt.

Veröffentlichungen und Lehrbücher, die eine solche interdisziplinäre Betrachtung der globalen Stoffkreisläufe und weltweiten Verfügbarkeit wichtiger Rohstoffe leisten, sind kaum vorhanden. Das vorliegende Lehrbuch will dazu beitragen, diese Lücke schließen und einen integrativen Einblick in die Thematik der Nachhaltigkeit und Ressourcenstrategie aus Sicht unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen ermöglichen. Dabei sollen sowohl inhaltliche als auch methodische Kompetenzen aus den Natur- und Wirtschaftswissenschaften wie auch den Geistes- und Sozialwissenschaften zusammengeführt werden, um potentielle Anknüpfungspunkte und Synergien für eine Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen aufzuzeigen.

Interdisziplinäres Arbeiten, Forschen, Lehren und Lernen bietet jedoch nicht nur Chancen, sondern stellt alle beteiligten Akteure vor viele Herausforderungen: Jede Disziplin hat ihre eigene Sprache, wissenschaftliche Tradition und Kultur; sie verwendet Begriffe und arbeitet mit Theorien, die für Fachfremde auf den ersten Blick schwer verständlich sind. Solche Hürden zu überwinden, setzt sowohl die Bereitschaft zur Auseinandersetzung und Einarbeitung in neue Themenfelder als auch Offenheit gegenüber anderen Denkweisen und Ansichten voraus. Gleichzeitig gilt es, sich kritisch und reflektiert mit den jeweiligen Aussagen und Ansichten auseinanderzusetzen.

In diesem Lehrbuch führen Expertinnen und Experten aus der Sicht ihrer jeweiligen „Heimatdisziplin“ in das Thema eines zukunftsfähigen Umgangs mit Ressourcen ein. Auch wenn ein vereinfachter Zugang zum Fachwissen der einzelnen Disziplinen unser Anliegen war, haben wir viele ihrer disziplinären Eigenheiten und Ausdrucksweisen bewusst beibehalten. Denn ein wichtiger Aspekt der interdisziplinären Ausbildung ist aus unserer Sicht, sich mit fachspezifischem Wissen auseinanderzusetzen und seine disziplinäre Einordnung zu schulen. Es geht darum, „über den eigenen Tellerrand hinauszublicken“ und das Erkennen, Analysieren und Bewerten von komplexen, sich gegenseitig beeinflussenden Zusammenhängen und letztlich das Verknüpfen von Kontexten zu üben.

Das vorliegende Lehrbuch orientiert sich in weiten Teilen an einer interdisziplinären Grundlagenvorlesung an der Universität Augsburg, die als Ringvorlesung mit dem Titel „Ressourcenstrategie – Bildung für nachhaltige Entwicklung“ konzipiert und seit 2009 abgehalten wird. Sie wird ergänzt durch weiterführende und vertiefende Lehrveranstaltungen in unterschiedlichen Studiengängen. Viele der Dozentinnen und Dozenten haben sich auch an diesem Lehrbuch als Autorinnen und Autoren beteiligt. Uns ist bewußt, dass nicht alle Themen rund um den Komplex „nachhaltiger Umgang mit Ressourcen“ in der ihnen gebührenden Weise behandelt werden. Wir beabsichtigen daher, in ergänzenden Publikationen diejenigen Gegenstände abzuhandeln, die im vorliegenden Buch nicht oder nur am Rande angesprochen werden. Das Buch gliedert sich in vier Abschnitte, die chronologisch wie inhaltlich aufeinander aufbauen:

◆ Kapitel 1 führt in Form eines historischen Rückblicks in die gegenwärtige Ressourcenproblematik ein.

◆ Kapitel 2 bis 8 leisten eine Bestandsaufnahme des stofflichen, räumlichen und wirtschaftlichen Ist-Zustands der Ressourcennutzung und identifizieren, welche Herausforderungen für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in der Gegenwart bestehen. Zunächst stehen die geographische Betrachtung der Ressourcenverteilung und die räumlichen Auswirkungen von Ressourcennutzung im Vordergrund. Ihnen folgt eine sozial- und politikwissenschaftliche Analyse der sich daraus ergebenden Konflikte. Aus Sicht der Innovationsforschung werden Maßnahmen und Innovationen ökologischer Nachhaltigkeit vorgestellt. Weiter werden die ökonomischen Grundlagen des Ressourcenmanagements sowie die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen einer Kreislaufwirtschaft dargelegt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ressourcennutzung runden den zweiten Teil des Buches ab.

◆ Kapitel 9 bis 12 widmen sich der gesell schaftlichen Auseinandersetzung und möglichen Strategien zur Gestaltung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen. Im Hinblick auf die wichtige Rolle von Bildung und ihrer Vermittlung behandeln sie Fragen der Bildung für nachhaltige Entwicklung und deren Kommunikation. Bei der Bewertung von Umweltfragen darf auch ein umwelt- und ressourcenethischer Standpunkt nicht fehlen. Aus soziologischer Perspektive wird daher der Umgang von Gesellschaften mit Nichtwissen und Umweltrisiken beleuchtet. Abschließend wird anhand des Konzeptes der Stoffgeschichten eine Möglichkeit vorgestellt, wie komplexe Sachverhalte unterschiedlichen Zielgruppen vermittelt werden können.

◆ Kapitel 13 zeigt schließlich unterschiedliche Dimensionen auf, die bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Ressourcenstrategie berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus werden Leitplanken und Kriterien für eine Kritikalitätsbetrachtung abgeleitet, die eine Orientierungshilfe bieten, um den Umgang mit Ressourcen langfristig auf den Pfad der Nachhaltigkeit zu bringen. Das Ziel dabei ist, eine dauerhafte Balance zwischen ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen herzustellen.

Um dem Lehrbuchcharakter gerecht zu werden, finden sich für jedes Kapitel am Ende des Buches – sei es zum Zweck des Selbststudiums oder zur Prüfungsvorbereitung – ausgewählte Übungsaufgaben und Kontrollfragen.

Das vorliegende Lehrbuch erhebt nicht den Anspruch, die Erkenntnisse der beteiligten Disziplinen umfassend darzustellen, sondern wurde als interdisziplinäre Einführung konzipiert, die den Einstieg in das komplexe Thema des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen erleichtern soll. Es wird vor allem der Ansatz verfolgt, die vielfältigen methodischen, wissenschaftstheoretischen und inhaltlichen Schnittstellen zwischen den Disziplinen aufzuzeigen, die zusammen einen wichtigen Beitrag für eine zukunftsfähige und verantwortungsvolle Entwicklung leisten können. Vor allem soll es Anregungen für die selbständige Vertiefung und Weiterführung des Themas geben.

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