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Kapitel 14 Zuhause (29.11.2013)

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Jana schlief die erste Nacht zu Hause gut. Sie spürte, wie ihre Mutter und ihr Vater mehrmals ins Zimmer schlichen, ihr über die Wange strichen und die Zudecke zurecht zogen. Das störte sie nicht. In den bewussten letzten sechs Wochen ihres Krankenhausaufenthalts war stetes Kommen und Gehen in ihrem Zimmer, während sie schlief. Davon ließ sie sich nicht stören.

Jana genoss das Bad am frühen Morgen, das sie sich gönnte. Der Krankenhausgeruch musste herunter, der immer noch in ihrer Nase saß. Während sie ihren Körper abtrocknete, musterte sie ihn kritisch im Spiegel. Die Veränderungen, die er während des langen Komas erfahren hatte, gefielen ihr nicht. Sie war dürr, wie eine Bohnenstange und konnte jede einzelne Rippe sehen. Die Brust besaß wenig Spannkraft, und sie setzte alle Hoffnung in die Aussage der Ärzte, dass das vorübergehend war. Ihr Gesicht schaute hohlwangig, wie von großen Strapazen gezeichnet, aus dem Spiegel. Lediglich ihre Muskulatur war ausgeprägt, als habe sie regelmäßig Sport getrieben. Dem musste sie nachgehen. Bisher war sie der Ansicht, dass ihr Körper nicht an den Eskapaden in der Zwischenwelt beteiligt war.

Ungefähr dreihundert Kilometer von hier entfernt lag die Hülle Marcos, an lebenserhaltenden Maschinen angeschlossen. Falls sie ihn nach Amsterdam geschafft hatten, wovon sie eigentlich ausging. Zumindest war er dort vor dem Anschlag gemeldet. Sie vermisste ihn und dabei wusste sie nicht, ob sie, während ihres Komas, nicht nur einen blöden Traum hatte. Das Abbild ihres Körpers im Spiegel zeigte, dass sie tatsächlich die Erlebnisse gehabt haben musste. Sie war hager und mager, dennoch kräftig und irgendwie, auf eine animalische Art gesund. Ihre Eltern berichteten, dass ihr Körper während des Komas häufiger ausgesehen habe, als würde sie misshandelt. Doch lange Tag- und Nachtwachen zeigten, dass die wunden Füße und Hände sowie Hämatome, wie Stigmata auftauchten. Die Ärzte standen vor einem Rätsel.

Jana schüttelte ihren Anblick und die Gedanken ab. Sie dachte an die Aufgabe, die sie erledigen musste. Was erwartete sie? Zerbi ließ ihr keine Wahl. Sterben oder die gestellte Aufgabe angehen, ob sie wollte oder nicht. Ihr blieb nur eine echte Alternative zur Vermeidung ihres Todes: Marcos Befreiung aus seinem Koma. Falls dies nicht gelang, musste sie auch sterben und diesmal endgültig.

Der blödsinnige Traum während des Komas nötigte sie, Marco zu finden. Aber dazu benötigte sie Hilfe. Ihre Eltern waren berufstätig und hatten schon genug Zeit versäumt, um ihr den Krankenhausaufenthalt erträglich zu machen. Zur Schule musste sie erst im nächsten Jahr. Ihr graute vor dem, was sie versäumt hatte. Abitur war, ohne zusätzliche Jahre, nicht mehr möglich. An und für sich konnte nur Opa helfen. Er war seit einigen Jahren Pensionär und hatte die Zeit, ihr zu helfen.

Opa zog ihre Mutter alleine groß, nachdem die Großmutter bei einem blöden Unfall ums Leben kam. Sie versuchte vom Fenster der Dachgaube die Regenrinne von Blättern zu befreien und hatte dabei die Hebelgesetze missachtet und stürzte aus fast zehn Metern zu Boden. Dabei kam sie unglücklich auf und verstarb an der Unfallstelle, wie im Untersuchungsbericht der Polizei stand. Ihre Großeltern väterlicherseits lebten in der Nähe von Hamburg. Zu denen bestand kein Kontakt. Ein Streit, von dem sie nicht wusste, worum es ging.

Morgen war Samstag, danach der erste Adventssonntag. Konnte sie ihre Eltern schon alleine lassen? Sie hatten so lange darauf gewartet, dass sie wieder erwachte. Es half nichts, sie musste die Aufgabe anpacken. Natürlich würde jeder sie für bekloppt halten. Im Grund ging es ihr nicht anders. Sie lachte bitter auf. Ignorierte sie ihren Auftrag, konnte es ein, dass ihre Lebenskerze verlöschte. Akzeptierte sie ihn, war die Wahrscheinlichkeit groß, in einer psychiatrischen Klinik zu enden.

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Dem Jenseits entkommen

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