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Kapitel 4 Zwischenwelt

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Jana schlug die Augen auf und sah … nichts. Absolute Schwärze, absolute Stille. Ihr Magen krampfte und sie fuhr unwillkürlich mit den Händen dorthin. Keine Berührung … sie spürte keine Berührung. Sie würgte. Die Angst fraß in ihre Knochen. Knochen? Der Würgereiz war gedanklich, nicht körperlich. Sie bewegte die Beine zu Testzwecken. Das funktionierte … fiktiv … nicht physisch. Weitere Versuche ergaben: Sie dachte. Aber wo? Zumindest nicht in ihrem Körper. Wenn diese verdammte Dunkelheit nicht wäre …

Janas Gedanken waren zeitlos. Sie glitten in die Vergangenheit und suchten Halt. Sie kehrten zurück in die Gegenwart, in den körperlosen Zustand. Sie pochten an die Zukunft, die keine war. Sie spürte weder Wärme noch Kälte … hatte keinen Geschmack … hatte keine Sinne. Lediglich Gedanken, Gedanken …

Jana flüchtete und wandte einen Trick an, den sie immer dann benutzte, wenn ihr Herz schwer war. Sie tauchte in eine Geschichte, die sie selbst erfand oder die schon einmal erzählt war. Das wirkte immer.

»Was willst du denn hier?«, fragte die näselnde quenglige Stimme.

»Wo bin ich?«, wollte Jana wissen.

»Bist du blöd?« Dieselbe Stimme von vorhin stellte die Frage.

»Ich heiße Jana und wer bist du?«

»Lukas.«

»Weißt du, wo wir hier sind? Ich sehe nichts.«

»Ich wusste es. Du bist blöd.« Lukas Stimme klang genervt. »Die ersten paar Stunden sieht niemand etwas. Hat dir das niemand gesagt.«

»Nein. Wer sollte mir etwas gesagt haben? Ich weiß ja nicht einmal, wo ich bin.«

»Kümmere dich nicht um Lukas«, sagte eine freundliche Frauenstimme. »Er ist heute nicht gut drauf.«

»Ihr macht mir Angst.« Jana war versucht, zu weinen.

»Du musst dich nicht fürchten.« Jana fühlte etwas wie ein Streicheln. Leicht wie ein Hauch. Die Empfindung beruhigte sie. Endlich wieder ein Gefühl. »Wir haben das alle durchgemacht.« Die Frau mit der besänftigenden Stimme fuhr fort. »Habe Geduld.«

»Ich will nach Hause.« Jana weinte jetzt doch.

»Das ist nicht so einfach. Wir warten alle darauf, wieder nach Hause zu kommen. Ich bin übrigens Marco.« Die Stimme des Jungen klang so, als wolle er ihr helfen. Fingerspitzen fuhren durch die Tropfen der Tränen, die über ihre Wangen liefen. »Du weinst. Niemand weint hier.« Jana hörte das Erstaunen in seiner Stimme.

»Marco. Wo bin ich?« Sie bekam ihre Gedanken nicht in den Griff. Weshalb weinte hier niemand? Das Grauen kam wieder. Mit Macht zwang sie sich in die Geschichte.

»So genau kann ich das nicht sagen, Jana. Ich bin erst kurze Zeit hier.«

»Jetzt ist aber Schluss. Hört auf mit den Spielchen.« Die brummige Stimme eines Mannes mischte sich ein. »Wir sind an einem Ort, den es nicht gibt. Hier müssen wir uns entscheiden, ob wir leben wollen oder nicht.«

»Nein, nein. Ich will nichts mehr hören. Wo sind meine Mama und mein Papa.« Ihr Verstand knipste weg.

*

Dem Jenseits entkommen

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