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Mittwoch, 25. Januar 1938

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HERRLICHES NORDLICHT ÜBER GANZ EUROPA. Salzburg […]. Der unmittelbare Eindruck bei den meisten Beobachtern dürfte der gewesen sein: Großfeuer! Tatsächlich war die Färbung des nächtlichen Himmels an manchen Stellen so charakteristisch, daß man zunächst kaum an etwas anderes denken konnte. […] Wir müßten nicht das Jahr 1938 schreiben, uns also noch in einem verhältnismäßig ziemlich primitiven Zeitalter der Menschheit befinden, wenn sich nicht auch in diesem Falle sofort die Wichtigtuer, die Fingerzeiger, Stirnrunzler, Politikriecher, Unheilsschnüffler und dergleichen ihrer Stunde würdig erwiesen hätten. Vom Zorn Gottes, von Anzeichen des furchtbaren Krieges bis zum himmlischen Protest gegen die österreichische Regierung konnte man allerlei Dinge erlauschen.

Salzburger Chronik vom 26. Januar

Es ist kurz vor Mitternacht, der Himmel über Salzburg ist wolkenlos, unbewegt, die Sterne leuchten ruhig. „Mitten in diesem sanft ruhenden Nachthimmel ist seit einer halben Stunde oder etwas mehr eine rote Wolke zu sehen. Manche Salzburger wollen sie zuerst gegen Bayern blickend gesichtet haben, andere gegen Oberndorf. In der Stadt hat es vielfach den Anschein, als ob die Wolke über dem Kapuzinerberg und im Raum zwischen Gaisberg und Kapuzinerberg schwebe. Wer sich in dieser Nacht die Mühe macht und die Landkarte zu Rate zieht, wird erkennen, dass sich der scheinbare und wirkliche Standpunkt der Wolke just in einem richtigen Halbkreis von 180 Grad, und zwar in einem nach Norden, Nordost und Nordwest geöffneten Halbkreis unterbringen läßt, eine Feststellung, die vielleicht dienlich sein kann, die Natur der mysteriösen roten Wolke mit einiger Wahrscheinlichkeit oder Sicherheit festzustellen.“ Mancherorts werden Feuerwehren gerufen, weil Teile der Bevölkerung die rötliche Lichterscheinung für einen Großbrand halten. Andere wiederum sehen in der roten Wolke ein Vorzeichen für eine kommende Katastrophe. Rückblickend schreibt Carl Zuckmayer in seinen 1966 erschienenen Erinnerungen: „Eine Reihe von Zeichen ging der Katastrophe voraus. Einige Wochen vorher erschien ein Nordlicht über ganz Österreich. Nordlichter sind in diesem Teil der Welt ungemein selten, die meisten Leute kennen sie nur vom Hörensagen. Man behauptete, seit dem Jahr 1866, in dem die Österreicher von den Preußen besiegt wurden, hätte sich keins mehr gezeigt. Dieses – im Jahr 1938 – flammte so stark und flackerte so grell, daß es aussah wie eine mächtige Feuersbrunst. Es erschien um Mitternacht, und in Henndorf rückte die Feuerwehr aus, weil man ernstlich glaubte, es brenne im nächsten Ort. In der gleichen Zeit wurde in Wien der Pestvogel gesehen, sein Auftauchen sogar von Ornithologen bestätigt: eine albinohafte Spielart des Sperlings, mit seltsamen fahlen Tupfen und Flecken im Gefieder. Angeblich soll er sich nur vor großen Seuchen oder vor einem Kriegsausbruch zeigen.“

Am Nachmittag kommt der Führer

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