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Samstag, 03. Februar 2018

David

Das Essen verlief beinahe schweigend. David hatte sich ein Steak bestellt, Katja den griechischen Salat. Beide dasselbe wie immer.

Als sie aufgegessen hatten, meinte Katja: „Sie macht mich so wütend, David. Verstehst du?“

„Ist es wirklich so schlimm?“

„Egal, was ich sage. In ihren Augen ist es anscheinend immer das Falsche.“

„Sie ist achtzehn, was erwartest du von ihr?“

„Sie ist mittlerweile eine erwachsene Frau! Als ich in ihrem Alter war, …“

„… hast du dich von einem nahezu Fremden schwängern lassen“, sagte David und zwinkerte ihr zu. Es überraschte ihn, dass sie daraufhin schmunzelte und ihm nicht ihr Weinglas über den Kopf zog.

„Was ich meine … Als ich in ihrem Alter war, hatte ich bereits ein Kind. Ich musste mich erwachsen verhalten. Ich hatte gar keine Wahl.“

„Und du hast es fabelhaft gemeistert.“

„Meinst du? Oft, wenn ich Lena ansehe, … dann … dann sehe ich nur Vorwürfe in ihrem Blick. Ich weiß einfach nicht, was ich falsch mache. Sie redet ja kaum noch mit mir.“

„Du machst nichts falsch.“

„Ja, sag das deiner ach so dankbaren Tochter.“

Mit dem Zipfel ihrer Stoffserviette wischte sich Katja eine Träne aus dem rechten Augenwinkel, ehe sie einen großen Schluck von ihrem Wein nahm. „Ich komme einfach nicht an sie ran.“

„Soll ich mal mit ihr reden?“

„Ja. Ja, ich glaube, das solltest du.“

„Ich könnte sie kommenden Freitag von der Arbeit abholen, wenn du willst. Dann gehe ich mit ihr was essen.“

„Soll ich ihr den Vorschlag machen oder rufst du sie selber an?“

In Katjas Stimme schwang ein Ton mit, der sich vorwurfsvoll anhörte. David verstand. Er meldete sich zu selten bei Lena, was ihm aufrichtig leidtat. Als Antwort bekam Katja darauf nur ein schuldbewusstes Kopfnicken – was so viel heißen sollte, wie: Ich werde sie anrufen, versprochen!

Gut, das hätten wir geklärt, dachte sich David. Und jetzt?

Zu seinem Glück kam im nächsten Augenblick Karl an ihren Tisch, um die leeren Teller abzuräumen. So wie jeder andere Angestellte in dem Lokal kannte auch dieser Kellner die beiden beim Namen.

Die angespannte Stille verschwand, indem er fragte: „Darf es noch ein Dessert sein, Frau und Herr Ilmbrandt?“

„Nein, danke, Karl. Die Rechnung bitte“, antwortete Katja, ohne ihren Exmann eines Blickes zu würdigen. David hatte zwar keine Lust auf ein Dessert, aber auf seine Reaktion zu warten, hätte sie nicht umgebracht. Karl setzte sein breitestes Lächeln auf und verschwand, um die Rechnung zu holen. Die Tatsache, dass Katja trotz ihrer Scheidung nicht wieder ihren Mädchennamen angenommen hatte, irritierte David nach wie vor. Jedes Mal hatte er aufs Neue das Gefühl, noch mit ihr verheiratet zu sein, schon alleine deswegen, weil sie immer so angesprochen wurden als wären sie noch ein Paar. Obwohl sie das eindeutig nicht mehr waren und das seit mittlerweile fünf Jahren.

„Das übernehme ich“, meinte David und holte seine Geldbörse hervor. Kurz darauf kam der Kellner zurück und bedankte sich wie immer überfreundlich für das großzügige Trinkgeld.

David half seiner Exfrau in ihren Mantel und sie traten vor die Tür. Ein eisiger Wind peitschte ihnen ins Gesicht, als sie sich auf den Weg zu seinem Auto machten.

„Oh Gott“, murmelte Katja plötzlich. Das war das Erste, das sie seit dem knappen Wortwechsel mit Karl wieder von sich gab. Sie rückte näher zu David heran. Anscheinend hatte sie Angst vor den lachenden Personen, die auf sie zuwankten. Katja kam ihm schließlich so nahe, dass sich bereits ihre Oberarme berührten.

„Vor denen brauchst du keine Angst zu haben“, meinte David, als er sah, wie sich die drei Leute verhielten. „Das sind nur Besoffene, die nicht mehr wissen, wo oben und unten ist.“

„Trotzdem.“

Trotzdem. Diese Antwort war für Katja stets Grund genug, um ihre Meinung zu vertreten. David stieß einen leisen Seufzer aus und legte seinen Arm um ihre Schultern, um sie enger an sich zu drücken.

„Danke“, murmelte Katja verlegen. Die drei wankenden Personen kamen näher. David sah, dass es sich dabei um zwei Männer und eine Frau handelte. Er nahm an, dass alle ungefähr in Katjas und seinem Alter waren – oder vielleicht etwas jünger. Die Frau in der Mitte schaffte es kaum, sich auf den Beinen zu halten. Zum Glück wurde sie von beiden Seiten gestützt – obwohl der Zustand ihrer zwei Kumpanen auch nicht viel besser war.

David schaute geradeaus, damit er nicht angepöbelt wurde. Aber die Frau hatte wieder seine ganze Aufmerksamkeit, als sie lauthals lachte und wirres Zeug schwafelte: „Ins Bett! Meine Beine! Ihr müsst mich halten! Achtung, nicht so schnell!“

„Du bist so besoffen, Jo! Weißt du, was du bist? Mit Abstand die krasseste Freundin, die Lennon je hatte!“, grölte einer der beiden Männer neben ihr.

Jo …

Lennon …

Während David darüber nachdachte, woher er diese Leute kannte, passierte das Unvermeidliche: Als sie auf selber Höhe mit den drei Wackeldackeln waren, kamen diese komplett aus dem Gleichgewicht und rempelten Katja und David so wild an, dass sie beinahe umkippten. Daraufhin lachten die Besoffenen noch mehr.

„He!“, rief David ihnen nach, doch sie reagierten nicht. Er drehte sich um und löste sich von Katja, als diese sagte: „Lass das, bitte.“

„Sie sollten sich wenigstens entschuldigen!“

„Schon gut, ist ja nichts passiert.“

„Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Ja. Ich wusste doch, dass das Asoziale sind.“

„Solche Bekloppten.“ David regte die Situation mächtig auf, Katja hingegen sah noch immer verängstigt aus. „Darf ich mich bei dir unterhaken, bis wir beim Auto sind?“, fragte sie. David bot ihr seinen Arm an und ließ sie gewähren. Sie sagte: „Ich hasse solche Leute. So haben wir uns nie aufgeführt.“

„Das stimmt allerdings. Wir hatten immer noch die Manieren, uns zu entschuldigen.“

„Und hast du die Frau gesehen?“ Katja senkte die Stimme, so als könnten die drei von vorhin sie noch hören. „Also wenigstens als Frau sollte man wissen, wie man sich verhält.“

„Da gebe ich dir recht.“

„Aber die hat sowieso ausgesehen wie ein Kerl, also ist bei ihr sowieso schon Hopfen und Malz verloren.“

Katjas Aussage entlockte David einen Lacher. Ich liebe es, wenn sie über andere Leute herzieht, dachte er sich. Im nächsten Augenblick verfluchte er sich für diesen Gedanken. Er liebte es?

Um Gottes willen, David, ermahnte er sich selbst. Sie wird dich niemals zurücknehmen, das Thema hattet ihr schon.

Diese wundervolle Frau loszulassen, war ihm damals extrem schwergefallen. Aber sie wollte die Scheidung und das von heute auf morgen. Es passte einfach nicht mehr, schon lange nicht mehr. Das war ihre Begründung gewesen. David verstand es nicht. Er wollte wissen, wie sie zu dem Entschluss gekommen war und sie hatte ihm alles Mögliche aufgezählt. Katja hatte alle Phrasen runtergeleiert, die ihn dazu bringen sollten, zu verschwinden.

Er hatte ihr unzählige Vorschläge gemacht, wie sie an ihrer Ehe arbeiten könnten, aber sie hatte total abgeblockt. Irgendwann war sie so wütend geworden, dass sie ihn mit Tränen in den Augen anschrie: „Ich liebe dich einfach nicht mehr, David! Hast du das verstanden?“

Und somit hatte er keine andere Wahl mehr gehabt: Er musste sie loslassen.

Genau wie in diesem Augenblick, als sie sich von ihm löste und auf die Beifahrerseite des Wagens zuging. Im Hintergrund glaubte David, die betrunkenen Personen von eben erneut zu hören.

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