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Kapitel 9

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Bradly hatte darauf bestanden, seine Freunde am Abend des darauffol­genden Tages zum Essen einzuladen.

Der Wirt erinnerte sich an Bodo und begrüßte ihn freundlich.

»Bonsoir mein Herr. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es nur bei mir die besten Fischgerichte gibt. Bonsoir Bradly.«

Bradly ging stumm am Wirt vorbei, der ihm entgeistert nachsah. Er setzte sich an einen Tisch im hinteren Teil der mit Ried überdachten Terrasse. Bodo setzte sich ebenfalls.

»Jetzt will ich diesem Banausen einmal das beste Restaurant zeigen«, brummelte der Weiberheld vor sich hin. »Und dieser Mensch kennt es bereits. Mit irgendwelchen Damen werde ich dich ganz bestimmt nicht bekannt machen. Sonst blicken die durch mich hindurch und gurren:

»Ah Bodo, wieder einmal im Lande.« Und dann schielen sie vielsagend zwischen deine Beine, um dabei entrückt mit den Augen zu rollen.«

Bodo, Marco und Ole lachten lauthals.

Der Wirt hatte das Fernsehgerät laut gestellt. Als er die Bestellung aufnahm, sagte er beflissentlich:

»Wenn es Sie stört, mache ich gerne leiser. Aber einige Gäste wollen auf dem Laufenden bleiben.«

»Nein, nein, das interessiert mich auch«, sagte Bodo. Die Männer blickten gespannt in Richtung des Fernsehgerätes. Dort wurde gerade der höchste Manager des Ölkonzernes, zuständig für Amerika, interviewt.

»Es besteht die Möglichkeit eines größeren Auslaufens«, sagte dieser. Einige Gäste des Restaurants buhten laut. »Hängen sollte man dich, du Schwein!«, brüllte ein Mann mit gegerbten Gesichtszügen.

Die Sprecherin des CNN war jetzt wieder zu sehen und zu hören.

»Heute Nachmittag wurde achtzig Kilometer südlich des Mississippi-Deltas ein Ölteppich mit einer Ausdehnung von 16 Quadratkilometern gesichtet. Es sind bereits 32 Schiffe im Einsatz, um Ölbarrieren auszulegen. Vier Flugzeuge sind ebenfalls im Einsatz. Sie sollen das berüchtigte Corexit 9500 versprühen, welches bereits bei der Ölkatastrophe der Exxon Valdez zum Einsatz kam. Die Küstenwache hat soeben bestätigt, dass Rohöl aus zwei Lecks in den Golf von Mexiko fließt. Man geht von 160 000 Litern aus - pro Tag. Zum gegen­wärtigen Zeitpunkt ist noch völlig offen, wann und auf welche Weise diese Lecks geschlossen werden können. Margot Atkins. CNN. Wir berichten in Kürze weiter.«

»Verdammt, da hätten wir auch gleich im Hotel bleiben können«, knurrte Bradly. »Hier kommt heute keine Stimmung mehr auf.«

Doch da sollte sich der Südstaatler irren; gründlich irren.

Auch Bradly kannte den leicht süßlichen Wein, von dem der Wirt auch heute Abend wieder in den höchsten Tönen geschwärmt hatte. Die Männer prosteten sich zu.

»Es wird der letzte Wein sein, den wir in den nächsten Wochen trinken werden«, sagte Bodo.

»Weiß der Teufel, was …«

Er unterbrach jäh und wurde blass. Für einen kurzen Moment starrte er entgeistert in Richtung des Einganges zum Restaurant – als hätte er einen Geist gesehen.

Rasch blickte er nun nach unten. »Nicht umdrehen. Nicht zum Eingang schauen«, zischte er. »Dort kommt gerade ein Gespenst. Marco, schau einmal ganz vorsichtig und unauffällig, ob du ihn auch erkennst – oder ob ich mich irre.«

Marco konnte von seinem Platz aus den vorderen Teil der Terrasse über­blicken. Er richtete seinen Blick an Ole vorbei. Entgeistert und mit aschfahlem Gesicht starrt er Bodo an.

»So eine Scheiße! Matt Craig. Mann ist der alt geworden.«

Bodo legte seine Hand auf Bradlys Arm.

»Kannst du dich noch an Matt Craig erinnern?«

Bradly stellte sein Weinglas unsanft auf den Tisch. Auch er wurde urplötz­lich blass. Seine Hände begannen zu zittern.

»Und ob ich mich an diesen Scheißkerl erinnern kann. Sag bloß, dass dieses Schwein hier im Restaurant ist?«

»Wir drei kennen diesen FBI-Typen von den Eco Warriors«, sagte Bodo zu Ole. »Er hat Marco und mich nach Little Guantanamo gebracht - und Bradly für fünf Jahre zur Army geschleust. Der ist nicht zufällig hier. Das FBI ist ausgeschwärmt. Sie suchen die beiden Kerle von gestern. Wie viele Männer sitzen jetzt an seinem Tisch? Ole, dich kennen sie nicht. Geh du einmal unauf­fällig zur Toilette.« Der Norweger stand vorsichtig auf, und ging langsam in Richtung der Toiletten. In der Nähe des Tisches von Matt Craig blieb er kurz stehen, um interessiert in Richtung des Fernsehgerätes zu schauen. Dort sprach gerade wieder die Reporterin des CNN. Danach ging er zur Toilette. Wenige Minuten später setzte er sich wieder ruhig auf seinen Platz am Tisch.

»Es sind zwei Männer«, begann er zu berichten. »Draußen sehe ich nieman­den, der nach FBI aussehen könnte. Ich kenne ja ihre Firmenfahrzeuge. Da sitzt niemand drin. Den Älteren schätze ich auf fünfundfünfzig oder sechzig. Sieht aber älter aus. Der Jüngere, mit Brille, sieht taff aus, und wird so um die fünf­und­dreißig sein. Sie haben euch noch nicht entdeckt, und unterhalten sich über ihren Einsatz. Der Ältere ist stinksauer, weil er bereits seit gestern in Urlaub sein wollte.«

»So ein Mist«, sagte Bodo mit gedämpfter Stimme. Morgen kommen Paco und Nuncio. Ich wünschte, sie wären schon heute hier. Beim letzten Mal habe ich gesehen, dass es hier keinen Hinterausgang gibt. Fest steht, dass die beiden nicht überleben dürfen, wenn sie uns erkennen. Ein Telefonat von ihnen und es wimmelt hier von weiteren Agenten.« Er wandte sich an Ole.

»Schalte dein Handy ein, und geh nach draußen. Ich gebe dir weitere Anwei­sungen.« Unverzüglich schaltete Bodo auch sein Handy ein.

Sowohl Bodo als auch Ole und Marco hatten es sich angewöhnt, ihre Handys auszuschalten, damit man keine Bewegungsprofile erstellen konnte. Ihre Handys schalteten sie nur im Bedarfsfall ein.

»Sie unterhalten sich gerade«, zischte Bodo zu Ole. »Steh jetzt auf. Sie dürfen dich uns nicht zuordnen. Falls es nicht zu umgehen ist, übernimmst du den Jünge­ren.« Ole nickte kurz, stand langsam auf, und schlenderte nach draußen, wobei er die FBI-Beamten ignorierte.

Bodo wünschte dem Inhaber des Restaurants die Pest und die Hölle gleich­zeitig an den Hals. Dieser hatte bemerkt, dass Ole gegangen war.

»Ist Ihr Freund schon gegangen?«, sagte er laut.

»War etwas nicht in Ordnung?«

Matt Craig blickte neugierig zu Bodos Tisch. Ihre Blicke trafen sich.

Der alte FBI-Agent tastete mit seinen Augen rasch Bodos Tischnachbarn ab. Einige Sekun­den später griff er gespielt ruhig nach seiner Speisekarte und setzte ein Pokerface auf.

Doch Bodo war sicher, dass dieser erfahrene Agent auch Marco und Bradly erkannt hatte.

Für wenig Geschulte sah es jetzt so aus, als ob Craig seinem Kollegen ein Gericht in der Speisekarte erklären wollte. Craigs Kollege war nicht so taff, wie Ole dies eingeschätzt hatte. Es waren nur kurze Blicke. Doch die genügten. Bodo war sich sicher, dass der junge FBI-Beamte nun die wichtigsten Informationen kannte. Eine Minute später stand er auf, und ging nach draußen. Jetzt konnte es extrem gefährlich werden.

Ganz sicher würde der junge FBI-Beamte die Zen­trale informieren, und weitere Beamte anfordern. Bodo nahm das Handy nicht auf, sondern drückte lediglich auf die Wiederholungstaste. Er hatte zuvor Oles Nummer aufgerufen. Einige Sekunden später hatte er Ole in der Leitung. Bodo ließ die Serviette fallen. Während der sich nach ihr bückte, sagte er dicht über dem Handy kurz und knapp:

»Der Jüngere kommt. Ausschalten.« Er legte die Serviette auf den Tisch und schaltete dabei das Handy wieder aus. Es durfte später nicht zu einer unpassenden Zeit klingeln. Das war die mit Ole oftmals einstudierte Vorgehensweise.

Matt Craig blickte gebannt zum Ausgang. Er wollte damit verhindern, dass seine Blicke sich wieder mit denen von Bodo trafen, und ihn verraten könnten. Bodo reagierte rasch. Er flüsterte Marco zu: »Du zahlst. Halte mir um Gottes willen den Wirt vom Leibe.«

Danach stand er auf, und zog Bradly mit der linken Hand hoch. Gleichzeitig griff er mit der rechten Hand nach einem Messer und einer Serviette.

»Du zeigst notfalls, was du in der Army gelernt hast«, zischte er.

Matt Craig bemerkte die beiden erst, als diese links und rechts neben ihm standen. Reflexartig versuchte er, nach seinem Revolver zu greifen. Bodo drückte das Messer, welches mit der Serviette verdeckt war, in Craigs Rücken; als Ersatz für eine Pistole.

»Keine dumme Bewegung Craig.« Seine Stimme war leise und ließ nicht den Hauch eines Missverständnisses zu. »Stehen Sie ganz langsam auf. Wir haben draußen etwas zu besprechen.«

Craig schaute sich hilfesuchend im Restaurant um. Aber alle Augen richteten sich auf das Fernsehgerät, wo soeben die Sprecherin des CNN wieder zu sehen und zu hören war. Niemand blickte in die Richtung des vorderen Bereiches der Terrasse.

Der FBI-Mann stand auf und tat, als wolle er sich seinem Schicksal ergeben. Doch plötzlich ließ er sich fallen; in der Hoffnung damit Aufmerk­samkeit zu erregen. Blitzartig griff Bodo zu und fing ihn auf.

Als die drei Männer das noble Fischrestaurant verließen, dämmerte der Tag, und es war draußen bereits ruhig geworden. Das Restaurant lag etwas abseits der Hauptstraße. Bodo sah Ole kurz die Hand heben. Craig erkannte sofort, dass der winkende Mann neben dem FBI-Fahrzeug stand. Von seinem Kollegen war weit und breit nichts zu sehen. Der alte Agent wusste instinktiv, was dies bedeutete.

»Ich habe immer nur meinen Job gemacht«, begann er leise, und mit erstaun­lich ruhiger Stimme. »Als einer von euch mich zusammengeschlagen hatte, und ich erst nach drei Monaten wieder aus dem Krankenhaus kam, hatte ich eine Stinkwut im Bauch. Das kannst du doch verstehen, Cron. Oder?«

Bodo machte eine teilnahmslose Miene.

»Mensch Cron, überlege genau, was du tust. Einen FBI-Mann zu erledigen. Das ist dein Todesurteil – und auch das deiner Leute.«

Bodo grinste in sich hinein. Dieser raffinierte alte Agent wusste doch genau, dass sein junger Kollege tot war, und wahrscheinlich im Kofferraum des FBI­-Autos lag. Sie waren am Fahrzeug angelangt.

»Gib mir seinen Revolver«, befahl Bodo.

Mit einer geschulten Bewegung fischte Ole Craigs Waffe aus dessen Schul­terhalfter und übergab diese an Bodo. Danach tastete er den Gefangenen weiter ab. Nach alter Schule hatte Craig eine 22er im Fußhalfter stecken. Ole übergab Bradly einen Schlüssel. Es konnte sich nur um den Wagenschlüssel handeln. Unaufgefordert setzte sich Bradly hinter das Steuer. Bodo half Craig auf den Bei­fahrersitz. Danach gab er Ole ein Zeichen, hinter Craig Platz zu nehmen. Dieser wusste, was sein Freund ihm damit sagen wollte.

Nachdem Bodo eingestiegen war, fuhr Bradly rasch los.

»Langsam. Langsam. Wir wollen keine Aufmerksamkeit erregen«, sagte Bodo. »Und jetzt zur Yacht.«

Im Hafen waren keine Menschen zu sehen. Lediglich von einigen Yachten kamen leise Musik und Stimmen. Es war windstill, und angenehm warm. Bradlys Yacht war in Sicht. Matt Craig wusste, dass dieser warme April-Abend sein letzter Tag auf dieser Erde sein würde.

»Bitte nehmt meinen Revolver. Das geht schneller«, bettelte er.

»Halte da vorne rechts«, befahl Bodo.

Dieser Bereich lag im Lichtschatten der spärlichen Hafenbeleuchtung. Die Sonne war nun hinter dem Horizont verschwunden, und färbte die kleinen Wölkchen in viele Rot- und Brauntöne.

Ole hätte warten können, bis Bradly und Bodo das Fahrzeug verlassen hatten. Doch Bodo schwieg. Damit stand für den norwegischen Luchs fest, dass Bodo seinem Freund Bradly eine Lektion erteilen wollte. Ohne Bodo würde dieser Schwächling vielleicht nicht mehr leben. Oder er würde in der Gosse dahinvegetieren. Bodo brauchte geradlinige Kämpfer - mehr denn je.

Die Schlinge der Garrotte blitzte leicht im Dämmerlicht. Eine Sekunde später zog Ole die Schlinge hinter Craigs Kopf rasch zu.

»Verdammte Scheiße«, schrie Bradly, und versuchte die Fahrertüre zu öffnen. Bodo reagierte schnell. Ein fester Griff hinderte Bradly daran, dass FBI-Fahrzeug zu verlassen.

»Türe zu«, sagte er erstaunlich ruhig.

Craigs Todeskampf war kurz. Für Bradly war es eine Ewigkeit. Im Auto breitete sich rasch der Gestank von Craigs Exkrementen aus. Nachdem Bodo seinen Griff gelockert hatte, stürzte Bradly nach draußen. Noch während des Gehens musste er sich übergeben.

Eine Stunde später waren Bodo und Bradly im Hotel.

Bradly war mit zitternden Beinen, eine Viertelstunde mit der Yacht in die Nacht hinausfahren.

Das kam ab und zu vor. Einige Angler bestanden hin und wieder auf das Erlebnis des Nachtangelns.

Die beiden Leichen hatten sie in aufblasbare Schwimmbarrieren verpackt und an Bord gebracht.

Dass diese großen Plastikbündel auf Boote verladen wurden, war in diesen Tagen nicht unge­wöhnlich; selbst zu dieser Uhrzeit.

Diese Bündel wurden an Bord mit schweren Tauchergürteln versehen und sanken rasch. An dieser Stelle war das Meer dreitausend Meter tief, versicherte Bradly. Bodo bestand auch darauf, dass Bradly und Ole ihre Oberbekleidungen und ihre Schuhe noch in der gleichen Nacht entsorgten.

Oles Aufgabe war es, dass im FBI-Fahrzeug keine Spuren zu finden waren. Er ging kurz auf sein Zimmer, um einige Utensilien zu holen. Danach verschwand er in der Nacht.

In einem stillen Industrieviertel brachte er einen Zeitzünder unter dem Tank des Fahrzeuges an. Er wollte mindestens zwanzig Minuten entfernt sein, wenn der Sprengsatz detonierte, und die Explosion und das Feuer alle DNA-Spuren vernichtete.

Die sieben Meilen zum Hotel, legte er im Dauerlauf zurück. Als er später unter der Dusche stand, war er mit sich und mit Gott zufrieden.

Entgegen seinem Versprechen ging Bradly mit einer Flasche Whiskey ins Bett.

Marco hatte gewartet, bis Bodo wieder zurück war.

Bodo tätschelte seinem IT-Freund sanft auf die Wange.

»Schlaf gut mein Freund«, sagte er mit warmer Stimme.

In seinem Zimmer packte Bodo seine gesamte Kleidung – auch seine Unter­bekleidung und seine Schuhe – in zwei Plastikbeutel, um diese auf den Balkon zu stellen. Ole würde sie gleich am nächsten Vormittag verbrennen. Danach duschte er und legte sich mit offenen Augen auf sein Bett. Lange dachte er nach; sehr lange.

Die vielen Monate in der Hölle von Little Guantanamo hatten sich tief in seine Seele eingebrannt. Craig war nur einer dieser vielen Teufel. Er versuchte, sich daran zu erinnern, was damals der Auslöser gewesen war, in die USA zu fahren? Genau genommen war es Marco, der damals die Initialzündung hierzu gab.

Bodos zornige Seele

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