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Ernst Niekisch

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Der am 23. Mai 1889 in Trebnitz (Schlesien) geborene Ernst Niekisch war Sohn des Feilenhauermeisters August Niekisch und verbrachte seine Jugend in Nördlingen. Zunächst ergriff er den Beruf des Volksschullehrers, dann diente er im Ersten Weltkrieg. 1917 in die SPD eingetreten, wurde er in der Revolution, die in Bayern einen extremen Verlauf nahm, im Februar 1919 nach dem Tod Kurt Eisners Regierungschef in Bayern. Nach der Beseitigung des Rätesystems in Bayern wurde er zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt. Er trat in die USPD ein und wurde im Bayerischen Landtag deren Fraktionschef, nach deren Vereinigung mit der SPD 1922 Vize-Fraktionschef.

Doch 1923 schied er aus dem Landtag aus und zog nach Berlin. 1926 trat er auch aus der SPD aus. Zusammen mit seiner Frau gründete er einen Verlag namens »Widerstand« und gab eine gleichnamige Zeitung mit dem Untertitel »Zeitschrift für nationalrevolutionäre Politik« sowie eine Zeitschrift namens »Entscheidung« heraus. Obwohl zu seiner grundsätzlich sozialistischen Gesinnung auch in einer Phase seines Wirkens nationale Gedanken hinzutraten, stellte er sich sehr früh gegen Hitler und die NSDAP.

1932 erschien sein Hauptwerk: »Hitler – ein deutsches Verhängnis«; in ihm beklagt er unter anderem die Verführungskunst Hitlers und die Verführbarkeit, die die Deutschen seiner Ansicht nach kennzeichnet:

Das Maß an Vertrauen, das Hitler genießt, ist ohnegleichen. Durch keine Tat noch hat Hitler bestätigt, dass er so vielen Vertrauens würdig sei; ihm wird das Vertrauen blindlings gegeben. Er ist ein unübertrefflicher Meister in der Kunst, die Menschen einfach an sich glauben zu machen, ohne zuvor die Frage nach seinem Können und Vermögen beantwortet zu haben.

Der Deutsche ist von Natur aus gläubig. […]

Die deutsche Glaubensbereitschaft ist die Konjunktur aller falschen Propheten; sie führt immer wieder in Versuchung, sie schmählich auszubeuten. Wer sich darauf versteht, die glaubenshungrige Phantasie anzuregen, hat jederzeit Aussicht, eine Gemeinde zu finden. Je böser die Zeiten sind, desto verzweifelter ist der Glaube; so will man sich über sie hinweghelfen. Es braucht nur einer zu kommen, der am gewissesten von der Wende aller Not zu reden versteht; dann wird er sogleich auf Händen getragen. […]

Allen insgesamt freilich, die je in Deutschland politisches Vertrauen fanden, lief Hitler den Rang ab. Nie bot er etwas anderes als Worte; nichtsdestoweniger flogen ihm Millionen von Herzen zu. Seit 1919, so darf man sagen, wirbt er um politische Kredite. Er hat wirksame Regeln in der Kreditwerbung ausgedacht; er weiß, dass man umso mehr Kredit bekommt, je erfindungsreicher die Propaganda, je aufrüttelnder die Reklame ist.

Was Hitler schreibt, ist stets irgendwie verschwommen und umrißlos; er kann nicht bestimmt und scharf denken und hat keine klaren Gesichte. Das Beste aber, was er je drucken ließ, sind die Abschnitte über Propaganda in seinen beiden Bänden [den Teilbänden von »Mein Kampf« Anm. d. Verf.]

Zitiert nach: Hitler – ein deutsches Verhängnis. Berlin 1932, S. 32f.

Niekisch war allerdings kein Verteidiger der Weimarer Verfassung oder der Demokratie, vielmehr strebte er eine Verbindung zwischen extrem linken mit national-konservativen Positionen an und zeigt sogar antisemitische Tendenzen.

Ab 1933 bemühte er sich um die Verbindung zwischen konservativen und linken Oppositionsgruppen. 1937 reiste er nach Paris, um sich mit dem Emigranten und Gesinnungsgenossen Karl Otto Paetel sowie dem Mitarbeiter im Reichsluftfahrtministerium Harro Schulze-Boysen zu treffen. Im März 1937 wurde Niekisch inhaftiert. In seinem Prozess vor dem Volksgerichtshof wurde vor allem sein ungedrucktes Manuskript »Geheimnis des Reichs« als Beweis seiner konspirativen Tätigkeit herangezogen. (Dieses Buch erschien nach dem Krieg mit dem Titel: »Das Reich der niederen Dämonen. Eine Analyse des Nationalsozialismus«.)

Das Urteil fiel 1939 und lautete auf lebenslange Zuchthausstrafe. 1945 wurde er von der Roten Armee befreit, war aber durch die Behandlung in der Haft gesundheitlich schwer angeschlagen.

Er trat in die DKP ein und wurde Mitbegründer der DDR. Doch 1955 trat er, tief enttäuscht, aus der SED aus und verließ gar 1963 die DDR. Er starb in Berlin (West) am 23. Mai 1967.

Quellen und Literatur: Ernst Niekisch: Der Weg der deutschen Arbeiterschaft zum Staat. Berlin-Hessenwinkel 1925; ders.: Grundfragen deutschen Außenpolitik. Berlin-Hessenwinkel 1925; ders.: Politik und Idee. Dresden 1929; ders.: Entscheidung. Berlin 1930; ders.: Der politische Raum deutschen Widerstands. Berlin 1931; Hans Buchheim: Ernst Niekischs Ideologie des Widerstands. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 5 (1957), S. 334–61; Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. München 1962; Uwe Sauermann, Ernst Niekisch und der revolutionäre Nationalismus. München 1985; Birgit Rätsch-Langejürgen: Das Prinzip Widerstand, Leben und Wirken von Ernst Niekisch. Bonn (Diss.) 1997; Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Niekisch, Ernst. In: NDB 19 (1998), S. 227–229; Michael Pittwald: Ernst Niekisch. Völkischer Sozialismus, nationale Revolution, deutsches Endimperium. [PapyRossa-Hochschulschriften, Band 37] Köln (Diss.) 2002

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