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|7|Vorwort

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„Als der Teufel einmal die Libysche Wüste durchquerte, gelangte er an einen Ort, wo ein paar kleine Dämonen einen heiligen Einsiedler mit Vorstellungen von den sieben Todsünden quälten. Die Willenskraft des frommen Mannes aber überstieg ihre Fähigkeiten, und mit Leichtigkeit entzog er sich ihren bösen Einflüsterungen.

Nachdem Satan dem jämmerlichen Scheitern der Teufelchen eine Weile zugesehen hatte, trat er hinzu, um ihnen eine Lektion zu erteilen. ‚Was ihr da tut, ist primitiv‘, sagte er. ‚Wenn ihr mir kurz gestatten wollt …‘ Sprach und flüsterte dem heiligen Mann ins Ohr: ‚Dein Bruder ist zum Bischof von Alexandria ernannt worden.‘ Sogleich verfinsterte hässlicher Neid das heitere Antlitz des Eremiten.“

Oscar Wilde, Die Versuchung des Eremiten 1

Athanasius, der Unbeugsame! Man könnte das Verhalten des Patriarchen während seiner 45-jährigen Amtszeit auch konsequent nennen, oder stur. Von seinem Vorgänger und geistigen Ziehvater Alexander, Patriarch von 313 bis 328, hatte er drei Anliegen übernommen, welche dieser auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 wesentlich mit durchgesetzt hatte: das Glaubensbekenntnis – das Nicänum (S. 37) –, die Verurteilung des Arius und die Machtstellung des Patriarchats von Alexandria. Diese Positionen verteidigte Athanasius während seiner Amtszeit mit Zähnen und Klauen.

Er verteidigte sie, weil er sich von Anfang an von Feinden umgeben sah, was auch zutraf, und gegen diese Feinde polemisierte er ununterbrochen. Sich selbst sah er als einsamen, rechtgläubigen Fels in einem Meer von häretischen Arianern. Das war seine Grundüberzeugung, das war die Triebkraft seines Handelns: der Kampf gegen alles Arianische, ohne dass er in der Lage war, zu differenzieren oder auch nur an eine Diskussion zu denken. Sein Beitrag zu der theologischen |8|Auseinandersetzung in der langen Zeit, in der er sein Amt innehatte, war die hemmungslose Polemik, die Diffamierung aller, die nicht seiner Meinung waren, als „Arianer“; diese verdienten allen Hass der aufrechten Christen.2

Nun war „Arianer“ kein Begriff, den irgendjemand auf sich selbst bezog. Gelegentlich wird daher in modernen Darstellungen angemahnt, die Objektivität des Historikers verbiete es, den Begriff weiter zu verwenden.3 Aber diese vermeintliche Objektivität hilft nicht zum Verständnis der Antike. Objektiv war Athanasius nicht; das war vermutlich in der Auseinandersetzung um ihn und seine Gegner niemand. Der Begriff „Arianer“, der als Kampfbegriff im Zentrum aller Überlegungen des Bischofs steht, will beleidigen, herabsetzen, diskriminieren. Athanasius will auch deshalb nicht differenzieren, weil er vor allem Hörer oder Leser vor Augen hat, die gar nicht differenzieren wollen oder denen er es nicht zutraut. Wenn wir den Begriff „Arianer“ – bei Athanasius meist „Ariusnarren“ – vermeiden, verfälschen wir die Intentionen des Bischofs, der im Zentrum dieser Lebensgeschichte steht. Deshalb verwende ich den Begriff weiter und charakterisiere die Kontrahenten der Arianer gelegentlich als „Athanasianer“.4 Es geht nicht anders, denn als „orthodox“, als rechtgläubig, oder als „katholisch“ sahen sich alle unterschiedlichen christlichen Gruppierungen.

Das Schicksal des Athanasius als Bischof hing, wie das aller anderen kirchlichen Würdenträger, eng von der jeweiligen politischen – und das heißt immer auch kirchenpolitischen – Richtung des Kaisers oder der Kaiser ab. Während seiner Amtszeit regierten mit Konstantin dem Großen (306–337), seinen Söhnen Konstantin II. (337–340), Constans (337–350) und Constantius II. (337–361), ferner Julian (361–363), Jovian (363–364), Valentinian I. (364–375) und Valens (364–378) Kaiser mit jeweils völlig unterschiedlichen Glaubensvorstellungen, die nur selten derjenigen des Bischofs entsprachen und die dieser entsprechend bekämpfte. Da die Kaiser Herr der Kirche waren, hatte dies zur Folge, dass Athanasius von den 45 Jahren seines Episkopats über 17 im Exil verbringen musste; insgesamt wurde er von fünf Kaisern fünf Mal in die Verbannung geschickt. Insofern gliedern auch Amts- und Exilszeiten meine Darstellung.

Die jeweiligen Kaiser entschieden in solchen Fällen nicht ohne die Zustimmung von kirchlichen Synoden, die den Bischof von Alexandria |9|mehrmals absetzten und exkommunizierten. Was war Athanasius dann? Er sah selbstverständlich alle Verurteilungen als falsch an. Wenn ich in diesem Buch stets von Athanasius als Bischof oder Patriarch spreche, geschieht dies nicht, weil ich das Selbstverständnis des Bischofs teile, sondern nur, um Formulierungen wie „ehemaliger Bischof“ oder „jetzt wieder Bischof“ zu vermeiden.

Athanasius der Große

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