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1.4Was bedeutet die Revision?

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Künftig ist es also nicht mehr so, dass geschiedene Eltern beim Gericht die gemeinsame elterliche Sorge beantragen müssen. Es ist vielmehr so, dass die Gerichte darüber entscheiden müssen, in welchen Ausnahmefällen die gemeinsame elterliche Sorge entzogen werden soll. Solche sog. Ausschlusskriterien sind insbesondere Unerfahrenheit, Krankheit, Gebrechen, Ortsabwesenheit und Gewalttätigkeit.

Das Prinzip der gemeinsamen elterlichen Sorge sagt wenig über die effektive Betreuung der Kinder aus. Die Obhut wird vom Gericht in den meisten Fällen jenem Elternteil zugewiesen, der die Kinder im Alltag betreut. Dieser entscheidet auch über die für die Alltagsgestaltung wichtigen Fragen (Kleider, Essen, Freizeitgestaltung etc.). Über sogenannte wichtige Fragen entscheiden die Eltern aber gemeinsam. Dazu gehören insbesondere Fragen bezüglich Religion, medizinische Behandlungen, Schul- und Wohnsitzwahl. Falls ein Eltern­teil nicht mit vernünftigem Aufwand zu erreichen ist, darf der andere auch über diese Fragen alleine entscheiden.27

Im Weiteren darf ein Elternteil mit gemeinsamer elterlicher Sorge künftig den Wohnort des Kindes nur noch mit der Einwilligung des anderen Elternteils wechseln, sofern der Umzug die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr erheblich einschränken würde. Dies gilt insbesondere bei einem Wegzug ins Ausland.28 Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den andern Elternteil rechtzeitig darüber informieren.29 Dieselbe Informationspflicht hat der Elternteil ohne elterliche Sorge, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.30

Für Zündstoff dürfte in der Praxis die Rückwirkungsklausel31 sorgen. Ihr zufolge kann ein Elternteil, dem bei der Scheidung die elterliche Sorge entzogen wurde, innert eines Jahres nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung bei der Kindesschutzbehörde die gemeinsame elterliche Sorge beantragen, sofern die Scheidung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes nicht mehr als fünf Jahre zurückliegt. Bei unverheirateten Paaren gibt es keine solche Frist.32 Sie können die gemeinsame elterliche Sorge unbefristet rückwirkend beantragen.

Anders als im Vorentwurf vorgesehen, verzichtet das neue Recht darauf, jenem Elternteil eine Strafe anzudrohen, der das Besuchsrecht vereitelt.33 Dies wird damit begründet, «dass Besuchsrechtsstreitigkeiten regelmässig mit hohem emotionalem Aufwand ausgetragen werden. Zusätzliche Strafandrohungen tragen in diesem Fall kaum zur Vermeidung oder Vorbeugung von Konflikten bei. Zudem ist zu befürchten, dass unter einer Bestrafung eines Elternteils zumindest indirekt auch das Kind leidet» (Botschaft zu einer Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Elterliche Sorge] vom 6. November 2011, S. 9096).

In Ausnahmefällen kann das Gericht oder die Kindesschutzbehörde gleichwohl konkrete Anordnungen treffen und z.B. der Mutter ein Busse androhen, falls sie das Besuchsrecht des Vaters wiederholt vereitelt.

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