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6.

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Buck war es, als hätte ihn ein kalter Schlag mitten ins Herz getroffen, der seinen Willen augenblicklich zum Erlahmen brachte. Drei Coltmündungen waren auf ihn gerichtet. Die geduckt und ein wenig vorgeneigt dastehenden Kerle sahen ihn grinsend an.

„Dein Glück“, sagte Sheriff Ray Miland, der Buck gegenüber beim Rappen stand und die Zügel des Pferdes hielt. „Jetzt haben wir dich, Pferdedieb! Das zweite Pferd in so kurzer Zeit, das dürfte genügen. Es ist schlimm genug, dass du ausgerechnet Virginia Bruces Pferd stehlen musstest. Ich glaube kaum, dass dir Henry Carter jetzt noch helfen kann, dass er einen Preis für den Rappen zahlen kann. Jetzt hilft dir nichts mehr!“

Er sagte das in eiskalter Ruhe, mit schmal gezogenen Augenlidern und leise vibrierender Stimme. Er erinnerte an einen Panther, der kurz vor dem Absprung war. Seine beiden Gehilfen grinsten Buck an. Beide Kerle waren Herdenreiter und zudem Freunde von Hod und Skip Bruce. Der eine von ihnen, Larry Nelson, war klein, doch um so breiter gebaut. Er hatte einen Stiernacken und kleine, tückische Augen. Dick Andrew, der zweite Mann, war ein langer, schlaksiger Kerl, mit einem griesgrämigen Pferdegesicht. Er sah so aus, als leide er ständig unter Zahnschmerzen. Man sagte ihm nach, dass er eine Zeitlang mit einer der übelsten Erscheinungen im wilden Westen, mit William Bonny, geritten sei und sich von Bonny trennte, kurz bevor dieser von Sheriff Pat Garrett erschossen wurde. Bonny, der unter dem berüchtigten Namen Billy the Kid mit einundzwanzig Jahren sein Leben aushauchte, war wohl einer der gefürchtetsten Banditen des Westens gewesen, ein Schießer übelster Art. – Dieser Andrew war von eiskalter Art.

„Ich denke, Sheriff, dass dieser uns ins Netz geflogene Vogel keine Entschuldigungen mehr nötig hat“, sagte Andrew in seiner langsamen, schläfrigen Art. „Henry Carter wird seinen Namen wieder von der Lohnliste streichen können.“

Bei diesen Worten folgten er und Larry Nelson dem Wink des Sheriffs. Sie näherten sich von den Seiten, ganz langsam, dazu grinsend und Schritt um Schritt, als kosteten sie die Überlegenheit ganz besonders aus.

Alles in Buck spannte sich. In diesen Sekunden mochte er spüren, dass es nicht nur wegen des Pferdes war, dass der Hass sich vervielfacht hatte, nachdem Henry Carter ihn einstellte. Sheriff Miland war seiner Sache jetzt so sicher, dass er den Colt ins Halfter zurückgleiten ließ. Sein Grinsen wurde noch hässlicher und abstoßender. Wenn man ihn so niederträchtig dort stehen sah, im Bewusstsein seiner Macht, konnte man das, was man über ihn und die Yaquis erzählte, ohne Weiteres glauben. Sicherlich kannte er Nelson und Andrew aus seiner rauchigen Zeit her. Sie waren sicher durch viele Untaten aneinander gekettet. Dass sie von Hod und Skip Bruce ins Land geholt worden waren, wusste jedermann. Von diesen Kerlen konnte Buck nichts Gutes erwarten, sie würden ihm keine einzige Chance einräumen.

Jeden anderen Mann hätte das Wissen darum so gelähmt, dass er keiner Handlung mehr fähig gewesen wäre. Anders verhielt es sich bei Buck. Er reagierte richtig, als Andrew so tat, als wollte er ihm den Colt aus dem Halfter ziehen, im gleichen Moment aber blitzschnell seinen Colt hochriss, um Buck einen fürchterlichen Schlag auf den Kopf zu geben.

Hätte der Schlag gesessen, Buck wäre bestimmt in nachtschwarze Ohnmacht gesunken, aus der er gefesselt unter einem Baum erwacht wäre, nur, um dann endgültig sein Leben auszuhauchen.

Buck reagierte im gleichen Moment. Er duckte sich blitzschnell so tief, dass der nach ihm langende kleine Nelson den Coltlauf quer über die Stirn gezogen bekam. Buck vernahm einen tierisch grellen Schrei und spürte im Wegschnellen Hände, die haltlos an ihm vorbeiglitten und den fallenden Körper Nelsons nicht mehr auffangen konnten. Es war sicher ein Zufall, dass sich beide in Aktion befindlichen Gegner gegenseitig behinderten. Sich jedoch mit einem verzweifelten Sprung ganz aus der Gefahr zu bringen, war unmöglich für Buck, denn Sheriff Miland warf sich vor, schwang mit einem Wutschrei beide Fäuste und traf Buck mitten im Gesicht. Die Faustschläge prasselten gerade in dem Augenblick nieder, als Buck im Sprung versuchte, auch sein Eisen zu lüften. Er bekam die Rechte nicht einmal zum Coltkolben, so schwer erschütterten ihn die Schwinger Milands. Er ging jetzt in die Knie und wurde auch von Andrew angegangen. Wie aus weiter Ferne hörte er Andrew rufen: „Du kannst es auch auf diese Art haben, vielleicht ist es das, was du brauchst. Jetzt werden wir sehen, wie hart du wirklich bist, Pferdedieb!“

Diese Worte waren es, die in Buck den Willen zum Widerstand hochpeitschten. Es waren Worte, wie sie nur von einem Kerl kommen konnten, dem Fairness ein unbekannter Begriff war. Buck schlug verzweifelt und wild um sich. Er hatte jetzt im Nahkampf nicht die Möglichkeit nach seiner Waffe zu greifen, man hielt ihn zu sehr beschäftigt. Es war, als schlüge ein Faustfeuerwerk auf ihn ein. Die Schläge trafen Kopf, Brust und Magen, mit brutaler Gewalt geführt. Sie sollten ihn zermürben und einbrechen. Plötzlich blieb Buck die Luft aus, und er schlug lang hin. Er war noch nicht ohnmächtig und erkannte noch, wie Andrews rechter, sporenbesetzter Stiefel sich über seinem Kopf erhob. Er hatte die Kraft, sich noch einmal herumzurollen.

Bevor Andrew es zum zweiten Mal versuchen konnte, tönte eine eiskalte Stimme von der Hütte her: „Schluss, ich habe euch alle vier vor meiner Schrotbüchse. Ich schieße, wenn ihr nicht einhaltet, und sollte mein Sohn mit zur Hölle fahren.“

Buck glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können. Die Wirkung war frappierend. Weder Miland noch Andrew bewegten sich mehr. Nelson lag noch immer ohnmächtig am Boden und zählte nicht mit, aber auch ihn hätte die Schrotladung nie wieder aus seiner Ohnmacht erwachen lassen. Ein alter, gichtkranker Mann, Bucks Vater, stand am Fenster. Er hatte das Licht vorher gelöscht und so war er nur als Silhouette zu erkennen. Man konnte um so deutlicher die mörderische Waffe wahrnehmen, die er über den Fenstersims geschoben hatte. Der Doppellauf leuchtete im bleichen Mondlicht. Die klaffende Mündung der Waffe wirkte einschüchternd. Miland und Andrew wussten, dass hinter der Waffe ein Mann stand, der nicht zögern und den Finger krümmen würde, sollte es sich als notwendig erweisen. Sie wussten, dass der ehemalige Sheriff keine Drohungen ausstieß, die er nicht wahrmachen würde. Die Legenden, die von dem alten Jones in Umlauf waren, ließen augenblicklich den Kampf beenden.

„Oldman, mache keinen Fehler“, sagte Miland heiser vor Grimm. „Stelle dich nicht gegen das Gesetz.“

„Was man von deinem Gesetz zu halten hat, habe ich vom Fenster aus gesehen, auch der Sattler ist Zeuge!“

„So ist es“, meldete sich die tiefe Stimme des Sattlers vom gleichen Fenster. Der Mann stand aber so weit im Hintergrund, dass man ihn nicht erkennen konnte. Seine Anwesenheit und sein kühnes Bekenntnis ließen jedoch vermuten, dass auch er eine einsatzbereite Waffe in der Hand hielt.

„Geh mit deinem Gesetz zum Teufel, Miland! Heb die Hände!“

Milands Augen weiteten sich vor Unglaube und Überraschung. Dass gleich zwei alte Männer gegen ihn Stellung nahmen, war noch nie vorgekommen, seit er Sheriff war.

„Ihr seid beide lebensmüde“, keuchte er wütend und musste zulassen, dass sich Buck, der sich inzwischen von seiner Atemnot erholt hatte, aufrichtete. Das harte Lachen des Sattlers klang auf und brach dann ab.

„Wir sind beide alt, Miland. Wir haben schon viele großsprecherische Kerle kommen und gehen sehen. Wir haben keine Furcht mehr vor Drohungen. Wir sind beide so alt, dass wir mit dem Sensenmann auf Du und Du stehen. Wir haben uns bisher immer gewundert, dass sich von den jüngeren Männern keiner fand, der mit einem Colt auf deinen Stern und auf deine Dreckpfoten klopfte. Wir werden jetzt sicherlich viele finden, wenn du es mit uns versuchen solltest. Am besten wäre es schon, wenn wir abdrücken.“

„Nein!“, schrie Andrew. Jetzt zeigte es sich, dass dieser kaltschnäuzige Bursche doch nicht die Nerven hatte, die man nach seiner großsprecherischen Art erwartete.

„Junge“, sagte Bucks Vater, „ich sehe Virginia Bruces Rappen. Ich glaube dir nun. Steige auf und gib dem Pferd die Sporen, das Weitere erledige ich hier für dich.“

Buck war zu sehr erregt, um den Gesinnungswechsel seines Vaters voll in sich aufnehmen zu können. Er stand schweratmend und etwas wankend da.

„Ich habe den Sattler eingeweiht, Sohn“, fuhr der alte Sheriff fort. „Vielleicht habe ich dir doch Unrecht getan, und wir haben uns einen schlechten Zeitpunkt zur Versöhnung ausgesucht. Manchmal spielt das Schicksal uns solche Streiche. Ich hatte nie viel Zeit für dich, Junge, ich hätte sie mir nehmen müssen. Sicher ist es noch nicht zu spät!“

Buck wischte über sein brennendes, zerschlagenes und blutendes Gesicht. Seine Stimme klang heiser und brüchig, als er erwiderte: „Gewiss, Dad, wir werden uns einen besseren Zeitpunkt aussuchen. Ich denke, dass ein geeigneter Tag kommen wird.“

„Wenn du so weitermachst, sicher, mein Sohn. Ich hörte von Miland, dass Henry dich einstellte. Damit hast du den richtigen Platz eingenommen. Vielleicht begreifst du es selbst so wenig, wie ich es begreife, dass dich Henry nahm, aber es muss doch schon etwas Besonderes an dir sein, dass Henry dich in seine Lohnliste aufnahm. Nun reite, Junge!“

Buck zögerte noch. Dann trat er zuerst an Miland heran, zog ihm den Colt aus dem Halfter und warf ihn auf einen Gerümpelhaufen, dann zog er auch Andrews und des jetzt zu sich kommenden Nelsons Colt aus dem Halfter und warf sie zu Milands Waffe.

„Damit die Meute die Hölle nicht gegen euch schickt“, sagte Buck rau zum Fenster hin. Jetzt erst rückte er sich die eigene Waffe zurecht und tat, was man ihm geraten hatte. Er zog sich zurück und schwang sich auf den Rappen, der während des Kampfes nur ein wenig zur Seite gewichen war. Aber konnte er jetzt davonreiten? Würden sich die Kerle nicht an den beiden alten Männern rächen wollen?

„Nur zu, Buck!“, hörte er seinen Vater rufen. „Mache dir keine Sorgen und halte dich gerade, mein Junge!“

By Gosh, das war nötig. Die harte Auseinandersetzung hatte in der Tat Buck an den Rand der Erschöpfung gebracht. Die Haut brannte ihm. Er hatte starke Schmerzen und einen üblen Geschmack im Munde.

„Reite, Buck!“, drängte der Sattler jetzt. „Verschwinde, bevor weiteres Gesindel auftaucht.“

Buck nickte. Er schaute zu Nelson hin, der sich wimmernd über die Stirn tastete. Nelson hatte alles sicherlich nur wie aus weiter Ferne vernommen und keinen rechten Begriff, was um ihn herum vor sich ging. Er verlangte nach dem Doc. Er ließ seinen Blick zu den mit hängenden Schultern dastehenden Miland und Andrew wandern.

Alle drei waren noch immer Raubwölfe. Die Besorgnis um die beiden Alten, die in Buck aufstieg, war gerechtfertigt: Er spürte aber auch, wie recht sie hatten, dass sie ihn zur Eile trieben.

„Wir werden uns bald wiedersehen, Dad!“, sagte er kehlig. „Vielleicht können wir noch vieles ins Reine bringen und nachholen, was wir bisher versäumten. So long, ihr beiden!“

Er brauchte seinem Rappen nicht erst die Sporen einzusetzen. Virginias Reittier hatte sicherlich nie die großen Radsporen texanischen Ursprungs in seinen Flanken und Weichen gespürt. Es war, als spüre der Rappe den Willen seines Reiters. Er preschte los, mitten durch den Gemüsegarten und sprang über den Zaun, als bedeute das Hindernis nichts. Buck hatte beim Aufsetzen des Pferdes das Gefühl, als ob er starr wäre. Ihm wurde schwindlig, so dass er bald aus dem Sattel fiel. Im letzten Augenblick konnte er sich fangen und sich im Sattel halten. Wie im Schüttelfrost schlugen ihm die Zähne zusammen. Zwei, dreimal setzte der Rappe über Corralzäune hinweg, und jedes Mal wurde ihm übel dabei. Als das Pferd schließlich die erste Hügelkette erreichte, hielt er an und saß ab.

Der Brandy hat mir nicht so zusetzen können wie der Kampf und der schnelle Ritt, dachte er. Ich bin auf dem besten Wege schlappzumachen, ganz einfach zu versagen, als hätte mich eine Kugel erwischt. Ich hätte weiterreiten müssen. Ich bin ein Narr, wenn ich …

Mitten in seine Gedanken hinein erschollen harte, abgehackte Schussdetonationen von der Stadt her. Unwillkürlich zählte er sie mit. Dann krachte es besonders dumpf.

„Eine Schrotbüchse, Himmel! Dad, ich hätte nicht davonreiten sollen, wir haben uns doch noch so viel zu sagen, Dad.“

Er wusste selbst nicht, dass er die letzten Worte laut in die Nacht hineinschrie, wusste nicht, woher die grausame Angst kam, die sich kalt auf ihn legte. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu, legte sich wie ein Druck um seine Brust, und es war ihm, als setze sein Herzschlag aus. Scharf stach die Nachtkälte in die Lungenspitzen hinein. Er setzte sich nieder. Plötzlich kam der Boden auf ihn zugerast. Ein dunkler Abgrund tat sich auf, er fiel hinein, in einen Abgrund ohne Boden.

Der Rappe fing an zu grasen, als sei nichts weiter geschehen.

Doch was war wirklich geschehen? Noch lag Buck in Ohnmacht, überwältigt von dem Zuviel, das auf ihn eingestürzt war. Es dauerte etwa zwei Stunden, bis er wieder erwachte.

Bleihaltige Rechnung: Cowboy Western Sammelband 7 Romane

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