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7.

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Das Schnauben des Rappen weckte ihn. Das Tier stand mit hängenden Zügeln nur drei Schritte von ihm entfernt. Es hatte den Kopf steil aufgeworfen und die Nüstern gebläht, so als prüfe es sorgsam den Wind und die Witterung.

Buck war sofort hellwach. Wenn ihm auch der Schädel brummte und er die Schmerzen spürte, Nebelschwaden vor seinen Augen tanzten, so begriff er doch sofort, dass die Lage äußerst gefährlich war. Während er aufstand, wischte er sich den Dreck aus dem Gesicht. Er schwankte zu dem Rappen hin und hielt dem Tier die Nüstern zu. Dann führte er es langsam in die mannshohen Büsche und stellte sich neben dem Tier auf. Die Rechte kroch zum Coltkolben und blieb dort wie verwachsen haften.

Ein Dutzend Reiter tauchte auf und zog weitab an ihm vorbei. Als sie verschwunden waren, ließ ihn erneuter Hufschlag in die Deckung zurückgehen. Jetzt tauchten zwei Reiter auf. Sie kamen viel näher heran, so dass er in dem einen Reiter einen Cowboy der Topfhenkel-Ranch und in dem anderen den Doc erkennen konnte. Der Doc war so betrunken, dass er im Sattel hin und her schwankte und seinetwegen langsam geritten werden musste.

„Ein schwarzer Tag ist das heute“, lallte der Doc. „Immer wenn ich am Morgen einer grauen Katze begegne, kann ich mit etwas Unvorhergesehenem rechnen. Heute morgen waren es gleich zwei Katzen, die meinen Weg kreuzten.“

„Es war sicherlich nur eine und dein umnebeltes Hirn gaukelte dir zwei vor. Ich halte es für ratsam, dich im Sattel festzubinden, Doc.“

„Nicht festbinden, Cowboy“, wehrte sich der Doc gegen die ihm zugedachte Maßnahme. „Ich weiß, dass ich zu einer Lady gerufen bin und dass mein Brandygeruch sie stören wird. Ich muss tief atmen können, und das kann ich schon nicht mehr, wenn ich nur an einen Strick denke. Die Apachen hatten mich einmal gefesselt. Von der Zeit an wird mir übel bei dem Gedanken an einen Strick. Wenn mir übel ist, kann ich nicht mehr denken, und ich stelle womöglich eine Fehldiagnose. Du magst es nicht glauben, aber es ist so. Mein Hirn funktioniert auch nur richtig, wenn ich meinen Brandy habe. Wenn ich nüchtern bin, dann ist es wie ausgehöhlt. Eine gute Maschine muss man stets ölen, sonst läuft sie nicht einwandfrei.“

Mehr hörte Buck nicht. Die Reiter waren vorbei und über den Hang geritten. Sie verschwanden schließlich ganz aus seinem Blickfeld. Buck fragte sich, was das zu bedeuten habe. Die Kehle wurde ihm bei dem Gedanken eng. Es bedeutete doch wohl, dass von der Topfhenkel-Ranch ein Mann geschickt worden war, um den Doc zu holen, dass man nicht damit rechnete, dass Buck Erfolg haben könnte. Warum waren sein Vater und der Sattler nicht eingesprungen?

Die dunkle Ahnung in Buck wurde stärker. Er zögerte nicht länger und schwang sich in den Sattel. Bald sah er die beiden langsam dahinreitenden Männer wieder vor sich. Er war froh, dass sie nicht schneller ritten, denn so war es trotz seiner misslichen Lage leicht für ihn, den beiden wie ein

Schatten zu folgen. Das Unternehmen wurde durch denkbar günstiges Gelände unterstützt. Das Gelände stieg allmählich an und war mit dichtem Buschwerk bewachsen. Buck wurde zudem von der Dunkelheit wie von einem schützenden Tuch eingehüllt, während er die Silhouetten der vor ihm reitenden Männer sich deutlich gegen den Nachthimmel abheben sah. Buck war sich aber auch des Nachteils dieses Geländes bewusst, denn ein eventuell nach ihm reitender Mann konnte ihn ebenso leicht verfolgen.

Kein Wunder, dass Bucks Unruhe wuchs und sich erst legte, als die Hügelkämme im welligen Land erreicht worden waren. Meile um Meile ritt er hinter den beiden her, bis in der Ferne die Lichter der Topfhenkel-Ranch ihn vorsichtig werden ließen. Er fragte sich, ob Reiter der Topfhenkel ausgeschwärmt waren, um ihn beim Zurückbringen des Rappen abzufangen. Er wusste durch das Erscheinen des Cowboys und des Doc, dass Frank Dinar die ihm gestellte Aufgabe bewältigt hatte. Er musste Virginia sicher zur Ranch zurückgebracht haben. Frank hatte ihm keinen weiteren Auftrag erteilt. Sollte das bedeuten, dass er ohne ihn die von Henry gestellte Aufgabe erfüllen würde? By Gosh, alles Wichtige wurde ohne ihn getan! Er selbst war nicht fähig gewesen, den Doc für Virginia zu holen. Das war bitter. Warum nur hatte ihm Frank keinen Anhaltspunkt gegeben? Wenn es so wichtig war, dass nicht einmal Virginia es hätte hören dürfen, hätte Frank ihn beiseite ziehen und es ihm leise sagen können. Hatte Frank ihn etwa absichtlich außer Gefecht gesetzt? Wollte Frank sich einen besonderen Namen bei Henry Carter machen?

Viele Gedanken bewegten Buck, doch versäumte er nicht, auf seine Sicherheit bedacht zu sein. Längst waren der Doc und sein Begleiter ihm aus den Augen verschwunden. Er lenkte jetzt sein Pferd immer vorsichtiger an die Ranch heran.

Zum zweiten Mal warnte das Schnauben des Rappen ihn und ließ ihn mit dem Tier rechtzeitig vom Weg ab in die Büsche gleiten. Als er anhielt und sich im Sattel vorbeugte, sagte eine tiefe Stimme hinter ihm: „Du hast lange auf dich warten lassen, Buck!“

„Bist du es, Tom?“

„Ja, Buck. Ein wenig weiter wartet Jim unter den Bäumen. Frank befürchtete, dass die Topfhenkel-Crew dich abfangen könnte. Er hatte recht, als er sagte, der Kerl wird wohl keine Ruhe haben, bis er den Rappen wieder für seine Schindmähre eingetauscht hat. Der Boy bringt es fertig, ein großzügiges Angebot einfach in den Wind zu schlagen. Bringt ihn rasch zu mir, in dieser Nacht heißt es reiten!“

Bucks Schrecken löste sich. Er hatte sich so in der Gewalt, dass er nun doch zur Seite schaute. Blätter raschelten. Ein Reiter drängte sich mit seinem Pferd näher. Dicht vor dem Rappen hielt das Tier an. Tom, den Buck an der Stimme erkannt hatte, beugte sich vor und prallte beim Anblick Bucks zurück.

„Buddy, du bist wohl unter eine Stampede geraten?“

„Nicht ganz, denn ich kann Arme und Beine noch bewegen, Tom.“

Misstrauisch beugte sich der andere aus dem Sattel vor, so nahe, dass sein Atem warm über Bucks Gesichtshaut streifte. Die Blicke der beiden Männer kreuzten sich. Tom Lewis stieß ein leises Pfeifen aus.

„Mir brauchst du nichts zu erzählen, Buddy, man hat dich ganz schön unter den Fäusten gehabt. Es war ein Fehler, dass Frank dich zur Stadt schickte.“

„Vielleicht war es das, vielleicht auch nicht. Jedenfalls habe ich eine Lektion bekommen, Tom,

und was das Schlimme dabei ist, ich scheiterte an der mir gestellten Aufgabe.“

Tom setzte sich im Sattel zurecht und schob sich mit dem Daumen der linken Hand den Stetson etwas aus der Stirn.

„Ein Mann muss Lektionen hinnehmen und aus ihnen lernen“, sagte er dann.

„Ich habe aber nicht viel gelernt, denn wenn statt deiner ein Gegner hier gewartet hätte?“

„Dann hätte es ein Entrechteter sein müssen, ein Mann, der den Rücken frei haben will. Dazu hätte er sich in deine Lage hineindenken müssen. Das können aber nur deine Partner von der Crew der Entrechteten“, gab Tom rau zur Antwort.

Er setzte sein Pferd in Bewegung. Buck folgte ihm durch die Büsche. Wenig später gesellte sich ein dritter Reiter zu ihnen, in dem Buck Jim Drake erkannte.

Jim trieb sein Pferd so nahe an den Rappen heran, dass er Bügel an Bügel mit Buck ritt. Jims düster verzogenes Gesicht wandte sich Buck zu. Leise sagte er: „Frank hätte dich nicht zur Stadt schicken sollen! Virginia Bruce hat nur eine starke Prellung, sonst nichts. Es sah schlimmer aus, als es in Wirklichkeit war.“

„Schon gut, Jim“, erwiderte Buck.

„Es ist gut, dass du es so auffasst. Es ist dir wohl übel ergangen?“

„Nicht so, dass ich in dieser Nacht nicht weiterreiten könnte“, gab Buck zur Antwort.

Jim betrachtete ihn kritisch. Er zog die Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern.

„Du musst es wissen, Buck“, sagte Jim, „es ist etwas viel über dich gekommen. Henry würde es dir verübeln, wenn du dich erst ein wenig ausruhen möchtest. Die Kraftreserven eines jeden Mannes sind aber irgendwann einmal erschöpft.“

„Sicher, doch ich kann reiten, Jim“, erwiderte Buck entschlossen. „Reiten wir zur Herde?“

„Yeah, Frank ritt schon voraus. Wir werden nach den Rindern sehen.“

„Inzwischen tauchten drei Revolvermänner bei Henry auf?“

Jim lachte leise in sich hinein. Dann sagte er: „Es gibt mehr als drei Revolvermänner im Lande. Dan Bruce ist von ihnen umgeben und scheint es nicht zu wissen. Wohl oder übel musste er heute Frank aufnehmen, doch das würde ihn nicht hindern, Frank bei der nächsten Gelegenheit von Ranch und Weide zu jagen. Dan Bruce steht zu sehr unter dem Einfluss seiner beiden Brüder. Er glaubt, dass sie hinter ihm stehen, dass sie folgsam sind und sich mit dem mageren Lohn begnügen, den er ihnen gibt. Dan Bruce weiß nicht, dass Skip und Hod mehr ausgeben, als sie bei ihm verdienen. Auf irgendeine Art müssen sie aber schließlich zu Geld kommen.“

Buck antwortete nicht. Die Pferdehufe trommelten dumpf den Boden. Einmal brachten alle drei ihre Pferde zum Halt und lauschten in die Nacht, die von Unruhe erfüllt war. Es war nur eine Mustangherde, die über einen Kamm gedonnert kam und mit geisterhafter Schnelligkeit bald wieder in der Dunkelheit untertauchte. Gegen Mitternacht erreichten sie eine Stelle, an der ein frisch aufgeworfener Erdhügel lag. Wieder hielten sie an. Jim riss die Kopfbedeckung herunter. Tom und Buck folgten seinem Beispiel.

„Hier hat dein Boss Asa Melvis seine letzte Ruhestätte gefunden“, sagte Jim leise zu Buck, so als wollte er die Stille der Nacht und die letzte Ruhe des Toten nicht stören. „Sheriff Miland hat ihn hier beerdigen lassen. Er hat keinen schlechten Platz gewählt. Asa war immer ein Mann, der sich seine letzte Ruhestätte in einem Tal wünschte. Ihm graute davor, mit vielen anderen auf dem Friedhof von Warso zu liegen. Miland hat seinen Wunsch erfüllt. Ihm genügte es, dass er die Crew

der Entrechten bei den sterblichen Überresten Asa Melvis überraschen und verjagen konnte.“

„Er hat sicher auf der Lauer gelegen, um euch den Tod von Asa Melvis zur Last zu legen?“

Jim und Tom nickten beide zur gleichen Zeit.

„Miland und alle, die hinter ihm stehen, stellen es sich zu leicht vor. Solange Dan Bruce noch lebt, haben die Kerle noch Hemmungen. Es sieht düster für die Zukunft aus, Buck!“, sagte Tom. „Sicherlich haben die Bruce-Brüder, Skip und Hod, einen Punkt erreicht, an dem sie die Aufdeckung ihres hinterhältigen Spiels befürchten müssen. Von Virginia erfuhr Frank, dass Dan Bruce eine Überprüfung der Bücher, eine Rinderzählung und eine Bestandsaufnahme aller seiner Vorwerke machen will. Für Hod und Skip muss diese Ankündigung ein Schock gewesen sein, der ihnen bis in die Zehenspitzen fuhr. Es ist noch nicht zu erkennen, welchen Einfluss Virginia nach ihrer Heimkehr und nach ihrem Besuch bei Henry Carter auf ihren Vater ausüben wird. Vielleicht fürchten Hod und Skip sich davor ebenso wie vor der großen Prüfung. Es liegt etwas in der Luft, Buck!“

„Ich habe es bereits gespürt“, erwiderte Buck, dessen mit Schatten angefüllte Augen sich auf den kleinen Grabhügel gerichtet hatten. „Ich möchte wissen, wer Asa Melvis aus dem Leben brachte“, gab er seinen Überlegungen laut Ausdruck. „Er war mein Ranchboss, aber auch mein Freund. Er war nie kleinlich. Er hatte immer Angst vor Skip und Hod. Darum verkaufte er an Dan. Der Preis stand in keinem Verhältnis zum wirklichen Wert der Ranch.“

„Buck, Dan fragt nicht lange danach, wenn er etwas bekommen kann, ob Wert und Gegenwert sich die Waage halten. Er ist Geschäftsmann und kein Wohltäter.“

„Eine solche Erklärung entschuldigt ihn nicht. Vielleicht steckt er doch mit seinen Brüdern unter einer Decke?“

„Nein, niemand kann ihm verübeln, wenn er zugreift, wenn ihm jemand seine Ranch aufdrängt. Gerade den Eindruck musste man bei Asa Melvis haben. Asa war zu furchtsam. Er hätte den Mut haben müssen, Dan die Wahrheit zu sagen. Jetzt ist er tot, von einer Kugel niedergestreckt, ausgeraubt und begraben. Wer es war, das müssen wir herausfinden, Buck. Die andere Seite wird sich hüten, uns Hinweise oder Anhaltspunkte zu geben. Wir werden forschen, Buck, damit Asa seine Ruhe hat.“

Sie setzten ihren Ritt fort. Wenig später sahen sie die Herde in einem weiten Tal und stellten fest, dass sich nur vereinzelte Trupps abgesondert hatten. Man trieb die Tiere auf und zurück zur Herde. Der Morgen graute bereits, als sie diese schwierige Arbeit beendet hatten und die Tiere alle wieder zusammen waren. Inzwischen hatten sie auch die Zäune ausgebessert, die ein Abwandern der Tiere aus dem Tal verhindern sollten.

Die Tatsache, dass Frank nicht anwesend war, begründete Jim mit den Worten: „Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen. Er inspiziert sicherlich unsere versteckt angelegten Waffen, Munitions- und Proviantlager. Ich habe die Fährte seines Pferdes entdeckt und festgestellt, dass er hier war. Frank ist von einer immerwährenden Unruhe erfüllt. – He, Buck, was ist dir? Du fällst ja fast aus dem Sattel! Ein wenig Ruhe würde dir gut tun.“

„Wir kampieren“, bestimmte Tom. „Die Pferde haben auch eine Rastpause verdient. Hebt euch aus den Sätteln und schnallt die Decken ab.“

Buck atmete erlöst auf. Es stimmte, er konnte sich kaum mehr im Sattel halten. Beulen und Flecken hatten sein Gesicht fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Er biss die Zähne zusammen. Er wollte nicht umfallen, wollte seinen neuen Partnern keine Schwäche zeigen. Wenig später war Buck allein mit seinem Pferd. Tom und Jim hatten ihr Lager ein wenig abseits aufgeschlagen. So kampierten nur Männer, die immer mit bösen Überraschungen rechnen mussten. Alle waren aber in Rufnähe, so dass sie sich bei einem Zwischenfall schnell verständigen konnten.

Buck hatte seinen Rappen zwischen den Büschen angebunden und sich, in Decken gerollt, zwischen den Büschen niedergelegt. Er schlief sogleich ein.

Der Morgen war grau, unfreundlich und kalt. Schwarze Wolken wurden vom Wind getrieben und hingen so tief, als wollten sie sich über das Land legen. Die ruhende Herde setzte sich jetzt in Bewegung und fing an zu grasen. Henry Carter hielt über tausend prächtige Hereford-Rinder hier auf der Weide. Ein Rudel zog hangaufwärts an dem schon lange verlassenen, ohne Räder dastehenden Küchenwagen entlang. Der Wagen war einst mit der großen Treibherde aus Texas gekommen und diente den Cowboys seit Jahren nur noch als Regenunterschlupf. Das ziehende Rinderrudel nahm plötzlich die Witterung von Menschen, Pferden und fremden Rindern auf.

Ein Dutzend Reiter, die ihren Pferden die Hufe mit Lappen umwickelt hatten, kam im Schritt den

Hang herunter. Hinter ihnen war der Absperrzaun weit offen, den Tom, Jim und Buck in der Nacht repariert hatten. Über ein Dutzend verwegene Kerle trieben fremde Rinder durch den geöffneten Zaun. Die Reiter wurden von zwei Kerlen angeführt, die ihre Pferde vor dem Küchenwagen zum Halt brachten und die dreißig Shorthorn-Rinder weiterlaufen ließen. Eine dunkle Männerstimme sagte rau: „Das genügt, Männer! Zurück! Richten wir den Zaun rasch wieder auf und verschwinden wir!“

Bleihaltige Rechnung: Cowboy Western Sammelband 7 Romane

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