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9.

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Lautlos, wie ein Dutzend Reiter die Shorthorn-Rinder in das Becken getrieben hatten, verschwanden sie auch wieder in die graue Morgendämmerung hinein. Weder Jim noch Tom und Buck hatten von dem Kommen und Fortreiten der Reitertruppe etwas bemerkt. Sie hatten ihr Camp im nördlichen Beckenteil aufgeschlagen und waren zu weit entfernt, um etwas zu bemerken.

Alle drei schliefen einige Stunden sehr fest. Als erster wurde Buck wach. Er schaute in den grauen, unfreundlichen Himmel über sich und streifte dann die Decken von sich. Er tastete über sein geschwollenes Gesicht, das dunkle Flecken und Beulen aufwies. Zwar hatten die Schmerzen nachgelassen, und der Schlaf hatte seine körperlichen Kräfte gestärkt, doch war ein Unbehagen in ihm, wie er es sonst nicht gekannt hatte. Er richtete sich auf und rollte die Decken zusammen. Er fror ein wenig und reckte sich. Der Rappe war in der Nähe und kostete die Zweigspitzen der Büsche. Er begrüßte ihn mit einem leisen Schnauben. Buck wusch sich am nahen Creek. Das kalte Nass tat ihm wohl. Er ließ sich die Haut vom Wind trocknen und war dann, nachdem er die Decken aufgeschnallt hatte, bereit, nach Jim und Tom zu schauen.

Plötzlich ließ ihn ein Geräusch herumschnellen. Seine Rechte raste zum Colt. In seinem Rücken meldete Jim sich mit dunkler Stimme: „Du bist sehr nervös, Buck. Ich bin es! Es ist Zeit zum Reiten.“

„Wo ist Tom?“

„Er ist zur Herde hinuntergeritten“, erwiderte Jim. „Er muss sich schneller in den Sattel geschwungen haben als wir beide. Eigentlich müsste er schon zurück sein. Es scheint etwas nicht zu stimmen, sonst wäre er schon wieder hier. Er liebt ein Frühstück in Gesellschaft. Warten wir, bis er kommt, oder reiten wir ihm nach?“

Jims Frage wurde nicht mehr beantwortet. Zwei Schussdetonationen aus der Richtung der Hereford-Rinderherde ließen beide zusammenfahren. Überraschung zeigte sich in Jims Augen. Seine Wangenmuskeln zuckten. Er schien sich auf die Stiefelspitzen zu stellen, um besser hören zu können. Buck atmete tief und stand geduckt mit schmal gezogenen Augenlidern da. Seine Rechte hatte sich ganz fest um den Coltkolben gelegt, so dass die Fingerknöchel der Hand weiß unter der Haut hervorschimmerten. Er hatte das Gefühl, als ob jemand ihm die Kehle zudrückte. Er sah, wie Jim herumwirbelte und hinter den Steinen verschwand, sicherlich nur, um sich in den Sattel seines Reittieres zu werfen. Nun zögerte auch Buck nicht länger und rannte zum Rappen hin. Er band das Tier von den Zweigen los, schwang sich auf und ergriff die Zügel. Er ließ den Rappen antraben und hob beim Reiten die Winchester aus dem Sattelschuh. Er hörte auch die Hufe von Jims Pferd über den Boden trommeln. Den Reiter und das Pferd selbst sah er erst einige Sekunden später, als er mit seinem Tier um die Felsecke bog. Jim hatte bereits Vorsprung gewonnen und ritt wie ein Wilder den Hang hinunter. Steine spritzten unter den Hufen des Pferdes auf. Jim ritt weit über den Hals seines Tieres gebeugt voraus. Das schlagende Mähnenhaar seines Pferdes schien ihn nicht weiter zu stören.

Auch Buck spürte den Reitwind an der Stetsonkrempe zerren. Plötzlich schienen seine Augen aus den Höhlen treten zu wollen. Tief unten im Tal sah er Tom mitten in der Herde sein Lasso schwingen. Er sah die Shorthorn-Rinder mit den fremden Brandzeichen, die sich zwischen die Hereford-Rinderherde Henry Carters gemischt hatten. Tom war bereits beim Aussortieren. Das alles übersehen und erkennen war das Werk eines Augenblicks. Sein Vorreiter Jim hatte ebenfalls begriffen, wie sein fürchterliches Schimpfen und Fluchen verriet.

Buck hatte inzwischen aufgeholt. Der Rappe flog nur so dahin. Er jagte jetzt an Jim vorbei, dessen Gesicht zur Grimasse verzogen, deutlich widerspiegelte, was er dachte. Es war ein verteufelt uralter Trick, mit dem man sie hereinzulegen suchte. Man hatte fremde Rinder unter die Herde gebracht, um Henry Carter mit Rinderdiebstahl belasten zu können. Die Kerle, die das bewerkstelligt hatten, konnten nicht weit sein. Hatte es einen Sinn, die Shorthorns auszusortieren? Blieb noch genügend Zeit dazu?“

„Buck“, schrie Jim aus Leibeskräften, „übernimm du die rechte Flanke, versuche, die eingebrochenen Rinder herauszuholen!“

Buck nickte im Vorbeijagen. Er zügelte den Rappen erst, als er die Talsohle erreicht hatte und in die Herde einbrach. Er ahnte, dass sein Rappe als Rinderpferd ungeeignet war. Dem Tier bereitete der scharfe Rindergeruch schon Unbehagen. Das Tier scheute und machte einen Ausbruchsversuch. Buck musste das Pferd fest bei den Zügeln fassen und es mit aller Macht vorwärtstreiben. Dieser Umstand kostete Zeit, Kraft und Nerven. Der Rappe schien plötzlich bleischwer geworden zu sein und bewegte sich nicht mehr von der Stelle. Er war von störrischen Rindern eingekeilt. Buck schaute über den Wald von Hörnern und über die gebuckelten, knochigen Rinderrücken hinweg auf die Reiter, die die Herde fast erreicht hatten und zum Halt gekommen waren.

Himmel und Hölle, in dem Augenblick, als Buck die Kerle erkannte, war ihm die Unruhe unter den Rindern gleichgültig geworden. Es drängte ihn danach, neben seinen Kameraden zu sein. Doch zwischen ihm und Tom und Jim war ein Keil von Rindern, die seine Absicht vereitelten. Ein Rinderwall war vor ihm. Zu beiden Seiten und hinter ihm waren die Rinderreihen lichter, doch das nützte ihm nichts. Er war dazu verurteilt abzuwarten. Fester umklammerte er die schussbereite Winchester. Seine Augen saugten sich an der Reitergruppe fest, die angeführt von Sheriff Miland am Rande der Herde ausgeschwärmt war und zum Halt kam.

Die Brüder Hod und Skip Bruce waren gekommen. Es waren zwei schwarzhaarige Kerle, mit eng zusammenstehenden Augen und blutleeren Lippen. Die Sheriffgehilfen Andrew und Nelson waren nicht zu übersehen. Der kleine, bullige Nelson war böse im Gesicht gezeichnet. Er hatte neben Dan Bruce angehalten, dem großen Boss des Landes, der ebenfalls mit von der Partie war. Ein halbes Dutzend Retter aus dem County war dabei. Unter ihnen befanden sich auch Gail Datrys und der Vormann der Topfhenkel Jean Parler.

„Eine erlauchte Gesellschaft“, murmelte Buck in sich hinein. Er spürte das Herz schneller schlagen und das Blut in seinen Ohren dröhnen. Auf den Flanken der Shorthorn-Rinder war das Topfhenkel-Brandzeichen nicht zu übersehen. Topfhenkel-Rinder standen unter Henry Carters Hereford-Rindern, also an einem Platz, an den sie nicht gehörten.

„Wir kommen gerade zur rechten Zeit“, meldete sich Sheriff Miland mit weithin klingender Stimme, die von einer wilden Freude erfüllt war. „Aus Versehen ist wohl die Beute der Nacht unter Henry Carters Herde gekommen, wie? Das nehmen wir euch allerdings nicht ab, denn jetzt haben wir euch Rustler und Pferdediebe gestellt. Jetzt werden wir auf unsere Art mit euch sprechen. Hier sind die Rinderdiebe, Dan“, wandte er sich grinsend an den Ranchboss, der düster von Jim und Tom zu dem sich noch immer innerhalb der Herde befindenden Buck blickte, als hätte er erwartet, seine abgetriebenen Rinder hier zu erblicken. „Henry hat nicht umsonst alle Brücken hinter sich abgebrochen, indem er die Blockhütte in Flammen aufgehen ließ. Sicherlich störten wir die Kerle beim großen Auftrieb“, fuhr Miland fort.

„Ich höre immer Auftrieb, Sheriff“, sagte Tom, der der Gruppe am nächsten war. „Nach einem Auftrieb sieht es leider hier nicht aus. Weder ein Küchenwagen, eine Pferderemuda oder sonst etwas findet ihr hier vor, was deine Theorie erhärten könnte.“

„Ich verstehe, noch steht in einem Versteck alles für einen Großauftrieb bereit; denn wie sollte man es sonst erklären, dass Henry seine Blockhütte abbrannte?“, entgegnete Miland. „Euer Boss hat aufgegeben. Er wusste sich durchschaut. Er hat uns jahrelang hinters Licht geführt, und wir haben es hinnehmen müssen. Doch jetzt ist Schluss damit! Für Rustler und Pferdediebe haben wir keinen Platz hier im Lande. Jeder von euch ist ein Verbrecher! Jeder ist wert, mit einer Kugel aus der Welt geschafft zu werden. Nehmt die Hände hoch!“

Keiner von den drei Männern dachte auch nur im entferntesten daran, dem Befehl nachzukommen. Man sah Dan Bruce an, dass er keine eigene Meinung hatte, und dass er sich hinter die Hartgesottenen stellte. In langer Vorarbeit hatten seine Brüder ihm das Gift der Verleumdung eingeträufelt. Der Anblick seiner Rinder in der Herde ließ ihn fahrig werden.

„Ergebt euch!“, schrie er. „Ihr werdet vor eine Jury gestellt. Ich will ganz genau wissen, wie …“

Seine Stimme ging in plötzlich aufrasenden Schussdetonationen unter. Miland hatte das Zeichen gegeben. Der gekaufte Sheriff kannte kein Pardon. Die gleiche Gesinnung hatten auch seine Helfer Nelson und Andrew, der Vormann Parler und der Klein-Rancher Datrys.

Weder Jim noch Tom und Buck verlangte es nach Barmherzigkeit. Alle drei hatten zu üble Erfahrungen gesammelt, als dass sie nicht die geringste Chance ausgenützt hätten.

Die Hölle brach los.

Nur so konnte man das erklären, was dann in entsetzlicher Art geschah, als alle Hemmungen fielen. Tom schoss einen Sekundenbruchteil schneller als Gail Datrys. Seine Kugel fegte den ehrgeizigen, skrupellosen Ein-Kuh-Rancher aus dem Sattel. Er fiel mit lang ausgestreckten Armen und Beinen vom Pferd und blieb am Boden liegen. Beim Schießen gab Tom seinem Wallach die Sporen. Schießend ritt er gegen die Meute an, so als wäre er gegen das Blei gefeit, das gegen ihn schlug. Er saß hoch aufgerichtet im Sattel. Ein wildes Lächeln kerbte seine Mundwinkel. Sein Mund war ein wenig geöffnet. Mit großen Augen sah er zu seinen Feinden hin, so als fürchte er den Tod nicht, den er offensichtlich herausforderte.

Rinder wichen erschreckt zurück, stießen sich und drängten. Die Welle der Unruhe pflanzte sich unter den Tieren fort. Ein von einer Kugel verletztes Rind brüllte vor Schmerz auf. Ringsum begannen unzählige Rinderhufe den Boden zu trommeln.

Mit Tom ritt auch Jim gegen die Meute an, genauso sich selbst aufopfernd und herausfordernd, genauso von Todesverachtung erfüllt. Es konnte einem kalt über den Rücken laufen. Beide feuerten in rascher Folge. Buck, der weit hinter ihnen in der Herde eingeschlossen war, sah die Todeslichter aus den Colts jagen, aber auch die Feuerlichter, die gegen seine Partner und gegen ihn schlugen.

Bucks Winchester brüllte auf und holte Andrew aus dem Sattel. Eine Kugel streifte Bucks rechte Schulter und riss ein wenig Stoff und Haut mit. Er konnte nicht vorwärts reiten, denn der Rappe wurde von dem Strom der brüllenden und stampfenden Rinder mit herumgetrieben. Kugeln flogen an Buck vorbei. Er sah dann, wie zuerst Tom mit seinem Pferd und dann Jim in der ausbrechenden Stampede untergingen wie leck geschlagene Schiffe in wild bewegter See. Er hätte aufschreien können, doch die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Durch den von vielen Rinderhufen aufgewirbelten Staub sah er nur noch schattenhaft die Gruppe der Gegner.

Klar erkennbar dagegen waren die rot zuckenden Feuerlichter, die nach ihm suchten. Sein Blut war wie eine dickflüssige Lava, die das Denken hemmte. In seinem Kopf dröhnte es. Er verlor die Gegner aus den Augen und fühlte, wie er auf dem Rappen mitgerissen wurde, dass er in die gewaltige Stampede hineinkommen würde. Der Rappe, das feinnervige Tier, witterte wohl, dass es nur das eine gab, sich nicht gegen den Strom zu stemmen.

Buck hatte die Gewalt über sein Reittier verloren. Ein Rinderhorn schlitzte ihm ein Stück des rechten Hosenbeines auf. Angst jagte in ihm hoch, furchtbare, grauenhafte Angst. Er fühlte, dass es bei diesem Ritt nur noch darauf ankam, zu überleben. Jetzt erst, da ein furchtbares Ende, der Untergang unter den Rinderhufen, so nahe war, als er den kalten Atem des Todes im Nacken fühlte, lehnte er sich nicht mehr auf, sondern war bemüht, es dem Rappen leichter zu machen. Er warf sich so weit vor, dass das schwarze Mähnenhaar sein Gesicht peitschte. Die Winchester war ihm aus der Hand geglitten. Er spürte das Fehlen der Waffe nicht einmal. Die gewaltige Stampede riss ihn mit, wie ein Strom etwa ein Streichholz mitreißen würde. Der Boden erbebte unter dem tosenden Hufschlag der Stampede. Ohrenbetäubendes Gebrüll war um ihn herum und Staub, der ihm ins Gesicht schlug und ihm das Atmen erschwerte. Die Angst füllte ihn aus, saß ihm im Nacken.

Einmal setzte der Rappe über ein gestürztes, zur unkenntlichen Masse zerstampftes Rind hinweg.

Wenig später befand man sich unter Bäumen, deren Äste Buck aus dem Sattel zu fegen drohten. Dann raste der Rappe an der Steilwand eines Hanges und auf dem Kamm einer Anhöhe entlang, wo sich der Strom der Rinderleiber, durch einen riesigen Felsblock geteilt, trennte. Dann geriet das Pferd in einen lichteren Rinderstrom, den es wenig später durch einen Ausbruch verlassen konnte.

Es war wie ein Wunder, dass dem Reittier von den Hornspitzen nicht Flanken und Weichen oder gar der Leib aufgeschlitzt worden war. Das Tier dampfte, und sein schweißiges Fell glänzte, Schaumflocken hingen an den Nüstern und tropften, vom Wind abgerissen, zu Boden. Man war dem Rasen der Rinder heil entkommen. Die Flut der Tiere quoll in dunstigen Staubwirbeln an Reiter und Pferd vorbei. Es schien, als wollten die Hufe den Boden erschüttern.

Schweratmend, halb ohnmächtig, hockte Buck im Sattel. Er war von so üblen Kopfschmerzen geplagt, dass es ihm schwindlig werden wollte und sich alles in ihm aufbäumte. Der Rappe fiel in Schritt und setzte sich weiter von den Rindern ab, die auf die Steilabgründe zurasten. Sie würden nicht haltmachen, sie würden in den Tod rasen. War das die wirkliche Absicht der Kerle gewesen?

Diese Frage wühlte Buck auf. Er biss sich unbewusst die Unterlippe blutig. Konnten Menschen so gemein, so niederträchtig sein, dass sie sinnlos eine prächtige Herde in den Tod schickten? Bucks Magen krampfte sich vor Übelkeit zusammen. Bis zum Hang hin hörte er das Prasseln von Steinen. Dumpf übertönte es das Todesgebrüll der Rinder. Kalte Schauer ließen Buck in sich zusammenfallen, denn wie durch ein Wunder war der Rappe zur rechten Zeit ausgebrochen, so als hätte er um das tragische Schicksal der Rinder gewusst. Rustler hätten so nicht handeln können. Rustler waren trotz ihres verwerflichen Handwerks Rinderleute, die sich der Tiere annahmen. Nur hartgesottene Banditen, Kerle, denen Tier- und Menschenleben nichts wert waren, konnten so zerstören, dass es ein Grauen wachrief.

Es war Buck, als griffe eine eiskalte Hand nach seinem Herzen und wollte es stillsetzen. Zwar hatten die Verengungen des Stampedenwegs verhindert, dass der gegnerische Reitertrupp sich an den Flanken der zur Stampede gekommenen Rinder angehängt halte, doch Buck musste damit rechnen, dass seine Feinde ganz sicher gehen wollten. Er trieb den Rappen in aufkeimender Angst erneut an.

Die schrecklichen Bilder vom Untergang von Tom und Jim hatten sich in sein Gedächtnis eingegraben. Er würde sie, solange er lebte, immer vor sich sehen. Zwei Reiter in der Herde, zwei trotzige, unerschrockene Männer, die zu sterben wussten und bis zum letzten Atemzug gekämpft hatten. Im Augenblick erschreckte Buck die Todesverachtung, mit der er die beiden hatte kämpfen sehen. Er ahnte jetzt noch nicht, dass er sich in seinem Schrecken und seiner Angst an dem leuchtenden Vorbild der beiden bald stärken und aufrichten würde. Noch war er unbeherrscht und von dem Erlebten so benommen, dass er beinahe aus dem Sattel fiel. Nur ein Gedanke pochte in ihm und ließ ihn handeln: am Leben bleiben!

Er atmete ein wenig auf, als er ruhiger wurde und ein Föhrenwald ihn aufnahm. Er entsann sich, dass in der Nähe auf Topfhenkel-Gebiet eine kleine Jagdhütte stehen musste, die so verfallen war, dass sie nicht mehr benutzt wurde. Dort wollte er sich mit dem Rappen verkriechen. Die Schwäche war so stark in ihm, dass sie ihn ständig zu überrumpeln drohte. Seine Gedanken verwirrten sich, und als er wieder klar denken konnte, musste er den Rappen korrigieren, um nicht vom Wege abzukommen. Er biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen den Schmerz, der hinter den Augen pochte, an. Das beschäftigte ihn so, dass er im Sattel blieb und den Weg nicht mehr verlor.

Ein schmaler Bach tauchte auf und Gebüschgruppen, die sich an einem Hang entlangzogen. Er ritt weiter, bis er die kleine Hütte erreicht hatte. Er trieb den Rappen durch die offenstehende Tür, bückte sich, und erst im Inneren der weiträumigen Hütte ließ er sich aus dem Sattel fallen. Er war so schwach in den Knien, dass er zu Boden stürzte und mit keuchendem Atem liegenblieb. Jetzt zeigte sich aber das stark in ihm verankerte Pflichtbewusstsein, das so stark war, dass er der Schwäche nicht nachgab. Er rappelte sich hoch und schob die Tür, die weit offenstand, zu. Dann legte er den Riegel auf und taumelte zu seinem Pferd, das er mit den Zügeln an einem Haken der Hüttenwand festband. Er schaffte es noch, die Decken abzuschnallen und aufzurollen, sie über das Pferd zu werfen, damit es sich nicht unterkühlte. Dann brach er zusammen. Ein unbändiger Wille hatte ihn bis zu diesem Zeitpunkt aufrecht erhalten.

*

Wie ein sterbendes Tier hatte Buck Jones sich verkrochen, wie ein Tier, das zu Tode erschöpft in einem dunklen Winkel allein sein wollte. Nicht einen einzigen Gedanken hatte er daran verschwendet, was nun weiter werden sollte. Zu viel hatte er hingenommen, viel zu viel! Er hatte dabei die Erfahrung gemacht, dass ein Mensch eine Unmenge Schmerzen und Leid ertragen konnte, bevor er körperlich und seelisch unter der Last zusammenbrach.

Als er mit brummendem Kopf zum ersten Mal erwachte, war es etwa um Mitternacht. Der Durst peinigte ihn und das unwillige Schnauben des Rappen drang zu ihm hin. Es war wie eine Mahnung, den Tierkameraden nicht zu vergessen. In der Hütte war es stockdunkel. Buck lag auf dem nackten Lehmboden. Die Kälte der Nacht war so in seinen Körper eingedrungen, dass er sie bis zum Herzen fühlte.

„Der Rappe muss versorgt werden!“, hämmerten seine Gedanken. „Du musst dir ein Lager herrichten. Reiß dich zusammen und steh auf, tränke den Rappen draußen am Bach und hobbele ihm die Vorderhand an, das Tier muss grasen.“

Schwerfällig erhob er sich. Seine Finger waren klamm und steif geworden. Es gelang ihm nach einiger Anstrengung trotzdem, dem Rappen den Sattel abzunehmen. Den Sattel wollte er in der Hütte lassen, denn der wenige Proviant, so hoffte er, würde den schlimmsten Hunger stillen. Hunger und Durst waren grausam. Nie hatte er das so übermächtig empfunden. Trotzdem unterdrückte er jetzt Hunger- und Durstgefühle. Er tastete nach dem Fell des Rappen und atmete auf, als er es trocken fand. Ja, jetzt würde es kein Risiko für den Rappen mehr sein, ihn ins Freie zu schaffen.

Am Zügel führte er das Tier aus der Hütte ins Freie, nachdem er die Tür geöffnet hatte. Draußen nahm er das Zaumzeug ab. Von den langen Zügeln machte er eine Hobbelfesselung. Er ließ sie so locker, dass der Rappe beim Grasen nicht allzu weit abwandern konnte. Er nahm sich vor, den Rappen noch vor Morgengrauen wieder in die Hütte zu holen. Neben dem Rappen stillte er seinen Durst an dem kleinen Bach, der nahe an der Hütte vorbeifloss. Unter den uralten Fichten fand er dann genügend Reiser, um ein Bündel davon in die Hütte zu tragen und als Lager aufzuschichten. Die Decken waren ein weiterer guter Schutz gegen die Nachtkälte. Bevor er sich wieder zur Ruhe legte, aß er einige Biskuits, die er in den Satteltaschen vorfand. Sie reichten nicht, um den Hunger zu stillen, aber sie schafften das bohrende und nagende Gefühl ab, das in den Eingeweiden tobte und keine Ruhe ließ.

Bleihaltige Rechnung: Cowboy Western Sammelband 7 Romane

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