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Infektionisten

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Ein Schachspiel vertrieb Rigo und Bernhard die Reisezeit, aber sie hatte ihre liebe Mühe, die um Aufmerksamkeit heischende Agnes davon abzuhalten, unqualifiziert in das Spiel einzugreifen. Manfred wollte mit den Dreien bis an den Rand des bekannten Universums vorstoßen und, obwohl eine Raumkrümmung nur verhältnismäßig wenig Reiseeigenzeit beanspruchte, dauerte es doch ein paar Tage. Plötzlich beschlich alle ein ungutes Gefühl und als sich dann noch Manfred aufgeregt an sie wendete war klar, dass etwas Furchtbares geschehen war. Ich kann die Krümmung des Raumes nicht mehr beenden, dachte er aufgeregt. So etwas ist mir noch nie passiert. Das Ende unseres Kontinuums dürfte, nach meinen Berechnungen, bald erreicht sein und ich bekomme die Raumkrümmung nicht in den Griff. Es ist, als wenn mich etwas Riesiges immer weiterzieht.

Manfred wurde immer hektischer bei den Versuchen, die Krümmung doch noch zu glätten. Dann gab er erschöpft und frustriert auf. So hatten die drei Freunde ihren, immer so überlegen wirkenden Außerirdischen noch niemals erlebt. Ich kann es nicht stoppen, greinte er. Wir werden alle umkommen, wenn nicht ein Wunder geschieht.

Du könntest umkommen, dachte Bernhard pragmatisch. Wir anderen sind bereits gestorben. Natürlich wäre es nicht wünschenswert, wenn gerade dann, wenn es spannend wird, das Licht ausgeht. Aber die einzige arme Sau bist du, da du noch reales Leben in dir hast. Sehr empört meldete sich nun auch Agnes zu Wort. Und ich wollte euch noch ein paar Jahrtausende körperlich und geistig Freude bereiten, schimpfte sie entrüstet. Das soll nun alles vorbei sein? Aus Rigos Ecke kam nur ein „Danke“ und keiner wusste so recht, wie er das meinte. In der Zwischenzeit hatte sich Manfred wieder gefangen und seine Synapsen arbeiteten wieder rational. Wir haben sicher noch mindestens zwei Tage, bis was weiß ich passiert. Ihr könnt derweil in meinen Bibliotheken stöbern, wenn ihr wollt. Gegen etwas Lehrreiches zum Schluss hatte Rigo nichts einzuwenden. Agnes jedoch ergriff Bernhards Hand und zog ihn mit sich fort, in einen Winkel von Manfreds neuronalem Netz, der nur für ihren Geist bestimmt war.

Aber seid nicht so laut, sagte Manfred noch und obwohl die Gesamtsituation nicht dazu angetan war, konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Nachdem seine Freunde nun damit beschäftigt waren letzte, interessante Dinge zu erledigen, rechnete Manfred seine verbleibenden Möglichkeiten durch. Die nächsten Spiegler, die er hätte um Hilfe bitten können, standen zu weit entfernt, als dass sie ihn noch in der verbleibenden Zeit hätten erreichen können. Außerdem würde er sie dann wahrscheinlich nur mit ins Unglück reißen. Was konnte es sein, was ihn so rigoros anzog? Hier, am Ende der Welten, hätte er eine solche Kraft nie vermutet. Nun war er aber auch einer der jüngsten Spiegler und eventuell fehlte ihm nur die Erfahrung, um dieses Problem zu meistern.

Dann erinnerte er sich jedoch, dass er vor nicht allzu langer Zeit, bei einem Zeitparadoxon, seinem älteren Ich begegnet war. Folglich würde diese Situation nicht sein Ende bedeuten, tröstete er sich. Dann ging alles sehr schnell. Die Gedanken aller an Bord befindlichen Seelen nebst der von Manfred wurden nicht eingefroren, wiederholten sich jedoch ständig.

Rigo las gerade noch einmal in den Speicherungen der Krystallwesen, welche sie zuletzt besucht hatten, als ihn die Gedankenbeeinflussung traf. Wie eine kaputte Schallplatte, auf der immer wieder die letzten Töne zu hören waren, erlebte er seine Gedanken. Am härtesten, im wahrsten Sinne des Wortes, traf es Agnes und Bernhard, die in einem langen Orgasmus befindlich diesen immer wieder erleben durften.

Dann, nach unendlich wirkenden Minuten, war alles vorbei. Sie stießen gegen die schalenartige Begrenzung ihres Kontinuums und spürten nur noch einen wohligen Schmerz, als sie durch eine weitere Schale in ein anderes, größeres Kontinuum gezogen wurden.

Seelenspiegler

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