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Der Letzte seines Clans

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Das Reptil glitt durch das Gras des Schlossparks von Quorr und hatte keine Mühe, darin unbemerkt zu bleiben. Denn dem aktuellen Geschmack entsprechend, ließen die Gärtner das Grün und erwünschte Pflanzen kniehoch wachsen. Sie entfernten nur Gewächse, die mit ihren Kletten oder Dornen einem sorglosen Spaziergang von Bewohnern des Schlosses abträglich gewesen wären. Doch jetzt, kurz vor Mittnacht, stand weder König Rhazor noch seinen Höflingen der Sinn danach.

Der Himmel war von dicken Regenwolken bedeckt und verhüllte zuverlässig die Silberne Mutter und alle Sterne. Erste Tropfen fielen herab und benetzten die feinen Schuppen des Tieres, das eine Länge von zehn und eine Dicke von einem Fuß besaß. Mit zielstrebig wirkenden Bewegungen legte es seinen Weg durch das ausgedehnte Beet zurück und ignorierte dabei ein kleines Nagetier, das an den Knospen einer gelben Pflanze knabberte. Das Tierchen hatte beide Backen vollgestopft und kaute mit Genuss an den saftigen Stängeln, als sein sonstiger Todfeind nur wenige Schritte von ihm entfernt den Rand des Beetes erreichte. Es hielt zitternd inne und wollte sich schon davonmachen, als es zu begreifen schien, dass sich die Gefahr von ihm entfernte. Mit großen Augen verfolgte es den Weg der Schlange, die sich mit schnellen Wellenbewegungen in den Schatten einer Mauer begab, welche ein Wasserbecken umrahmte. Das leise Knirschen, das der lang gestreckte Körper auf den winzigen Steinchen des Weges verursachte, ging im Rauschen des nun kräftiger werdenden Regens unter.

Und ebenso die vorsichtigen Schritte einer Gestalt, die gerade aus einer winzigen Pforte des Schlosses huschte und am gegenüberliegenden Rand des vielgliedrigen Wasserbeckens durch die Dunkelheit schlich. Anders als das Reptil war die Gestalt hoch gewachsen und wäre allein dadurch sofort jedem aufgefallen, wenn sie sich nicht äußerst geschickt von Deckung zu Deckung bewegt hätte. Sie hatte eine Kapuze tief über den Kopf gezogen, doch nicht aufgrund des nun heftig prasselnden Regens, sondern um niemandem den Blick auf ihr Gesicht zu erlauben.

Beide – Schlange und Gestalt – verharrten augenblicklich in dunklen Schatten, als die Schritte zweier Knochenkrieger ertönten, die ihren Kontrollgang mit verkniffenen Gesichtern absolvierten. Die beiden Fackeln, die sie bei sich trugen, waren kurz davor, sich dem Regen zu beugen, als dieser von einem Moment zum anderen aufhörte.

»Die Silberne Mutter scheint uns gewogen zu sein«, stieß der eine hervor und prustete sich etliche Tropfen von seinem Schnauzbart. »Der kurze Schauer lässt uns wenigstens für den Rest der Nacht schlafen. Die Hitze des Tages war ja nicht auszuhalten.«

»Da hast du recht, mein Freund. Aber jetzt darfst du dafür die Schwüle genießen

»Was soll´s?«, antwortete der erste und bog mit seinem Begleiter in einen Weg, der sie zu ihren Unterkünften führen würde. »Unsere Wache ist zu Ende. Sollen die anderen durch den Dampf ihre Runden machen.«

Ihre Stimmen waren noch einige Augenblicke zu hören, dann erklang das entfernte Ächzen einer Tür, danach nichts mehr.

Ohne sich gegenseitig zu hören oder zu sehen, setzten das Reptil und die vermummte Gestalt ihren Weg fort. Hätte es jemand gegeben, der sie im Auge hätte behalten können, wäre ihm aufgefallen, dass sich beide von verschiedenen Seiten auf das gleiche Ziel zubewegten. Doch das einzige Lebewesen, das in der Nähe war, war das winzige Nagetier. Als auch die Geräusche der beiden nächtlichen Besucher des Parks verebbten, setzte es seine Kaubewegungen unverdrossen fort.

Die Schlange erhob ihren Kopf nur so weit über den Rand der Steinfassung des nun ruhenden Springbrunnens, dass sie das Gebäude am Rand des Parks in Augenschein nehmen konnte. Es war ein nach außen harmlos wirkender Bau. Sein Zweck dagegen alles andere. Nur die Wünsche des Herrschers waren der Grund dafür, dass es sich relativ nah an seinem Wohnsitz befand. Darin unterschied sich Rhazor nicht von seinem Vater oder dessen Vater. Aber das interessierte das Reptil nur insofern, dass es ihm einen längeren Weg an sein Ziel ersparte. Es züngelte in die feuchte Nachtluft und nahm eine Vielzahl von Gerüchen wahr.

Es witterte natürlich den mannigfaltigen Duft der Pflanzen, der durch den kurzen Regen nur wenig beeinträchtigt worden war. Dann den Geruch oder besser gesagt, den Mief, mindestens zweier weiterer Wächter, die sich in der Nähe des Eingangs befinden mussten … und den Hauch eines Parfüms, das zwar von seinem Träger oder seiner Trägerin abgewaschen worden, aber selbst als geringe Spur für seine geschärften Sinne immer noch wahrnehmbar war. Die Schlange züngelte noch einmal, dann glitt sie durch ein Lüftungsloch an der Seite des Gebäudes in dessen Finsternis hinein.

Lautlos wand sie sich durch dunkle Gänge, nur geleitet von ihrem Geruchssinn. Die Schlange passierte mehrere leere und eine ganze Anzahl belegter Zellen, dann verharrte sie vor einer massiven Tür, hinter der unstete Atemgeräusche hervordrangen.

»Nun, Gaukler«, flüsterte unvermittelt eine helle Stimme ein wenig entfernt. »Wollt Ihr Euch dem Gefangenen in dieser Gestalt zeigen oder als Zwerg ihm die Schlüssel durch das Gitter reichen?«

Die Schlange, niemand anderer als Surrio, der Gestaltwandler, zuckte mit ihrem dreieckigen Reptilienkopf herum, konnte aber selbst im schwachen Licht einer am Ende des Ganges vor sich hin glimmenden Fackel niemanden stehen sehen. Dafür kombinierte er nun den minimalen Duft mit der Stimme. Innerhalb eines Wimpernschlages wechselte die Schlange ihren Körper in den eines Zwerges.

»Ich hoffe, Ihr stört Euch nicht am Anblick meines nackten Leibes, Dame Aurelia«, flüsterte Surrio in den scheinbar leeren Gang hinein und machte dabei keine Anstalten, seine Blöße zu bedecken.

»Ich habe schon viele nackte Männer gesehen, mein Herr«, kam es einige Schritte und mehr als zwei Köpfe über ihm aus dem Nichts. »Ihr seid gewiss ansehnlich, Surrio. Aber ein wenig zu klein für mich.« Ihr Tonfall war deutlich gefärbt von Belustigung, aber frei von jeglichem Spott.

Surrio verneigte sich vor der Unsichtbaren. »Nun, von meiner Seite aus wäre eine Verbindung zwischen uns sicher eine erfreuliche Angelegenheit, Zauberin. Aber …«

»Genug der Höflichkeiten, mein Herr«, sagte Aurelia immer noch sehr leise und erschien plötzlich mitten im Gang. »Ich hege die Hoffnung, dass wir beide die gleiche Absicht haben.«

»Ich für meinen Teil möchte diesem Gefangenen zur Flucht verhelfen«, offenbarte der Zwerg sich der Frau, die ihn gespannt musterte.

»Und wie wollt Ihr ihn oder auch Euch von der Insel schaffen? Ich habe Euer kleines Boot im Hafen gesehen, Zwerg. Es erscheint mir wenig seefest zu sein, eher ein Ausflugsboot als etwas, mit dem man sich den Gefahren der offenen See aussetzen möchte.«

»Das klingt so, als hättet Ihr hingegen etwas Besseres«, antwortete der Gaukler galant und grinste breit. »Wenn sich auch unsere Gründe für die Befreiung dieses Mannes gleichen, wäre ich geneigt, Euer Schiff zu besteigen … allerdings in Kleidung, wenn´s beliebt. Denn auf Dauer kann ich den Anblick einer Schönheit wie Euch nicht ohne … äh … Reaktion garantieren.«

»Einigen wir uns vorerst darauf, dass wir alle von Quorr wegwollen, Herr Zwerg? Den Rest sollten und können wir deutlich entspannter an Bord meines Schiffes besprechen. Und auch das Ziel, wohin wir segeln.« Sie hob abwartend ihre Augenbrauen und legte auch ihren Kopf ein wenig zur Seite.

Surrio musste nicht lange nachdenken und nickte einfach. Er deutete mit einer Hand auf einen Bund grober Schlüssel, der an einem Haken in der Nähe der Fackel hing. »Das ist der einfache Teil, meine Liebe«, flüsterte er. »Aber mit dem Gefangenen im Schlepptau kommen wir weder als Geist noch als Schlange an den Wachen vorbei.«

Aurelia lächelte. »Wir Zauberer haben noch etliche Tricks auf Lager, Herr Zwerg. Ihr solltet Euch lieber in Eure Behausung begeben, etwas überziehen und zum Hafen kommen, sagen wir … zum Wechsel von der Großen zur Späten Nacht?« Es war die Zeit, in der selbst die frühesten Hafenarbeiter noch schliefen, was ihnen erlauben würde, sich davonmachen zu können, ohne Hast und Gefahr, durch eine Unachtsamkeit aufzufallen.

»Und wie erkenne ich Euer Schiff?«

»Achtet auf das Wasser, Herr Surrio«, sagte sie geheimnisvoll. »Habt Ihr viel Gepäck?«

»Nein, nur einen Seesack.«

»Gut. Dann werft ihn mit Schwung von Euch, wenn Ihr ein Husten hört … und springt Eurem Gepäck augenblicklich hinterher.« Wieder lächelte sie. »Könnt Ihr das?« Sie musterte seine kurzen Beine. »Am besten mit ein wenig Anlauf würde ich meinen.«

Nun war es Surrio, der mysteriös lächelte und sich im Handumdrehen wieder in eine Schlange verwandelte. Noch im Dahingleiten zischelte er. »Vielleicht hätte sich unser Schutzbefohlener erschreckt, wenn ich ihn so aufgesucht hätte.« Dann war er in der Dunkelheit verschwunden.

Aurelia indes schlich durch den Gang, bemächtigte sich des Schlüsselbundes und begab sich mit der Fackel in der anderen Hand an die Tür, hinter der die Atemgeräusche verstummt waren. Als sie den vierten Schlüssel leise knirschend ins Schloss steckte und dieser sich als der Richtige erwies, raschelte es in der Zelle.

»Hier öffnet Euch eine Freundin, Halldirian«, sprach sie gedämpft durch den Spalt. »Verhaltet Euch ruhig, mein Herr.« Dann drückte sie die Tür vollends auf und sah den Halldir-Mann angekettet an einer Wand kauern. Zu ihrem Erstaunen trug er einen sauberen Verband am linken Bein. »Was macht Eure Verletzung? Könnt Ihr damit laufen?«

Er deutete auf seine Ketten und sah sie an, als wären er und sie gleichermaßen von Sinnen. »Trotz der unverständlichen Fürsorge meiner Wärter und meines genesenden Beines, steht dieses Eisen jeglicher Fortbewegung entgegen.« Er deutete auf den Schlüsselbund, den sie in Händen hielt. »Das hilft Euch nicht, edle Dame. Der Kerkermeister trägt die wirklich wichtigen Schlüssel bei sich.«

»Darüber macht Euch keine Sorgen, Halldirian«, sagte sie und wollte schon eintreten, als hinter ihr eine raue Stimme ertönte.

»Du solltest dir lieber Sorgen darüber machen, was du dem König erzählen wirst, Weib!«

Aurelia wirbelte herum und sah einen grobschlächtigen Mann mittleren Alters im Gang stehen. Die massive Keule mit Eisendornen in seiner Rechten machte den Eindruck, als würden Berührungen mit ihr lieber zu vermeiden sein. Dafür bot ein kräftiger Schlüssel an seinem Gürtel einen schon fast verlockenden Anblick.

»Was willst du überhaupt hier, Weib?«, fragte der Kerkermeister und zeigte deutlich, dass er wohl schon lange keine so auffallend schöne Frau mehr gesehen hatte. »Wenn du mir …«, hob er an, konnte aber plötzlich kein weiteres Wort mehr von sich geben, sondern fasste sich mit entsetzter Miene an den Hals und schien Probleme mit seiner Atmung zu haben.

Die Zauberin hatte die Fackel einfach von sich geworfen, einen für den Gefangenen nicht sichtbaren Gegenstand ergriffen und eine Hand zu einer Kralle geformt. Ihrem Mund entströmten ein halbes Dutzend unverständlicher Worte, flogen wie gierige Mäuler an die Kehle des Wärters und brachten ihn nun dazu, in die Knie zu sinken. Mit beiden Händen fasste er nach seinem Hals und aufgerissenem Mund und versuchte die unsichtbare Pranke von sich zu reißen, die ihn in ihrem gnadenlosen Griff gefangen hielt. Er röchelte, brach vollends nieder und zuckte noch ein paar Mal mit seinen Beinen. Dann verdrehte er die Augen, sodass nur noch Weiß darin zu sehen war, und rührte sich nicht mehr.

Die Zauberin bückte sich rasch, nahm den Schlüssel für die Körperfesseln vom Gürtel des Toten und warf ihn dem Gefangenen zu.

»Kommt jetzt, Halldir-Mann!«, forderte Aurelia und bot dem Gefangenen die wieder mit Anmut ausgestreckte Hand, mit der sie gerade erst den Quorr getötet hatte.

Der junge Mann sah sie an wie ein Weltwunder.

»Ich fürchte«, sagte sie ernst, »dass noch mehr von seiner Sorte in diesem Gebäude herumlungern. Und ich habe jetzt keine Lust, noch mehr Kannibalen umzubringen. Später vielleicht … ganz bestimmt sogar.« Ihre letzten Worte hatte sie mit einer eisernen Härte ausgestoßen, die so gar nicht zu ihrem Äußeren passen wollte und die den jungen Mann wohl ahnen ließ, dass diese Frau knallhart sein konnte.

Halldirian schüttelte wie ernüchtert seinen Kopf. »Warum haben sie meine Wunde dann erst verbunden, wenn sie mich doch ohnehin verspeisen wollten?«

Aurelia machte ein so finsteres Gesicht, dass ihre Schönheit beinahe verschwunden wäre. »Diese Menschenfresser – zumindest dieses heuchlerische Pack am Hofe –, schätzen es nicht, wenn ihr Mahl von Wunden verunstaltet ist. Das dürfte bei den meisten Quorr sicher anders sein. Ihr jedoch, Halldir-Mann, solltet dem König selbst und seinen engsten Getreuen den Magen füllen.«

»Es gibt keinen Halldir-Clan mehr. Also wäre mir es egal gewesen, wenn sie auch mich gefressen hätten, ob nun verletzt oder geheilt; das macht keinen Unterschied mehr. Ich bin der Letzte meines Clans.«

»Dann schafft Euch eine Gemahlin an und lasst Euren Clan neu auferstehen. Doch wenn Ihr jetzt nicht Eure Füße bewegt, werdet Ihr doch noch auf einem Teller des Königs landen. Wollt Ihr das?«

»Ganz bestimmt nicht, edle Dame ...«

»Lasst das höfische Getue. Ich bin eine Dame, ja. Aber edel bin ich sicher nicht.«

Er stand auf und blickte sie von unten bis oben an. »Für mich schon. Ich habe Euch vor der Tür flüstern hören. Ihr nanntet jemanden Zwerg … und dieser Euch eine Zauberin. Hätte ich nicht gesehen, wie ihr den Kerkermeister erledigt habt, hätte ich niemals geglaubt, dass es Wesen wie Euch noch auf Driftworld gibt. Die Legenden …«

»… sind alle wahr, Halldirian. Aber dafür haben wir jetzt keine Zeit. Mein Schiff wartet auf uns.«

»Wohin …«, begann er und trat dann entschlossen auf sie zu. »Egal, Hauptsache weg von dieser verdammten Insel!«

Aurelia nickte nur, nahm die Fackel vom Boden auf, bevor diese ersticken konnte und gab sie dem Halldir-Mann. »Nehmt sie und die Keule, ich brauche jetzt beide Hände«, betonte sie und hatte plötzlich ein seltsam geformtes Amulett in der Hand, das sie im Halbdunkel des Ganges verborgen gehalten hatte. Ohne auf eine Erwiderung des jungen Mannes zu warten, wandte sie sich um und schritt so rasch voran, dass Halldirian Mühe hatte, ihr zu folgen.

Der Halldir-Mann bemühte sich, leise aufzutreten, und dicht hinter der Frau zu bleiben, die ihr Amulett nun ein wenig von sich gestreckt hielt. Dabei flüsterte sie beständig Worte in einer ihm unbekannten Sprache. Sie schien genau zu wissen, wie sie aus diesem Gebäude entkommen konnten. Mehrmals bogen sie ab, nahmen eine Treppe nach oben und gingen dunkle Gänge entlang, die jeweils nur mit einer kümmerlich vor sich hin glimmenden Fackel beleuchtet waren. Halldirian hatte längst den Eindruck gewonnen, dass die schlechte Beleuchtung mit Absicht eingerichtet worden war und rechnete jeden Augenblick mit den aus finsteren Winkeln auftauchenden Wächtern. Als er tatsächlich an einer solchen Nische vorbeigehen wollte und zu seinem Entsetzen einen darin schnarchenden Mann mehr ahnte, als sah, wäre ihm beinahe die Fackel aus der Hand gefallen. Aurelia war einfach an dem Mann vorbeigegangen. Halldirian musste einen erstickten Laut von sich gegeben haben, denn plötzlich blieb sie stehen.

»Leise!«, sagte sie kaum hörbar. »Wir werden nicht immer so ein Glück haben. Die Wachen an den Zugängen schlafen ganz sicher nicht. Würden sie im Schlaf erwischt werden, wären sie die nächste Mahlzeit.« Sie wartete nicht auf seine Antwort, sondern huschte wieder mit eilenden Schritten davon, jetzt neue unheimliche Worte hauchend. Aber mit einer Eindringlichkeit, die den jungen Mann fürchten ließ, dass jeder im Umkreis von hundert Schritten sie trotzdem hören könnte.

Halldirian wagte kaum zu atmen, als sie den deutlich helleren Schein einer großen Fackel am Ende des Ganges erblickten … und zwei Wachen, die den Eingang halb blockierten und sich murmelnd unterhielten.

Die Zauberin verlangsamte ihre Schritte nur wenig und so folgte er ihr mit gleichem Tempo. Ohne zu zögern, trat sie zwischen die beiden Knochenkrieger und schien sich nicht darum zu scheren, dass diese sie sehen mussten.

Doch sie taten es nicht.

Anstatt einen Alarmruf auszustoßen, die Frau zu packen oder sie gar mit ihren Waffen anzugreifen, unterhielten sich die beiden ohne merkliche Unterbrechung einfach weiter. Aurelia hatte wohl sein Zögern bemerkt und drehte sich nun – nur wenige Schritte von den beiden Wachen entfernt – zu ihm um und legte einen Finger auf ihre Lippen. Als er nicht sofort reagierte, winkte sie ihm, zu ihr zu kommen, und bedeutete ihm gleichzeitig mit knapper Geste, auf die wenigen Steinplatten zu treten, die in dem ansonsten mit Kies bedeckten Weg eingelassen waren. Halldirian verstand.

Sie hat uns unsichtbar gemacht! Dennoch blieb er stehen und Aurelia verdrehte genervt ihre Augen. Als dann einer der Knochenkrieger seinen Blick in den Gang wandte, in dem der Flüchtende stand und schier durch ihn hindurch schaute, fasste Halldirian Mut und ging langsam nach vorn. Es war ein seltsames Gefühl, selbst sehen zu können und für die beiden Krieger unsichtbar zu sein. Sein Herz pochte und seine Nacht-Hand wollte schon mit der Keule zum Schlag ausholen, als er den Blick Aurelias auffing, die still lächelte und ihm beruhigend zunickte. Beinahe hätte seine sich senkende Waffe den einen Wächter berührt, weil dieser sich wieder seinem Kameraden zuwandte und irgendetwas über das Ende ihrer Wache sagte.

Doch dann war er an ihnen vorbei und beschleunigte seine Schritte. Und es war genau dieser Moment, in dem Halldirian, der Letzte seines Clans, wieder Zuversicht schöpfte.

Wenn solch mächtige Wesen auf dieser Welt leben, kann ich auf eine Zukunft hoffen … und auf Rache.

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