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Die flüsternden Toten

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Es war etwa zum Ende der vierten Nachtstunde, also zum Übergang von der Großen zur Späten Nacht, als zwei Hafenglocken mit verhaltenen Schlägen die Ankunft von Schiffen verkündeten. Die erste – mit dunklerem Ton – trug ihre Botschaft mit einem einzigen Schlag an die Hafenmole und in die nahe Stadt. Die zweite Glocke zählte mit helleren Schlägen die Anzahl der Schiffe auf.

Drei helle Töne … drei Schiffe, dachte Surrio und war sofort hellwach. Als Iruti hatte er ohnehin nur geringen Bedarf an Ruhe, dazu einen sehr leichten Schlaf. Und die Ankunft von Schiffen war stets ein Umstand, der ihn interessierte. Er ahnte zwar schon, um welche Schiffe es sich handeln könnte, wollte sich aber persönlich davon überzeugen, dass seine Vermutung zutraf.

Die Knochenkrieger stießen aber mit vier in See: zwei Fracht- und zwei Kriegsschiffen! Er grinste schadenfroh. Die Halldir haben sich also zu wehren gewusst.

Der Gaukler verzichtete auf seine bunte Dienstkleidung, und zog sich stattdessen rasch dunkle Hosen, Hemd und Umhang über. Anstatt der Schuhe mit den Zimbeln schlüpfte er in weiche Ledersandalen, die ihn lautlos über fast jeden Untergrund würden schreiten lassen können. Surrio hatte mit Absicht und auf eigene Kosten ein Quartier bezogen, das näher am Hafen lag, als am Schloss König Rhazors. Er hatte diesbezüglich den Geiz des Potentaten ausgenutzt, der es gerne sah, wenn er sich ein paar Goldmünzen sparen konnte. Den Nachteil, der nicht unmittelbaren Verfügbarkeit seines neuen Unterhalters, nahm er dafür gerne in Kauf.

Surrio hatte es also nicht weit und kam gerade an, als das erste der Schiffe an seinem Liegeplatz anlegte. Schon als der Iruti um die letzte Hausecke gebogen war, wurde ihm klar, dass es sich ausschließlich um Frachtschiffe handelte. Verwundert besah er sich die Flaggen, die im schwachen Mondlicht ihre Herkunft verrieten.

Rote Dreieckssegel mit weißen Knochen … zwei Quorr-Schiffe … Frachter. Wo haben sie ihre Kriegsschiffe gelassen? Dann schlich er um eine Kaimauer herum und lugte zwischen zwei Pollern hindurch auf das dritte der Schiffe, das sich nun langsam am ersten vorbei bewegte und ebenfalls seinen Platz fand. Ein silberner Hammer auf blauem Grund: ein Halldir-Schiff.

»Also haben sie die Flüchtenden gefunden und eingeholt«, flüsterte er leise und zog sich ein wenig tiefer in die Deckung zurück, als Knochenkrieger die eilig angebrachten Stege herabmarschierten. »Wo haben sie ihre Kriegsschiffe?«, wiederholte er noch leiser und blickte durch eine Lücke auf die nicht ferne Hafeneinfahrt. Doch dort kündigten sich keine weiteren Schiffe an. Auch die Glocken blieben stumm.

Es muss einen Kampf gegeben haben. Denn Handelsschiffer hin oder her: Die Halldir würden sich niemals freiwillig in die Hände Quorrs begeben. Dann stahl sich ein zufriedenes Grinsen in das Gesicht des Zwerges. Offensichtlich mussten die Knochenkrieger mit zwei Schiffen … und entsprechendem Blutzoll die Hatz bezahlen.

Wie zur Antwort fiel das Mondlicht auf das Gesicht eines der Knochenkrieger, der es zum Himmel erhoben hatte. Surrio glaubte, darin jemanden wiederzuerkennen, der nach dem Befehl des Königs am Tag zuvor eilends die Thronhalle verlassen hatte. Dem Ausdruck im Antlitz des Mannes nach zu urteilen, war er nicht besonders erpicht darauf, seinem Souverän bald gegenübertreten zu müssen. Ob er seine Götter anrief, konnte der Gaukler nur vermuten. Im Grunde war es ihm egal und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder auf die hinter dem Quorr-Anführer auftauchenden Gestalten. Nach einem Trupp Knochenkriegern folgte eine Reihe von Männern in Fesseln. Eine erschreckend kurze Reihe. Surrio zählte gerade einmal 23 Mann, dann kamen wieder Männer in Knochenrüstung.

Ihr Götter! Soll das alles sein, was vom Halldir-Clan übrig geblieben ist? Vielleicht sind ihnen doch welche entkommen.

Als die Gefangenen in der Mitte ihrer Häscher den breiten Weg zum Schloss antraten, fiel dem Zwerg auf, dass keiner der Gefesselten nennenswerte Wunden erlitten zu haben schien.

Ein Kampf ohne Verletzungen? Haben sie sich ergeben? Dann schüttelte der Iruti seinen Kopf. Nie im Leben! Wahrscheinlich haben sie alle tödlich Verletzten und Toten einfach über Bord geworfen. Er verfolgte die traurige Szene und überlegte. Sie werden die Gefangenen dem König nicht mitten in der Nacht vorführen, dachte Surrio. Ich habe also genug Zeit für eine kleine Exkursion. Wenn ich allerdings von einer Wache oder einem anderen Quorr erwischt werde, wird Rhazor mich hinrichten lassen. Die Quorr schätzen es nicht, wenn man sie ausspionieren will.

Dann geschah etwas äußerst Seltsames.

Der Zwerg schlüpfte hastig aus seinen einfachen Kleidern und verharrte völlig nackt einen Moment lauschend in der Dunkelheit … und nahm flink die Gestalt eines großen Rattenjägers an!

Die Verwandlung hatte nicht länger als einen Wimpernschlag gedauert. Hätte ein Mensch Surrio beobachten können, hätte er sich gewundert, wohin der Zwerg verschwunden sein könnte und woher auf einmal dieses Tier gekommen war. Längst hatten die Menschen vergessen, dass die wenigen Zwerge Wechselbälger waren. Und noch etwas anderes hatten sie vergessen …

Aber Surrio hatte mit seinen empathischen Sinnen und natürlich Ohren in die Nacht gelauscht und niemanden gehört. Die beiden Poller, die sein Versteck bildeten, waren größer als er in seiner menschlichen Gestalt war und warfen ausreichend Schatten. Dazu kam die Schwärze der Nacht. Seine Transformation hatte also niemand mitbekommen.

Der Körper des Rattenjägers, den er angenommen hatte, erreichte im Durchschnitt mit seinen Schultern etwa die Kniehöhe eines ausgewachsenen Mannes, hatte ein glattes Fell und einen Schädel, der nur aus Kiefern und Zähnen zu bestehen schien. Seine Anwesenheit rund um den Hafen würde niemanden wundern, war es doch das bevorzugte Jagdgebiet dieser Tiere. Da sie dazu noch sehr schlank waren, entsprach ihr Körpergewicht ziemlich gut dem eines normalgewichtigen Zwerges … und Gestaltwandlers. Lediglich in einer Ecke seines Verstandes dachte Surrio kurz an frühere Zeiten, in denen wohlhabende Iruti zur Dickleibigkeit geneigt hatten.

Diese Zeiten sind lange vorbei, dachte er einerseits betrübt, andererseits erleichtert. Ein dicker Iruti sah einfach wie ein Haufen Ponatoscheiße aus. Dann stieß er die wenigen Kleidungsstücke, die er natürlich nicht verwandeln konnte, mit der kräftigen Schnauze über die Kante des Kais und sah, wie sie sich vollsogen und langsam im trüben Wasser versanken.

Surrio wusste nicht, was es war, aber aus einem Impuls oder Instinkt heraus schlug er weder den Weg in sein Quartier ein, noch folgte er den Kriegern und ihren Gefangenen. Stattdessen hielt er sich im Schatten der Gebäude und Hofmauern und gelangte schließlich an den Rand der Stadt. Das Licht der Silbernen Mutter wechselte durch einige Wolken seine Leuchtkraft und ganz weit im Osten zeigte sich die Ahnung des kommenden Morgens. Mehr oder weniger ziellos streifte Surrio am Rande der Stadt Quorr umher und hätte nicht sagen können, was ihn hierhertrieb. Als sich die Späte Nacht ihrem Ende näherte und ein deutlicher heller Streifen den Frühen Tag ankündigte, blieb er im Dämmerlicht stehen und blickte auf die Felder, welche direkt an die letzten Häuser anschlossen. Bilder von anderen Städten und Völkern erschienen unverhofft vor seinem inneren Auge und eine Frage schlich sich wie ein Dieb an die Oberfläche seines Bewusstseins:

Wo haben die Quorr ihre Friedhöfe? Wo und wie bestatten sie ihre Toten? Die meisten Handels-Clans und Seevölker, selbst auf größeren Inseln, pflegten ihre Toten im Meer zu bestatten. Sie hatten schlichtweg zu wenig Land, um es mit Begräbnisstätten zu vergeuden. Doch die Bewohner Der Festen Insel – wie auch die Eismänner des Nordens und Südens – mussten sich nicht der Mühe unterziehen, ihre Verstorbenen aufs Meer hinauszubringen, dort eine Lücke in der dicken Schicht zu schaffen und endlich die Toten in die Tiefe zu entlassen. Im Gegenteil: Die sich zersetzenden Leichen dienten – zumindest bei den Eisleuten – als wertvoller Dünger. Der Gedanke, dass ein Verstorbener nicht einfach verschwand, sondern als Teil pflanzlichen Lebens die Bedürfnisse seiner Nachkommen unterstützte, spendete vielen Hinterbliebenen ein wenig Trost.

Ein unerwarteter Schauer durchfuhr den Körper des Rattenjägers und ließ seine Flanken erzittern. Dann stieg ihm der Hauch eines seltsamen Geruches in die empfindliche Nase. Mit dem Kopf und der Schnauze dicht über dem Boden, trottete Surrio einen Weg entlang, der an steinfreien Stellen Spuren von tief eingegrabenen Wagenrädern aufwies. Als hätte jemand unsichtbare Wegweiser aufgestellt, folgte Surrio der Fährte und wurde von Augenblick zu Augenblick immer schneller. Als der Goldene Vater seine ersten Strahlen über die Kuppe eines mittelgroßen Hügels warf, gelangte Surrio dorthin, wo der Geruch am stärksten war.

Die Silberne Mutter verblasste zusehends und würde verschwunden sein, noch bevor der Goldene Vater die Herrschaft am Himmel gänzlich übernehmen würde. In diesem Moment sah Surrio ein Bild, das er unbewusst befürchtet, aber so nicht erwartet hatte.

Tausende Knochen lagen in wirren Haufen übereinander. Eine Mulde  zwischen dem Hügel, auf dem er stand und seinem nördlichen Gegenstück  war vollends damit ausgefüllt. Surrio suchte nach Schädeln oder anderen markanten Knochen, die ihm verraten hätten, um welche Lebewesen es sich handeln könnte. Als er auf Anhieb keine entdecken konnte, atmete er innerlich auf. Doch dann sah er im zunehmenden Licht des Frühen Tages doch den einen oder anderen Schädel.

Menschliche Schädel.

Sie bestatten ihre Toten nicht? Sie werfen sie einfach auf einen Haufen? Mitten unter die Überreste von Ponatos und anderem Schlachtvieh? Der Gedanke an Verschwendung wertvollen Düngers flammte in ihm auf und verschwand ebenso rasch wieder. Die einen finden Trost im Nutzen ihrer Ahnen, die anderen schütteln sich davor, etwas zu essen, das aus ihnen entstanden ist. Aber niemand lässt sie einfach verrotten!

Der verwandelte Zwerg hob seinen Tierschädel und lauschte in den Morgen. Seine Ohren registrierten das leise Rascheln der Blätter an den wenigen Bäumen, welche die Mulde säumten, das Flattern von Vögeln, die sich auf den Weg zu ihren Futterplätzen machten und den Schrei eines weit entfernten Tieres. Mit vorsichtigen Schritten lief er auf leisen Pfoten an den Rand des Knochenhaufens, hielt dort an und besah sie sich genauer. Der Geruch war zwar ein wenig stärker geworden, aber in seiner menschlichen Form wäre er Surrio wohl entgangen. Die Knochen lagen sauber, aber unregelmäßig vor ihm. Dann stutzte er und sah noch einmal auf ein Bündel, das nichts anderes sein konnte als Rippenknochen. Darunter lagen viele kleine Knochen … wie von Kindern … oder Zwergen!

Wie lange liegen die hier schon? Entweder wurden in letzter Zeit … seit langer Zeit keine neuen Leichen hier abgelegt oder allerlei Getier hat schon lange sein Mahl beendet … Und dann kam ihm ein schrecklicher Gedanke: Sie werden doch nicht …?

Mit einem Mal schien er Stimmen zu hören und ruckartig schnellte sein Tierschädel erneut in die Höhe. Doch keiner seiner animalischen Sinne meldete eine Gefahr. Trotzdem glaubte Surrio menschliche Laute zu hören, die ihn mit unterschiedlichen Stimmen zu warnen schienen.

Wenn ich mich wieder in meine eigene Gestalt verwandle, grübelte Surrio, verliere ich sicher diese Stimmen … und bin nackt und mit zwei Beinen langsamer als mit diesen flinken Pfoten.

Dann stellte er seine Ohren auf und versuchte eine Quelle, eine Richtung auszumachen, aus der die Stimmen ihm unverständliche Worte zuraunten.

Die Toten flüstern zu mir … weit entfernt. Aber die Nacht ist noch jung und diese Füße tragen schnell.

Als hätte ein Jagdhund die Spur seiner Beute aufgenommen, fegte der Rattenfänger durch den erwachenden Tag. Die bald aufkommende Hitze des Tages würde selbst ihm Schwierigkeiten bereiten, trotz des drahtigen Körpers, den er angenommen hatte. Also hetzte Surrio zwei Stunden in dieser Gestalt über Die Feste Insel, immer die unheimlichen Stimmen in den Ohren. Dann gelangte er unvermittelt an eine steinerne Mauer, die ihm den Weg versperrte.

Zu glatt, um an ihr hochzuklettern, selbst für eine Schlange. Zu hoch, um einfach darüber zu springen. Aber kein Hindernis für eine etwas groß geratene Wyvern.

Surrios Hundekörper verwandelte sich binnen eines Herzschlages in einen überdimensionierten Kleindrachen, der augenblicklich mit den ledernen Flügeln schlug, um deren Tragfähigkeit zu prüfen. Danach erhob er sich und achtete darauf, den scharfkantigen Ästen der Steinpalmen nicht zu nahe zu kommen.

Sollte mich jemand in dieser Gestalt sehen, wird er sich wundern, dass ich mehr als vier Mal so groß bin wie ein Nachrichtendrache. Aber dieser Teil der Insel scheint fast menschenleer zu sein. Ich muss das Risiko eingehen …

Tatsächlich wurde die angebliche Wyvern von zwei Wächtern gesichtet. Zum Glück des Gestaltwandlers waren diese aber selbst zu dieser relativ frühen Tageszeit noch viel zu betrunken, um die ungewöhnliche Größe des Tieres zu bemerken. Surrio flog ohnehin nur über die Mauer und wechselte erneut in den Körper eines Rattenjägers. Die ständig ansteigende Strecke im Schutz der Bäume zurückzulegen, erschien ihm sicherer, als am Himmel einen verdächtigen Schatten zu zeigen.

Er rannte noch fast bis zum Ende des Mitt-Tages und auf die Spitze eines Bergzuges, bis die Stimmen eine andere Intensität erhielten.

Näher.

Klagender.

Quälender.

Surrio reduzierte nun sein Tempo und schlich die letzten Dutzend Mannslängen zwischen den Steinpalmen entlang, bis er den Rand des Waldes erreichte und freie Sicht erhielt. Das Licht des Goldenen Vaters fiel heiß und blendend auf einen Einschnitt zwischen diesem und einem benachbarten und gleich hohen Berg. Mit animalischer Geste hob er den mächtigen Schädel seiner gewählten Erscheinung und schnupperte in die mittlerweile brütende Hitze hinaus. Bekannte Düfte und Gerüche drangen zu ihm, die er nacheinander identifizieren konnte. Aber da war noch etwas …

Und dann sah er das Wasser im Einschnitt. Als hätte ein Bäcker die Sahne auf einer Torte glattgestrichen, lag der See wie ein Spiegel zwischen den Bergen und warf tausendfach glitzernd das Gleißen der Sonnenstrahlen zurück. Schon im ersten Moment begriff Surrio die Unnatürlichkeit des Sees. Er folgte mit seinen Blicken dessen Uferverläufen und fand schon bald die riesige Staumauer, welche den See zum offenen Meer begrenzte. Der Gestaltwandler hätte seine Stirn gerunzelt, wäre er in seiner menschlichen Erscheinung hier gewesen.

Was ist das für ein Bauwerk? Welchen Sinn soll es haben? Ein geheimer Hafen für Kriegsschiffe? Die keine erkennbare Schleuse oder ein Tor zum Meer hin nutzen können? Was soll das?

Dann fiel ihm die Größe des Gebildes auf.

Das hat nicht König Rhazor allein bauen lassen. Das ist das Werk von Generationen …

Er wollte sich schon auf den Weg hinunter zum See machen, als die glatte Wasseroberfläche in Unruhe kam. Ein Körper, lang und dunkel, glitt für die Dauer eines Wimpernschlages durch die selbsterschaffenen leichten Wellen, tauchte wieder ab und ließ das Wasser kräuselnd zurück.

Surrios Tieraugen weiteten sich und konnten kaum glauben, was sie da eben beobachtet hatten.

Unmöglich, dachte er und wusste doch genau, was er gesehen hatte und was es bedeuten musste. Er wartete darauf, dass sich die Erscheinung wiederholte. Doch das Wasser beruhigte sich und lag so still und friedlich da, wie zuvor. Surrio wusste nicht, wie lange er dasaß und auf den See starrte. Erst nach und nach drängten sich die Stimmen wieder in seinen Kopf und schienen ihm – lauter als je zuvor – zuzuraunen.

Hilf uns! Lass uns hier nicht sterben! Wir leiden Qualen. Er zwingt uns, ihm zu dienen. Hilf uns!

Der Gestaltwandler wandte sich mit Gewalt um. Alles drängte ihn danach, die ganze Wahrheit über diesen Ort herauszufinden. Doch genauso klar stand ihm vor Augen, dass er allein hier nichts bewirken würde, Gestaltwandler hin oder her.

Aurelia! Gemeinsam mit ihr kann ich das Geheimnis vielleicht lüften und das Leid der Stimmen zu beenden versuchen.

Mit fast schon schmerzvollen Schritten wandte er sich um und machte sich auf den Weg zurück in die Stadt Quorr. Erst als er wieder die Mauer in Gestalt einer Wyvern überwunden und erneut als Rattenfänger durch die Landschaft strich, fiel er wieder in ein schnelleres Tempo. Er war sich dessen bewusst, dass er sich wie ein Fliehender verhielt, obwohl niemand ihn verfolgte … außer den Stimmen, die ihn jetzt aber nur noch in seiner Erinnerung heimsuchten.

Er versuchte, die Worte zu verstehen, konnte aber nur Fragmente und von Vorwürfen gefärbtes Geraune vernehmen, so als würden die Stimmen sich beschweren, dass er sie im Stich ließ.

Dann erklang aus der Ferne ein Fanfarenstoß. Surrio war lange genug auf Quorr, um zu wissen, dass dies eine Aufforderung an alle Offiziere, Beamten und Höflinge war, sich im großen Thronsaal einzufinden. Der Zwerg wusste auch, dass der Ruf nur noch zwei Mal ertönen würde. Dann sollte man besser vor Ort sein, wenn man nicht den Unmut des Königs auf sich ziehen wollte.

Und plötzlich hörte er die Stimmen scheinbar wieder klarer. Trotzdem verstand er keines ihrer Worte. Aber den warnenden Ton vernahm er wohl …

»Erinnerst du dich an unsere letzte Begegnung, Sohn?«

»Ja, Mutter.«

»Dann wiederhole!«

»Unser größter Feind ist das Königreich Quorr.«

»Warum?«

»Weil es die Glieder des Roten wieder vereinen will, um ein riesiges Land und Kaiserreich zu erschaffen.«

»Es ist leider auf dem besten Weg sein Ziel zu erreichen. Warum kämpfen wir dagegen an?«

»Weil der Rote sich wieder in den Himmel erheben würde und der Streit mit seinem Bruder, dem Grauen, erneut begänne. Und der Goldene Vater würde dann wohl beide – und somit die Welt und alles auf ihr, also auch uns Menschen – vernichten.«

»Es ist nicht sicher, dass der Goldene Vater so handeln würde …«

»Das Risiko können wir nicht eingehen, Lehrerin.«

»Gut, mein Sohn. Du hast viel gelernt.«

Aus den Legenden Nach Dem Fall

Die Lehrjahre König Andobars

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