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§ 11 John Nuveen Professor of Theology an der Divinity School der Universität Chicago (1962–1965)

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Tillichs Berufung als Harvard University Professor endete 1962. Im selben Jahr wurde er John Nuveen Professor of Theology an der Universität Chicago, an deren Divinity School er schon vorher regelmäßig Gastvorlesungen gehalten hatte.

1963 veröffentlichte er „Morality and Beyond“ (vgl. M III, 651–712, dt.: G III, 13–70), eine Sammlung von Beiträgen zur Ethik. Er fragt nach einer Ethik zwischen „gnadenlosem Moralismus“ und normenlosem Relativismus. Eine äußerliche Abhängigkeit der Moral von der Religion und ihren Geboten lehnt er ab. Doch Religion im Sinne der Erfahrung des Unbedingten ist implizit in der Moralität enthalten. Der moralische Imperativ – das „Du sollst“ – hat Unbedingtheitscharakter und damit eine religiöse Dimension. Die moralischen Gebote werden von der Religion nicht formuliert, aber ihr Ursprung, die Agape, die höchste Form der Liebe, ist religiös. Die Agape als letzte Norm aller moralischen Gebote weist auf die transzendente Quelle des moralischen Imperativs hin. Schließlich gibt es auch in der moralischen Motivation ein religiöses Element: nicht das gebietende Gesetz (wie bei Kant), sondern die Gnade.

Ein weiteres Themenfeld der Jahre in Chicago stellt die Religionsgeschichte dar. Auf einer Reise nach Japan (Mai bis Juli 1960) hatte er an zehn Universitäten Vorlesungen gehalten und mit Gelehrten und Priestern des Shintoismus und Buddhismus Gespräche geführt. Mit dem in Chicago lehrenden Religionswissenschaftler Mircea Eliade führte er nun mehrere Jahre gemeinsame Seminare durch. Eliade und seine Studenten waren für das religionsgeschichtliche Material verantwortlich, Tillich versuchte, es im Lichte des christlichen Denkens zu deuten.

In einer an der Columbia University in New York im Jahre 1961 gehaltenen Vorlesungsreihe beschäftige er sich erstmals mit der Begegnung der heutigen Hochreligionen mit anderen Hochreligionen und säkularen Quasi-Religionen, was zu seiner Schrift „Christianity and the Encounter of the World Religions“ führte (vgl. M V, 291–325, dt.: G V, 51–98). Im Vordergrund steht dabei der christlich-buddhistische Dialog. Der Islam fand nicht sein Interesse.

Tillichs letzter Vortrag trug den Titel „The Significance of the History of Religions for the Systematic Theologian“ (vgl. M VI, 431–446, dt.: E IV, 144–156). Darin entfaltet er seine Idee der „Religion des konkreten Geistes“ als des inneren Ziels der Religionsgeschichte. „Religion des konkreten Geistes“ ist die Religion, in der zwei Prinzipien vereint sind: einerseits das Konkrete und Endliche, in dem sich das Göttliche manifestiert, und andererseits der Geist, das Unendliche, das im Konkreten anwesend ist und es zugleich transzendiert. Konkretheit der Religion und Universalität des göttlichen Geistes bilden also keinen Gegensatz. Das Heilige erscheint im Endlichen und Partikularen, aber wir müssen über dieses Endliche und Partikulare hinausgehen „auf das Eine hin, das jenseits des Vielfältigen liegt“ (E IV, 150). Die Religionsgeschichte ist der „Kampf Gottes“ für diese „Religion des konkreten Geistes“, ein „Kampf Gottes gegen die Religion innerhalb der Religion“ (E IV, 151).

Die Arbeit mit Eliade, so berichtet Tillich in diesem Vortrag, habe ihm die Bedeutung der religionsgeschichtlichen Methode für die systematische Theologie gezeigt. Er will die religiösen Symbole im Kontext der Geschichte der Menschheit und der menschlichen Erfahrungen deuten, auch der gesellschaftlichen und politischen Erfahrungen. Die großen Symbole der Religionsgeschichte sagen etwas aus über das Selbstverständnis des Menschen. Als Beispiel nennt er die Betonung der Sünde im Christentum und das Fehlen dieses Begriffs im Islam.

Tillich hielt den Vortrag am 11. Oktober 1965. Am Morgen darauf erlitt er eine Herzattacke, an deren Folgen er am 22. Oktober 1965 verstarb.

Paul Tillich

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