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Quästor

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In Zeiten des Friedens verlaufen Karrieren langsamer. Den Krieg, den Caesar führen musste, um sein Ansehen und das Territorium des Reiches zu mehren, konnte er frühestens im 38. Lebensjahr bekommen, nämlich nach Ablauf seiner Prätur in Rom. Diese galt es zu erreichen, wenn möglich suo anno. Dazu musste er auf sich aufmerksam machen, ohne sich allzu weit von der politischen Hauptströmung zu entfernen. In ihr schwamm es sich leichter. Der Kurs, den die Konsuln Pompeius und Crassus verfolgten, kam ihm entgegen. Sie sind die von Sueton nicht namentlich genannten „Kräfte“, die Caesar unterstützte, denn die Wiederherstellung der alten Rechte der Volkstribunen war ein Programmpunkt der Popularen. Sicherlich gehörte Caesar auch zu den Befürwortern eines Gesetzes, das der Prätor Aurelius Cotta Ende des Jahres 70 beantragte. Ihm zufolge mussten die Senatoren ihre Sitze in den Geschworenengerichtshöfen, die ihnen Sulla zur ausschließlichen Nutzung zugesprochen hatte, nun mit Rittern und Ärartribunen teilen.4 Letztere lagen noch unter dem Zensus, der damals für Ritter galt, einem Mindestvermögen von 400.000 Sesterzen, und haben sich als eigene Gruppe nie sonderlich profiliert.

Caesar war zu diesem Zeitpunkt bereits zum Quästor gewählt worden, im Jahre 70 saß er in dieser Eigenschaft nun zum ersten Mal neben 19 weiteren Debütanten auf den harten Senatsbänken. Der Quästor war mit Fragen der Finanzverwaltung befasst, entweder in Rom selbst oder in einer der Provinzen als Gehilfe des Statthalters. Seine Hauptaufgabe aber war es, Ädil zu werden. Das war ein Nadelöhr in der Karriere, denn diese Stelle wurde nur an vier Kandidaten pro Jahr vergeben.

Caesar ging in die Provinz, und zwar in die Hispania Ulterior. Dort gab es beim amtierenden Proprätor mehr zu lernen als in Rom. Caesar verwaltete nicht allein die Feldkasse, er bereiste auch in Vertretung des Statthalters verschiedene „Kreistage“, um Recht zu sprechen – und erledigte vielleicht auch die eine oder andere kleinere militärische Mission.5

Noch vor seiner Abreise nach Spanien hatte Caesar im Jahre 69 zuerst seine Tante Julia und dann seine Frau Cornelia begraben müssen. An der großen Trauer um seine erste Frau, mit der gemeinsam er Sullas Repressalien überstanden hatte, besteht kein Zweifel. Dennoch waren aristokratische Begräbnisse in Rom auch immer Werbeveranstaltungen. An der Via Appia standen Begräbnisrotunden wie antike Litfasssäulen. Je näher sich die Denkmäler zur Stadtgrenze befanden, desto teurer wurden die Grundstücke, auf denen sie errichtet wurden. Gelegentlich publizierten die römischen Aristokraten ihre Trauerreden, und Sueton lag offenbar noch ein Auszug dessen vor, was Caesar seiner Tante und sich zu Ehren gesagt hatte: „Meiner Tante Julia mütterliches Geschlecht stammt von Königen; das väterliche ist mit den unsterblichen Göttern verwandt. Denn von Ancus Marcius stammen die Marcii Reges, deren Namen meine Mutter führte; von Venus die Julier, zu deren Geschlecht unsere Familie gehört. Es ist also in diesem Stamme hier die unverletzliche Majestät der Könige, die auf Erden die meiste Macht haben, dort die Heiligkeit der Götter, deren Untertanen die Könige selbst sind.“6 Unter Königen und Göttern tat es der junge Caesar nicht, und am Ende seines Lebens wurde er ja auch beides, das erste in den Augen seiner Gegner, das zweite in denen seiner Freunde.

Die Tante war die Witwe des Marius gewesen. Dies nutzte Caesar, um sich beim Volk in das rechte populare Licht zu rücken. Sulla hatte eine damnatio memoriae verfügt. Der Leichnam des Marius wurde aus dem Grab gerissen, seine Denkmäler gestürzt, alles das, was an ihn erinnerte, zerstört. Nun ließ Caesar nach langer Zeit des Verbots im Leichenzug wieder die Bilder des Marius zeigen. Die Sullaner empörten sich, das Volk jubelte. Caesars Risiko war nicht hoch. Die Pietät gebot ihm, die Götter mehr zu fürchten als die Menschen. Mit griechischer Bildung vertraut, kannte er sicherlich die „Antigone“ des Euripides.

Auch die Leichenfeier für die Gemahlin auf dem Forum verlief nicht ohne Provokation. Caesar übertrat zwar keine Verbote, sprengte aber Konventionen. Leichenreden für Frauen hatten sich erst allmählich durchgesetzt, für ältere Aristokratinnen war dies inzwischen schon Brauch. Für eine jung Verstorbene hatte aber noch niemand eine Rede gehalten. Caesar tat es als erster, und das Volk liebte ihn dafür, hielt es ihn doch seinerseits für einen liebenden Ehemann und Vater.7

In Spanien lernte Caesar schnell, und so war er der Quästur bald überdrüssig. Er bat um seine frühzeitige Entlassung und verließ das Land. Zuvor hatte er noch eine Begegnung mit einem berühmten Vorgänger. In Gades sah er vor dem dortigen Herakles-Tempel eine Statue Alexanders des Großen. Für den Biographen Sueton war dies der Grund der frühen Amtsmüdigkeit. „Beim Anblick des Standbildes Alexanders des Großen in der Nähe des Herkules-Tempels musste er laut aufseufzen, und wie angewidert über seine eigene Untätigkeit – hatte er doch in einem Alter, in dem Alexander schon die Welt erobert hatte, noch nichts Bemerkenswertes geleistet – forderte er sofort seine Entlassung.“8 Um fristgerecht ein neuer Alexander zu werden, blieben Caesar damals gerade noch elf Monate, denn sein Vorbild war noch vor Erreichen des 33. Geburtstages an psychischer und physischer Zerrüttung gestorben.

Caesar reiste zunächst in die Transpadana, die Region nördlich des Po. Von den Bürgerrechtsverleihungen an die Italiker am Ende des Bundesgenossenkrieges hatten nur die südlichen Gemeinden profitiert. Auf der anderen Flussseite wuchs die Unzufriedenheit, für einen popularen Politiker die Gelegenheit, sich für eine Sache einzusetzen, die ihm möglicherweise eine neue Klientel einbrachte. Das latinische Recht genügte den Transpadanern nicht mehr, denn es gewährte nur denen das Bürgerrecht, die es zu einem Gemeindeamt brachten. Caesar soll die Gemeinden sogar zum bewaffneten Kampf ermuntert haben. Angeblich verhinderte diesen nur die Präsenz zweier Legionen, die zum Kampf gegen Mithridates bestimmt waren, aber vom Senat so lange zurückgehalten wurden, bis sich die gefährliche Lage stabilisiert hatte.9 Ob hier wirklich zum ersten Mal Legionen die Republik vor Caesar schützen mussten, sei dahingestellt. In jedem Fall hatte der Quästor auf sich aufmerksam gemacht.

Das tat er auch nach seiner Ankunft in Rom, allerdings auf zivile Weise. Caesar heiratete ein zweites Mal, und die Überraschung war die neue Gattin.10 Pompeia, nicht verwandt oder verschwägert mit dem Triumvir Pompeius, besaß zwei berühmte Großväter, die sich im Jahre 88 das Konsulat geteilt hatten und die entschiedensten Gegner der Popularen gewesen waren: Pompeius Rufus und Cornelius Sulla. Sie hatten Cinna und Marius geächtet, verfolgt, ihre Gräber nach dem Tode geschändet. Umgekehrt hatten deren Anhänger den Vater der Pompeia erschlagen. Zur gemeinsamen Hochzeitsfeier brauchte Caesar die streitenden Vorfahren nicht mehr einzuladen; ihm drohte aber etwas anderes. Falls er ein zweites Mal Witwer werden sollte, müsste er nach den Ahnenbildern des Marius und Cinna auch die des Sulla durch Roms Straßen tragen lassen. Die Weltgeschichte stecke voll von Komik, schrieb Hermann Strasburger, die Historiker würden sich und ihrer Sache das aber nur selten anmerken lassen.11

Die Liaison mit Pompeia und den Optimaten währte aber nur kurz. Caesar ließ sich schon bald wieder scheiden. Was die Drohungen eines Diktators in der ersten Ehe nicht bewirkt hatten, das bewerkstelligte in der zweiten die Furcht, sich vor dem Volk lächerlich zu machen.

Caesar

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