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Marty Barrimore wohnte in einer alten zehnstöckigen Mietskaserne. Die Fenster seiner Dreizimmerwohnung gingen in den Hinterhof hinaus. Wenn er Lust hatte, konnte er den Nachbarn gegenüber bei allem zusehen, was sie machten. Ob sie sich nun prügelten, stritten oder liebten. Er konnte alles sehen, wenn er wollte. Hin und wieder machte er es auch. Wenn er sich einsam und allein fühlte. Dann nahm er sein Fernglas zur Hand, stellte einen Whisky aufs Fensterbrett, schaltete das Licht in der ganzen Wohnung aus und glotzte in die gegenüberliegenden Käselöcher.

Heute war mal wieder so ein Abend. Er wusste nichts Rechtes anzufangen. Schräg gegenüber wohnte ein niedliches, kleines Hippiegirl. Er hatte sich schon oft vorgenommen, sie einmal anzusprechen. Denn so intim, wie er sie kannte, hätte er sich das schon erlauben können.

Sie war hautschlecht, die Kleine. Lief die meiste Zeit nackt in der Wohnung herum und empfing auch ihre Freunde gleich nackt, damit es keine Missverständnisse und keine Komplikationen gab. Sie verspeiste mehrere Jungen die Woche, ohne dass sie deshalb hässlicher wurde. Im Gegenteil. Barrimore fand, dass ihr die Liebe sichtlich guttat.

„Was ist ihr denn heute in den Sinn gekommen?“, knurrte Barrimore, am Fenster sitzend. Er leckte sich über die trockenen Lippen und starrte gebannt durchs Fernglas. „Warum trägt sie denn einen Bikini? Empfängt sie etwa heute einen Pfaffen?“

Er beobachtete das Mädchen mit geröteten Wangen. Sie lief im Wohnzimmer umher, holte von irgendwo bunte Polster und warf sie einfach auf den Boden, Danach überblickte sie den Polsterberg nachdenklich, langte schließlich nach dem Verschluss des Büstenhalters und nahm das kleine Textil mit einer raschen Bewegung ab.

„Na, endlich", grinste Barrimore und nahm einen Schluck von seinem Whisky, „Und jetzt das Höschen, Kleine. Nun mach schon.“

Als hätte das Mädchen ihn gehört, streifte sie nun auch den Slip mit einer schnellen Bewegung ab.

„Das Spiel kann wieder mal beginnen“, lachte Marty Barrimore heiser. Ihm gefielen die wohlgerundeten Schultern. Er war fasziniert vom Glanz der schweren, straffen Brüste. Es erregte ihn, die Bewegungen ihrer makellosen Beine zu beobachten. Das Gleiten ihrer schwellenden Hüften brachte ihn ins Schwitzen, die gottvollen Kurven raubten ihm jedesmal beinahe den Verstand.

Jetzt zuckte das Mädchen drüben zusammen. Sie wandte sich um und verließ das Wohnzimmer.

Marty zog mit seinem Glas nach. Gleich musste sie in der Diele auftauchen. Da war sie auch schon. Sie ging an die Tür.

Marty nahm sich vor, mal hinüberzugehen und an der Tür zu lesen, wie sie hieß.

Sie machte die Tür auf. Ein Mädchen und ein junger Mann traten ein. Sie hatten beide lange Haare, trugen eine Variation von mexikanischen Ponchos, und Marty tat sich schwer, auseinanderzuhalten, wer nun das Mädchen und wer der Junge war.

Das Mädchen stellte den Burschen vor. Die Nackte gab ihm unkompliziert die Hand und führte die beiden dann ins Wohnzimmer. Dort ließen sie sich auf den bunten Polstern zwanglos nieder.

„Jetzt geht’s gleich los“, grinste Marty. Er griff aufgeregt nach dem Whiskyglas und trank, ohne das Fernglas von den Augen zu nehmen.

Als die Glocke an der Tür anschlug, erschrak er wie ein Kind, das man bei etwas Verbotenem ertappt hatte. Er stieß einen mürrischen Fluch aus, erhob sich widerwillig, machte Licht und ging nach draußen, um nachzusehen, wer um diese Zeit für ihn Interesse hatte.

„Hallo, Marty“, sagte Mirja Stewart lächelnd. Sie lehnte am Türpfosten und schien leicht angeheitert zu sein.

„Was willst du?“, fragte Barrimore irritiert.

„Fragt man das ein Mädchen, wenn es eines Abends unvermutet vor der Tür steht?“, fragte Mirja mit einem sinnlichen Augenaufschlag zurück.

Marty betrachtete sie jetzt genauer. Er konnte es kaum begreifen, warum er es nicht eher getan hatte. Sie trug einen Pulli, den sie mal zu heiß gewaschen hatte. Er hörte kurz über dem Nabel auf. Unter dem Nabel begannen dann die dunkelblauen Samtjeans, die sich um ihren Po spannten wie eine zweite Haut. Marty erkannte, dass sie unter dem Pulli nichts als ihre sündhaft schöne Nacktheit trug, und er wurde merklich unruhig.

Mirja war immer schon sein Typ gewesen. Er hatte es niemals gewagt, ihr das zu sagen. Er hatte geglaubt, sie wäre um ein paar Nummern zu groß für ihn.

Und nun passierte das!

Sie stand doch wahrhaftig ein wenig beschwipst vor seiner Tür und schien allem Anschein nach auf ein Abenteuer aus zu sein.

„Komm doch ’rein, Mirja“, sagte er erfreut. Das Abenteuer konnte sie gerne haben.

Er lief ins Wohnzimmer, nahm den Stuhl vom Fenster, versteckte das Fernglas hinter seinem Rücken und legte es schnell in die Lade der Kommode. Dann nahm er den Whisky auf, machte einen hastigen Schluck und stellte das Glas auf den Tisch, der in der Mitte des Zimmers unter dem Lüster stand.

Mirja blickte sich im Raum um. Die Wände waren mit billigen, geschmacklosen Tapeten beklebt, auf dem Boden lag ein farbloser, abgetretener Teppich, die Türen waren zerkratzt und die Möbel alt.

„Nett hast du’s hier“, sagte Mirja anerkennend.

„Setz dich doch“, erwiderte Marty verlegen. „Freut mich, dass es dir bei mir gefällt, Mirja.“

Mirja setzte sich aufs Sofa.

„Einen Drink?“, fragte Marty unsicher. Er hatte keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. Er wollte auf keinen Fall etwas verpatzen. Das Glück kam nicht oft in sein Haus. Er wollte es nicht verscheuchen.

„Hast du was Scharfes im Haus?“, erkundigte sich Mirja.

„Wodka vielleicht?“, fragte Marty.

„Okay. Wodka. Aber versprich mir, dass du nicht damit knauserst.“

Marty lachte. „Du kannst die ganze Flasche austrinken, wenn du willst.“

„Nur mal sachte, Kleiner“, kicherte Mirja. „Wenn ich blau bin, bin ich für die Liebe nicht zu gebrauchen.“

Marty spürte es angenehm wohlig über den Rücken kribbeln. Sie hatte ihm eben anvertraut, weswegen sie zu ihm gekommen war. Sie wollte Liebe von ihm. Von ihm! Er konnte es noch gar nicht richtig fassen. Mirja war doch ein Prachtmädchen. Wieso kam sie ausgerechnet zu ihm? Sie konnte jeden haben, den sie nur wollte.

Marty brachte ihr den Wodka. „Auf einen netten Abend, Baby“, sagte er grinsend.

Mirja trank das scharfe Zeug wie Wasser. „Da bist du wohl platt, dass Mirja dich in deiner Einsiedlerklause besucht, wie?“

„Kann man wohl sagen“, gab Marty schüchtern zu.

„Wollte schon lange mal zu dir kommen“, sagte Mirja offenherzig. „Wollte nur nie so recht klappen.“

„Und heute?“

„Heute hatte ich Streit mit meinem Freund. Ich hab’ ihm den Laufpass gegeben.“

„Weshalb?“

„Das Aas wollte mir Vorschriften machen, wieviel ich trinken dürfe. Da kam er mir gerade recht. Es klappte ohnehin schon die längste Zeit nicht mehr so recht mit uns beiden. Seine Bevormundung war mir ein willkommener Anlass. Soll ich dir sagen, was ich ihm alles an den Kopf geworfen habe? Grün und rot ist er geworden. Er hat andauernd die Farbe gewechselt. Wie ein Chamäleon. Danach bin ich einfach fortgerannt. Ich lief die Straße entlang und hielt nach einem Taxi Ausschau. Da fiel mir plötzlich ein, dass Marty Barrimore hier in der Gegend wohnt. Ich dachte, du würdest dich freuen, wenn ich dich besuchte.“ Mirja breitete die Arme weit aus. „Da bin ich.“

Marty setzte sich zögernd neben das aufregende Mädchen.

„Du darfst mich küssen, wenn du magst“, schlug Mirja lächelnd vor. Sie stellte den Wodka weg und klappte die Augenlider zu.

Marty konnte sich kaum noch beherrschen. Er küsste sie, als wollte er sie fressen. Wie von selbst begannen seine Hände über ihren Körper zu gleiten. Sie wehrte sich nicht, presste sich drängend an ihn, forderte ihn mit heißen Küssen zu mehr Mut auf.

Dann stieß sie ihn plötzlich kichernd von sich.

Marty starrte sie entgeistert an. „Was — was ist?“, stammelte er verstört. „Hab’ ich irgend etwas falsch gemacht?“

„Keine Sorge, Kleiner“, kicherte Mirja schrill „Wie du’s machst, ist’s schon in Ordnung.“

„Warum hast du mich dann weggestoßen?“

„Weil ich vorher ein Bad nehmen möchte“, schmunzelte Mirja. „Dummer Junge. Ich war heute viel unterwegs. Ich habe geschwitzt. Ich möchte duften, wenn du mich in die Arme nimmst. Nicht stinken. Verstehst du das?“

„Selbstverständlich“, nickte Marty glücklich. Er zeigte ihr das Bad, und sie zog sich zurück.

Als sie allein im Bad war, schüttelte sie sich angewidert. Plötzlich war sie nicht mehr beschwipst. Sie war nüchtern, und die Handgriffe, die sie machte, wirkten sicher.

Sie ließ dampfendes Wasser in die Wanne laufen. Während das Wasser die Wanne langsam füllte, trat sie an den Spiegelschrank, der über dem Waschbecken hing. Sie öffnete ihn und durchstöberte ihn.

Wenige Augenblicke später hatte sie gefunden, wonach sie gesucht hatte. Sie nahm Marty Barrimores scharfes Rasiermesser heraus und schloss den Schrank wieder.

Ein hexenhaftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie das Messer mit einer langsamen Bewegung aufklappte.

Sie stellte sich hinter die Badezimmertür und rief laut: „Marty, Darling! Komm doch mal! Du musst mir den Rücken schrubben!“

Marty Barrimore ließ sich das nicht zweimal sagen. Er stürmte mit leuchtenden Augen erregt ins Bad.

Als er erkannte, was wirklich los war, war es für ihn bereits zu spät. Er sah Mirja mit einem heiseren Schrei auf sich zukommen. Er riss die Augen erschrocken auf, da traf ihn ein heftiger Schlag an der Kehle.

Sie hatte ihm mit einem Ruck die Kehle durchschnitten und hatte ihm gleichzeitig einen heftigen Stoß versetzt. Er fiel kopfüber in das dampfende Wasser...

Mirja lief anschließend nicht kopflos aus dem Haus. Sie sah sich prüfend in der Wohnung um, beseitigte alle Spuren, die sie hinterlassen hatte, schüttete den Wodka in die Badewanne, drehte den Wasserhahn auf und wischte alles ab, was sie angefasst hatte. Erst als sie überzeugt war, dass die Polizei nichts finden würde, was sie mit diesem Mord in Zusammenhang bringen könnte, verließ sie mit einem eiskalten Lächeln um die Lippen Barrimores Wohnung.

Eine halbe Stunde später stand sie mit einem Love-Story-Lächeln vor Emerson Surtees und sagte: „Hey, Em!“

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