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„Also, dann mal los“, sagte ich und schwang mich als erster aus dem Mustang. „Beeilt euch, denn Müßiggang ist allen Hastens Anfang.“

Wir hielten kurz Kriegsrat ab.

„Ich geh’ vorn an die Tür“, sagte ich.

„Und Charles und ich versuchen den beiden den Fluchtweg abzuschneiden, indem wir das Strandhaus von beiden Seiten in die Zange nehmen“, versetzte Susan Tucker.

Sie fasste in die Tasche und holte ihren kleinen Knaller hervor. Charles nahm ebenfalls die Waffe in die Faust. Schließlich wollten wir Montague Ross und dessen Freundin zu keiner Wohltätigkeitsveranstaltung abholen, und somit war damit zu rechnen, dass Ross sich nicht so ohne weiteres unseren Wünschen fügen würde.

„Lass uns eine Minute Zeit, Biff“, sagte Susan.

Ich nickte.

Charles drückte sich an mir vorbei. Ich sah in sein gespanntes Gesicht Es wirkte hart und entschlossen. Er war mit vollem Einsatz bei der Sache.

„Kommen Sie, Charles“, zischte Susan.

Sie schwärmten aus. Susan rechts, Charles links.

Das Strandhaus war in ein kleines Wäldchen eingeklemmt. Kleine Büsche machten die Gegend idyllisch. Ganz nah hörte man die Wellen des Lake Michigan gegen die Ufersteine schlagen, ohne sie jedoch sehen zu können, weil die Aussicht von dichten Baumkronen und Büschen verdeckt war.

Das Sonnenlicht rieselte nur noch spärlich durch die Zweige. Der Tag starb allmählich an Altersschwäche. Ich hoffte nur, dass er noch so lange durchhalten würde, bis wir hier mit Ross fertig waren.

Die Susan und Charles zugestandene Minute war um.

Ich machte mich auf die Socken.

Läuten oder einfach eintreten — das war hier die Frage. Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit, denn ich wollte Ross nicht die geringste Chance geben, an seinen Ballermann zu gelangen. Die Sache sollte sauber über die Bühne gehen. Ohne blutige Wäsche, ohne Todesschreie.

Es sollte ein glattes Geschäft werden. Ross sollte mir die neunhundertfünfzigtausend Dollar geben. Dafür würde er von mir ein Leben hinter schwedischen Gardinen bekommen.

Die Tür ließ sich vollkommen lautlos öffnen. Ich war Ross ehrlich dankbar dafür, dass er sie ab und zu ölte.

Noch war meine Hand, die die Waffe fest umklammert hielt, staubtrocken. Ich war aber sicher, dass sie feucht werden würde, wenn ich erst einmal Ross gegenüberstand.

Es war ziemlich dunkel hier drin. Meine Augen mussten sich erst an das diesige Licht gewöhnen. Ich wartete so lange und schlich dann mit angehaltenem Atem auf Zehenspitzen vorwärts.

Ich durchschritt die Halle und steuerte eine offenstehende Schiebetür an. Es war totenstill im ganzen Haus. Wenn ich nicht Ross und seine Freundin mit eigenen Augen dieses Haus betreten gesehen hätte, hätte ich angenommen, mich in der Adresse geirrt zu haben.

Bevor ich die Schiebetür erreichte, wandte ich mich sicherheitshalber um. Schließlich möchte man ja sehen, wenn man eins auf die Birne bekommt

Niemand war da. Ich war nach wie vor allein. Die Totenstille ging mir allmählich an die Nieren.

Plötzlich strich mir etwas eiskalt über den Rücken. Ich hatte einen Laut gehört. Jemand hatte ganz leise und ganz kurz gestöhnt.

Ich rannte los.

Als ich Ross’ Arbeitszimmer betreten hatte, stieg mir juckender Pulverschmauch in die Nase und reizte meine Schleimhäute.

Ich sah sie beide auf einen Blick. Sie lagen fast nebeneinander. Mei Chen war tot. Ich brauchte kein Mediziner zu sein, um das festzustellen.

Montague Ross lebte noch. Allerdings nicht mehr viel. Er hatte eine Kugel im Kopf stecken und bot einen schrecklichen Anblick.

Ich versuchte mir vorzustellen, was hier gelaufen war. Hatten sich die beiden gegenseitig umgebracht? Ich entdeckte die Waffen nicht, mit denen sie es getan haben könnten. Außerdem schien es mir absurd, dass Ross seine Freundin bis hierher mitnahm, um sie dann umzulegen.

Der Safe stand offen. Er war vollkommen leer.

Hatten die beiden am Ende Besuch von einem Dritten gehabt?

Ich kniete neben Montague Ross nieder. Ich scherte mich nicht darum, dass ich blutig wurde, als ich unter seinen Kopf griff, um ihn ein wenig hochzuheben. Ich raffte den Teppich etwas zusammen und legte Ross’ Kopf auf dieses künstliche Polster.

„Ross!", sagte ich. „Ross! Hören Sie mich?“

Er röchelte, dass mir das Blut in den Adern fror. Ich brüllte nach Susan und Charles. Vielleicht war der Mann noch zu retten. Sie sollten die Rettung alarmieren oder das Rote Kreuz — egal, wen.

Meine beiden Mitarbeiter kamen aus dem Garten über die Terrasse ins Haus.

Sie erstarrten, als sie die blutige Szene gewahrten.

„Einen Krankenwagen“, stieß ich aufgeregt hervor. „Schnell, Susan. Vielleicht schafft er’s noch so lange.“

Susan schüttelte die lähmende Erregung ab. Sie lief zum Telefon, fegte den Hörer von der Gabel und wählte aufgeregt den Notruf der Rettung.

Charles trat zu mir.

„Kann ich etwas tun, Biff?“, fragte er mit belegter Stimme.

Ich schüttelte den Kopf. „Ich fürchte nein, Charles.“

„Wie ist das passiert?“, fragte Lenoire, innerlich aufgewühlt. „Hat er was sagen können?“

„Bis jetzt noch nicht“, erwiderte ich.

Montague Ross bewegte sich plötzlich. Er machte eine Handbewegung, als wollte er eine Fliege von der Stelle wegjagen, wo ihm die Kugel in den Kopf gedrungen war. Dann öffnete er ein Auge. Das zweite wollte ihm nicht mehr gehorchen.

Er sah mich erstaunt an. Dann schweifte sein trüber Blick zu Charles hinüber.

„Was ist passiert, Ross?“, fragte ich schnell. „Wenn Sie in der Lage sind zu sprechen, dann sagen Sie uns, was passiert ist.“

Ross schloss das Auge wieder, als wollte er uns nicht sehen. Es stimmte, seine Freunde waren wir immer noch nicht. Aber wir wollten ihm helfen. Es war einfach unsere Pflicht, ihm zu helfen.

„Mmmei Chdichen...“, kam es leise über seine bebenden Lippen. Er tastete nach dem Auge, das noch funktionierte, und wischte eine Träne daraus fort.

Susan trat zu uns. „Sie schicken den Krankenwagen sofort los, Biff.“

Ich nickte dankend, ohne den Kopf von Ross zu wenden.

„Wird er durchhalten?“, fragte Charles.

„Kann ich hellsehen?“, gab ich ärgerlich zurück.

Ross’ Körper durchrieselte ein konvulsivisches Zucken. Jetzt ist es aus mit ihm, dachte ich. Doch der kleine Gangsterboss war zäher, als ich vermutete.

Er schaffte es noch einmal, das Auge aufzumachen. Ich werde seinen Blick wohl nie mehr vergessen. Es lag viel Hass, eine Menge Feindschaft in ihm, aber es lag auch ein verzweifeltes Flehen darin. Ein Flehen um Hilfe und um Vergeltung für das, was man ihm angetan hatte.

»Er — er hat... einfach... abgedrückt“, flüsterte Montague Ross. Es war ihm anzusehen, dass er sich stark anstrengen musste, um überhaupt noch ein Wort über die Lippen zu bringen.

„Wer, Ross?Wer?“, fragte ich aufgeregt.

Wieder erbebte sein Körper. Eine dieser Erschütterungen würde ihn wohl bald wegraffen.

„Wer?“, drängte ich deshalb. „Wer hat einfach abgedrückt?“

Seine Hand fiel plötzlich schlaff herab. Die Finger zuckten, er rang verbissen mit dem Tod. Er wollte noch nicht sterben, wollte uns noch etwas sagen.

Die Lippen formten bereits die Silben, doch die Stimmbänder wollten ihm nicht mehr gehorchen.

Immer noch stand das Auge offen. Solange er es offenhalten konnte, war er am Leben. Er wusste das anscheinend, denn er bemühte sich krampfhaft, es nicht zu schließen.

„Wer, Ross?“, sagte ich, einer Verzweiflung nahe.

„Der Chinese“, presste Ross beim letzten Aufflackern seines Lebenswillens hervor. „Wer ... ist... das?“

Der Chinese!

Ein Kerl, der uns, seit wir den Fall übernommen hatten, immer wieder aufgefallen war. Ein Kerl, der mir das Leben gerettet hatte.

Wer war dieser verdammte Chinese, der hierhergekommen war, um Montague Ross und Mei Chen eiskalt niederzuknallen?

Ross starb mit dieser Frage auf den Lippen. Er sollte nie erfahren, wer der Chinese war.

Aber sollten wir es je erfahren?

Das jähe Aufbrüllen eines Automotors ließ mich erschrocken hochschnellen.

„Der Chinese!“, schrie ich. „Er haut ab!“

Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket

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