Читать книгу Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket - A. F. Morland - Страница 59
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Оглавление»Ich bin zurück.« Marilyn stand bei einem der vielen öffentlichen Telefone in der Flughalle. Ein breitschultriger Mann in blauer Uniform mit PanAm Emblem wartete etwas abseits. Der Co-Pilot ihres Fluges.
Sie drehte sich zu ihm und zwinkerte ihm zu. Er winkte grinsend.
»Geh ins Lexington, Kind.« Die rauchige Stimme der Chefin klang so gelassen und zufrieden wie immer. »Ich werde dich in den nächsten Stunden anrufen.«
Das Lexington Hotel gehörte der Chefin. Marilyn hatte dort eine Stelle als stellvertretende Geschäftsführerin. Weiter nichts als ein Tarnjob. Sie machte so gut wie keinen Finger krumm in dem Laden.
»Ein Auftrag?« Marilyn versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen. Die nächsten Stunden wollte sie eigentlich im Bett verbringen. Mit dem smarten Co-Piloten, der auf sie wartete.
»Nichts Besonderes, Kindchen«, erwiderte die Chefin. »Und wenn die Sache mit der Vanhouven über die Bühne ist, liegt vorläufig auch nichts mehr an. Dann kannst du dich für ein paar Wochen zurückziehen. Aber jetzt brauch ich dich.«
»Dann spannen Sie mich nicht länger auf die Folter.«
»Es geht um den MS-kranken Schriftsteller, um Merchand. Unser Trucker hat ihn nicht erwischt. Der Mann ist äußerst wendig mit seinem Rollstuhl. Er konnte dem LKW ausweichen.«
»Und die Krankenschwester?« Neben einer Speditionsfirma, diversen Restaurants und dem Seniorenheim besaß die Chefin auch noch einen privaten Pflegedienst. Und natürlich das Hotel. Marylin nahm an, dass das längst nicht alles war, aber die Chefin verriet selbst ihren engsten Mitarbeitern - und dazu gehörte Marilyn - nur das Nötigste.
»Sie ist zu labil für den Job. Ich habe mich entschlossen, Sie nicht in unsere Geschäfte einzuweihen.«
Wahrscheinlich hatte die Chefin nichts gegen die Pflegeschwester in der Hand. Sie zog nur Leute ins Vertrauen, von denen sie Dinge wusste, die für mindestens zehn Jahre Gefängnis reichten. Marilyn gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin. Aber das war für sie in Ordnung. Schließlich wusste sie auch über die Geschäfte der Chefin Bescheid und würde aus ihrem Wissen Kapital schlagen, wenn man sie fallen lassen würde.
Das durfte die Chefin nur jetzt noch nicht wissen.
»Was soll ich tun?«
»Merchand lässt zwei bis dreimal die Woche ein Mädchen antanzen. Ich habe Geschäftsverbindungen zu der Agentur. Du verstehst?«
Marilyn verstand gut.
»Diese Woche hat er erst ein Girl in Anspruch genommen. Wenn er das nächste Mal in der Agentur anruft, geht der Auftrag an mich weiter.«
»Und ich werde dann zu ihm gehen?«
»Du hast es erfasst, mein kluges Kind. Mach es ihm noch einmal schön, damit er keinen Verdacht schöpft.«
Diese Vorstellung ließ Marilyn kalt. Sie hatte schon in viel unappetitlicheren Situationen die Beine breit gemacht. Und noch jedes Mal ihren Spaß dabei gehabt. Die Chefin kannte ihre Schwäche genau.
»Und wie soll ich ihn umbringen?«
»Umbringen wie das klingt, Kindchen. Er wird an einer akuten Krankheit sterben. Hast du etwas zu schreiben?«
»Ja, Moment.« Marilyn verdeckte die Sprechmuschel mit der Handfläche und rief zu dem wartenden Co-Piloten: »Ich habe solchen Hunger, Darling. Würdest du mir einen Hamburger besorgen?«
Der Pilot grinste, legte die rechte Hand an den Schirm seiner Mütze und eilte zu dem Imbissstand im Eingangsbereich.
Als er zurückkam, hatte Marilyn alle Anweisungen und Informationen der Chefin sorgfältig notiert.
Gewissenhaftigkeit war das oberste Gebot in ihrem Geschäft. Die Chefin ließ keine Gelegenheit aus, dies allen Mitarbeitern immer wieder einzuschärfen. Einen Fehler durfte sich niemand erlauben, der auf ihrer Gehaltsliste stand. Und jeder wusste das. Sobald sich die Polizei für jemanden interessierte, wurde er aus dem Verkehr gezogen. Und landete mit einem Gullydeckel am Hals im Hudson. Oder in einem Krematorium. Die Chefin war diesbezüglich von gnadenloser Konsequenz.
»Ich bin soweit, Darling.« Der Mann strahlte über das ganze Gesicht und reichte ihr den Hamburger.
»Danke.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Ich weiß auch schon, wo wir jetzt hingehen.«
Marilyn dachte nicht daran, auf diesen Adonis zu verzichten. Sie würde ihn einfach mit ins Lexington nehmen, ihm ein Essen spendieren und ihn dann solange in ihrem Bett strapazieren, bis die Chefin anrief.
Oder bis er nicht mehr konnte.
Aber er sah ganz so aus, als würde es lange dauern, bis er k.o. ging.
Marilyn konnte nicht ohne Mann sein. Jedenfalls nicht länger als zwölf Stunden.