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Es war ein eiskalter, aber sonniger Morgen. Der Mond stand immer noch als weiße Sichel am klaren Himmel, während sich sich die Journalisten und Kameraleute vor den Stufen des Gerichtsgebäudes die Füße platt traten. Nervös verlagerten sie das Gewicht von einem Bein auf das andere und warteten auf den großen Augenblick.

Den Augenblick, an dem sie den Photoshoot des Tages oder vielleicht sogar ein Mini-Interview machen konnten.

Und dann war es soweit.

Inmitten einer riesigen Menschenmenge, stolzierte Marvin Kingsroad die Stufen des Portals hinab.

Als freier Mann. Ganz offensichtlich.

So, wie es alle erwartet und viele befürchtet hatten. Ein Mann, der jahrelang als Drogendealer gegolten hatte und dem mehrere Auftragsmorde an Konkurrenten zur Last gelegt worden war. Natürlich auch Steuerhinterziehung, Bestechung von Beamten verschiedener städtischer Behörden inklusive des New York Police Departments und so weiter und so fort. Die Anklageschrift hatte einen größeren Umfang gehabt als so manche Gemeindebibliothek.

Aber nach und nach war alles in sich zusammengefallen. Ein unerfahrener Staatsanwalt hatte ein übriges dazu getan.

Zeugen hatten plötzlich kalte Füße gekriegt oder waren von Kingsroads hungriger Anwaltsmeute als völlig unglaubwürdig hingestellt worden.

Jetzt war der Freispruch also perfekt.

Er war einfach nicht zu verhindern gewesen und es gab viele in New York, die das zutiefst bedauerten. Niemand zweifelte daran, dass Kingsroad nichts anderes tun würde, als mit seinen üblen Geschäften fortzufahren. Und es gab nichts, was das Gesetz im Moment dagegen tun konnte.

Zwar war es kein Freispruch erster Klasse, sondern nur einer aus Mangel an Beweisen, aber Kingsroad war das egal.

Der gebürtige Jamaikaner stand wie ein antiker Triumphator auf den Stufen des Portals und grinste mit seinen makellosen Zähnen in die Kameras. Den Cashmere-Mantel trug er offen.

Darunter wurde das Armani-Jackett sichtbar. Am Handgelenk glitzerte die goldene Rolex.

Ein dicker Schopf aus Rasta-Locken fiel ihm bis auf die breiten Schultern. Dort wurde er durch ein Seidenband zusammengehalten.

Rechts und links gingen seine baumlangen Gorillas. Das Heer seiner Anwälte folgte ihm auf den Fuß.

An Kingsroads Arm hing eine Mulattin mit rotgefärbten Haaren und kurvenreicher Figur. Das Strickleid, das sie trug, war sicher eine Nummer zu klein, stand ihr aber genau deswegen besonders gut. Bei dem Pelz, den sie trug, handelte es sich um echten Hermelin. Das entsprach zwar nicht ganz der Welle der sogenannten politischen Korrektheit, die das liberale New York genauso heimsuchte wie den Rest der Staaten, aber das kümmerte weder die kurvenreiche Rothaarige noch den Mann, der ihr diesen Pelz finanziert hatte.

Marvin Kingsroad.

Er zeigte der Journaille sein Tigerlächeln.

Seine Gorillas schubsten einige der Reporter ein Stück zur Seite.

"Mr. Kingsroad gibt keine Kommentare!", brüllte einer von ihnen zwischen seinen Zähnen hindurch. Aber das wollte keiner der Wartenden glauben.

Als Kingsroad den Fuß der Treppe erreicht hatte, drehte er sich zum Schrecken seiner Sicherheitsleute nochmal um. Er hob die Hand, aber es wurde nicht ruhiger.

Er wartete gelassen.

"Mr. Kingsroad, meinen Sie, dass mit diesem Urteil der Gerechtigkeit Genüge getan wurde?", erkundigte sich eine Reporterin mit einem Gesicht, das ein bisschen zu angestrengt wirkte, um noch richtig hübsch sein zu können.

"Seit heute glaube ich wieder an den Rechtstaat, Ma'am!", erklärte er.

Seine Stimme war scharf und ätzend.

Sein Tonfall war zynisch.

Irgendwo unter den Dutzenden von Menschen, die sich um Marvin Kingsroad drängten befand sich ein untersetzter Mann mit dunklen Haaren.

"Abschaum", flüsterte er vor sich hin und seine Lippen bebten vor Wut und Hass. "Dieser Mann ist Abschaum, nichts als eine Ratte, die man zerquetschen sollte..."

In seinen Augen flackerte es.

Der Griff seiner Hand ging in die tiefe Tasche seines weiten Mantels.

Er fühlte etwas Kaltes, Metallenes.

Eine Pistole!

Jetzt noch nicht!, sagte er sich. Es kommt eine günstigere Gelegenheit...

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