Читать книгу Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015 - A. F. Morland - Страница 15

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Ich gondelte mit dem Lift abwärts und verließ wenige Augenblicke später unseren Wolkenkratzer. Mein roter Mustang stand brav und treu in der Sonne und wartete darauf, dass ich ihn bestieg und ihn ein wenig mit den Sporen kitzelte.

Ich holte die Wagenschlüssel aus der Tasche und wollte die Tür aufschließen, da fiel der Schatten von zwei Kleiderschränken auf mein Gesicht. Ich richtete mich auf und blickte in die Visagen von Satans liebsten Kindern. Sie grinsten. Trotzdem brachte ich ihnen ungefähr dasselbe Vertrauen entgegen wie Susans Werwolf.

„Zweimal Al Capone Verschnitt!“ Ich stellte es sachlich fest.

Sie grinsten weiter. Ich befand mich in ihrer kuscheligen Mitte.

„Jetzt weiß ich, was mir so lange Zeit gefehlt hat“, führte ich weiter den großen Spruch. „Die Nestwärme.“

„Heute darfst du mal Benzin sparen, Calder“, sagte der Jüngling rechts neben mir. Er trug ein kariertes Hemd und eine getupfte Krawatte. Das passte zwar nicht zusammen, aber es kleidete ihn.

„Wir bringen dich, wohin du willst!“, grinste der andere. Er trug ein getupftes Hemd und eine karierte Krawatte.

Mir machte der Vorstadtschick der beiden jedoch nichts aus. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden.

„Mein Wagen braucht nicht viel“, sagte ich mit geschürzter Lippe. „Mir kommt’s auf die paar Liter nicht an.“

„Man muss im Kleinen sparen“, sagte der rechte Schächer. Etwas später sollte ich erfahren, dass er Eddie Harvey hieß. Sein Kumpel hörte auf Ernie Walker.

„Wenn du jetzt hübsch brav mitkommst, sparst du nicht nur Benzin, Calder“, sagte Ernie mit einem einladenden Lächeln. „Du ersparst dir auch eine Menge Ärger.“

„Und wir sparen uns zumindest eine Kugel, die wir dir in den Wanst jagen würden, wenn wir uns nicht einigen könnten“, fügte Eddie leutselig hinzu.

„Das gibt ja den reinsten Weltspartag“, grinste ich die beiden schweren Brocken an.

„Ich sehe, wir verstehen uns“, sagte Eddie. „Unser Wagen steht gleich um die Ecke. Wenn du dich bemühen willst, Schnüffler.“

Ich wollte nicht. Ich wollte meine Ruhe haben. Ich wollte zu Mary Scott fahren. Warum belästigten mich diese beiden Affen eigentlich?

Ich sagte: „Ich bin nicht sehr gut zu Fuß.“

Ernie bleckte die Zähne. Es wäre übertrieben gewesen, dies als Lächeln zu bezeichnen. Er biss mich mit den Augen, während er sagte: „Wir können dich natürlich auch tragen.“

Ich nickte.

„Ich bitte darum!“

Eddie verlor als Erster die Geduld. Er schnarrte mich feindselig an: „Vorwärts jetzt, Calder! Du solltest dich schämen, in deinem Alter noch getragen werden zu wollen.“ Er schob mir seinen Knaller in die Seite. Hätte ich so unhöflich sein sollen, seine freundliche Einladung abzulehnen?

Ich kenne diese Typen lange genug, um zu wissen, wann man ihnen auf den Zeiger fällt. Und ich weiß auch die Erfahrungswerte, wie sie dann reagieren, wenn man sie zu hoch auf den Arm genommen hat.

Wir marschierten los — wir vier: Ernie, Eddie, ich — und Eddies Revolver.

Sie brachten mich, zwischen sich eingeklemmt, um die Ecke. Ich war zwar genauso groß wie sie, wog aber kaum mehr als die Hälfte von Eddie oder Ernie.

Sie führten mich wie einen Blinden zu einem roten Thunderbird. Eddie öffnete wie ein abgetakelter Hotelportier den Wagenschlag und machte eine Handbewegung, als wollte er Hühner verscheuchen. Logischerweise fühlte ich mich mit dieser Handbewegung nicht angesprochen.

Ich fragte: „Wohin soll die Reise gehen? Zur Milchstraße?“

„Wirst es in zwanzig Minuten sehen“, sagte Ernie kurz angebunden.

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich fürchte, ich kann nicht einsteigen!“

„Und warum nicht?“, fauchte Ernie zornig.

„In einem roten Auto wird mir immer schlecht.“

„Mach keinen Blödsinn! Hast ja selbst einen roten Wagen.“

„Das schon. Aber der ist die meiste Zeit so dreckig, dass man die Farbe nur raten kann.“

Die beiden waren die humorlosesten Menschen, die mir jemals untergekommen waren.

Eddie knirschte mich an: „Steig ein, sonst kriegst du zu deinem roten Wagen ein blaues Auge!“

Jetzt stellte ich Folgendes klar: „Wenn ihr mir etwas tut, sage ich’s meinem Freund. Der ist drei Meter groß und zwei Meter breit. Der macht euch flach wie zwei Briefmarken.“

Nun hatte ich Eddie doch zum Lachen gebracht.

Er sagte: „Bevor dein dämlicher Freund dazu kommt, machen wir mit unseren Pusten aus ihm ein drei Meter großes und zwei Meter breites Sieb.“

„Angeber!“, wagte ich zu behaupten.

„Genug gescherzt!“, sagte Ernie Walker.

Woher wollte er wissen, dass ich schon genug gescherzt hatte?

„Steig ein“, biss mich der unsympathische Kerl an, „sonst lass’ ich dich an meiner Faust schnuppern.“

„Nicht nötig“, knurrte ich zurück. „Die stinkt sicher genauso wie ihr im Ganzen. Ihr solltet euch mal mit Salzsäure waschen, Freunde!“

Ernie Walker hatte genug von mir. Er schlug blitzschnell zu. Genau darauf hatte ich es angelegt.

Ich rammte Ernie die Wagentür in den Bauch. Er klappte zusammen, sein Schlag puffte in die Luft. Nun jagte ich ihm einen rechten Schwinger ans Kinn. Die Wucht des Schlages fegte ihn zurück und von den Beinen.

Daraufhin riss Eddie Harvey seine Artillerie heraus, um mich damit zur Räson zu bringen.

Ernie Walker krebste auf dem Boden herum. Um ihn vollends auszuschalten, holte ich mit dem Bein aus und kickte nach seinem Kopf. Er fiel zur Seite. Und von da an hatte ich es nur noch mit einem Gegner zu tun. Allerdings mit einem sehr gefährlichen Gegner, der mir furchtbar gern ein Loch in meinen Pelz brennen wollte.

Eddies Waffe zuckte in meine Richtung. Ich schnellte zur Seite und sprang ihn mit einer Beinschere an. Er taumelte, kam jedoch nicht zu Fall. Immer noch hielt er die Waffe gefährlich in der Pranke. Ich machte eine wirbelnde Drehung nach rechts und kickte nach seiner Schusshand, bevor er abdrücken konnte. Die Waffe löste sich aus seinen aufschnappenden Fingern. Sein Gesicht verzerrte sich. Der Tritt gegen das Handgelenk schmerzte ihn. Die Pistole krachte gegen das Seitenfenster des Wagens und durchschlug es. Wie in Zeitlupe sah ich, wie das Glas weiß wie Milch wurde. Dann zerplatzte es in Millionen kleine Teilchen und prasselte auf den Boden hinunter.

Eddie gab sich deshalb aber noch nicht geschlagen. Im Gegenteil. Er bekam einen richtigen Wutanfall. Das, was ihm eben passiert war, hatte ihm wahrscheinlich noch keiner gemacht.

Er stürmte auf mich los, nahm den Kopf zwischen die Schultern und drehte seine mächtigen Fäuste wild. Ein Treffer hätte genügt, um mich neben Ernie zu werfen.

Ich steppte nach links und hackte mit der Handkante nach seinem wulstigen Hals. Das ließ ihn in die Knie gehen.

Um sich schneller aufrichten zu können, hielt er sich am Wagen fest. Ich erkannte sofort meine Chance, fasste nach der Tür und schleuderte sie zu. Er hatte die Finger dazwischen. Sein Geheul war weithin hörbar. Es weckte sogar Ernies Lebensgeister wieder.

Der Gorilla rollte sich auf die Knie und sprang mich knurrend an, während Eddie um seine Finger jammerte. Irgendwie schaffte es Ernie, in meinen Rücken zu gelangen. Noch ehe ich es verhindern konnte, fasste er mich fest von hinten.

Jetzt wollten sie jenes Spiel wiederholen, das sie heute schon einmal gespielt hatten, und zwar mit Daniel Rackin in dessen Bar.

Eddie stellte sich mit blutunterlaufenen Augen vor mir auf.

Doch mein Name war nicht Daniel Rackin. Ich war nicht nur um viele Jahre jünger als dieser, ich war auch härter im Nehmen, war erprobter im Kampf und hatte mit mehr Finten aufzuwarten als dieser.

Eddie brachte keinen einzigen Schlag an. Ich ließ Ernie die Freude, mich festzuhalten, stemmte mich an ihm hoch und knallte Eddie beide Schuhabsätze gleichzeitig ins Gesicht.

Ich sah ihn fallen. Dann landete ich mit den Beinen wieder auf dem Boden, nutzte diesen Schwung sofort aus, krümmte den Rücken, und Ernie flog in hohem Bogen über mich hinweg.“

Es war ein hässliches Geräusch zu hören, als er mit dem Schädel hart auf dem Asphalt landete.

Nun war ich am Zug.

Ich schenkte ihnen keine Sekunde. Meine Hand glitt mit einer fließenden Bewegung zum Schulterholster. Im nächsten Moment hatte ich meine Knallfackel blankgezogen.

Eddie und Ernie konnten es einfach nicht fassen. Meine Schnelligkeit verwirrte sie nicht nur, sie verblüffte sie sogar. Zögernd richteten sie sich auf. Ihre Augen waren starr auf die Mündung meiner Waffe gerichtet. Dass ich sie nicht erschießen würde, das wussten sie. Aber konnten sie damit rechnen, dass ich überhaupt nicht abdrücken würde? Eine Kugel im Bein oder in der Schulter tut auch ganz schön weh.

Keuchend glotzten sie auf mein Krawalleisen. Ihre beiden Gesichter waren große Fragezeichen. Was würde nun kommen? Was würde Calder nun mit ihnen tentieren?

„So, ihr Lumpensammler“, schnaubte ich drohend. Sie hatten mir gehörig eingeheizt, die beiden. Ich schwitze mächtig. Mein Atem rasselte in der Kehle und machte mich darauf aufmerksam, dass ich in Zukunft weniger rauchen sollte, wenn ich länger fit bleiben wollte. Wie wichtig es war, dass man fit blieb, hatte das eben erst überstandene Erlebnis gezeigt.

„Jetzt mal 'raus mit der Sprache!“, bellte ich die Schläger an.

Ihre Köpfe waren puterrot. Es war der Zorn, die Überanstrengung, der Hass und die Scham darüber, dass sie es zu zweit nicht geschafft hatten, mich fertigzumachen.

„Was wollt ihr von mir?“, schnauzte ich sie an. Sie schwiegen. „Wer schickt euch?“

Sie sagten keinen Ton. Ich hätte es vielleicht aus ihnen herausprügeln können, aber ich wollte nicht, dass der ganze Rummel noch mal von vorn losging.

„Wohin sollt ihr mich bringen?“

Ein Grab hätte nicht besser schweigen können als die beiden.

Trotzdem war ihnen anzusehen, dass sie Angst vor mir hatten. Angst vor mir und meinem Ballermann ...

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015

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