Читать книгу Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane - A. F. Morland - Страница 18
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Der Zufall wollte es, dass in München nicht nur jener Walter Schmidt lebte, der sich, nach der Ausheilung eines Magengeschwürs in der Seeberg-Klinik einer Vagusnerv-Operation unterzogen hatte. Es gab auch noch einen anderen, und der war mit Dr. Yvonne Wismath befreundet.
Die Namensvettern wussten nichts voneinander. München ist schließlich kein Dorf, sondern eine Großstadt. Hier kennt man schon die Leute nicht mehr namentlich, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnen.
Der andere Walter Schmidt – nicht der Grafiker, sondern der Computerexperte – war groß und stattlich, hatte ein sympathisches Gesicht und war zwei Jahre älter als Yvonne Wismath.
Gleich nachdem er von Bremen zurückgekommen war, hatte sie ihm von ihrer Begegnung mit Sven Kayser erzählt. Sie hatte nichts zu verbergen, konnte offen reden.
Dennoch störte Walter Schmidt ihre Begeisterung ein wenig. Er war davon etwas unangenehm berührt, schließlich war er in Yvonne sehr verliebt und wollte sie nicht an einen ihrer ehemaligen Kommilitonen verlieren. Er wurde vorübergehend etwas ruhiger, als Yvonne Solveig Abel erwähnte, aber seine Nackenhärchen stellten sich gleich wieder quer, als er hörte, dass seine Yvonne am Sonntag ziemlich lange mit Dr. Sven Kayser zusammen gewesen war. Allein!
,,Er war, als er mich abends heimbrachte, so rücksichtsvoll, meine Einladung zum Kaffee abzulehnen“, berichtete ihm Yvonne ziemlich unbedarft.
Walter Schmidt sah sie groß an. Sie befanden sich in ihrer Wohnung. „Was, du wolltest ihn noch mit zu dir nehmen?“
„Wäre doch nichts dabei gewesen.“
Walter konnte Yvonnes Einstellung nicht verstehen. „Du hättest das wirklich schicklich gefunden?“
„Warum denn nicht?“, erwiderte sie, als brauchte sie deswegen überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben. Brauchte sie auch nicht. „So, wie wir früher mal zueinander gestanden hatten.“
Walter musterte sie befremdet. „Na eben!“
Yvonne lachte. „Aber Walter, das ist doch schon so lange her!“
„Ich finde das überhaupt nicht komisch“, sagte er rau. „Sven Kayser war mal in dich verliebt, hab’ ich recht?“
„Ja, und ich war in ihn verliebt.“
„Noch schlimmer“, stöhnte Walter Schmidt.
„Aber wir haben nie zueinandergefunden. Das Schicksal wollte es nicht“, sagte Yvonne Wismath.
„Vielleicht will es das Schicksal jetzt?“
Yvonne schüttelte langsam den Kopf und sah ihm dabei tief in die Augen. Mit dunkler Stimme sagte sie: „Nein, jetzt will es das Schicksal, dass ich mit dir zusammen bin, du dummer Kerl. Sven und ich werden nie ein Paar. Der Zug ist schon lange abgefahren. Aber wir mögen einander noch immer sehr, und daran wird sich nie etwas ändern.“
Walter nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich. „Ich möchte dich nicht verlieren, Yvonne.“
Sie lächelte belustigt. „Keine Sorge, Liebster, du wirst mich nicht mehr los. Du hast meine Liebe geweckt, und nun will ich dich mit Haut und Haaren.“
„Du hast mich.“ Er küsste sie.
„Mit Haut und Haaren?“, fragte sie.
„Mit Haut und Haaren.“
„Du gehörst mir?“, fragte Yvonne. „Nur mir allein?“
„Nur dir allein“, versicherte er ihr und streichelte zärtlich ihre Wange.
Dann grinste er ein wenig schief. „Ich muss dir sagen, dieser Dr. Kayser lag mir vorhin wie ein Stein im Magen.“
„Und nun?“
„Er löst sich allmählich auf.“
„Ich hoffe, du wirst ihn bald kennenlernen.“
„Muss das sein?“
„Ja, das muss sein. Wir haben beschlossen, etwas zu viert zu unternehmen. Du wirst von Sven Kayser und Solveig Abel begeistert sein. Solveig ist eine richtige Dame.“
„Die kann man sich ja mal aus der Nähe ansehen.“
Yvonne hob drohend den Finger. „Du, pass auf, was du redest.“
Walter lachte „Aber mein Schätzchen, ich bin treu wie Gold, das weißt du doch.“
„Weiß ich eben nicht. Du bist häufig unterwegs – Bremen, Frankfurt, Dresden, Baden-Baden ...“
Walter feixte „Ja, und überall hab’ ich ’ne Braut.“
„Und jeder sagst du, du bist treu wie Gold.“
Walter amüsierte sich köstlich. „Klar doch. Und alle glauben es, weil ich so ein ehrliches Gesicht habe.“
„Wie viele Bräute hast du wirklich?“
„Keine einzige“, antwortete er nun ernst. „Ich habe nur dich, aber du bist nicht meine Braut, denn das würde ja bedeuten, dass du dich bereits einverstanden erklärt hättest, mich zu heiraten.“
„Heiraten ...“
Er nickte und strich ihr sanft übers blonde Haar. „Ich weiß, für dich hat dieses Wort keine allzu große Bedeutung.“
„Es gibt auch Ehen, die ohne Trauschein sehr gut funktionieren.“
„Du denkst an deine Verbindung mit Thorsten Klenke“, sagte Walter Schmidt.
„Zum Beispiel – ja.“
Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Aber wenn ich dich gern zu meiner Frau machen würde – so mit Brief und Siegel und allem Drum und Dran ... Würdest du mir dann die Freude machen und Ja sagen?“
„Ich weiß es nicht, Walter.“
Er sah sie enttäuscht an. „Wieso nicht?“
„Wir kennen uns noch nicht lange genug“, antwortete Yvonne Wismath.
„Zeit ist für die Liebe kein Thema“, entgegnete Walter. „Worauf willst du warten?“
„Ich möchte dich erst noch ein bisschen besser kennenlernen, mehr über dich wissen.“
„Drum prüfe ewig, wer sich bindet, wie?“, bemerkte er ironisch.
„Bitte, sei ernst, Walter.“
„Okay, was möchtest du wissen? Ich habe dir nicht verschwiegen, dass ich schon mal verheiratet war. Obwohl dieses erste Mal schiefgegangen ist, möchte ich es mit dir noch einmal wagen. Es wäre mir ein großes Vergnügen und eine unbeschreibliche Freude, dich zu ehelichen, denn du bist ganz anders als meine Exfrau.“
„Wie – anders?“, fragte Yvonne. „Seriöser. Auf dich kann ich mich verlassen. Deiner kann ich mir sicher sein.“
Yvonne schmunzelte. „So hast du vorhin aber nicht geklungen, als ich dir von Sven Kayser erzählt habe.“
„Ich hab’ bloß Spaß gemacht“, behauptete Walter.
„Das kaufe ich dir nicht ab.“
Er wand sich kurz und gab dann zu: „Na ja, ein bisschen eifersüchtig bin ich immer, das liegt mir im Blut, dagegen kann ich nichts machen.“ Er strich ihr eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah sie verliebt an. „Was möchtest du noch über mich wissen? Meine Ehe mit Jutta war vor sieben Jahren – nach sieben Jahren – geschieden, nachdem ich mein liebes Weib in flagranti mit dem Reitlehrer erwischt hatte. Die wenigen zwischenmenschlichen Beziehungen, die ich danach aufzubauen versuchte, hatten alle nur eine deprimierend kurze Lebensdauer. Ich weiß nicht, ich hatte irgendwie das Vertrauen in die Menschheit – genauer gesagt: in die Frauen – verloren. Ich hatte Angst, noch mal so bitter enttäuscht zu werden, und diese Angst machte es mir unmöglich, eine neue ordentliche Beziehung aufzubauen. Ich machte einen Reifungsprozess durch, und dann begegnete ich dir.“
Yvonne sagte nichts, sah ihn nur an.
„Ich sah dich und wusste: Mit dieser Frau kann es klappen, mit dieser Frau kannst du so glücklich werden, wie du es noch niemals warst“, fuhr Walter mit belegter Stimme fort.
Yvonne küsste ihn sanft auf den Mund. „Lass mir bitte noch ein wenig Zeit, Liebster.“
„Ich werde dich nicht drängen.“
„Zu heiraten ist für mich eine völlig neue Erfahrung. Ich hatte bisher geglaubt, ich würde es nie tun, aber wenn, dir so viel daran liegt, muss ich mich damit auseinandersetzen, Für und Wider abzuwägen.“
„Das Für wird überwiegen“, behauptete Walter.
„Ich werde sehr gründlich über uns nachdenken, das verspreche ich“, sagte Yvonne. „Ich habe eine schwere Zeit hinter mir. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal verlieben würde, aber es ist passiert, und ich bin darüber sehr glücklich. Der Mensch ist nicht fürs Alleinsein geschaffen, und ich bin dem Schicksal unendlich dankbar, dass es uns zusammengeführt hat. Eine Ehe mit dir ... Warum eigentlich nicht? Was spricht dagegen? Nichts. Je länger ich mich mit diesem Gedanken befasse, desto mehr finde ich Gefallen an ihm. Trotzdem kann ich mich heute noch nicht entscheiden, aber wenn du dich ein wenig in Geduld fasst, könnte meine Antwort sehr positiv ausfallen – denke ich.“