Читать книгу Ferien Sommer Bibliothek Juni 2021: Alfred Bekker präsentiert 19 Romane und Kurzgeschichten großer Autoren - A. F. Morland - Страница 44

13

Оглавление

Etwas später erwache ich und drehe mich auf die Seite.

Das Bett neben mir ist leer.

Ich blinzle, greife nach meinem Handy und schaue, welche Uhrzeit es ist. Es ist der 26. November und schon fast Morgen.

„Isabella?“, rufe ich und stehe auf. Sie ist vor zwei Stunden zum Telefonieren aufgestanden. Ich gehe in den Flur, schaue ins Bad und in die Küche, doch sie ist nirgendwo.

Dann gehe ich in ihr Zimmer.

Dort ist alles in Unordnung. Sie sitzt auf ihrem Bett. Ihr Handy liegt neben ihr, eine Tasche auf dem Boden. Ihr Laptop liegt auf ihren Knien.

„Hola“, begrüßt sie mich und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Dann aber ist es vorbei. Ihr Gesichtsausdruck ist ernst.

„Guten Morgen“, sage ich und küsse sie. Sie erwidert den Kuss. Was auch immer los ist, es hat, denke ich, nichts mit mir oder der letzten Nacht zu tun.

„Gab’s schlechte Nachrichten von deinen Eltern?“, frage ich.

Sie nickt. „Fidel Castro ist tot.“

Ihr Blick ist schwer zu deuten.

„Mein Beileid“, sage ich etwas hilflos. Ich weiß nicht, ob das etwas Gutes oder Schlechtes ist. Ihr ganzes Leben war er da und für die Kubaner hat er eine ganz andere Bedeutung als für uns. Ich lege den Arm um sie.

„Mein Vater sitzt jetzt in Haft.“

„Was?“, frage ich irritiert. „Wieso?“

„Solange Castro am Leben war, gab es einige Männer, die geschützt wurden. Jetzt hat sich das Machtgefüge geändert. Leute haben sehr lange darauf gewartet und mein Vater sitzt nun im Gefängnis. Meine Mutter ist noch frei, sie hat mich angerufen. Sie wird vielleicht auch angeklagt. Ich soll auf gar keinen Fall nach Hause kommen.“ Sie hält sich regelrecht an mir fest. „Mama sagt, sie werden ihn vermutlich für immer ins Gefängnis sperren.“

„Was soll er denn getan haben?“, frage ich. „Was werfen sie ihm vor?“

„Spionage für das Ausland.“

„Ist es denn wahr?“, frage ich. Sie sieht mich erbost an, doch dann beruhigt sie sich wieder.

„No“, sagt sie entschieden. „Aber er hat für die Botschaft in Deutschland gearbeitet. Er war Ansprechpartner mehrerer NGOs und die will man loswerden. Man kann aber nicht einfach große NGOs rauswerfen, die gut vernetzt sind und weltweit in die Schlagzeilen kommen. Also fängt man an, ihre Strukturen anzugreifen, jeden, der mit ihnen zusammenarbeitet.“

„Ich verstehe“, sage ich und nicke nachdenklich. „Aber kann man ihm nicht irgendwie helfen? Du könntest ... Asyl hier beantragen? Dann könnte man versuchen, deine Eltern über Familiennachzug herzuholen?“

Sie schnaubt und schüttelt den Kopf.

„Nein. Meine Mutter sagt, dass der Richter Sinpies wird, und glaub mir, der ist uns bekannt. Er ist kein Feind meiner Familie, aber er ist käuflich. Wenn jemand bezahlt hat dafür, dass mein Vater ins Gefängnis kommt, kommt er es.“

Sie beginnt zu weinen und ich nehme sie wieder in den Arm.

Ferien Sommer Bibliothek Juni 2021: Alfred Bekker präsentiert 19 Romane und Kurzgeschichten großer Autoren

Подняться наверх