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Nach einer Weile entscheiden wir, dass ich Brötchen hole und sie Tee aufsetzt. Wir können das Problem jetzt nicht lösen, also verlagern wir uns an den Frühstückstisch.

„Gut, du hast also ein Visum, du musst also vielleicht wirklich Asyl beantragen, wenn es gefährlich ist, nach Hause zu gehen“, sage ich.

Sie nickt. „Ich müsste aber vorher nach Berlin“, meint sie.

„Wieso? Du sagtest, die Botschaft von Kuba ist in Bonn.“

„Das ist auch die nächste. Aber ich kenne in der Botschaft in Berlin jemanden: ein Freund meines Vaters, der vielleicht helfen kann, dass ich länger in Deutschland bleiben kann.“

„Denkst du nicht, dass es gefährlich ist? Das Territorium einer Botschaft ist doch dem Land zugehörig, das die Botschaft betreibt. Also könnten sie dich einsperren.“

„So mächtig sind die Feinde meines Vaters auch nicht. Das ist eher ... er ist colateral ... hmm ... Kollateralschaden. Eine einfache posibilidad, die NGOs loszuwerden und denen zu drohen, die sie reinlassen. No se trata de él. Um ihn geht es nicht, also vermutlich auch nicht um mich persönlich.“

„Glaubst du, man könnte diesen Richter Sinpies kaufen?“, frage ich unvermittelt.

Sie hebt die Augenbrauen. „Was?“

„Du sagtest, er ist bestechlich.“

„Ja, aber wir reden hier von einigen tausend Euro. Wo soll ich das Geld hernehmen? Ich kann schlecht einen Kredit in Deutschland aufnehmen und in Kuba noch weniger“, erwidert sie und sieht deprimiert aus.

Ich sehe sie eine Weile nachdenklich an. Dann erzähle ich ihr die Geschichte meiner Familie und von dem Klavier, das damals zurückblieb.

„Es ist nur eine Idee“, beginne ich, doch sie sieht mich skeptisch an und unterbricht mich.

„Das ist ungeheuer liebenswert von dir“, sagt sie. „Aber es ist Gold, das du nicht hast, oder?“

„Nein, aber man kann es vielleicht wiederfinden. Vielleicht finden wir das Klavier und können es zurückbekommen. Wer auch immer es hat, weiß vielleicht gar nicht, wie viel es wert ist.“

„Aber wenn es nun jemand anderem gehört?“, fragt sie skeptisch.

„Wer gestohlene Ware erwirbt, macht sie damit nicht legal. So sieht es das deutsche Gesetz und ich sehe es auch so. Es ist ja nicht so, als hätte damals niemand gewusst, dass es uns gehörte. Es ist das Familienwappen darauf!“, erwidere ich. „Es ist nur eine Idee. Ich meine ... was haben wir zu verlieren? Ich kann als Student kaum einen Kredit aufnehmen, um den Richter zu kaufen, und meine alleinstehende Mutter noch weniger, nachdem sie für Oma schon ziemliche Kosten hatte. Aber das Klavier ... das ist eine Idee.“

Isabella nimmt meine Hand.

„Du bist ein wunderbarer Mensch“, sagt sie. „Aber ich muss nach Berlin, sehen, was ich in der Botschaft erreichen kann. Ich kann nicht mit dir nach Estland.“

„Kein Problem“, sage ich. „Ich frage meinen Bruder. Wir fahren hin, schauen, was wir rausbekommen und vielleicht finden wir ja eine Spur. Wenn nicht, was haben wir verloren? Ein paar Flugtickets, okay ... Aber man muss Risiken eingehen, wenn man was gewinnen will“, beharre ich.

Isabella nickt nachdenklich.

„Okay. Versuch es“, sagt sie schließlich. „Es ist eine Chance.“

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