Читать книгу Geld schützt vor dem Tod Berlin 1968 Kriminalroman Band 44 - A. F. Morland - Страница 15

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Zwei Tage nach Manfred Angers Tod betrat Bernd Schuster den griechischen Imbiss. Das gut geführte Lokal lag dem Haus schräg gegenüber, in dem sich Schusters Büro und seine Wohnung im 14. Stock befand. Nur wenig nach seinem Umzug von Frankfurt nach Berlin wurde das griechische Lokal von Mikis zu seinem Lieblingsgriechen. Der Wirt hieß gar nicht Mikis, sondern Melenaos, wurde aber von allen Stammgästen nur Mikis gerufen. Das lag vielleicht auch daran, dass er ständig die Melodie aus dem Film Alexis Sorbas spielte, der vor vier Jahren in die Kinos gekommen war und sich besonders in Berlin großer Beliebtheit erfreute: Sirtaki,

Es gab viel Holz und viel Leder im Gastraum, ein bisschen Balkan und verschwenderische Behaglichkeit. An einer riesigen Essbar, die von Wand zu Wand reichte, wurden sogar so starke Esser wie Inspektor Südermann satt. Mitten im Lokal befand sich der mächtige, alles beherrschende Grill, in dem trockene Buchenscheite knallten und prasselten. Bernd glitt auf einen der Drehhocker, die wie Zinnsoldaten vor dem Tresen standen.

Sofort war Georgius‘ freundliches Pferdegesicht zur Stelle. Blinzelnd fragte der Kellner: „Es darf doch etwas sein, Herr Schuster? Oder sind Sie bloß zu uns gekommen, weil drüben Ihre Klimaanlage kaputtgegangen ist?“

„Einen Metaxa“, sagte Bernd. „Für mich. Und einen für Sie.“

Der schlaksige Grieche zog sein weißes Jackett zurecht. Seine Arme waren um eine Spur zu lang für die Manschetten. Er brachte die Getränke innerhalb einer einzigen Minute, obwohl Bernd nicht der einzige Gast an der Theke war.

„Wo ist Mikis?“, erkundigte sich Bernd.

„Der Chef ist zwar hier, aber nicht da“, witzelte Georgius.

„Ich möchte mit ihm reden.“

„Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann“, versetzte Georgius, bediente mit der Geschicklichkeit eines Zauberkünstlers zwei weitere Gäste im Vorübergehen und verschwand dann für kurze Zeit, um den Besitzer des Lokals zu holen.

„Erfreut, Sie zu sehen, Herr Schuster“, sagte Mikis dann plötzlich hinter Bernd, als wäre er da soeben aus dem Boden gewachsen.

Bernd drehte sich schwungvoll herum. Ein mächtiger Dschingis-Khan-Bart, schwarz und seidig, hob sich zu einem freundlichen Lächeln.

Mikis war ein hagerer Typ mit olivfarbener Haut und rabenschwarzen Augen. Möglich, dass seine Wiege in der Türkei gestanden hatte, doch darüber ließ Mikis sich niemals aus.

„Georgius sagte mir, dass Sie mich sprechen möchten“, erklärte er lächelnd.

Bernd rutschte vom Hocker.

„Kommen Sie, wir setzen uns an einen Tisch. Das ist bequemer.“

„Mein Gott, Sie machen ein Gesicht ...“

Bernd nahm seinen Metaxa mit. Als sie einander gegenübersaßen, begann Bernd: „Mikis, seit ich mein Büro dort drüben habe und da auch wohne, sind wir einander unzählige Male über den Weg gelaufen.“

Mikis nickte.

„O ja. Und es freut mich immer wieder, wenn Sie mein Lokal betreten, Herr Schuster. Besonders wenn Sie in Begleitung dieser reizenden blonden Dame sind.“

„Ich mag Sie, Mikis ...“

„Ich finde Sie ebenfalls sehr nett, Herr Schuster.“

„... deshalb mache ich mir Sorgen um Sie“, brachte Bernd den angefangenen Satz zu Ende.

Mikis schwarze Augen weiteten sich.

„Ich sehe keinen Grund, weshalb Sie sich meinetwegen Sorgen machen sollten, Herr Schuster. Es ist alles okay – mit dem Lokal, mit mir.“

„Sie lesen doch ab und zu mal die Zeitung und sehen fern, nicht wahr?“

„Beides. Natürlich.“

„Dann ist Ihnen gewiss nicht unbekannt, was in letzter Zeit in Berlin läuft.“

„Es läuft so viel, dass ich nicht weiß.“

„Ich spreche vom gewaltsamen Tod dreier Barbesitzer, Mikis.“

Der Wirt nickte ernst. „Verstehe. Sie befürchten, dass diese Männer sich auch an mich wenden könnten.“

Bernd schaute Mikis lauernd an und sagte eindringlich: „Sofern sie das noch nicht getan haben – ja.“

Durch Mikis‘ drahtigen Körper ging ein schneller Ruck.

„Sie denken doch nicht etwa, die Burschen hätten sich mit mir bereits in Verbindung gesetzt, und ich würde Ihnen das verheimlichen.“

„Die Bedingungen solcher Kerle sind immer dieselben“, erwiderte Bernd. „Keine Polizei. Und auch kein Privatdetektiv. Sonst ist ein Blick auf die Radieschen von unten garantiert.“

Mikis schüttelte den Kopf.

„Bei mir war noch niemand.“

„Das ist immerhin erfreulich“, bemerkte Bernd Schuster. „Aber – was nicht ist, kann noch werden. Die Burschen haben ihren Coup ja eben erst gestartet. Niemand kann sagen, wie hoch die Wellen schlagen werden, Mikis. Deshalb meine Bitte: Sollten Sie diesbezüglich irgendwelchen Ärger haben, so wenden Sie sich unverzüglich an mich. Betrachten Sie mich nicht bloß als den Mann von gegenüber, sondern als einen Freund, der Ihnen hilft, wenn Sie mal in der Klemme sitzen.“

Mikis lächelte unter seinem mächtigen Bart.

„Männer wie Sie muss man mit der Lupe suchen.“

„Männer wie Sie ebenfalls. Deshalb sollten wir füreinander da sein, wenn es schlimm kommt. Wie gesagt, Sie können jederzeit auf mich zählen.“

„Vielen Dank“, sagte Mikis. „Darf ich Sie zu einem Drink einladen?“

„Wenn Sie einen mittrinken, gern“, sagte Bernd.

Aber es kam nicht dazu.

Ein vierschrötiger Mann in Uniform hatte sich soeben vor Mikis aufgebaut. Es war ein Polizist, und der Mann hatte eine rot gezackte Narbe am Kinn und das Aussehen eines Albinos.

„Hallo, Mikis“, sagte er röhrend.

„Ja?“, erwiderte der Wirt und erhob sich mit einem Fragezeichen im Gesicht.

Der Polizist räusperte sich, warf Bernd Schuster einen kurzen ungeduldigen Blick zu und schnarrte dann: „Wäre es möglich, Sie unter vier Augen zu sprechen?“

„Was gibt‘s denn?“, fragte Mikis.

„Unter vier Augen sagte ich, bitte.“

„Entschuldigen Sie mich“, sagte Mikis zu Schuster und ging mit dem Uniformierten. Bernd kehrte an die Theke zurück, wo ihn Georgius mit einem fragenden Blick empfing.

„Was will denn der Polizist vom Chef?“

„Er will mit ihm irgendetwas mit vier Augen spielen“, gab Bernd zurück.

Mikis führte den Streifenbeamten in sein Allerheiligstes. Ein zweckmäßig eingerichtetes Büro mit Konferenzgruppe und Schreibtisch und all den Möbeln, die für solche Räume erzeugt werden. An der Wand stand ein Safe. Auf Regalen standen peinlich aneinandergereihte Ordner.

Der Polizist schloss die Tür hinter sich.

Mikis wandte sich neugierig um.

„Nun. Was kann ich für Sie tun?“

Mit einem Mal stockte dem Barbesitzer der Atem. Der Polizist hatte seine Waffe gezogen und bedrohte nun Mikis damit. In den Augen des fremden Mannes gloste ein gefährliches Feuer. Mikis‘ Menschenkenntnis ließ ihn sofort wissen, dass es jetzt nicht ratsam war, sich zu bewegen. Steif wie ein Stock stand er vor dem Uniformierten. Er leistete es sich nicht einmal, mit der Wimper zu zucken, denn schon das konnte unter Umständen den nervösen Zeigefinger des – zweifellos falschen – Polizisten zum Zucken bringen.

Geld schützt vor dem Tod Berlin 1968 Kriminalroman Band 44

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