Читать книгу 11 fantastische Horror-Romane zum Fest - A. F. Morland - Страница 102

Оглавление

20


Eine Falle also, dachte Tony Ballard, als Usting davonrannte. Er sah den Kerl zwischen den Büschen verschwinden – und nun hörte er seinen grellen Schrei, ohne zu wissen, was diesen Mann so sehr entsetzte.

Schnell wirbelte Tony herum.

Es war ratsam, schleunigst ins Dorf zurückzueilen. Kaum hatte er sich umgedreht, da stockte ihm der Atem. Was er sah, überstieg sein menschliches Begriffsvermögen.

Er sah sich vierzehn Hexen gegenüber.

Sie schienen sich zu spiegeln, denn eigentlich sollten es ja nur sieben Hexen sein. Doch in diesem Fall handelte es sich um vierzehn Satansbräute, die ihm mit hasserfüllten Augen und grausam verzerrten Gesichtern entgegenstarrten.

Sie bildeten eine schmale Gasse.

»Tony Ballard!«, riefen sie ihm aufgeregt zu. »Fein, dass du gekommen bist, Anthony Ballard.«

Der Inspektor bebte innerlich vor Aufregung. Es stand schlimm um ihn.

Jede der Hexen hielt eine glühende Rute in der Hand. Er ahnte, was das zu bedeuten hatte, sträubte sich aber noch verzweifelt dagegen, es als wahr und unabwendbar anzusehen.

»Anthony Ballard!«, fauchten die Hexen und zeigten ihm ihre scharfen Zähne. »Sterben wirst du, Nachfahre des Henkers! Deinetwegen kommen wir in dieses Dorf!«

Die Klemme, in der Tony steckte, begann ihm entsetzliche Angst zu machen.

Er war an und für sich ein unerschrockener, furchtloser Mann. Doch das hier war ihm entschieden zu viel. Außerdem wusste er, dass noch kein Ballard die Begegnung mit diesen Schauergestalten überlebt hatte.

»Wir werden dich umbringen!«, zischten die Hexen begeistert. Einige lachten.

Ihr Gegenüber lachte und warf den Kopf genauso zurück wie sie. Weil sie sich in der Luft spiegelten.

Es gab kaum einen Ausweg aus dieser gefährlichen Situation.

Hinter Tony war das Moor. Jeder Schritt in diese Richtung hätte ihm zum Verhängnis werden können.

Vor ihm standen die sieben Hexen, die sich auf eine unheimliche Weise verdoppelt hatten. Sie wippten mit ihren glühenden Ruten und warteten darauf, dass er zu ihnen kam.

Es bestand lediglich die Möglichkeit, nach links oder rechts davonzurennen.

Doch Tony Ballard kannte die Geschichten, die man sich über diese grausamen Hexen erzählte. Bisher hatte er sie belächelt und nicht geglaubt. Nun aber, wo er diesen Bestien gegenüberstand, wurde ihm auf eine schreckliche Art bewusst, dass alle diese Geschichten stimmten. Man erzählte sich von den Hexen die Wahrheit. Sie waren grausam und mächtig. Niemand konnte vor ihnen fliehen. Sie waren schnell und flogen wie eine wilde Jagd hinter ihren Opfern her.

Usting war bestimmt einer von ihnen zum Opfer gefallen.

»Komm her, Anthony Ballard!«, fauchten die Ungeheuer ungeduldig.

»Was wollt ihr von mir?«, stieß der Inspektor gepresst hervor. Dicke kalte Schweißperlen standen jetzt auf seiner Stirn.

»Du wirst es sehen. Komm her!«

»Nein!«

»Du musst kommen!«

»Keinen Schritt werde ich euch entgegengehen. Wenn ihr mich umbringen wollt, müsst ihr zu mir kommen!«

Das bereitete den Hexen sicherlich keine Schwierigkeiten, sie wollten Tony aber demonstrieren, wie machtlos er ihnen gegenüber war. Sie wollten ihm beweisen, dass sie in der Lage waren, ihm ihren bösen Willen aufzuzwingen. Gnadenlos.

»Komm her, Anthony Ballard!«, befahlen sie scharf.

»Nein!«

Sie stießen ein höhnisches Gelächter aus. Im silbrigen Mondlicht blitzten ihre weißen Zähne. Der kalte Wind blies mehr und mehr Nebelschwaden auf sie zu, die sie wie weiter Talare umhüllten.

Das gefährlichste an diesen Bestien waren die glühenden Ruten.

Tony starrte sie ängstlich an. Jeder Mann – selbst der tapferste – hätte in diesem schaurigen Moment heillose Angst gehabt. Tony war kein Übermensch. Er reagierte völlig normal.

Gegen weltliche Gegner konnte man sich wehren. Aber gegen Hexen und Dämonen kämpfte ein Mensch auf verlorenem Posten.

»Nun komm schon, Anthony Ballard!«, kreischten die Hexen. Sie begannen mit den Füßen ungeduldig den Boden aufzuscharren.

Tony schüttelte verzweifelt den Kopf.

Er starrte die glühenden Ruten entsetzt an und stellte bestürzt fest, dass er sich ihnen bereits – ohne es zu wollen – Schritt um Schritt näherte.

Tatsächlich, er ging auf die Gasse zu, die die furchtbaren Hexen gebildet hatten. Sie grinsten ihm triumphierend entgegen. Sie zwangen ihn, sich ihnen zu nähern, und er hatte nicht die Kraft, sich ihrem Willen zu widersetzen.

Er merkte ja kaum, dass er ging.

Näher kam er den grauenvollen Schauergestalten. Immer näher. Jede Faser in seinem Körper vibrierte und zuckte. Er war atemlos, obwohl er nicht gelaufen war. Er war schweißüberströmt und hatte furchtbare Angst vor den Scheusalen, die ihn mit ihren glühenden Ruten erwarteten.

Er wollte stehen bleiben, ging aber weiter.

Das, was diese Teufelsbräute für ihn vorbereitet hatten, nannte man einen Spießrutenlauf. Er musste durch ihre Gasse gehen, und jede einzelne Hexe würde mit ihrer glühenden Rute nach ihm schlagen.

Falls er das Ende dieser grausamen Gasse erreichen sollte, ohne an den schweren Verletzungen zugrunde gegangen zu sein, würde er umkehren müssen.

Bestimmt würden sie ihn so lange durch die Gasse gehen lassen, bis er tot war.

Als er nur noch einen Schritt von der Gasse entfernt war, durfte er stehen bleiben.

Verzweifelt starrte er in die bildhübschen Hexengesichter, die ihn feindselig anstarrten. Er roch den Verwesungsgeruch, der von ihnen ausging, und dachte an den Tod, der auch ihn nun bald ereilen würde.

Zwei Hexen kamen grinsend auf ihn zu.

Er wollte vor ihnen zurückweichen, aber er war nicht in der Lage, einen Schritt zu machen.

Etwas umklammerte ihn, drückte seine Arme nach unten, zwang ihn zu verharren.

Mit hohntriefenden Gesichtern packten die Hexen mit ihren scharfen Krallen seine Kleider. Sie schlitzten sie auf, rissen sie ihm vom Leib.

Sie fetzten alles herunter. Bis er splitternackt war.

»Oh!«, höhnten die anderen. »Ein schöner Mann.«

Er schämte sich und wäre am liebsten im Boden versunken.

Mit den Händen bedeckte er seine Blöße. Der eiskalte Wind fuhr ihm über den schweißnassen Rücken und ließ ihn schaudern.

»Los jetzt, Anthony Ballard!«, schrien die Hexen ungeduldig.

Und seine Beine begannen wieder zu gehen. Sie erwarteten ihn mit ihren glühenden Ruten. Er betrat die Gasse. Da zischten und fauchten schon die ersten Ruten durch die Luft, landeten klatschend auf seinem nackten Rücken. Ein wahnsinniger Schmerz durchraste Tony Ballard. Er presste die Zähne zusammen.

Da schlugen schon die nächsten Hexen zu. Dieser Schmerz war noch schrecklicher, kaum zu verkraften. Ihm wurde übel. Er spürte, wie die Haut an seinem Rücken aufplatzte, wie die glühenden Ruten sein Fleisch verbrannten, wie Blut über seinen Rücken floss.

Er musste weitergehen. Sie zwangen ihn dazu.

Klatsch!

Klatsch!

Klatsch!

Es war schlimmer als die Hölle. Taumelnd, von wahnsinnigen Schmerzen gepeinigt, wankte Tony Ballard ächzend durch die schreckliche Hexengasse.

Fürchterlich fauchten die Ruten durch die Luft. Die Gasse schien kein Ende zu nehmen. Immer wieder trafen ihn die glühenden Ruten. Er brach nieder.

»Aufstehen!«, kreischten die Hexen.

»Aufstehen, du Schlappschwanz! Wir sind mit dir noch nicht fertig! Steh auf!«

Er musste aufstehen, obwohl er kaum noch die Kraft dazu hatte. Sie zwangen ihn, aufzustehen. Sie hätten selbst einen Toten dazu zwingen können. Ihre Macht war ungeheuer groß. Was konnte ein Mensch gegen sie ausrichten? Nichts.

Überhaupt nichts.

Als er stand, trafen ihn wieder ihre entsetzlich schmerzenden Ruten. Er wankte weiter. Die Hexengasse wurde immer länger. Es schien, als würden sich immer neue blutgierige Hexen hinzugesellen. Ihre Hiebe waren kräftig, gnadenlos. Sie kicherten, lachten begeistert und kreischten still vor Vergnügen, denn es war für sie das größte Erlebnis, die tiefste Befriedigung, einen Menschen quälen zu können.

Klatsch!

Klatsch!

Klatsch!

Um Tony Ballard drehte sich die ganze Welt. Von überallher flogen glühende Ruten auf ihn zu. Sie landeten nun nicht mehr ausschließlich auf seinem Rücken, sondern auch in seinem Gesicht, an seinen Beinen, auf seinem Bauch, auf seiner Brust.

Er drehte sich selbst im Kreise herum.

Überall standen die kichernden, lachenden, kreischenden Hexen. Überall waren diese verfluchten glühenden Ruten zu sehen. Sie schlugen ihn auf den Kopf, auf den Hals, in den Nacken.

Total zerschlagen brach er erneut zusammen.

Das Ende war nahe. Er fühlte es.

Entsetzt, in furchtbarer Todesangst, starrte er zu den geifernden Bestien hinauf, die über ihm standen. Sie lachten schrill und bespuckten ihn. Ihr Speichel schien aus einem Schwefelgemisch zu bestehen, denn er brannte höllisch in seinen tiefen Verletzungen.

»Nun, Anthony Ballard!«, schrien sie begeistert. »Wie gefällt dir das?«

In seinem Kopf rumorte es. Er hatte das Gefühl, dass eine tiefe Ohnmacht ihren schwarzen Mantel über ihn breiten wollte, doch die Hexen hielten diese wohltuende Ohnmacht, die ihn seine Schmerzen hätte vergessen lassen, von ihm fern.

Sein ganzer Körper war eine einzige große Wunde.

»Warum seid ihr nur so schrecklich grausam?«, keuchte Tony Ballard.

»Töten werden wir dich!«, schrien die Hexen wütend. »Ja! Töten! Aber nicht jetzt. Nicht auf einmal. Das wäre ein zu schneller Tod für einen Ballard. Nein, wir werden dich langsam zu Tode quälen. Ganz langsam. Du musst um den Tod winseln, Anthony Ballard. So, wie sie alle um ihren Tod gewinselt haben, die Ballard hießen und Nachfahren des Henkers waren!«

Wieder stießen sie ein furchtbares Lachen aus. Dann traten sie zurück, ließen von ihm ab.

Die Ohnmacht kam, und mit ihr kam eine frostige Kälte, die sich in Tonys Körper schlich. Er glaubte, das wäre der Tod.

Doch er war kein bisschen entsetzt darüber.

Jetzt nicht mehr...

11 fantastische Horror-Romane zum Fest

Подняться наверх