Читать книгу Im Bann der Mondpilger - A.B. Söhn - Страница 14
ОглавлениеUngleicher Kampf
Es war einundzwanzig Uhr.
Eine senkrechte Falte stand zwischen Aarons Brauen.
Was Ferdi ihm an diesem späten Nachmittag berichtete, war Ärgernis genug, wenn auch nicht neu. Es bestätigte nur seine Befürchtungen. Konrad hatte damals also tatsächlich das fünfzigste Amulett nicht vernichtet, sondern es an Marianne weitergegeben! Dass Marianne ein Buch mit Niederschriften ihrer Erlebnisse führte und dieses ihrer Enkelin Nora in die Hände fiel, sprengte den Rahmen! Natürlich ahnte er schon bei den ersten Lebenszeichen dieses Querschlägers, dass es sich um jemanden aus Konrads oder Mariannes Familie handelte.
Jedenfalls ist das fünfzigste Amulett entgegen der Abmachung in den Umlauf geraten, was mich zweifelsohne in die Bredouille bringt! Ich kann den Pilgern unmöglich die ganze Wahrheit auftischen!
Aaron hielt sich bedeckt, als die fremden Signale zum ersten Mal in Erscheinung traten. Gelogen hatte er nicht. Nein, geschwiegen hatte er. Und das tat er zum Schutz der Seinen! Nur gut, dass Ferdi da war! Georg Theiss, der Sohn Mariannes, stand derzeit nicht als Unterstützung zur Debatte.
Aber was für ein Hin und Her war das heute! Zum Glück konnte Ferdi Kontakt zu Esther aufnehmen, um ihr über Noras Situation Auskunft zu geben.
Wäre Aaron in dem Wissen um dieses Buch gewesen, er hätte es sofort konfisziert.
Aaron schwenkte sein Weinglas und sah zu, wie die rote Flüssigkeit in Bewegung kam. Wenn er es genau nahm, klebte doch Blut an seinen Händen! Er, vor dem jeder Pilger Hochachtung besaß und der zu einem glänzenden Vorbild aufgestiegen war, musste früher oder später sein vielfaches Versagen eingestehen.
Wie viele Schatten hatte er schon zerstäubt! Er kämpfte unermüdlich an gegen diese Auswüchse der Dunkelheit, welche die Seelen schwach und krank machten. Aber dass es eine neue Macht gab, der er nicht gewachsen war, wollte er nicht begreifen. Das Risiko, sein Unvermögen könne ihn in seiner Ehre verletzten, war hoch.
Aaron hob mit zittrigen Fingern einen Briefumschlag auf. Zum gefühlt tausendsten Mal, las er die blassen, mit blauer Tinte geschrieben Buchstaben.
Georg schickte ihm damals dieses Papier zu, die Kopie einer handschriftlichen Notiz. Offenbar war die Seite aus einem Buch gerissen worden, aber von dem Tagebuch wusste Georg damals anscheinend auch nichts. Angeblich fand er die Seite zusammengeknüllt neben einem Papierkorb. Aaron wusste jedenfalls, was Georg ihm damit sagen wollte. Er als Vorsteher ließ Marianne im Stich. Und vielleicht musste sie letztlich wegen genau dieser unterlassenen Hilfestellung sterben?
Aber anstatt Georg in die Augen zu sehen und ein versöhnendes Gespräch zu suchen, nutzte er die entstandenen Gerüchte, welche um ihn und die Neue, Esther Pinter, kursierten. Er verbannte Georg bis zur Klärung der Angelegenheit aus der Gruppe der Mondpilger. Niemand, der eine derartige Lüge lebte, konnte ein Mondpilger sein.
Die Tugenden der Mondpilger waren unantastbar! Wahrheitsliebe, Demut, Mitgefühl, Entschlusskraft und Positivität. Allerdings kristallisierte sich schnell heraus, dass Georg keine Schuld traf und es sich um einen Fehlschluss handelte. Aaron ließ Georg über den Ausgang der Prüfung aber noch im Ungewissen. Also, wie steht es mit meiner Wahrheitsliebe? Es ist doch eindeutig an der Zeit ihn zurückzuholen!, stellte Aaron widerwillig fest.
Ein blechernes Klappern drang an sein Ohr. Aaron wunderte sich, um die späte Stunde kam eigentlich kein Postbote mehr. Er trat auf den Flur und hob einen bunten Flyer vom Läufer auf, der durch den Briefschlitz geschoben worden war: Dr. Konrad Krey, Antiquitäten und Raritäten, am Rathausplatz, Fringergasse 9.
Aaron verstand sofort und entfaltete das Papier, woraufhin ihm ein weiterer Zettel entgegen rutschte, auf dem in etwas ungelenken Buchstaben eine stichwortartige Nachricht geschrieben stand: Konnte Nora Fentur nicht abpassen. In Stadtpark, unmittelbare Wohnortnähe ihres Freundes Tino, aus den Augen verloren. Konnte sie nicht sprechen. Habe Ferdi angerufen, welcher Esther Pinter informieren wollte. Weiterer Verlauf ist mir nicht bekannt.
Das hieß, Konrad würde Nora heute nicht mehr zu ihm bringen. Würde Esther jetzt seinen Part übernehmen, hieße das in letzter Konsequenz, sie in alles einweihen zu müssen. Aber das war vielleicht schon längst geschehen? Es würde nicht lange brauchen, um von ihrer Freundin Nora geheime Details zu erfahren, die diese von Konrad wusste und darüber hinaus. Ferdi war somit auch nicht besonders klug vorgegangen.
Auf wen ist hier eigentlich noch Verlass?! Aaron ärgerte sich.
Er stellte sein Glas ab. Sein Entschluss zu dem weiteren Vorgehen stand jetzt fest. Er hatte immerhin einen wichtigen Posten und musste sich als Mann der ersten Reihe endlich dieser Bedrohung stellen. Die Aufgaben eines Mondpilgers durften keinen steifen Mustern folgen, zumal neue Herausforderungen erwuchsen. Nora Fentur war schon mitten in dem Dilemma. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Esther Pinter ebenfalls in den Strudel der Verwicklungen geriet und damit in das Visier der dritten Art, wie er die Wesen nannte. Die Gruppe der fünf musste erneut ins Leben gerufen werden, auch wenn es jetzt nur noch vier waren. Aaron ging in seiner Wohnung auf und ab, während er angestrengt überlegte. Wenn Nora und Esther jetzt zusammen waren, gab es eigentlich nur eine Möglichkeit helfend einzugreifen!
Aus Mariannes Tagebuch III
Mir ist eine Idee gekommen, durch die ich jetzt glaube zu wissen, wie ich auf eigene Faust weitere Nachforschungen anstellen kann!
Eigentlich hat Konrad mich unbeabsichtigt darauf gebracht. Ich werde meine Fähigkeit der Schlafwanderung trainieren! Es ist eigentlich davon abzuraten, das weiß jeder Mondpilger! Es könnte passieren, dass ich mich von meinem alltäglichen Bewusstsein entferne, und nur noch als eine spiegelhafte Verfremdung meiner Selbst existiere. Außerdem verliert man jedes Mal, wenn man sich auf eine Schlafwanderung begibt, Lebensenergie. In der Hinsicht ist es eine Umkehrung der wachen Pilgerschaft, die uns Energie schenkt (aber keine Lebensenergie).Obwohl ich mich davor fürchte, während ich diese Zeilen schreibe, bleibt mir wohl nichts anderes übrig! Immer öfter höre ich das Heulen der Finsterwarte und bin gewiss, es ist nur eine Frage der Zeit bis sie uns angreifen werden!
Wenn ich also nicht einschreite, um sie irgendwie aufzuhalten, werden sie auf die unvorbereiteten Mondpilger treffen. Das Schlaf wandern ist der einzige Weg schnell an Orte zu gelangen, an denen die Finsterwarte sind, und ihnen ebenso schnell zu entrinnen. Ich werde in Notsituationen das Amulett ablegen und “erwachen“ können. Auch wenn zufällig andere Pilger mein Signal empfangen sollten, kann ich schnell verschwinden. Sie sollen schließlich vorerst nicht eingeweiht werden“, so wie Aaron es wünscht.
Ich weiß nicht, was ich über diesen Mann denken soll! Er hat bestenfalls das Zeug dazu, beeindruckende Reden abzuhalten und frenetischen Beifall zu kassieren. Aber inzwischen denke ich, das ist mehr Schein als Sein. Es steckt nichts dahinter. Er tut ja nichts! Er ist ein eitler Schauspieler.
Ich sehe meinen Einsatz als meine Mission an. Ich möchte, dass auch die kommenden Generationen der Mondpilger ihrer Aufgabe ungestört nachkommen können! Ach, ich denke sehr an meinen lieben Arnold! Er hätte mich verstanden und unterstützt.
Esther konnte nicht schlafen. Sie wälzte sich auf den Rücken. An der Zimmerdecke stand die Uhrzeit, die von ihrem Radiowecker aus projiziert wurde. Verzweifelt stellte sie fest, dass eine weitere schlaflose Stunde an ihr vorübergezogen war. Bald zwei Uhr nachts. Noch vier Stunden, dann musste sie aufstehen und sich für einen gewöhnlichen Arbeitstag in der Rechtskanzlei fertig machen! Es war etwas ganz Anderes, wenn sie für den nächtlichen Waldgang eingeteilt war und unter Zachéli wanderte. Man wurde nicht müde. Im Gegenteil, fühlte man sich, wenn man schon geübter war, anschließend ausgeruht und munter! Esther wünschte fast, sie könnte ihren Nachtdienst mit jemandem tauschen und sich mit Nora im Schlepptau auf die Jagd nach den Schatten begeben. Das ging natürlich nicht. Nora lag ruhig atmend neben ihr in dem breiten Doppelbett. Bisher schlief sie ganz normal.
Nora war offensichtlich sauer, als Esther sich genötigt sah ihre Mitgliedschaft bei den Mondpilgern preiszugeben. Damit war das weitere Gespräch über diese Finsterwarte schnell beendet.
Diese Wesen haben anscheinend ein spezifisches Verhalten, das für uns nicht zu durchschauen ist. Wieso haben sie uns nicht längst überrannt?
Nora ließ ein Wimmern von sich hören.
Esther war sich über ein paar Punkte sicher: Erstens, dieser Dr. Krey musste ein sehr enger Vertrauter Mariannes gewesen sein, sonst hätte sie ihn nicht in alle Machenschaften der Mondpilger eingeweiht, was ja schließlich den Eid brach. Zweitens, Nora war vom Doktor eingeweiht worden, da er meinte dadurch ihr Verständnis und dieses Buch zu bekommen. Und drittens, Marianne besaß einst ein ominöses fünfzigstes Amulett, welches nach der sieben Mal sieben Regel gar nicht existieren durfte.
Dr. Krey musste doch allem Anschein nach wissen, was es mit dem fünfzigsten Amulett und dem Tagebuch auf sich hatte und dass zwischen den beiden Gegenständen irgendeine Verknüpfung bestand.
Viele Dinge blieben aber vorerst nichts als Fragen. Insgeheim fürchtete Esther sich. Sie wollte für Nora wie eine große Schwester sein, aber die Wahrheit sah etwas anders aus. Wenn sie mit den Pilgern unterwegs war, fühlte sie sich meist sicher. Außer gelegentlich bei Peter, einem etwas ungeschickten Mitglied. Sie kannte die Verhaltensregeln, alles lief nach einem bestimmten Muster. Aber so?
Schließlich sackte Esther erschöpft in einen tiefen Schlaf. Als sie sich mitten in eine aussichtslose Jagd verwickelt sah, in der sie großen springenden Buchstaben hinterher keuchte, die sie einfangen und in sinngemäße Wörter bringen musste, wurde sie unsanft aus dem Schlaf gerissen.
Esther lag einen Moment lang mit pochendem Herzen da. Es dauerte, bis sie sich sammeln konnte und registrierte, dass ihre Freundin neben ihr aufrecht im Bett saß und klagende Laute von sich gab.
Mit einem Ruck fuhr sie hoch. »Nora?!«
Nora wirkte abwesend. Die Augen waren geweitet, der Blick starr als würde sie etwas fixieren, das ihr furchtbare Angst verursachte.
Esther versuchte das Licht anzuknipsen, fand in der Aufregung den Schalter aber nicht. Dann hörte sie etwas. Zuerst konnte sie es nicht einordnen. Sie dachte, ihr Hund Felix sei irgendwie in das Schlafzimmer gelangt, doch das Schnüffeln, welches sie jetzt ganz deutlich vernahm, klang nah und monströs, wie von einem ungeheuer großen Tier. Panik stieg in ihr auf. Noras Jammern tat seinen Teil dazu. Schließlich erreichte sie einen Ton, der Esther das Blut in den Adern gefrieren ließ. Erneut versuchte sie mit hektischen Bewegungen den Schalter zu betätigen. Doch ihre Hände wollten nicht gehorchen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es ihr endlich. Doch das fahle Licht richtete kaum etwas aus. Eine plötzliche, eisige Kälte breitete sich über ihnen aus.
»Nora!«, rief Esther erstickt.
Nora saß wächsern neben ihr im Bett. Die Körperhaltung starr und gebeugt wie die eines Menschen, der gleich Prügel erwartete. Tränen tropften von ihrem Kinn.
Esther griff in die Schublade ihres Nachttischs, sie wollte das Amulett hervorholen, doch die Hand zuckte reflexartig zurück als eine Kälte, scharf wie Messerklingen, in ihre Haut stach.
»So ein Mist… Das darf doch nicht sein!« Esther angelte erneut nach dem Anhänger und zog ihn an der Kette heraus. Im Versuch den scharfen Schmerz zu ignorieren, legte sie ihn um den Hals, in der verzweifelten Hoffnung irgendetwas damit ausrichten zu können. Der weiße Mond aus Bergkristall blieb zu ihrer Verwirrung dumpf. Aber selbst wenn er leuchtete, wohin sollte Esther ihn richten ohne etwas zu sehen? Anscheinend konnte nur Nora sehen, was ihr verborgen blieb.
»Nora, wo… wo sind sie?!«
»Da, da… vorne ist einer«, stammelte sie.
Esther sah Richtung Wand. »Wer ist da?«, rief sie und kam sich ziemlich kläglich vor.
Das Schnüffeln zog unbeeindruckt, eher genüsslich, über sie hinweg.
Einen kurzen Augenblick hatte Esther den Eindruck, dass ihr alle Lebensfreude entzogen wurde. Ich muss das Amulett ausziehen!, schoss es ihr durch den Kopf. Ohne Zögern griff sie danach und warf es von sich.
Ein zynisches Lachen erschallte. »Zu späät!«
Esther hielt sich die Ohren zu.
»Nein, es ist nicht zu spät!«, rief Nora. »Ihr lügt!«
Um Himmels Willen!, dachte Esther, Wir brauchen Hilfe! Sie spürte bereits, wie die Kälte und Hilflosigkeit sie immer mehr bestimmten. Sie wusste keinen Ausweg mehr, als plötzlich eine unerwartete Wendung eintrat. Ein gleißender Blitz zuckte auf, kurz darauf stach ein blaues Licht zielgerichtet durch das Fenster, zog einen Kreis um die jungen Frauen und umschloss sie wie ein Schutzraum.
Prompt verstummte das Lachen und der Spuk nahm ein Ende.
Geistesgegenwärtig sprang Esther auf, um die Jalousie nach oben zu reißen. »Hallo?!«, rief sie in die Dunkelheit. »Ist da jemand?« Sie suchte mit ihren Blicken die Straße ab, aber keiner war da, der antworten konnte oder wollte.
Nora stand derweil reglos hinter ihr und wimmerte. »Esther?«
Esther wandte sich abrupt zu ihr um. »Du bist wieder bei dir?! Es ist vorbei Nora, wir haben es überstanden!« Obwohl sie selbst am ganzen Leib schlotterte, schloss sie die verstörte Nora in ihre Arme.
»Aber… es sind keine Träume, stimmt's?«, wollte Nora sich versichern.
»Nein, leider nicht. Leider war das sehr real.«
»Ich habe ein Licht gesehen… und was ist mit deinem Amulett?« Sie deutete auf eine Kette, die unter dem Kleiderschrank hervorlugte.
Esther hob es sogleich auf. »Es ist zum Glück robust.« Sie seufzte. »Am besten wir setzen uns in die Küche und ich mache uns irgendwas Aufmunterndes zu trinken.«
»Von mir aus«, sagte Nora müde.
Esther schmunzelte leicht. »Natürlich nichts Hochprozentiges, an unter Sechzehnjährige wie dich«, scherzte sie.
Als sie über den Flur zur Küche gingen, kam der verstörte Felix hinter einer Kommode hervor. »Er hat bestimmt etwas mitbekommen, der Arme. Ich hoffe nur meine Vermieter sind nicht wach geworden.« Esther nahm ihn auf den Arm, um ihm ein vorgezogenes Frühstück zu gönnen.
»Wie lange bist du jetzt Mondpilgerin?«, fragte Nora, während sie einen großen Schwung Milch in ihren Kaffeebecher kippte.
»Sieben Wochen bald. Die Einführungen sind immer an einem Montag.«
»Aber wie hast du von ihnen erfahren. Ich meine, es muss doch jemand aus deiner Familie dazu gehören - oder wie ist das?«
Esther überlegte, ob die Geheimniskrämerei noch Sinn machte. Aber in Anbetracht des Notfallplanes, der in ihren Gedanken so langsam Form annahm, würde es nicht weiter möglich sein. Sie atmete geräuschvoll aus. »Deine Oma hat mich eingeweiht, kurz bevor sie verstarb«, antwortete sie so nüchtern wie möglich.
»Aber wieso? Wie ist das möglich? Ich habe doch ihr Amulett gehabt!«
»Den Teil hat dieser Krey dir also verschwiegen? Das Amulett dürfte gar nicht existieren. Es gibt nur neunundvierzig Stück. Sie hat mich zu ihrer Erbin ernannt und mir damit gesagt, ich sollte im Falle ihres… Ablebens ihr eigenes Amulett übernehmen. Woher das andere stammt, das du gefunden hast, weiß ich auch nicht.«
»Zur Erbin ernannt«, äffte Nora sie halblaut nach. »Wieso dich? Ich wäre ihre eigentliche Erbin! Oder mein Bruder Manuel oder Sophia. Aber du?!«
»Ich weiß doch selbst nicht, warum!«, schnaufte Esther. Ihre Nerven waren schließlich ebenfalls strapaziert. »Nicht alle wollen dir Übles, weißt du?! Es kann auch einfach sein, dass sie dich schützen wollte, indem sie dich da raushält!«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Nora kleinlaut, die diesen Ton von ihrer Freundin nicht gewohnt war.
»Angesichts der Tatsache, dass gleich fünf Uhr ist und wir bestimmt nicht wieder zu Bett gehen, werde ich im Büro anrufen, um mich für heute krank zu melden. Dann fahren wir zu deinem Onkel und hoffen, er kann uns weiterhelfen.«
»Zu Onkel Georg? Ist der etwa auch einer von euch?«
Esther nickte. »Er hat den Platz von deinem Opa Arnold übernommen.«
»Was wundere ich mich überhaupt noch?! Alle in meinem Umfeld scheinen irgendwie im Bann dieser Mondpilger zu sein. Nur mich hält man zum Narren.«
Esther quittierte die Bemerkung mit einem Achselzucken. »Der Großteil aller Menschen ist nicht darüber informiert und das soll auch so bleiben. Du hingegen bist doch mittendrin! Und das ist wohl gerade alles andere als toll.«
Noras Onkel war von Beruf pharmazeutischer Vertreter und machte sich meist, wie Nora wusste, bereits gegen sieben Uhr auf den Weg zur Arbeit. Bevor die Freundinnen auf direktem Weg zu ihm fuhren, machten sie einen kleinen Umweg, um bei Nora die Kopien des Tagebuchs zu holen.