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Kapitel 5

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Anna, 23. September 2011

„Halt! Warte doch … Lauf nicht weg … Bitte!“

Ich höre die Stimme meines Fremden hinter mir. Doch erst sein „Bitte, ehrlich und stiller ausgesprochen als die anderen gehetzten Worte, hält mich auf. Ich bleibe stehen, drehe mich aber nicht zu ihm um. Mein Herz rast noch immer. Dieses Mal jedoch aus Panik. Was wir dort unten getan haben, wie unschuldig es auch geblieben ist, und was ich dabei gefühlt habe, hat mir Angst gemacht. Angst genug, um abzuhauen. Weit bin ich aber nicht gekommen.

Die kalte Nachtluft strömt in meine Lungen. Mit geschlossenen Augen versuche ich, eine Entscheidung zu treffen, klarer im Kopf zu werden. Beides will mir nicht gelingen.

„Lauf nicht weg vor mir!“, bittet er mich. Er klingt aufrichtig. Gar nicht wie ein Mann, der nur dem nächstbesten Fick hinterherjagt. Vielmehr wie ein Mann, der eine Frau nicht verlieren will. Auch wenn das nicht viel Sinn macht, bedenkt man die Situation.

Ich öffne die Augen und warte ab, ob er noch etwas sagt.

„Dreh dich um! Ich rede nicht gerne mit deinem Rücken.“

Er versucht, amüsant zu klingen, aber ich kann eine leichte Nervosität aus seiner Stimme heraushören, die mir durch und durch geht, selbst hier auf der gut beleuchteten Straße. Dort unten im Dunkeln hat sie mich schier wahnsinnig gemacht.

Ich tue, was er verlangt hat, und sehe von unten zu ihm hoch.

„Das bin ich einfach nicht. Ich … habe so etwas noch nie gemacht.“ Ein wenig schäme ich mich für mein dummes Verhalten, für meine fehlende Souveränität, mit einer solchen Situation umzugehen. Ich komme mir plötzlich sehr jung vor, jünger, als ich tatsächlich bin.

„Ich sagte es dir vorhin schon … Das weiß ich und es ist mir egal.“ Langsam kommt er näher, während er mit mir spricht, und lässt mein Gesicht dabei keine Sekunde aus den Augen. Je näher er kommt, desto schneller und flacher wird mein Atem.

„Ich erwarte nichts von dir. So ist das hier nicht. Nicht mit uns. Ich möchte nur das, was zwischen uns ist, ergründen. Es ausleben. Und nach dem, was ich dort unten gefühlt habe, geht es dir genauso … auch wenn es dir Angst macht.“ Mit einem ernsten Kopfnicken deutet er auf die Bar und sieht mich dabei eindringlich an. Ich möchte ehrlich sein, und bei ihm fällt mir das leicht, es ist geradezu ein Zwang. „Ja, das stimmt schon. Nur weiß ich nicht, ob es gut ist, das zu wollen.“

„Wieso? Nenn mir nur einen guten Grund, warum das hier ein Fehler ist?“ Selbstbewusst hebt sich eine seiner Brauen.

„Es könnte … gefährlich sein.“

„Ich schwöre dir, dass ich dir niemals etwas antun würde oder etwas mit dir mache, das du nicht willst. So bin ich nicht.“ Gekränkt blickt er zu Boden, ehe er unzufrieden ausatmet. Anscheinend stört es ihn, wenn ich schlecht von ihm denke.

„Gut, aber es könnte auch … einfach nicht gut sein“, spreche ich eine meiner unsicheren Ängste laut aus und spüre das Brennen auf meinen Wangen, das er bestimmt sieht. Kaum habe ich ausgesprochen, kommt er noch näher, steht ganz dicht vor mir und nimmt mein Kinn in seine warme Hand.

„Das glaubst du nicht wirklich“, flüstert er mir ins Gesicht. „Du und ich. Das wird gut. Mehr als bloß gut!“

„Wie kannst du dir nur so sicher sein?“

„Wills du das wirklich wissen?“ Mit der Zunge fährt er über seine Lippe und beobachtet dabei meinen Mund.

„Ja“, sage ich, ohne nachzudenken.

„Dann komm mit.“ Er nimmt meine Hand. Sie fühlt sich wunderbar warm an. Es ist aufregend. Langsam, aber ohne jedes Zögern führt er mich in die schmalere Gasse neben der Bar. Zwar folge ich ihm bereitwillig, doch meine Beine zittern, und das liegt nicht an der kühlen Nachtluft. Kaum sind wir vor den Blicken der Straße sicher, drückt er mich sanft, aber bestimmt gegen die Mauer der Gasse.

„Du willst also wissen, wie ich so sicher sein kann, dass das mit uns gut wird und es jede Sekunde wert ist?“

Ich nicke. Mein Herz schlägt noch schneller, als ich sehe, dass er seine Hand nach mir ausstreckt, um sie um meine Taille zu schlingen. Jetzt fühle ich wieder seinen festen, männlichen Körper an mir. Sein verführerischer Geruch umgibt mich. Er macht mich wahnsinnig an. Seine andere Hand wandert zu meinem Ausschnitt. Sehr vorsichtig streichen seine Fingerkuppen den Rand des Stoffes entlang, der meine Brüste bedeckt. Sie hinterlassen eine brennende Spur auf meiner Haut. Mir ist gar nicht mehr kalt. Dafür atme ich schneller und lauter. Er beobachtet mich. Seinen Augen entgeht nichts. Er genießt jede Reaktion von mir und löst in mir den Wunsch aus, dasselbe bei ihm zu tun. Kaum entdeckt er Gänsehaut auf meinem Hals, lässt er sich hinunter und folgt mit seinen Lippen der Spur seiner Finger. Dann tut er es nochmals, leckt nun aber zart und spielerisch mit der Zunge über meine erhitzte Haut. Ich kann förmlich spüren, wie die vorhandene Feuchtigkeit in meinem Höschen heißer wird. Das Brennen in meiner Scham sorgt dafür, dass mein Unterleib lustvoll pocht. Und alles, was er dafür tun muss, ist, mich zu berühren. Dieser schöne Fremde muss mich nicht einmal küssen, um mich um den Verstand zu bringen. Als er sein Gesicht an meinen Hals schmiegt, stöhne ich so leise wie möglich auf. Es fühlt sich schön an. Ich brenne. Lichterloh. Während er meinen Hals mit Küssen überzieht und sich an mich presst, wandern seine geschickten Finger nach unten, über meinen Bauch, der sich hektisch hebt und senkt, weil meine Atmung außer Kontrolle ist. Als er meinen Rocksaum erreicht, schiebt er ihn langsam hoch. Panik kriecht in mir hoch. Die Erregung ist jedoch größer als die Angst, erwischt oder gesehen zu werden, und ich lasse ihn weitermachen. Seine Hand, unfassbar heiß auf meiner heißkalten Haut, wandert auf meinen Schenkeln von außen nach innen. Ganz sanft kratzt er über die Innenseite meines Schenkels, bis er den Rand meines Slips erreicht, den er mit den Fingern nachzeichnet.

Spürt er, wie nass ich dort bin? Seinetwegen.

Seinem erregten Keuchen ist ein Grinsen anzuhören. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Ich lecke mir über die Lippen und warte, was er als Nächstes mit mir anstellen wird, doch er hört auf. Einfach so lässt er von mir ab und stellt sich vor mich hin. Kurz presst er die Augen zusammen und bringt seinen Atem unter Kontrolle, während ich versuche zu begreifen, was hier gerade geschieht.

„Und jetzt frag mich noch mal, warum ich weiß, dass das mit uns gut werden wird?“, fragt er und durchbohrt mich mit seinen dunklen Augen.

Ich antworte nicht. Das muss ich gar nicht. Mein Fremder hat aufgehört, mich anzutörnen, trotzdem lehne ich an der Mauer und bin ein einziges erhitztes Bündel der Erregung.

Er hat recht, das mit uns würde gut werden. Und es wird geschehen.

„Ich komme mit dir“, höre ich mich selbst sagen und sehe ihn erstaunt an. Mein eigener Mut erschreckt mich.

„Keine Frau hat je schönere Worte zu mir gesagt.“

Auf seinem attraktiven Gesicht erscheint ein schiefes Grinsen, das etwas in meinem Magen zum Zucken bringt. Als er mir nun seine Hand entgegenstreckt, zögere ich nicht und ergreife sie. Dieser Mann ist pures Feuer, und auch wenn ich es morgen vielleicht bereue, heute Nacht will ich zusammen mit ihm brennen. Ohne Reue.

Bittersüß - befreit

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